VwGH 81/17/0201

VwGH81/17/020118.1.1982

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Pokorny, Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Ratz, über die Beschwerde der Dr. BK in W, vertreten durch Dr. Herbert Klinner, Rechtsanwalt in Wien I, Seilergasse 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. Oktober 1981, Zl. GA 11‑405/80, betreffend Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

KfzStG §8 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1982:1981170201.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

Begründung

Nach dem Vorbringen der Beschwerde in Verbindung mit dem Inhalt der damit angefochtenen Berufungsentscheidung wurde mit erstinstanzlichem Bescheid vom 18. September 1979 der Beschwerdeführerin eine Abgabenerhöhung gemäß § 8 Abs. 4 und Abs. 5 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes in der Höhe von S 1.440,‑ ‑ vorgeschrieben. Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsentscheidung als unbegründet ab und führte hie zu aus:

Anläßlich einer Straßenkontrolle am 16. Juli 1979 sei durch ein Organ der Bundespolizeidirektion Wien festgestellt worden, daß die Beschwerdeführerin für ihren Pkw in der Zeit vom Dezember 1978 bis Juli 1979 keine Kraftfahrzeugsteuer entrichtet hatte. Nach § 8 Abs. 4 lit. b des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KfzStG) könne die Abgabenbehörde zur Sicherung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes eine Abgabenerhöhung bis zum Zweifachen der fehlenden Steuer erheben, wenn eine nach diesem Bundesgesetz in Stempelmarken zu entrichtende Steuer nicht oder nicht vorschriftsmäßig entrichtet werde. Gemäß § 8 Abs. 5 leg. cit. habe die Abgabenbehörde bei Festsetzung der Abgabenerhöhung insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit dem Abgabenschuldner bei Beachtung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes das Erkennen der Steuerpflicht und der Besonderheit der Steuerentrichtung habe zugemutet werden können und ob er die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erstmalig oder bereits wiederholt nicht eingehalten habe. Bei Festsetzung einer Abgabenerhöhung wegen Überschreitung einer Frist sei zu berücksichtigen, ob die Frist nur geringfügig oder beträchtlich überschritten worden sei. Da die Beschwerdeführerin den Beruf eines Richters ausübe, sei ihr die Beachtung der Bestimmungen des KfzStG, das Erkennen der Steuerpflicht und der Besonderheit der Steuerentrichtung schlechthin zuzumuten. Die Kraftfahrzeugsteuer sei für die Monate Dezember 1978 bis Juli 1979 nicht entrichtet worden. Die „Nichtentrichtungen in den zweiten und den weiteren Monaten stellten bereits Wiederholungshandlungen“ dar. Die Fälligkeit, „das ist die Verpflichtung zur Entrichtung der Steuer, ergebe sich aus dem Gesetz und bedürfe „keiner Anmahnung oder Beanstandung durch Organe der Vollziehung“. Die Besonderheit des Kraftfahrzeugsteuergesetzes sei, daß die Berechnung der Steuer (Ermittlung nach dem Hubraum) sowie die Entrichtung durch den Abgabepflichtigen selbst, also ohne Mitwirkung der Behörde erfolge. Die Kraftfahrzeugsteuer hebe sich auch insoweit von anderen Abgaben, wie z.B. der Einkommensteuer ab, als sie keine Abgabe sei, die unter das Finanzstrafgesetz falle. Der Hinweis in der Berufung, daß die Bestimmung des § 8 Abs. 4 lit. b KfzStG nur bei Steuerhinterziehungsabsicht zum Tragen komme, gehe daher ins Leere. Zur Einhaltung der Vorschriften des Kraftfahrzeugsteuergesetzes habe der Gesetzgeber bestimmt, daß ‑ wenn der Angabenbehörde die nichtvorschriftsmäßige Entrichtung bekannt werde ‑, eine Erhöhung bis zum Zweifachen der fehlenden Steuer erhoben werden könne. Hiebei handle es sich nicht um eine Strafe im Sinne des Strafgesetzes. Es seien somit die in der Berufung angestellten Überlegungen, daß die Grundsätze der Strafzumessung auch hier analog Anwendung zu finden hätten, verfehlt. Vielmehr solle durch die Möglichkeit der Erhöhung bis zum Zweifachen der Abgabepflichtige zur Einhaltung der Bestimmungen des Gesetzes angehalten werden; die Festsetzung der Erhöhung selbst sei in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt. Da die Kraftfahrzeugsteuer vom Abgabepflichtigen zu berechnen und zu entrichten sei und die Ordnungsmäßigkeit nur fallweise durch Straßenkontrollen überprüft werde, entspreche es einem Gebot der Zweckmäßigkeit, Erhöhungsbeträge in einem Ausmaß festzusetzen, das „über den Charakter einer Erinnerung hinausgehe und einen echten Erziehungseffekt gewährleistet“. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Berufung keinen einzigen Grund angeführt, der ‑ außerhalb rechtlicher Überlegungen ‑ die Abgabenbehörde dazu veranlassen hätte können, im Rahmen der Ermessensentscheidung das Ausmaß der Erhöhung zu mindern.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die Beschwerdeführerin erachtet sich wegen rechtswidriger Anwendung des § 8 Abs. 4 und 5 Kraftfahrzeugsteuergesetz sowie wegen Ermessensüberschreitung in ihren Rechten verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Der § 8 Abs. 4 und 5 Kraftfahrzeugsteuergesetz lautet:

„(4) Zur Sicherung der Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes kann die Abgabenbehörde nach ihrem Ermessen von den Personen, die zur Zahlung der Steuer verpflichtet sind oder bei Wegfall des Befreiungsgrundes zur Zahlung der Steuer verpflichtet wären, eine Abgabenerhöhung

a) bis zu einem Zwölftel der Jahressteuer erheben, wenn der Lenker des Kraftfahrzeuges anläßlich einer Überprüfung eine Kraftfahrzeugsteuerkarte oder eine Bescheinigung nach Abs. 1 oder Abs. 2 nicht vorweist oder wenn ein Steuerpflichtiger die Kraftfahrzeugsteuerkarte nicht rechtzeitig der Abgabenbehörde übergibt und

b) bis zum Zweifachen der fehlenden Steuer erheben, wenn eine nach diesem Bundesgesetz in Stempelmarken zu entrichtende Steuer nicht oder nicht vorschriftsmäßig entrichtet wird.

(5) Bei Festsetzung der Abgabenerhöhung ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit dem Abgabenschuldner bei Beachtung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes das Erkennen der Steuerpflicht und der Besonderheit der Steuerentrichtung zugemutet werden konnte und ob er die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erstmalig oder bereits wiederholt nicht eingehalten hat. Bei Festsetzung einer Abgabenerhöhung wegen Überschreitung einer Frist ist zu berücksichtigen, ob die Frist nur geringfügig oder beträchtlich überschritten wurde“.

Die Beschwerdeführerin sieht insofern einen Widerspruch darin, daß es dem Lenker eines Kraftfahrzeuges, der die monatlich fälligen Steuerbeträge in Form von Stempelmarken nicht entrichtet habe, zwar bei einer Überprüfung freistünde, die Kraftfahrzeugsteuerkarte nicht vorzuweisen, weswegen eine Abgabenerhöhung bis höchstens zu einem Zwölftel der Jahressteuer festgesetzt werden könnte, während über den Steuerpflichtigen, der wenigstens die Steuerkarte, wenn auch nicht mit der erforderlichen Anzahl von Stempelmarken beklebt, mit sich führt, eine bis zum vierundzwanzigfachen höhere Steuererhöhung verhängt werde. Eine Absicht des Gesetzgebers für diese unterschiedliche Regelung ‑ so meint die Beschwerdeführerin ‑ sei nicht erkennbar, weshalb der Tatbestand der lit. b des § 8 Abs. 4 KfzStG wohl nur für jenen Fall gedacht zu sein scheine, daß die gesamte Steuer oder ein Teil der Steuer überhaupt nicht entrichtet worden sei, sich also der Steuerpflichtige durch Täuschungsmaßnahmen der Steuerpflicht habe entziehen wollen oder den Wegfall eines Befreiungstatbestandes nicht mitgeteilt habe.

Abgesehen davon, daß dem Gerichtshof ein zu wertender Unterschied zwischen der Unterlassung der Mitteilung über den Wegfall eines Befreiungstatbestandes einerseits und der Anbringung von Stempelmarken zur Entrichtung der Steuer andererseits nicht erkennbar ist, übersieht die Beschwerdeführerin mit ihrer Argumentation offensichtlich, daß die Nichtentrichtung oder verspätete Entrichtung der Kraftfahrzeugsteuer durch Anbringung von Stempelmarken ausschließlich dem § 8 Abs. 4 lit. b KfzStG zu unterstellen ist, während die lit. a auf den Fall abstellt, daß ein Kraftfahrzeuglenker, der seine Steuer ordnungsgemäß entrichtet hat, dies bei einer Überprüfung nicht nachweisen kann, bzw. die Steuerkarte nicht rechtzeitig der Abgabenbehörde übergibt. Der von der Beschwerdeführerin aufgezeigte Wertungswiderspruch liegt also nicht vor und daran kann auch nichts ändern, daß im Regelfall der Steuerpflichtige durch Nichtvorweisung der Kraftfahrzeugsteuerkarte einer Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer nach § 8 Abs. 4 lit. b KfzStG entgeht: wenn auf andere Weise die nicht vorschriftsmäßige Entrichtung der Steuer erwiesen wird, ist nämlich trotzdem (zusätzlich) die Erhöhung nach § 8 Abs. 4 lit. b KfzStG vorzunehmen. Damit hat die belangte Behörde, was den vorliegenden Fall betrifft, durchaus, zu Recht die Erhöhung nach § 8 Abs. 4 lit. b KfzStG bejaht.

Der Gerichtshof kann ferner nicht finden, daß die belangte Behörde insoweit von ihrem Ermessen nicht dem Gesetz entsprechend Gebrauch gemacht hat, wenn sie unter Berücksichtigung der Rechtskundigkeit der Beschwerdeführerin und der Nichtentrichtung der Kraftfahrzeugsteuer während der Dauer von acht Monaten eine Erhöhung von 150 % (im Rahmen der zulässigen 200 %) für angemessen erachtet hat. Soweit die Beschwerdeführerin darauf hinweist, daß bei der Nichtentrichtung in ihrem Fall lediglich ein Versehen vorliege, ist ihr entgegenzuhalten, daß das Gesetz zwischen Absicht und Versehen bei der Determinierung des Ermessensrahmens überhaupt nicht unterscheidet.

Da also bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigte es sich auch, über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung noch gesondert abzusprechen.

Wien, am 18. Jänner 1982

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