VwGH 2013/04/0173

VwGH2013/04/017321.1.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Mayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des M in L, vertreten durch Dr. Monika Linder, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Bernardgasse 28/1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 14. März 2011, Zl. IIa-55007-10/1, betreffend Feststellung der individuellen Befähigung für die Ausübung eines Gewerbes, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art140 Abs7;
GewO 1994 §94 Z20 idF 2008/I/042;
StGG Art6 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
B-VG Art140 Abs7;
GewO 1994 §94 Z20 idF 2008/I/042;
StGG Art6 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen zu ersetzen.

Begründung

Mit Gewerbeanmeldung vom 12. Juli 2010 "ersuchte" der Beschwerdeführer "um das Gewerbe Handwerk des Berufsfotografen (ohne Einschränkung)" in einem näher bezeichneten Standort und legte zum Beweis seiner individuellen Befähigung (unter anderem) ein Gutachten eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für (u.a.) den Bereich Fotografie vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde im Instanzenzug festgestellt, dass der Beschwerdeführer die individuelle Befähigung für die Ausübung des Gewerbes mit dem Wortlaut "Berufsfotograf gemäß § 94 Z 20 Gewerbeordnung 1994" gemäß § 19 GewO 1994 nicht erbringe (Spruchpunkt 1.) und die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des genannten Gewerbes gemäß § 339 Abs. 1 GewO 1994 iVm § 340 Abs. 3 und § 16 Abs. 1 GewO 1994 mangels Vorliegens der Befähigung nicht vorlägen, sodass die Ausübung des Gewerbes untersagt wurde (Spruchpunkt 2.).

Begründend verwies die belangte Behörde auf § 18 Abs. 1 GewO 1994 und die darauf gestützte Berufsfotografen-Verordnung, BGBl. II Nr. 45/2003 in der Fassung BGBl. II Nr. 399/2008, sowie auf die Verordnung der Bundesinnung der Fotografen über die Meisterprüfung für das Handwerk Berufsfotograf (Berufsfotograf-Meisterprüfungsordnung). Mit näherer Begründung kam die belangte Behörde sodann zum Ergebnis, der Beschwerdeführer habe den Nachweis der für die Gewerbeausübung des Berufsfotografengewerbes erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen in dem Ausmaß und auf dem Niveau wie in den gesetzlichen Vorschriften verlangt nicht erbracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Aus Anlass des Beschwerdefalles stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 8. Mai 2013, Zl. A 2013/0001, an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 94 Z. 20 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194 in der Fassung BGBl. I Nr. 42/2008, als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit Erkenntnis vom 27. November 2013, G 49/2013-7, hat der Verfassungsgerichtshof § 94 Z. 20 Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194 in der Fassung BGBl. I Nr. 42/2008, als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten.

Dieser Ausspruch wurde vom Bundeskanzler am 27. Dezember 2013 im BGBl. I. Nr. 212/2013 kundgemacht.

Gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. November 2013, Zl. 2013/04/0124, mwN).

Der vorliegende Beschwerdefall bildet den Anlassfall für die Aufhebung der Bestimmung des § 94 Z. 20 GewO 1994.

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass das vom Beschwerdeführer beantragte Gewerbe des Berufsfotografen gemäß § 94 Z. 20 GewO 1994 ein reglementiertes Gewerbe sei und der Beschwerdeführer daher einen Befähigungsnachweis nach den §§ 16 ff GewO 1994 zu erbringen habe. Somit hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auf diese Bestimmung gestützt, die nach dem Gesagten im Beschwerdefall nicht (mehr) anzuwenden war.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 21. Jänner 2014

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