Normen
UniversitätsG 2002 §78 Abs1 idF 2009/I/081;
VwRallg;
UniversitätsG 2002 §78 Abs1 idF 2009/I/081;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Universität Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 17. Juni 2013 hat der Senat der Universität Salzburg den Antrag der Beschwerdeführerin, die von ihr an der Ludwig-Maximilian-Universität München (im Folgenden: LMU München) im Studienjahr 2003/04 absolvierten Übungen "Übung im bürgerlichen Recht für Fortgeschrittene; VU 12 Wochenstunden" und "Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene; VU 8 Wochenstunden" für die im Rahmen des Diplomstudiums Rechtswissenschaften zu absolvierenden Klausuren in den Fächern "Bürgerliches Recht" sowie "Strafrecht und Strafverfahrensrecht" anzuerkennen, gemäß § 78 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 - UG, BGBl. I Nr. 120, abgewiesen.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin Studentin des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften (D 101) an der Universität Salzburg sei. In diesem Studium sei gemäß dem aktuellen Curriculum unter anderem jeweils eine Fach/Modulprüfung in den Fächern "Bürgerliches Recht" (16 ECTS-Punkte) und "Strafrecht und Strafverfahrensrecht" (15,5 ECTS-Punkte) abzulegen.
Im Studienjahr 2003/04 habe die Beschwerdeführerin an der LMU München die antragsgegenständlichen Lehrveranstaltungen "Übung im Bürgerlichen Recht für Fortgeschrittene (12 ECTS-Punktes)" und "Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene (8 ECTS-Punkte)" absolviert.
Nach Wiedergabe der zur Gleichwertigkeit der anzurechnenden Prüfungen eingeholten Gutachten von drei Universitätsprofessoren führte die belangte Behörde aus, dass eine Gleichwertigkeit schon auf Grund der deutlich unterschiedlichen Anzahl von ECTS-Punkten nicht gegeben sei.
Darüber hinaus hätten die anzurechnenden Lehrveranstaltungen die deutsche Rechtsordnung zum Gegenstand gehabt. Alle Gutachter hätten dazu übereinstimmend ausgeführt, dass zwischen der deutschen und der österreichischen Rechtsordnung zwar in den Grundzügen der hier gegenständlichen Fachgebiete gewisse Übereinstimmungen bestünden, jedoch nach dem Inhalt sowohl das deutsche Bürgerliche Recht als auch das deutsche Straf(verfahrens)recht in weiten Teilen von der österreichischen Rechtslage deutlich abwichen.
Universitätsprofessor Dr. M. habe in seinem Gutachten zum Bürgerlichen Recht ausgeführt, dass im Schuldrecht, im Sachenrecht, im Familienrecht und im Erbrecht große Unterschiede bestünden, sodass mit einer Ausbildung auf Grundlage des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches eine schriftliche Diplomprüfung im österreichischen Bürgerlichen Recht keinesfalls absolviert werden könne. Professor Dr. H. habe bezüglich des Strafrechts dargelegt, dass zwar die Grundstrukturen und die Dogmatik weitgehend übereinstimmten, in zentralen inhaltlichen Bereichen aber doch teils deutliche Abweichungen bestünden. Noch größere Unterschiede bestünden im Strafverfahrensrecht. Die (nach dem Akteninhalt an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder tätige) Sachverständige habe weiters ausgeführt, dass es auf Grund der dargestellten Unterschiede für Studierende des deutschen Straf- und Strafprozessrechts nicht einfach sei, die abweichende österreichische Rechtslage zu verstehen.
Die Ausführungen des ebenfalls zum Strafrechtsbereich beigezogenen Gutachters Univ.-Prof. Dr. L., wonach eine Einbeziehung der Unterschiede zwischen deutschem und österreichischem Recht jede Anerkennung verhindern würde und somit kontraproduktiv für eine internationale Mobilität wäre, seien rechtspolitischer Natur. Die Kenntnis von Rechtsnormen sei der zentrale Gesichtspunkt der Gleichwertigkeitsprüfung bei einem juristischen Studium. Es sei entsprechend den Ausführungen von Professor Dr. H. für deutsche Studierende unbedingt erforderlich, die Besonderheiten der österreichischen Rechtslage zu kennen, um Falllösungen im österreichischen Straf(prozess)recht erfolgreich durchzuführen zu können. Der vom Gutachter Prof. Dr. L. ins Treffen geführte große Umfang der zur Anerkennung beantragten Lehrveranstaltungen könne die fehlende Kenntnis der spezifisch österreichischen Rechtslage nicht ersetzen.
Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin sei für die belangte Behörde nicht ersichtlich, dass in vergleichbaren Fällen eine Anerkennung stattgefunden habe. Auf der Webseite der Universität Salzburg finde sich eine Übersicht über mögliche Anrechnungen von deutschen Prüfungsleistungen für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften. Darin werde beispielsweise ausgeführt, dass die von der Beschwerdeführerin absolvierte Lehrveranstaltung "Deutsches Strafrecht für Fortgeschrittene" für die an der Universität Salzburg zu absolvierende Übung aus Strafrecht und Strafverfahrensrecht anerkannt werde. Eine Anrechnung von in Deutschland absolvierten Prüfungen für eine Fach/Modulprüfung aus Straf- und Strafverfahrensrecht oder aus Bürgerlichem Recht sei jedoch nicht vorgesehen.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
§ 78 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 - UG, BGBl. I Nr. 120 idF BGBl. I Nr. 81/2009, hat folgenden Wortlaut:
"§ 78. (1) Positiv beurteilte Prüfungen, die ordentliche Studierende an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung, einer berufsbildenden höheren Schule, einer Höheren Anstalt für Lehrer- und Erzieherbildung, in Studien an anerkannten inländischen Bildungseinrichtungen, deren Zugang die allgemeine Universitätsreife erfordert, oder in einem Lehrgang universitären Charakters abgelegt haben, sowie positiv beurteilte Prüfungen aus künstlerischen und künstlerischwissenschaftlichen Fächern, die von ordentlichen Studierenden an Musikgymnasien bzw. an Musischen Gymnasien abgelegt wurden, sind auf Antrag der oder des ordentlichen Studierenden vom für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Organ bescheidmäßig anzuerkennen, soweit sie den im Curriculum vorgeschriebenen Prüfungen gleichwertig sind. Die an einer inländischen Universität oder an einer Universität der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes für ein Fach abgelegten Prüfungen sind für das gleiche Fach im weiteren Studium desselben Studiums an einer anderen inländischen Universität jedenfalls anzuerkennen, wenn die ECTS-Anrechnungspunkte gleich sind oder nur geringfügig abweichen. Solche Anerkennungen können im Curriculum generell festgelegt werden. Die Anerkennung von Prüfungen, die entgegen der Bestimmungen des § 63 Abs. 8 und 9 an einer anderen Universität abgelegt wurden, ist ausgeschlossen."
Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, dass die belangte Behörde die Anzahl der für die zur Anerkennung beantragten Lehrveranstaltungen der LMU München vorgesehenen ECTS-Punkte nicht ordnungsgemäß ermittelt, sondern nur geschätzt habe. Auf Grund des großen Umfanges dieser Lehrveranstaltungen sowie der im Rahmen dieser Lehrveranstaltungen vorgesehenen Hausarbeiten und Klausuren seien anstelle der von der belangten Behörde festgestellten 12 bzw. 8 ECTS-Punkte tatsächlich 36 bzw. 24 ECTS-Punkte zu berücksichtigen.
Dazu ist auszuführen, dass bereits die Behörde erster Instanz den Umfang der zur Anerkennung beantragten Lehrveranstaltungen der LMU München mit 12 bzw. 8 ECTS-Punkten festgestellt hat. Die Beschwerdeführerin hat dies im Berufungsverfahren in keiner Weise in Frage gestellt. Ihr Vorbringen, dass diesen Lehrveranstaltungen wesentlich mehr ECTS-Punkte zuzuordnen seien, stellt daher eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung dar. Die belangte Behörde hat den Umfang dieser Lehrveranstaltungen daher in unbedenklicher Weise mit 12 bzw. 8 ECTS-Punkten festgestellt. Diese Punktezahl liegt jeweils mehr als 20 % unter der Punktezahl der Lehrveranstaltungen, für die die Anrechnung begehrt wird (16 bzw. 15,5 Punkte). Hiebei handelt es sich um keine bloß "geringfügige" Abweichung im Sinn von § 78 Abs. 1 zweiter Satz UG (siehe die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Stammfassung des UG, 1134 BlgNR XXI. GP, 93 f, wonach Abweichungen bis zu 20 % als geringfügig anzusehen sind). Da die von der Beschwerdeführerin an der LMU München absolvierten Lehrveranstaltungen somit schon wegen der nicht nur geringfügig niedrigeren Anzahl an ECTS-Punkten nicht gemäß § 78 Abs. 1 zweiter Satz UG "jedenfalls anzuerkennen" sind, braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob es sich bei einem rechtswissenschaftlichem Studium an einer deutschen Universität und einem solchen Studium an einer österreichischen Universität auf Grund des unterschiedlichen Gegenstandes (deutsches Recht bzw. österreichisches Recht) überhaupt um "dasselbe Studium" im Sinn der zitierten Bestimmung handeln kann.
Die von der Beschwerdeführerin begehrte Anerkennung kann daher nur gemäß § 78 Abs. 1 erster Satz UG ausgesprochen werden, wofür Voraussetzung ist, dass die anzuerkennenden Prüfungen "gleichwertig" sind. Für die Gleichwertigkeit der zur Anerkennung beantragten Prüfungen mit den im Rahmen eines Studiums vorgeschriebenen Prüfungen ist nach der hg. Judikatur entscheidend, welcher Stoff in welchem Schwierigkeitsgrad und in welchem Umfang in den zu vergleichenden Lehrveranstaltungen vermittelt wird, wobei es entsprechender Darlegungen unter Heranziehung der jeweils zur Anwendung kommenden studienrechtlichen Vorschriften bedarf (vgl. etwa das Erkenntnis vom 28. Mai 2013, Zl. 2010/10/0043).
Die belangte Behörde hat die Gleichwertigkeit insbesondere deshalb verneint, weil aufgrund des Umstandes, dass bei den zur Anrechnung beantragten Lehrveranstaltungen - unstrittig - das deutsche Rechtssystem gelehrt worden ist, keine Gleichwertigkeit des vermittelten Stoffs vorliege.
Die Beschwerdeführerin führt dagegen ins Treffen, dass die Lehrveranstaltungen zwar nicht gleichartig, jedoch gleichwertig seien. Die Sachverständige Prof. Dr. H. habe eingeräumt, dass Grundstrukturen und Dogmatik des österreichischen und deutschen Strafrechts weitgehend übereinstimmten. Der Sachverständige Univ. Prof. Dr. M habe darauf verwiesen, dass es sich beim deutschen und österreichischen Privatrecht um "gewissermaßen verwandte Systeme" handle. Nach der Aussage des Sachverständigen Univ. Prof. Dr. L. komme es nicht primär auf konkrete Inhalt und Unterschiede zwischen beiden Rechtssystemen an, sondern auf Grundlagen und Methoden der jeweiligen Lehrinhalte, die sehr vergleichbar seien. Die Strukturen, Prinzipien und zentralen Rechtsprobleme seien weitgehend ident. In umgekehrt gelagerten Fällen würden österreichische Prüfungen an der LMU München anerkannt. Unter Zugrundelegung der Ansicht der belangten Behörde könne in juristischen Stammfächern niemals eine Anerkennung innerhalb Europas stattfinden. Hingewiesen werde auch darauf, dass es österreichischen Rechtsanwälten gestattet sei, ihren Beruf in Deutschland auszuüben, und umgekehrt. Nach der "Orientierungshilfe für Studierende aus Deutschland zur Frage der Anrechnungsmöglichkeiten für das rechtswissenschaftliche Studium" auf der Webseite der Universität Salzburg könnten bestimmte in Deutschland absolvierte Lehrveranstaltungen für die Pflichtübung aus Strafrecht und Strafverfahrensrecht anerkannt werden. Bereits daraus ergebe sich, dass grundsätzlich die Anerkennung von Lehrveranstaltungen möglich sei, deren Gegenstand die deutsche Rechtslage sei.
Dem ist Folgendes zu entgegnen:
Nach § 2 Abs. 2 erster Satz des Curriculums für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Universität Salzburg (Mittelungsblatt für das Studienjahr 2010/2011 vom 29. Juni 2011, 63. Stück) gliedert sich das Diplomstudium der Rechtswissenschaften in drei Studienabschnitte, wobei jeder Abschnitt mit einer Diplomprüfung abgeschlossen wird. Gemäß § 14 Abs. 1 leg. cit. besteht die zweite Diplomprüfung u.a. aus den Teilprüfungen aus Strafrecht und Strafverfahrensrecht sowie aus Bürgerlichem Recht. Gemäß dem Abs. 2 dieser Bestimmung besteht die Teilprüfung aus Bürgerlichem Recht aus einem schriftlichen Prüfungsteil (16 ECTS) und einem mündlichen Prüfungsteil (16 ECTS). Der schriftliche Prüfungsteil umfasst eine Klausur in der Dauer von vier Stunden. Die Teilprüfung aus Strafrecht und Strafverfahrensrecht besteht aus einer Klausur in der Dauer von vier Stunden. Antragsgegenstand ist die Anerkennung der an der LMU München absolvierten Prüfungen für diese jeweils vierstündigen Klausurarbeiten.
Die Erläuterungen zum zitierten Curriculum führen u. a. Folgendes aus:
"Neben den rechtshistorischen Fächern ist der
2. Studienabschnitt auf die Vermittlung der Inhalte des geltenden Rechts zugeschnitten. Die Pflichtfächer im zweiten Abschnitt beinhalteten daher die Kernbereiche juristischer Ausbildung:
Bürgerliches Recht, ... Strafrecht und Strafverfahrensrecht, ..."
Die belangte Behörde ging auf Grund der eingeholten Sachverständigengutachten davon aus, dass die deutsche und die österreichische Rechtsordnung zwar in bestimmten Grundzügen übereinstimmten, jedoch in inhaltlichen Bereichen, auch solchen von zentraler Bedeutung, zum Teil deutlich voneinander abwichen. Dies wird von der Beschwerde nicht in Frage gestellt.
Bei den Klausuren aus Bürgerlichem Recht sowie Strafrecht und Strafverfahrensrecht, für die die an der LMU München absolvierten Lehrveranstaltungen anerkannt werden sollen, handelt es sich um Teile der den zweiten Studienabschnitt abschließenden Diplomprüfung. Da dieser Abschnitt insbesondere die Vermittlung der Inhalte des geltenden (österreichischen) Rechts zum Inhalt hat, können die abschließenden und umfassenden Klausurarbeiten in den Kernbereichen Bürgerliches Recht sowie Strafrecht und Strafverfahrensrecht nicht in gleichwertiger Weise durch Prüfungen über - wenn auch umfangreiche - Lehrveranstaltungen ersetzt werden, die das deutsche und nicht das österreichische Recht zum Inhalt haben.
Der vorgebrachte Umstand, dass Prüfungen über Lehrveranstaltungen zum deutschen Recht für Pflichtübungen im Rahmen des rechtswissenschaftlichen Studiums an der Universität Salzburg anerkannt werden, kann daran ebenso wenig ändern wie der Umstand, dass Rechtsanwälte ihre Tätigkeit grundsätzlich auch in einem anderen Mitgliedstaat der EU ausüben dürfen. Aus dem weiters vorgebrachten Umstand, dass in vergleichbaren Fällen die Anerkennung ausgesprochen worden sei, kann die Beschwerdeführerin keine Rechte ableiten.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in der gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz leg. cit. anzuwendenden Fassung vor der Novellierung durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33, abzuweisen.
Die Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 27. Mai 2014
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