Normen
AsylG 1997 §8;
AsylG 2005 §8;
AVG §68 Abs1;
FrPolG 2005 §51 Abs1;
FrPolG 2005 §51 Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AsylG 1997 §8;
AsylG 2005 §8;
AVG §68 Abs1;
FrPolG 2005 §51 Abs1;
FrPolG 2005 §51 Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde die von der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, auf § 51 Abs. 1 letzter Satz Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG gestützte Zurückweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Antrags auf Feststellung, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestünden, dass er in Guinea gemäß § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 FPG bedroht sei.
Begründend stellte die belangte Behörde darauf ab, dass der Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesasylamts vom 27. Jänner 2003 abgewiesen worden sei und die Asylbehörde festgestellt habe, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Guinea sei zulässig. Eine dagegen eingebrachte Berufung sei im Instanzenzug abgewiesen worden, der Verwaltungsgerichtshof habe die Behandlung einer dagegen eingebrachten Beschwerde abgelehnt.
Rechtlich vertrat die belangte Behörde die Auffassung, die Entscheidung der Asylbehörden stehe einer erneuten Beurteilung der Fremdenpolizeibehörden gemäß § 51 Abs. 1 letzter Satz FPG zwingend entgegen. Da die Fremdenpolizeibehörde einen rechtskräftigen Bescheid nach § 51 Abs. 1 FPG niemals erlassen habe, sei ihr gemäß § 51 Abs. 5 leg. cit. auch bei wesentlicher Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eine Abänderung des von der Asylbehörde erlassenen Bescheids verwehrt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer macht geltend, seinen Feststellungsantrag auf einen gegenüber der Entscheidungsgrundlage der Asylbehörde neuen Sachverhalt, nämlich eine in Guinea nicht behandelbare Diabeteserkrankung gestützt zu haben, sodass darüber eine Entscheidung noch nicht vorliege und § 51 Abs. 1 zweiter Satz FPG eine Zurückweisung des Antrags nicht rechtfertigen könne. § 51 Abs. 5 FPG solle nicht den Anspruch der Partei auf Sachentscheidung einschränken und schaffe keine weitere Tatbestandsvoraussetzung für eine meritorische Entscheidung über einen Feststellungsantrag gemäß § 51 Abs. 1 FPG. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg.
Gemäß § 51 Abs. 1 erster Satz FPG hat die Fremdenpolizeibehörde auf Antrag eines Fremden mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 FPG bedroht ist. Ein derartiger bei der genannten Behörde eingebrachter Feststellungsantrag ist nach § 51 Abs. 1 zweiter Satz FPG wegen entschiedener Sache (als unzulässig) zurückzuweisen, wenn insoweit bereits die Entscheidung der Asylbehörde über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat vorliegt oder diese festgestellt hat, dass für den Fremden in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung besteht. Die Kompetenz zur Abänderung eines Feststellungsbescheids, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt wesentlich geändert hat, sodass die Entscheidung hinsichtlich des im Bescheid genannten Staates anders zu lauten hätte, steht den Fremdenpolizeibehörden nicht nur im Fall ihrer eigenen rechtskräftigen Entscheidungen gemäß § 51 Abs. 1 FPG zu, sondern auch bei einem "negativen" Ausspruch der Asylbehörde nach § 8 Asylgesetz 2005 (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. November 2007, Zl. 2006/18/0494, mwN).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Feststellungsverfahren nach § 51 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 50 Abs. 1 oder 2 FPG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist. Die vom Beschwerdeführer behauptete Diabeteserkrankung, welche seine Rückkehr in seinen Heimatstaat zum lebensbedrohlichen Szenario mache, weil für ihn in Guinea keine medizinische Behandlung mit den erforderlichen Insulingaben zu erhalten sei, stellt eine behauptete Sachverhaltsänderung dar, welche eine inhaltliche Entscheidung über den Feststellungsantrag erfordert.
Da sohin nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheids (§ 41 Abs. 1 VwGG) der Feststellungsantrag des Beschwerdeführers einer inhaltlichen Entscheidung bedurft hätte und nicht zurückzuweisen gewesen wäre, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Für das fortzusetzende Verfahren wird allerdings auf die nunmehrige Bestimmung des § 51 Abs. 2 FPG hingewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das auf Ersatz von Umsatzsteuer gerichtete Mehrbegehren war abzuweisen, weil diese in dem Pauschalsatz bereits enthalten ist.
Wien, am 15. Mai 2012
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