VwGH 82/04/0139

VwGH82/04/013928.1.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Griesmacher, Dr. Weiss und Dr. Stoll als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Novak, über die Beschwerde des HM in G, vertreten durch Dr. Richard Benda, Rechtsanwalt in Graz, Griesplatz 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 3. Juni 1982, Zl. 4-19 Ma 31/1-1982, betreffend eine Maßnahme nach § 360 Abs. 1 GewO 1973, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1973 §360 Abs1;
GewO 1973 §360 Abs2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1982040139.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.240,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Im Punkt 1. des Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 19. April 1982 - Punkt 2. enthält eine vom vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht erfaßte Abweisung einer Fristgewährung für Akteneinsicht bzw. Stellungnahme - wurde ausgesprochen, daß in dem vom Beschwerdeführer am Standort G, Mgasse 4, unbefugt ausgeübten Gastgewerbebetrieb gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 jeglicher Ausschank von Getränken und jegliche Verabreichung von Speisen zu unterbleiben habe. Zur Begründung wurde ausgeführt, im Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 14. August 1981 sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer in der Zeit "von zumindest Juli 1979 bis 5. Juni 1981" in G, M-gasse 4, - unbefugt - ein Gastgewerbe ausgeübt habe. "Wegen diesen Tatbestandes" sei über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 20.000,-- verhängt worden. Einer seitens des Beschwerdeführers dagegen erhobenen Berufung sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 2. März 1982 keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt worden. Aus dem Erhebungsbericht der Magistratsabteilung 19 vom 1. April 1982 gehe hervor, daß das im Spruch genannte Lokal am 31. März 1982 geöffnet gewesen sei. Daraufhin sei dem Beschwerdeführer und seinem Rechtsvertreter mitgeteilt worden, es sei beabsichtigt, den von ihm unbefugt geführten Gastgewerbebetrieb am vorbezeichneten Standort zu schließen. Im vorliegenden Fall sei die unbefugte Ausübung eines Gastgewerbes am angeführten Standort durch den Beschwerdeführer rechtskräftig festgestellt worden. Aus dem Erhebungsbericht der Magistratsabteilung 19 gehe eindeutig hervor, daß das Gastgewerbe weiterhin ausgeübt werde, weshalb die Voraussetzungen für eine Bescheiderlassung nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 vorlägen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er vorbrachte, in den in Rede stehenden Räumlichkeiten halte sich der rechtswirksam konstituierte Verein "S" auf, dessen Obmann er sei, wobei aber der Buffetbetrieb nicht von ihm, sondern vom Verein beführt werde und die Verantwortlichkeit hiefür den Vereinskassier GO treffe. Der Vorgänger, nämlich der "F" sei mit Bescheid der Sicherheitsdirektion per 1. April 1982 aufgelöst worden, weshalb von seiten dieses Vereines Getränke und Speisen überhaupt nicht verabreicht werden könnten, da dieser Verein nicht existiere und er daher auch nicht als Obmann dieses Vereines fungieren könne. Aus dem bekämpften Bescheid sei überdies nicht ersichtlich, ob der Beschwerdeführer als Privatperson von der Verabreichung von Getränken ausgeschlossen sein sollte oder in seiner Eigenschaft als Obmann des Vereines "F".

Mit Bescheid vom 3. Juni 1982 gab der Landeshauptmann von Steiermark der Berufung keine Folge. Er begründete diesen Ausspruch damit, wie eine am 31. März 1982 durchgeführte Erhebung in dem in Rede stehenden Lokal erbracht habe, sei dieses geöffnet gewesen und es sei dort noch immer das Gastgewerbe ausgeübt worden. Um einen gesetzmäßigen Zustand herbeizuführen, sei mit dem erstinstanzlichen Bescheid die Ausübung des Gastgewerbes in dem vom Beschwerdeführer unbefugt betriebenen Gastgewerbebetrieb untersagt worden. Seitens des Beschwerdeführers sei unbestritten geblieben, daß er wegen unbefugter Ausübung des Gastgewerbes am angeführten Standort rechtskräftig bestraft und daß das gegenständliche Lokal auch am 31. März 1982 geöffnet gewesen sei. Es werde weiters in der Berufungsschrift zugegeben und es sei dies auch schon vorher von Amts wegen festgestellt worden, daß in diesen Räumlichkeiten ein Buffet betrieben werde. Somit seien alle rechtlichen Voraussetzungen gegeben, die die Gewerbebehörde gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 verpflichteten, Zwangsmaßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes zu verfügen. Da es sich im konkreten Fall um ein Vereinslokal handle und über die Existenz eines Vereines ausschließlich die Sicherheitsdirektion zu entscheiden habe, sei zu Recht lediglich die Untersagung jeglichen Ausschanks von Getränken und jeglicher Verabreichung von Speisen in den genannten Räumen verfügt worden. Die gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 verfügte Zwangsmaßnahme habe die Einstellung der unbefugten Ausübung des Gastgewerbes in dem bislang durch den Beschwerdeführer betriebenen Buffet in G, Mgasse Nr. 4, zum Ziel. Darunter sei natürlich auch zu verstehen, daß dort keine andere Personals der Beschwerdeführer das Gastgewerbe ausüben dürfe, sofern sie nicht im Besitz einer Gastgewerbekonzession sei. Der Umstand, daß nunmehr statt des "F" der Verein "S" in den gegenständlichen Räumlichkeiten seinen Sitz habe, sei für diese Entscheidung irrelevant.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde nicht Folge zu geben.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Unterbleiben des in Rede stehenden, auf § 360 Abs. 1 GewO 1973 gestützten verwaltungsbehördlichen Abspruches verletzt. Er bringt hiezu unter den Gesichtspunkten einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, schon in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid habe er aufgezeigt, daß aus dem Bescheid nicht erkennbar sei, ob man davon ausgehe, daß er als Privatperson von der Verabreichung von Speisen und Getränken ausgeschlossen sei oder ob es sich um einen Bescheid gegen den Verein "F" - wie aus dem Zustellvermerk hervorgehe - bzw. um einen Bescheid gegen den bisher noch nicht einmal als Partei angehörten Verein "S" handle. Er habe aufgezeigt, daß der "F" mit Bescheid der Sicherheitsdirektion per 1. April 1982 behördlich aufgelöst worden sei und daß von seiten dieses Vereines Getränke und Speisen überhaupt nicht verabreicht werden könnten, da er nicht mehr existiere und er daher auch als Obmann dieses Vereines nicht mehr tätig sein könne. Er habe weiters darauf hingewiesen, daß sich in den Räumen ein Verein "S" konstituiert habe, der ein Buffet führe, für das er aber in keiner Weise verantwortlich sei. Es sei seines Erachtens nach rechtlich verfehlt, sozusagen Räumlichkeiten "mit Bann zu belegen" die noch dazu von ihm als Privatperson gemietet worden seien und die er an einen Verein weitervermietet habe.

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 hat die Behörde, wenn in einem Strafverfahren das Vorliegen einer gesetzwidrigen Gewerbeausübung oder in einem Verfahren gemäß § 358 Abs. 1 die Genehmigungspflicht einer Anlage rechtskräftig festgestellt worden ist, wenn der der Rechtsordnung entsprechende Zustand nicht ungesäumt hergestellt wird, mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Schließung des Betriebes oder von Teilen des Betriebes oder die Stillegung von Maschinen, zu verfügen. Nach Absatz 4 dieser Gesetzesstelle hat die Behörde, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung von Bescheiden gemäß Absätze 1 und 2 nicht mehr vorliegen und zu erwarten ist, daß der Gewerbetreibende in Hinkunft die gewerberechtlichen Vorschriften einhalten wird, auf Antrag des Gewerbetreibenden die mit den Bescheiden gemäß Absätze 1 oder 2 getroffenen Maßnahmen zu widerrufen. Aus dem Zusammenhalt des Abs. 1 bzw. des Abs. 2 und des Abs. 4, in dem die Voraussetzungen, unter denen die Behörde die Maßnahmen zu widerrufen hat, festgelegt sind, ist - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinen Erkenntnissen vom 16. Jänner 1981, Zl. 04/1259/80, und vom 19. März 1982, Zl. 81/04/0154, darlegt hat - zu schließen, daß der Normadressat von Maßnahmen nach dem Abs. 1 nur ein Gewerbetreibender im Sinne des Abs. 4 sein kann. Unter "Gewerbetreibender" im Sinne dieser Bestimmung von dem zu erwarten ist, daß er in Hinkunft die gewerberechtlichen Vorschriften einhalten wird, ist aber - wie dies für den gegebenen Zusammenhang in Betracht kommt - der eine gewerbliche Tätigkeit Ausübende oder eine Betriebsanlage Betreibende, nicht aber etwa bloß der Inhaber einer Gewerbeberechtigung oder der Inhaber einer Betriebsanlage zu verstehen. Dies ergibt sich auch daraus, daß es für eine Maßnahme nach dem Abs. 1 des § 360 GewO 1973 ohne Belang ist, ob die gesetzwidrige Gewerbeausübung - etwa im Falle einer Übertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 - an sich auf einer Gewerbeberechtigung beruht oder nicht.

Nach den in der Begründung des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit der Begründung des Bescheides der Erstbehörde des Verwaltungsverfahrens getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ging die belangte Behörde im vorliegenden Fall von einem in Rechtskraft erwachsenen Straferkenntnis aus, das sich auf der Grundlage des § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 auf ein Verbot bezog, dessen Übertretung ausschließlich den im Spruch des Straferkenntnisses bezeichneten Beschwerdeführer traf. Grundsätzlich konnte sich daher eine im Anschluß an diese Straferkenntnis allenfalls ins Auge zu fassende Maßnahme nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 - entgegen der offenbar in der Beschwerde vertretenen Meinung - auch nur an den Beschwerdeführer richten.

Der Beschwerde kommt jedoch im Ergebnis unter Berücksichtigung des Inhaltes des des zugrundeliegenden Straferkenntnisses aus folgenden Überlegungen Berechtigung zu:

Wie der Verwaltungsgerichtshof gleichfalls bereits in seinem Erkenntnis vom 27. September 1978, Zl. 1397/77, dargetan hat, ergibt sich aus der Bedeutung der Worte des § 360 Abs. 1 GewO 1973 in ihrem Zusammenhang, daß unter dem der Rechtsordnung entsprechenden Zustand jene Sollordnung zu verstehen ist, deren Übertretung zuvor im Strafverfahren festgestellt wurde. Als normativer Gehalt der verba legalia "der der Rechtsordnung entsprechende Zustand" ist daher (lediglich) der "contrarius actus" der (festgestellten) Zuwiderhandlung aufzufassen.

In dem hier in Rede stehenden Straferkenntnis vom 14. August 1981 wurde dem Beschwerdeführer die unbefugte Ausübung des Gastgewerbes in der Zeit "von zumindest Juli 1979 bis 5. 6. 1981" angelastet. Somit ergibt sich aus diesem objektiv erkennbaren Spruchinhalt sowie im Zusammenhang mit dem Umstand, daß sich die Behörde nicht etwa auf eine oder mehrere weitere rechtskräftige Bestrafungen berief, daß dem Beschwerdeführer keine über den 5. Juni 1981 hinausgehende fortlaufende unbefugte Gewerbeausübung vorgeworfen wurde, woraus aber im Sinne der vorstehenden Darlegungen folgt, daß einer derartigen - nach dem Spruch des zugrundeliegenden Straferkenntnisses bereits abgeschlossen - unbefugten Gewerbeausübung des Beschwerdeführers begrifflich nicht durch eine ausschließlich einen "contrarius actus" darstellende Maßnahme nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 begegnet werden konnte.

Da sich der angefochtene Bescheid somit als durch die dargelegte Gesetzeslage nicht gedeckt erweist, war er schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, weshalb auch Erörterungen über die Frage der Erfüllung der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 360 Abs. 1 GewO 1973 entbehrlich waren.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981 sowie den Antrag des Beschwerdeführers. Das Begehren auf Ersatz der Barauslagen war abzuweisen, weil Barauslagen im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden sind.

Wien, am 28. Jänner 1983

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