VwGH 2013/13/0066

VwGH2013/13/006628.6.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wimberger, über die Beschwerde des Finanzamtes Wien 1/23 in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 25. April 2013, Zl. RV/0088-W/12, miterledigt RV/80- W/12 bis RV/87-W/12, RV/2082-W/11, RV2083-W/11, betreffend "Gruppenfeststellungsbescheid 2008", "Gruppenfeststellungsbescheid 2009" und "Feststellung gemäß § 9 Abs. 8 KStG 1988 für 2010" (mitbeteiligte Parteien: 1. C GmbH in W, 2. E GmbH, 3. C GmbH, 4. C GmbH, 5. C GmbH, 6. C GmbH,

7. C GmbH, 8. C GmbH und 9. D GmbH, alle vertreten durch Ernst & Young, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H. in 1220 Wien, Wagramer Straße 19), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §19 Abs1;
KStG §9 Abs5;
KStG §9 Abs9;
BAO §19 Abs1;
KStG §9 Abs5;
KStG §9 Abs9;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Streitpunkt des Beschwerdeverfahrens ist die Frage, ob die Verschmelzung eines Gruppenträgers (im Folgenden: C AG) mit der erstmitbeteiligten Partei (im Folgenden: C GmbH) im Rahmen eines Upstream-Mergers mit einer gruppenfremden Gesellschaft zur Beendigung der Gruppe führte.

2 Mit Bescheid vom 19. Dezember 2005 sprach das Finanzamt aus, dem Antrag der C AG auf Feststellung einer Gruppe gem. § 9 Abs. 8 KStG 1988 werde stattgegeben und es werde dem Antrag entsprechend das Bestehen einer Gruppe zwischen der C AG als Gruppenträger und einzeln angeführten inländischen Gruppenmitgliedern ab der Veranlagung 2005 festgestellt.

3 Mit Bescheid vom 9. Februar 2009 ("Gruppenfeststellungsbescheid 2008") wurde der Bescheid vom 19. Dezember 2005 u.a. dahingehend abgeändert, dass für zwei weitere inländische Gruppenmitglieder (die FH GmbH und die F GmbH) ab der Veranlagung 2008 die Zugehörigkeit zur Unternehmensgruppe gelte.

4 Mit Bescheid vom 11. Oktober 2010 ("Gruppenfeststellungsbescheid 2009") wurde der Bescheid vom 19. Dezember 2005 weiter dahingehend abgeändert, dass die Zugehörigkeit zur Unternehmensgruppe für zwei (mit einem dritten Gruppenmitglied verschmolzene) Gruppenmitglieder (die TR GmbH und die TS GmbH) mit der Veranlagung 2009 ende.

5 Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2010 zeigte die C GmbH dem Finanzamt erstens an, dass die bisherige Gruppenträgerin (C AG) als übertragende Gesellschaft mit der C GmbH als aufnehmender Gesellschaft zum Verschmelzungsstichtag 30. Juni 2010 verschmolzen worden sei und die Gruppe als Folge der eingetretenen Gesamtrechtsnachfolge mit der C GmbH als Gruppenträgerin fortgesetzt werde ("Anzeige der durch die Verschmelzung (...) verursachte(n) Änderung (...) gem. § 9 Abs. 9 KStG"). Zweitens stellte sie für den Fall, dass dieser "Anzeige sowie de(n) darin beschriebenen steuerlichen Wirkungen nicht gefolgt wird", "in eventu" den Antrag auf Feststellung einer Unternehmensgruppe mit der C GmbH als Gruppenträgerin ab dem Veranlagungsjahr 2010, wozu sie sinngemäß ausführte, die Gesamtrechtsnachfolge müsse dann, wenn es einer neuen Gruppenbildung bedürfe, zumindest bewirken, dass der C GmbH die Besitzzeiten der C AG vor dem Verschmelzungsstichtag zuzurechnen seien. Schließlich stellte sie drittens für den Fall, dass auch dem nicht gefolgt werde, "in eventu" den Antrag auf Feststellung einer Unternehmensgruppe mit der C GmbH als Gruppenträgerin ab dem Veranlagungsjahr 2011.

6 Mit Bescheid vom 15. April 2011 ("Gruppenfeststellungsbescheid 2008, Änderung gemäß § 9 Abs. 9 KStG 1988 zu Bescheid vom 09.02.2009") änderte das Finanzamt den Bescheid vom 9. Februar 2009 dahingehend ab, dass die Zugehörigkeit der FH GmbH und der F GmbH zur Unternehmensgruppe "rückwirkend gem. (§) 295a BAO in Verbindung mit § 9 Abs. 10

3. Teilstrich KStG 1988 als aufgehoben" gelte. Begründend wurde dargelegt, die Gruppe sei durch die Verschmelzung der C AG mit der

C GmbH mit der Veranlagung 2009 beendet worden, sodass die FH GmbH und die F GmbH die Mindestzugehörigkeitsdauer von drei Jahren nicht erreicht hätten.

7 Mit Bescheid vom 2. Mai 2011 ("Bescheid über die Beendigung der Unternehmensgruppe, Änderung gemäß § 9 Abs. 9 KStG 1988 zu Bescheid vom 11.10.2010 (sic)") sprach das Finanzamt folgendes aus:

"Gemäß Ihrem Antrag vom 22.12.2010 (sic) endet das Bestehen einer Unternehmensgruppe mit der Veranlagung 2009."

8 Begründend wurde dargelegt, durch die Verschmelzung des Gruppenträgers auf eine nicht der Unternehmensgruppe angehörende Körperschaft werde "die Unternehmensgruppe stets beendet, weil die Funktion des Gruppenträgers nicht auf eine Körperschaft außerhalb der Unternehmensgruppe übertragen werden kann".

9 Mit Bescheid vom 10. Mai 2011 stellte das Finanzamt - ohne die Rechtskraft des Bescheides vom 2. Mai 2011 abgewartet und ohne über den ersten Eventualantrag entschieden zu haben - das Bestehen der neuen Gruppe ab der Veranlagung 2011 fest.

10 Mit Schriftsatz vom 1. Juni 2011 erhoben die C GmbH sowie die FH GmbH und die F GmbH gegen den Bescheid vom 15. April 2011 und die C GmbH sowie weitere Gruppenmitglieder gegen den Bescheid vom 2. Mai 2011 Berufung.

11 Mit Bescheid vom 27. Juni 2011, adressiert an die (nicht mehr existierende) C AG als Gruppenträger sowie an Gruppenmitglieder, wies das Finanzamt den "Antrag von der C AG" auf Feststellung einer Unternehmensgruppe ab dem Veranlagungsjahr 2010 ab. Zur Begründung wurde auf den Bescheid vom 10. Mai 2011 verwiesen. In dessen Begründung war u. a. dargelegt worden, für eine Gruppenbildung ab der Veranlagung 2010 sei die ausreichende finanzielle Verbindung zwischen der C GmbH und den Gruppenmitgliedern noch nicht gegeben. Mit Rücksicht auf den Verschmelzungsstichtag sei das Erfordernis des Vorliegens der finanziellen Verbindung während des gesamten Wirtschaftsjahres erst ab dem Jahr 2011 erfüllt.

12 Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2011 erhoben die C GmbH und Gruppenmitglieder Berufung gegen den Bescheid vom 27. Juni 2011.

13 Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde - nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung - den Berufungen gegen die Bescheide vom 15. April 2011 (im angefochtenen Bescheid: "Gruppenfeststellungsbescheid 2008") und vom 2. Mai 2011 (im angefochtenen Bescheid: "Gruppenfeststellungsbescheid 2009") statt. Sie hob diese Bescheide ersatzlos auf. Die Berufung der C GmbH gegen den Bescheid vom 27. Juni 2011 (im angefochtenen Bescheid: "Feststellung gemäß § 9 Abs. 8 KStG 1988 für 2010") wies die belangte Behörde zurück, weil der Bescheid nicht an die C GmbH adressiert gewesen war. Hinsichtlich der übrigen Berufungswerberinnen wies die belangte Behörde diese Berufung ab.

14 In der Begründung ihrer Entscheidung setzte sich die belangte Behörde damit auseinander, ob die Gruppenträgereigenschaft ein "höchstpersönliches Recht" darstelle, das im Falle einer Gesamtrechtsnachfolge nicht auf den Rechtsnachfolger übergehe, und ob ein "Ausscheiden" des Gruppenträgers aus der Gruppe vorliege, was gemäß § 9 Abs. 9 KStG 1988 zur Beendigung der Gruppe führe. Da - im Einklang mit im Schrifttum geäußerten Meinungen und entgegen der in Rz 354d der Umgründungssteuerrichtlinien 2002 zum Ausdruck gebrachten Ansicht -

beide Fragen zu verneinen seien, habe die Verschmelzung eine Übertragung der Gruppenträgerfunktion von der C GmbH auf die C AG (gemeint: von der C AG auf die C GmbH) bewirkt, womit die Gruppe "nahtlos fortgesetzt" worden sei. Die Bescheide vom 15. April 2001 und vom 2. Mai 2011 seien daher (ersatzlos) aufzuheben. Das "Eventualbegehren auf Gruppenbildung ab dem Veranlagungsjahr 2010" sei dadurch "grundsätzlich bedeutungslos" und die Berufung gegen den Bescheid vom 27. Juni 2011 "mangels Beschwer" abzuweisen. Besonderes gelte hier nur für die Berufung der C GmbH, an die der Bescheid nicht adressiert gewesen und deren Berufung daher zurückzuweisen sei. Auf die Feststellung der neuen Gruppe ab dem Veranlagungsjahr 2011 durch den (soweit ersichtlich, unbekämpft gebliebenen) Bescheid vom 10. Mai 2011 ging die belangte Behörde nicht näher ein.

Über die dagegen erhobene Amtsbeschwerde des Finanzamtes hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde und Erstattung einer gemeinsamen Gegenschrift durch die mitbeteiligten Parteien (C GmbH und Gruppenmitglieder) erwogen:

15 § 9 Abs. 5 letzter Satz und Abs. 9 erster und zweiter Teilstrich KStG 1988 lauten (seit dem 31. Dezember 2004 unverändert):

"§ 9. (...)

(5) (...) Vermögensübertragungen innerhalb der Unternehmensgruppe gelten nicht als Änderung der Voraussetzungen für Gruppenverhältnisse, sofern die Unternehmensgruppe weiterhin finanziell verbunden bleibt.

(...)

(9) Für Änderungen einer bestehenden Unternehmensgruppe gilt Folgendes:

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