VwGH 2013/01/0133

VwGH2013/01/013324.10.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des A in H, vertreten durch Mag. Markus Abwerzger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 21, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 31. Juli 2013, Zl. Ia-27.566/18-2013, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

MRK Art8 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §11;
VwRallg;
MRK Art8 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §11;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung ergibt sich Folgendes:

Mit dem angefochtenen Bescheid der Tiroler Landesregierung wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer, der selbstständig im Transportgewerbe tätig sei, habe am 8. Oktober 2012 die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft beantragt.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens seien zahlreiche (insgesamt 16) - im einzelnen angeführte - Verwaltungsübertretungen des Beschwerdeführers (nach der StVO, dem KFG und dem IG-Luft) im Zeitraum von Oktober 2010 bis Februar 2012 erhoben worden. Unter anderem habe der Beschwerdeführer mehrfach die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h um 16 bzw. 14 bzw. 10 bzw. 15 km/h überschritten. Am 2. Dezember 2011 habe der Beschwerdeführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h um 23 km/h überschritten. Weiters sei der Beschwerdeführer zweifach der Aufforderung, als Zulassungsbesitzer bekanntzugeben, wer sein Fahrzeug gelenkt habe, nicht nachgekommen.

Der Beschwerdeführer habe in den Jahren 2010 bis 2012 zahlreiche, zum Teil nicht unerhebliche Geschwindigkeitsübertretungen begangen. Überhöhte Geschwindigkeit zähle zu den häufigsten Unfallursachen überhaupt. Im Hinblick darauf, dass es sich bei den angeführten Delikten um Übertretungen handle, die eine Gefährdung anderer mit sich brächten und insbesondere auf Grund der Vielzahl an Geschwindigkeitsübertretungen gehe die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer eine negative Einstellung gegenüber den zur in Hintanhaltung von Gefahren für das Leben und die Gesundheit von Menschen sowie der allgemeinen Sicherheit erlassenen Gesetze hege.

Von einem Wohlverhalten des Beschwerdeführers könne nicht die Rede sein, da er seit dem Jahre 2010 bis ins Jahr 2012 kontinuierlich immer wieder Übertretungen dieser Vorschriften zu verantworten habe.

Soweit sich der Beschwerdeführer damit rechtfertige, dass er für die angeführten Geschwindigkeitsübertretungen nur als Zulassungsbesitzer bestraft worden sei und er nicht der Lenker der Fahrzeuge gewesen sei, sei ihm seitens der belangten Behörde zu entgegnen, dass diesbezüglich keine Beweisergebnisse vorlägen. Auch könne das Staatsbürgerschaftsverfahren nicht dazu dienen, rechtskräftig abgeschlossene Verwaltungsstrafverfahren neu aufzurollen.

Dazu komme, dass der Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer seiner Pflicht zur Bekanntgabe des Lenkers in zwei Fällen nicht nachgekommen sei, was den Schluss zulasse, dass er nicht gewillt sei, zu einer wirksamen Verfolgung von Verwaltungsübertretungen im Straßenverkehr im Rahmen seiner gesetzlichen Verpflichtungen beizutragen, und dies könne als Indiz für mangelnde Vertrauenswürdigkeit herangezogen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 in der hier maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 136/2013 (StbG), darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, die Staatsbürgerschaft nur verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik bejahend eingestellt ist und weder eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt noch andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet.

Gemäß § 11 StbG ist bei Entscheidungen nach diesem Bundesgesetz das Gesamtverhalten des Fremden im Hinblick auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Ausmaß seiner Integration zu berücksichtigen. Zu dieser zählt insbesondere die Orientierung des Fremden am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich sowie das Bekenntnis zu den Grundwerten eines europäisch demokratischen Staates und seiner Gesellschaft.

Bei der Prüfung der Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf das Gesamtverhalten des Verleihungswerbers, insbesondere auch von ihm begangene Straftaten, Bedacht zu nehmen. Maßgebend ist, ob es sich dabei um Rechtsbrüche handelt, die den Schluss rechtfertigen, der Verleihungswerber werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung - oder anderer in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannter Rechtsgüter - erlassene Vorschriften missachten. In der Art, der Schwere und der Häufigkeit solcher Verstöße kommt die - allenfalls negative - Einstellung des Betreffenden gegen die zur Hintanhaltung solcher Gefahren erlassenen Gesetze zum Ausdruck (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. März 2012, Zl. 2010/01/0013, mwN).

Im Beschwerdefall kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die wiederholten und massiven Geschwindigkeitsübertretungen durch den Beschwerdeführer als gravierende Verstöße ansieht, die einer positiven Prognose im Hinblick auf die Verbundenheit des Beschwerdeführers mit den die öffentliche Ordnung und Sicherheit (hier: im Straßenverkehr) regelnden Bestimmungen entgegenstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2011, Zl. 2008/01/0382, mwN).

Wenn die Beschwerde vorbringt, die belangte Behörde hätte nicht wie die Strafbehörde von der Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers ausgehen dürfen, sondern weitere Erhebungen zu tätigen gehabt bzw. zugunsten des Beschwerdeführers von seiner Haltereigenschaft ausgehen müssen, genügt es mit der belangten Behörde darauf hinzuweisen, dass das Verfahren zur Verleihung der Staatsbürgerschaft keinen Raum bietet, ein rechtskräftig abgeschlossenes Strafverfahren neu aufzurollen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2010, Zl. 2008/01/0230, mwN). Insoweit die Beschwerde rügt, die belangte Behörde hätte sich mit dem konkreten Verhalten des Beschwerdeführers, dass seinen Verwaltungsstrafen zugrunde gelegen sei, auseinandersetzen müssen, ist darauf hinzuweisen, dass die konkreten Tatumstände in der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Aufzählung der rechtskräftigen Verwaltungsübertretungen ausreichend enthalten sind.

Soweit die Beschwerde rügt, die belangte Behörde hätte ihre Verpflichtung verletzt, festzustellen, warum sie von dem ihr eingeräumten Ermessen nicht in einer für den Beschwerdeführer günstigeren Art und Weise Gebrauch gemacht habe, genügt es darauf hinzuweisen, dass die in § 11 StbG normierte Orientierung des Fremden am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich sowie an den Grundwerten eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft im Fall des Vorliegens dieses Verleihungshindernisses zu verneinen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2011, Zl. 2008/01/0382, mwN) und schon deshalb eine Ermessensübung nach § 11 StbG nicht möglich ist.

Die Beschwerde bringt in diesem Zusammenhang vor, der Beschwerdeführer lebe seit seiner Geburt in Österreich, sei hier aufgewachsen, zur Schule gegangen und vollständig integriert. Er sei auch beruflich und wirtschaftlich äußerst erfolgreich als selbstständiger Transportunternehmer tätig. Familiäre oder sonstige Kontakte zur Türkei bestünden nicht. Die belangte Behörde habe es gänzlich unterlassen, Ermittlungen dieses wesentlichen Sachverhaltes durchzuführen.

Diese vom Beschwerdeführer solcherart vorgebrachte Integration ändert nichts am Vorliegen eines Verleihungshindernisses nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 24. Oktober 2013

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