Normen
PSchErhG Stmk 2004 §23 Abs2;
PSchErhG Stmk 2004 §23 Abs2;
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 1. Oktober 2013 beantragte der Revisionswerber (durch seine erziehungsberechtigte Mutter) beim Bürgermeister der Marktgemeinde Niklasdort die Bewilligung des sprengelfremden Besuchs in der Volksschule Oberaich ab dem Schuljahr 2014/2015. Begründend wurde vorgebracht, der Revisionswerber besuche das letzte Kindergartenjahr und sei motorisch sehr begabt. Daher seien verschiedene sportliche Aktivitäten für ihn wichtig. Auch liebe er es, Gedichte oder Lieder zu lernen und sie dann begeistert vorzutragen; er besuche gerne den Flötenunterricht. Es sei daher der Wunsch der Mutter des Revisionswerbers, ihren Sohn diesbezüglich zu fördern; die Volksschule Oberaich biete genau diese spezielle sportliche und musische Begabungsförderung.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die Bezirkshauptmannschaft Leoben (im Folgenden: BH) diesen Antrag ab. Begründend wurde - nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften - im Wesentlichen ausgeführt, die vom Revisionswerber in der Berufung angeführten Aktivitäten der Volksschule Oberaich (in musischer
Hinsicht: jährliche Musicalaufführungen, geplante Theaterfahrten, Chorgesang, Spielmusik und darstellendes Spiel; in sportlicher
Hinsicht: rhythmische Sportgymnastik, Fußball, Ballspiele sowie 2- 3 Schitage, 3 Sport- und Kreativtage der 3. Klasse, Schnuppertage z. B. für Tennis, Golf, Klettern etc.) seien lediglich ein Angebot an unverbindlichen Übungen, welche nicht unter die in § 9 Schulorganisationsgesetz angeführte Elementarbildung fallen würden. Der Bezirksschulrat Leoben habe dazu in seiner Stellungnahme vom 11. November 2013 ausgeführt, erst in der Sekundarstufe I sei von der Verpflichtung die Rede, Schüler nach deren Interesse, Neigung, Begabung und Fähigkeiten zu fördern. Die beiden im Vergleich stehenden Volksschulen Niklasdorf und Oberaich würden sich nur im Angebot an unverbindlichen Übungen unterscheiden. Beide Standorte würden eine Nachmittagsbetreuung anbieten. Die Begründung der Erziehungsberechtigten könne sich daher nur auf zusätzliche Angebote außerhalb des Pflichtkanons der Schule beziehen. Ein Anspruch (auf Bewilligung des sprengelfremden Schulbesuchs) bestehe nicht, allerdings könne der § 23 Abs. 2 des "SchpflG" (gemeint: Stmk. Pflichtschulerhaltungsgesetz 2004) auch in Richtung Befürwortung des sprengelfremden Schulbesuchs interpretiert werden.
Der Bezirksschulrat Bruck-Mürzzuschlag habe in seiner Stellungnahme ausgeführt, dass die Volksschule Oberaich keine Schule mit ausgewiesenen Schwerpunkten sei. Die individuellen Bildungsziele seien auf alle Fälle in beiden Volksschulen gleich erreichbar, da beide Schulen dem gleichen Lehrplan und dem gleichen Schulorganisationsgesetz unterlägen. Das standortspezifische Förderkonzept bringe jedoch spezielle Augenmerke in verschiedenen Bereichen an den Schulen zum Ausdruck. Der Bezirksschulrat Bruck-Mürzzuschlag erhebe derzeit keinen Einspruch gegen das Ansuchen.
Nach der Stellungnahme des Bezirksschulrates Leoben könne dem sprengelfremden Besuch des Revisionswerbers nicht zugestimmt werden, da dies dem Willen des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur insofern widerspreche, als es an den Volksschulen keine speziellen Schwerpunkte geben dürfe. Darüber hinaus sei vom Bezirksschulrat Bruck-Mürzzuschlag bestätigt worden, dass die Volksschule Oberaich keine Volksschule mit ausgewiesenen Schwerpunkten sei und die individuellen Bildungsziele in beiden Schulen gleich erreichbar seien.
Beide Schulen würden Nachmittagsbetreuung anbieten und sich lediglich im Angebot an unverbindlichen Übungen unterscheiden, welche allerdings nicht unter die in § 9 Abs. 2 SchOG angeführte Elementarbildung fielen.
Zusammenfassend könne dem Ansuchen um sprengelfremden Schulbesuch nicht zugestimmt werden, weil die geltend gemachten individuellen Bildungsziele sowohl in Niklasdorf als auch in Oberaich erreicht werden könnten und weil die persönlichen Verhältnisse des Schülers, die örtlichen Verkehrsverhältnisse und die Zumutbarkeit des Schulweges nicht antragsrelevant für den sprengelfremden Besuch gewesen seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende "Beschwerde", die am 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof einlangte. Die Beschwerde gilt gemäß § 4 Abs. 1 zweiter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013 (VwGbK-ÜG), als Revision. Für die Behandlung dieser Revision gelten gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (abgesehen von der gegenständlich ohnedies nicht in Betracht kommenden Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG) sinngemäß.
Das (gemäß Art. 151 Abs. 51 Z. 9 B-VG an die Stelle der BH) getretene Landesverwaltungsgericht Steiermark legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:
§ 23 des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetzes
2004, LGBl. Nr. 7 idF LGBl. Nr. 66/2013 (StPEG), lautet:
§ 23
Verpflichtung zur Aufnahme
(1) Jeder Schulpflichtige ist in die für ihn nach der Schulart in Betracht kommende Schule, deren Schulsprengel er angehört (Sprengelschule), aufzunehmen.
(2) Über Antrag der Erziehungsberechtigten kann die Aufnahme eines dem Schulsprengel nicht angehörigen Schulpflichtigen genehmigt werden. Über diesen Antrag entscheidet der Bürgermeister der Gemeinde des Wohnsitzes nach Anhörung des Schulerhalters der Sprengelschule und des Bezirksschulrates. Der Antrag ist, abgesehen von begründeten Ausnahmefällen, bis zum 31. März für das folgende Schuljahr bei der Wohnsitzgemeinde einzubringen. Die Entscheidungsfrist beträgt vier Wochen. Die Bewilligung zum sprengelfremden Schulbesuch kann unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Schülers, seiner individuellen Bildungsziele, unter Bedachtnahme auf die örtlichen Verkehrsverhältnisse, die Zumutbarkeit des Schulweges und die Organisationsform der betroffenen Pflichtschulen erteilt werden. Dem Antrag kann jedoch nur stattgegeben werden, wenn der Erhalter der aufnehmenden Schule sein Einverständnis dazu erklärt hat. Gegen die Entscheidung des Bürgermeisters ist innerhalb von zwei Wochen die Berufung an die Bezirksverwaltungsbehörde - in Städten mit eigenem Statut an die Landesregierung - zulässig; die Frist für die Entscheidung im Berufungsverfahren beträgt vier Wochen. Die Entscheidung im Berufungsverfahren ist endgültig.
(3) Der gesetzliche Schulerhalter, der den Schüler aufnehmen soll, darf die Aufnahme nicht verweigern, wenn es sich um Schulpflichtige handelt, die bisher dem Schulsprengel einer von ihm erhaltenen Pflichtschule angehört haben, nunmehr aber infolge Wohnsitzwechsels dem Schulsprengel einer anderen Pflichtschule angehören.
(4) Der gesetzliche Erhalter, der den Schüler aufnehmen soll, ist zur Aufnahme verpflichtet, wenn
1. Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf statt einer entsprechenden Sonderschule eine außerhalb des eigenen Schulsprengels liegende allgemeine Schule deshalb besuchen, weil an der allgemeinen Schule des eigenen Schulsprengels eine entsprechende Förderung nicht in der gleichen Weise erfolgen kann;
2. ein der allgemeinen Schulpflicht unterliegender Schüler vom Besuch einer Schule ausgeschlossen wurde und eine außerhalb des eigenen Schulsprengels liegende allgemein bildende Pflichtschule besucht;
3. ein Schüler in einer sprengelfremden allgemein bildenden Pflichtschule mit einer bereits bestehenden ganztägigen Schulform ausschließlich die Tagesbetreuung besucht, an der aufnehmenden allgemein bildenden Pflichtschule die Organisationsform nicht geändert wird und eine ganztägige Schulform an der allgemein bildenden Pflichtschule des eigenen Schulsprengels nicht angeboten wird.
(5) Die Bestimmungen des Abs. 2 gelten nicht für die Abs. 3 und 4. Sofern der Erhalter der aufnehmenden Schule zustimmt, ist Abs. 2 weiters bei Aufnahme einer Schülerin/eines Schülers nicht anzuwenden,
1. die/der noch dem Schulsprengel einer aufgelassenen Schule angehört, oder
2. die/der eine Neue Mittelschule besuchen möchte, wenn an der Hauptschule, der die/der Schülerin/Schüler sprengelmäßig angehört, keine Neue Mittelschule besteht."
§ 9 des Schulorganisationsgesetzes, BGBl. Nr. 242/1962, idF
BGBl. I Nr. 116/2008 (SchOG), lautet:
"Aufgabe der Volksschule
§ 9. (1) Die Volksschule hat in der Vorschulstufe jene Kinder, die in dem betreffenden Kalenderjahr schulpflichtig geworden sind, jedoch noch nicht die Schulreife besitzen, und ebenso jene Kinder, deren vorzeitige Aufnahme in die 1. Schulstufe widerrufen wurde, im Hinblick auf die für die 1. Schulstufe erforderliche Schulreife zu fördern, wobei die soziale Integration behinderter Kinder zu berücksichtigen ist.
(2) Die Volksschule hat in den ersten vier Schulstufen eine für alle Schüler gemeinsame Elementarbildung unter Berücksichtigung einer sozialen Integration behinderter Kinder zu vermitteln. Für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (§ 8 Abs. 1 des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl. Nr. 76, in der Fassung BGBl. Nr. 513/1993) sind die Bildungsaufgaben der der Behinderung entsprechenden Sonderschulart zu berücksichtigen.
(3) Die Volksschule hat in der 5. bis 8. Schulstufe (Oberstufe) die Aufgabe, eine grundlegende Allgemeinbildung zu vermitteln sowie die Schüler je nach Interesse, Neigung, Begabung und Fähigkeit für das Berufsleben und zum Übertritt in mittlere Schulen oder in höhere Schulen zu befähigen. Unter Beachtung des Prinzips der sozialen Integration ist Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine der Aufgabe der Sonderschule (§ 22) entsprechende Bildung zu vermitteln, wobei entsprechend den Lernvoraussetzungen des Schülers die Unterrichtsziele der Volksschuloberstufe anzustreben sind."
Die Revision bringt im Wesentlichen vor:
Die BH habe ihre Entscheidung auf die Stellungnahme des Bezirksschulrates Leoben gestützt, ohne auf die konkreten Umstände an der Volksschule Oberaich einzugehen. Hätte die BH "direkt vor Ort" Ermittlungen vorgenommen, wäre hervorgekommen, dass die Volksschule Oberaich eine Volksschule mit den genannten sportlichen und musischen Schwerpunkten sei und die individuellen Bildungsziele des Revisionswerbers an dieser Volksschule gefördert bzw. von diesem erreicht würden. Unter Berücksichtigung der in § 23 Abs. 2 StPEG genannten persönlichen Verhältnisse und individuellen Bildungsziele des Revisionswerbers hätte dem Ansuchen um sprengelfremden Schulbesuch daher stattgegeben werden müssen.
Dieses Vorbringen führt die Revision nicht zum Erfolg.
Gemäß § 23 Abs. 2 StPEG kann die Bewilligung erteilt werden, wenn die für den sprengelfremden Schulbesuch ins Treffen geführten Gründe insgesamt für den Schulbesuch sprechen (vgl. das zum inhaltsgleichen § 23 Abs. 2 PlSchErhG 1970 idF LGBl. Nr. 72/1995 ergangene hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2002, Zl. 2001/10/0206, mwN).
Dem angefochtenen Bescheid liegt die - auf die Stellungnahmen der genannten Bezirksschulräte gestützte - Auffassung zu Grunde, dass die vom Revisionswerber geltend gemachten individuellen Bildungsziele nicht zum Tragen kämen, weil an der Sprengelschule und der sprengelfremden Schule dieselbe allgemeine Elementarbildung im Sinne des § 9 Abs. 2 SchOG vermittelt werde. Die sprengelfremde Volksschule Oberaich sei keine Volksschule mit ausgewiesenen Schwerpunkten. Die vom Revisionswerber geltend gemachten individuellen Bildungsziele seien in beiden Schulen gleichermaßen erreichbar.
Soweit die Revision diesen Erwägungen mit dem Hinweis auf an der Volksschule Oberaich angebotene "Schwerpunkte" entgegen tritt, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt.
Insbesondere gelingt es dem Revisionswerber nicht darzulegen, dass die von ihm vorgebrachten Bildungsziele - im Rahmen der für die (ersten) vier Schulstufen der Volksschule gemäß § 9 Abs. 2 SchOG maßgeblichen gemeinsamen Elementarbildung - an der Sprengel(volks)schule Niklasdorf nicht erreicht werden könnten.
Sonstige für die Bewilligung des sprengelfremden Schulbesuches sprechende Umstände wurden vom Revisionswerber weder im Verwaltungsverfahren noch in der Revision vorgebracht.
Da sich die Revision somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 27. März 2014
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