VwGH 81/17/0030

VwGH81/17/003018.2.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Hnatek, Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde der A-Gesellschaft m. b.H in S vertreten durch Dr. Theo Petter, Rechtsanwalt in Wien I, Stephansplatz 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat) vom 18. Dezember 1980, Zl. 87/1- VBK/1979, betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1976 und ab 1. Jänner 1977, zu Recht erkannt:

Normen

BewG 1955 §57;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die eine Wirtschaftstreuhandkanzlei betreibende beschwerdeführende Partei (Beschwerdeführerin) nahm am 27. Jänner 1975 das am 24. Jänner des eben genannten Jahres gestellte Anbot des selbständigen Steuerberaters EK der zugleich auch Geschäftsführer der Beschwerdeführerin ist, einen Teil der Klientel des letzteren zu erwerben, an. Das Anbot hat folgenden Wortlaut:

"I.

Ich bin Alleininhaber der nicht protokollierten Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungskanzlei EK.

II.

Ich veräußere meinen Klientenstock an die A-gesellschaft m. b.H. (die Beschwerdeführerin) laut beiliegender Liste, welcher einen integrierenden Bestandteil dieses Anbotes bildet.

III.

Die Übergabe erfolgt an jenem Tag, an welchem die Agesellschaft m.b.H dieses Anbot schriftlich annimmt.

IV.

Der Veräußerungspreis beträgt laut Anlage für die Buchhaltungsumsätze den einfachen und für die Bilanz- bzw. Beratungsumsätze den 1,3 fachen Jahresumsatz des Jahres 1975.

Erteilt ein Klient der Anlage der A-gesellschaft m.b.H keinen Auftrag oder zieht er diesen innerhalb von fünf Jahren zurück, so vermindert sich der Kaufpreis für diesen Klienten um 20 % pro Jahr der nicht vollen Tätigkeit.

V.

Der Kaufpreis wird von der A-gesellschaft m.b.H in Fom einer Vereinbarung hinsichtlich einer Rentenzusage an mich geregelt.

Für Zwecke der Umsatzsteuer wird eine Honorarnote erstellt, welche gleichzeitig Bemessungsgrundlage für die Rentenschuld darstellt. Der Bruttobetrag von ÖS 2,370.340,80 ist somit von der A-gesellschaft m.b.H. einem Konto 'Rentenrückstellung EK' gutzuschreiben.

Der Betrag von ÖS 2,370.340,80 unterliegt der Wertsicherung und wird vereinbart, daß im gleichen Maß als die Pensionsanpassung für die Arbeiter und Angestellten erhöht wird, eine Angleichung der Rentenrückstellung zu erfolgen hat. Sollte der Verbraucherpreisindex 1966 des österr. statistischen Zentralamtes jedoch (oder ein an seine Stelle tretender Index) eine größere Steigerung aufweisen als die Pensionsanpassung der Arbeiter und Angestellten, so ist dieser heranzuziehen. Schwankungen bis einschließlich 5 % bleiben unbeachtet, sind aber bei einer größeren Veränderung voll zu berücksichtigen. Wurde die Wertsicherungsklausel einmal angewendet, so ist sie erst wieder anzuwenden, wenn die 5%-Grenze neuerlich nach oben oder unten überschritten wird.

VI.

Der Rentenanspruch entsteht:

  1. a) mit dem Tage, an welchem ich das 60. Lebensjahr vollende oder
  2. b) bei früher eingetretener Arbeitsunfähigkeit.

    VII.

    Die Höhe der monatlich in vorhinein zu zahlenden Renten ist nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnen. Dabei gilt als Barwert der auszuzahlenden Rente der gemäß Punkt 5 vereinbarte Kaufpreis erhöht oder vermindert um die sich aufgrund der Wertsicherung ergebenden Beträge.

    VIII.

    Im Falle meines Ablebens gebührt meiner Witwe auf Lebenszeit ein sofort beginnender Rentenbezug.

    Abschnitt VII ist sinngemäß anzuwenden."

    Mit Schriftsatz vom 11. Mai 1976, bezeichnet als "Nachtrag zum Anbot vom 24. 1. 1975", teilte EK der Beschwerdeführerin mit, daß das Anbot unter Punkt VII. durch Einfügung der Worte "unter Zugrundelegung eines 5 %-igen Zinssatzes" zu ergänzen sei. Schon zuvor war mit Schriftsatz vom 31. Jänner 1975 in einer Honorarnote des EK an die Beschwerdeführerin ein Bruttobetrag von S 2,545.921,60 in Rechnung gestellt worden. Diese Änderung des in Punkt V. des Anbotes genannten Betrages von S 2,370.340,80 ist einem Schreiben der Beschwerdeführerin an EK vom 26. Mai 1975 zufolge auf eine Richtigstellung des angewandten Umsatzsteuersatzes zurückzuführen.

    Ausgehend von dem die Ergebnisse einer abgabenbehördlichen Prüfung enthaltenden Bericht vom 5. Jänner 1979 setzte das Finanzamt Salzburg-Stadt in seinen gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültigen Bescheiden über den Einheitswert des Betriebsvermögens der Beschwerdeführerin den Wert der Klientel mit S 2,486.838,-- (zum 1. Jänner 1976) bzw. mit S 2,692.838,-- (zum 1. Jänner 1977) als Aktivpost an. Eine Passivpost entsprechend der in der Handelsbilanz der Beschwerdeführerin zum 31. Dezember 1975 bzw. 1976 ausgewiesenen Leibrentenschuld gelangte hingegen nicht zum Ansatz.

    In ihrer gegen diese Bescheide erhobenen Berufung wandte sich die Beschwerdeführerin gegen den Ansatz eines Aktivpostens für die mit vorerwähntem Korrespondenzvertrag erworbene Klientel und begründete dies damit, daß die Vorgangsweise des Finanzamtes mit der Vorschrift des § 4 Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148, (in der Folge kurz als BewG bezeichnet) in Widerspruch stehe; der Höhe nach wurde der Ansatz im übrigen nicht bekämpft. Die Beschwerdeführerin verwies im übrigen auf eine im Verwaltungsakt erliegende Meinungsäußerung des Bundesministers für Finanzen vom 8. November 1977, welche allerdings nur dahin geht, daß der Erwerb des Rentenstammrechtes durch die in den Abschnitten VI und VIII des Anbotes enthaltenen Bestimmungen aufschiebend bedingt erscheine.

    Eine in der Sache ergangene abweisliche Berufungsvorentscheidung vom 18. Juli 1979 verlor im Hinblick auf einen rechtzeitig gestellten Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz ihre rechtliche Wirksamkeit.

    In der vor der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung vertrat die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer, die Ansicht, der vorliegende Fall stelle ein eklatantes Beispiel eines aufschiebend bedingten Erwerbes dar. Wiewohl der erworbene Klientenstock von der Beschwerdeführerin von Anfang an genutzt worden sei, dürfe eine Aktivpost bis zum Eintritt der vereinbarten Bedingungen bei Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens der Beschwerdeführerin zu den genannten Stichtagen nicht angesetzt werden.

    Mit Berufungsentscheidung vom 18. Dezember 1980 gab die belangte Behörde der Berufung insoweit teilweise statt, als die Wertansätze für die erworbene Klientel wegen Abfalls von Klienten zum 1. Jänner 1976 auf S 2,282.105,-- und zum 1. Jänner 1977 auf S 2,225.070,-- vermindert wurden. Dementsprechend verminderte sich der bekämpfte Einheitswert zum 1. Jänner 1976 auf S 1,116.000,-- (bis dahin S 1.320.000,--) und zum 1. Jänner 1977 auf S 1,784.000,-

    - (bis dahin S 2,251.000,--). Begründend führte die belangte Behörde aus, die von EK erworbene Klientel gehöre eindeutig zum Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin. Dieser "Kundenstock im Sinne des BewG" sei, weil die Veräußerung entgeltlich erfolgt sei, auch bewertbar. Daß es sich beim vereinbarten Kaufpreis um eine aufschiebend bedingte Leibrente handle, ändere nichts an der für die Bewertbarkeit der Klientel maßgebenden Tatsache, daß die Klientel entgeltlich und ohne aufschiebende Bedingung mit dem Tag der Annahme des Anbotes ins Eigentum der Beschwerdeführerin übergegangen sei und daher ab diesem Zeitpunkt ein nach dem BewG bewertbares Wirtschaftsgut bilde. Dies werde auch durch den Umstand, daß EK die veräußerte Klientel am 7. Juli 1980 um den Preis von S 2,133.649,-- wiederum zurückgekauft habe, bestätigt. Eine aufschiebende Bedingung sei im Vertrag vom Jänner 1975 nicht hinsichtlich der Klientel, sondern nur hinsichlich des Rentenanspruches vereinbart worden. Bilanzmäßig lägen zwar Aktiva in Form des Kundenstockes und Passiva in Form der Rentenverpflichtung vor, doch könne die Rentenverpflichtung bei der Einheitsbewertung gemäß § 6 BewG nicht als aufschiebend bedingte Last berücksichtigt werden.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid insoweit in ihren Rechten verletzt, "als entgegen den Bestimmungen des § 4 Bewertungsgesetz 1955 gegen Rentenzusage übertragene Wirtschaftsgüter als Vermögen angesetzt wurden". Die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß der Erwerb der von EK stammenden Klientel an keinerlei aufschiebende Bedingung geknüpft und somit entgeltlich erfolgt sei, widerspreche dem Inhalt des Anbotes, da danach ein sogenannter Glücksvertrag anzunehmen sei; die Vertragsverpflichtung der Beschwerdeführerin beginne nämlich erst, wenn EK oder dessen Gattin "zu einem bestimmten Zeitpunkt noch am Leben ist". Sollte dies nicht der Fall sein, so läge ein unentgeltlicher Erwerb der Klientel vor. In diesem Falle dürfte aber bei der Einheitsbewertung kein Vermögenswert angesetzt werden. Auch im Falle eines kurzfristig nach der Erreichung des Rentenanspruches eintretenden Ablebens würde der Kaufpreis wesentlich geändert werden.

    Auf die weiteren Ausführungen des angefochtenen Bescheides brauche nicht eingegangen zu werden, da dieser Bescheid allein aus den eben angeführten Gründen rechtswidrig sei.

    Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 57 Abs. 1 BewG gehören zum Betriebsvermögen alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit, die dem Betrieb eines Gewerbes als Hauptzweck dienen, soweit die Wirtschaftsgüter dem Betriebsinhaber gehören (gewerblicher Betrieb). Dem Betrieb eines Gewerbes im Sinne des BewG steht gemäß § 58 leg. cit. die Ausübung eines freien Berufes gleich. Gemäß § 59 leg. cit. bilden einen gewerblichen Betrieb insbesondere alle Wirtschaftsgüter, die unter anderem einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gehören, wenn diese ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland hat.

Der Ansatz eines Firmenwertes bei der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann in Frage, wenn derselbe durch Entgelt erworben (das ist der im angefochtenen Bescheid angenommene Fall) oder durch besondere Aufwendungen geschaffen worden ist oder wenn sich darüber eine feste allgemeine Verkehrsauffassung gebildet hat (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 24. März 1954, Zl. 3226/53, vom 22. Juni 1955, Zl. 588/53, vom 29. Juni 1956, Zlen. 0874/55, 875/55, und vom 21. April 1961, Zl. 2417/60). Ein Firmenwert kann beispielsweise auch durch einen Kundenstock (Klientel) begründet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1964, Zl. 1179/63).

Im vorliegenden Fall bekämpft die Beschwerdeführerin den Ansatz einer Aktivpost für die ihr von EK mit Korrespondenzvertrag überlassene Klientel bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1976 und zum 1. Jänner 1977 nur deswegen, weil dies mit der Rechtsvorschrift des § 4 Bewertungsgesetz in Widerspruch stehe. Gemäß dieser mit "Aufschiebend bedingter Erwerb" übertitelten Rechtsvorschrift werden Wirtschaftsgüter, deren Erwerb vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, erst berücksichtigt, wenn die Bedingung eingetreten ist.

Streitentscheidend ist sohin, ob der Erwerb der Klientel durch die Beschwerdeführerin unter einer "aufschiebenden Bedingung" erfolgte und ob das schon mehrmals erwähnte Vertragswerk vom Jänner 1975 als entgeltliches Rechtsgeschäft anzusehen ist.

Was zunächst den letztangeführten Gesichtspunkt anlangt, so ist davon auszugehen, daß vorliegendenfalls von der Beschwerdeführerin unbestritten ein Wirtschaftsgut (Teile der Klientel des selbständigen Steuerberaters EK) unter Zusage einer Gegenleistung (Leibrentenzusage) erworben wurde. Auf Grund dessen ist nicht zweifelhaft, daß nach dem Willen der Vertragsparteien die eine Leistung durch die andere "vergolten" werden soll, damit aber "subjektive Äquivalenz" und also Entgeltlichkeit vorliegt (vgl. hiezu Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts I, S. 85 und S.321). Der Umstand, daß nach diesem Vertrag Leibrentenzahlungen an den Veräußerer der Klientel bzw. an dessen überlebende Ehegattin nur erfolgen sollen, wenn diese Personen einen bestimmten Zeitpunkt erleben, vermag hingegen die Entgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes nicht in Frage zu stellen. Entgeltlichkeit eines Rechtsgeschäftes und aleatorische Elemente desselben Rechtsgeschäftes sind nämlich keineswegs unvereinbar (vgl. § 1267 ABGB).

Die Rechtsansicht der Beschwerdeführerin beruht aber auch auf der fehlerhaften Annahme, die Klientel sei unter einer aufschiebenden Bedingung erworben worden. Dem steht schon der Wortlaut des eingangs wiedergegebenen Vertrages entgegen (arg.

"Ich veräußere meinen Klientenstock .... Die Übergabe erfolgt an

jenem Tag, an welchem die A-gesellschaft m.b.H. dieses Anbot schriftlich annimmt"). Auch der spätere Rückkauf der durch die Beschwerdeführerin übernommenen und bis dahin offenbar betreuten Klientel spricht für den Standpunkt der belangten Behörde. Demgegenüber hat die Beschwerdeführerin nichts Greifbares vorgebracht, was ihre Berechtigung, auf Grund besagten Vertrages die von EK überlassene Klientel mit sofortiger Wirkung zu übernehmen, in Frage stellen könnte. Unter diesen Umständen erscheint daher die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, der Erwerb der Klientel durch die Beschwerdeführerin sei kein aufschiebend bedingt gewesener, nicht unschlüssig.

Auf Grund dieser Erwägungen haftet dem angefochtenen Bescheid die ihm von der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Rechtswidrigkeit des Inhaltes nicht an. Da kein relevanter Verfahrensmangel behauptet wurde und auch dem Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 18. Februar 1983

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