Normen
AuskunftspflichtG 1987 §4 idF 1998/I/158;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §59 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AuskunftspflichtG 1987 §4 idF 1998/I/158;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §59 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
1.1. Der Beschwerdeführer richtete ein mit 23. Februar 2012 datiertes Schreiben an die belangte Behörde mit folgendem, entscheidungswesentlichen Inhalt (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"…
Ersuchen um Auskunft nach dem Bundes-Auskunftspflichtgesetz
betreffend 2010
…
Schon im Jahre 1999 habe ich bei der G. Versicherung AG eine Cash Erlebensversicherung mit Einmalprämie und Privatpension mit einer 10-jährigen Laufzeit … abgeschlossen und den vereinbarten Einmalerlag von ATS 1,2 Mio. getätigt. Als Versicherungsmakler hat mich damals R.W. betreut. Als er 2008 in Pension ging, wurde die G.I. AG seine Rechtsnachfolgerin, die meine Betreuung übernahm.
Nach Ablauf des Versicherungsvertrages verwendete ich das abgereifte Kapital zum Abschluss einer P. Pension mit Sofortbezug gegen Einmalprämie … bei der G. zur Pol Nr. … Ich entschied mich für eine lebenslange Bonuspension mit einem garantierten monatlichen Betrag von EUR 541,60 und einen Bonusanteil von EUR 117,50, sodass sich eine Gesamtpension von monatlich EUR 659,11 ergab, die auch ab dem 01.05.2009 in dieser Höhe ausbezahlt wurde. Mit Schreiben vom 20.04.2011 teilte mir die G. die Kürzung meiner Rente auf monatlich EUR 632,93 mit, die keineswegs gerechtfertigt ist. Die Begründung war lapidar. Die G. wies auf die 'weltweiten Entwicklungen auf dem Kapitalmarkt' hin, führte aber im Detail nicht aus, wie es konkret zu der Kürzung meiner Pension kam.
Daraufhin schaltete ich meinen Versicherungsmakler … ein, der eine Mail-Korrespondenz mit der G. führte, die ich Ihnen bereits mit meiner Eingabe vom 06.09.2011 vollständig übermittelte. Obwohl noch viele Fragen offen waren, die sich aus dem Verhalten der G. und ihrem Geschäftsbericht 2010 ergaben, den sie mir übermittelte, weigerte sich die G., sie zu beantworten bzw. Unklarheiten aufzuklären. Das ergab sich aus dem vorgelegten Mail meines Maklers vom 26.08.2011.
Mit Eingabe vom 06.09.2011 ersuchte ich daraufhin die FMA um Hilfe. Die FMA konnte die G. zwar zu einer formalen Antwort (Schreiben vom 04.10.2011), nicht aber dazu bewegen, meine Fragen inhaltlich zu beantworten. Denn das, was die G. an die FMA schrieb, war nichts anderes als die Wiedergabe des Vertragsinhaltes und ein Hinweis auf seine rechtlichen Grundlagen. Die 6 (in Worten: sechs) Zeilen unter der Überschrift
'3. Fragenkatalog im Schreiben von Dr. W.' beinhalteten nichts, wonach ich gefragt hatte. Die FMA gab sich aber damit zufrieden (Siehe Note der FMA vom 31.10.2011 zu …).
Wenn der OGH in seinen Entscheidungen … ausspricht, dass eine richterliche Prüfung der Grundlagen der Gewinnausschüttung (durch eine Lebensversicherung) im Zuge des individuellen Anspruches des Versicherten 'praktisch so gut wie ausgeschlossen' ist, die Wahrung der Belange der Versicherten bei Dotierung der Gewinnrückstellung und Festsetzung des Ausschüttungssatzes einzig und allein Aufgabe der Versicherungsaufsichtsbehörde ist, muss ich mich nochmals an die FMA wenden. Dabei beziehe ich mich auf den bei der FMA bestehenden Akt. Denn die FMA ist gegenüber der Versicherung meine Vertretung.
Ich ersuche daher die FMA um die
Auskunft,
welche Aufsichtsmaßnahmen die FMA über die G. Versicherung AG betreffend den Lebensversicherungsbereich des Jahres 2010 gesetzt hat und mit welchem Ergebnis.
Ich ersuche um eine Bestätigung per Post oder E-Mail über den Erhalt meiner Eingabe, danke im Voraus für Ihre Mühe und verbleibe …"
1.2. Der Beschwerdeführer erhielt daraufhin die oben angeführte Erledigung der belangten Behörde vom 20. April 2012 mit folgendem, entscheidungswesentlichen Inhalt (Anonymisierung vom Verwaltungsgerichtshof):
"Betreff: Erläuterungen zur Aufsichts- und Prüftätigkeit Sehr geehrter Dr. W.!
Bezugnehmend auf unser Telefongespräch vom 1. März 2012, übermittle ich Ihnen einige allgemeine Informationen zur Aufsichts- und Prüftätigkeit der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) bei Versicherungsunternehmen. Nachstehende Punkte behandeln dabei insbesondere die Überwachung der versicherungstechnischen Rückstellungen.
Verantwortlicher Aktuar
Das Institut des verantwortlichen Aktuars bei Versicherungsunternehmen (VU) wird von einer natürlichen Person bekleidet, welche die Verantwortung für die Berechnung der gebildeten Rückstellungen übernimmt und als technischer Ansprechpartner der Aufsicht fungiert. …
In § 24a VAG sind Aufgaben und Pflichten des Aktuars geregelt, welche in verkürzter Form lauten: Erstellung der Tarife, Berechnung und Überwachung der Rückstellungen sowie Berichtspflichten gegenüber dem Vorstand des VU und der FMA. …
Gewinnbeteiligungsverordnung
Diese Verordnung ist ein wesentlicher Bestandteil der Aufsichtspraxis und stellt sicher, dass Versicherungsnehmer mit gewinnberechtigten Verträgen ausreichend an den Gewinnen partizipieren. Die sogenannte Bemessungsgrundlage, wovon zumindest 85 % weitergereicht werden müssen, ist in § 3 GBVVU gesetzlich festgelegt. … Die FMA überwacht die Einhaltung der GBVVU über den Geschäftsbericht, den (nicht öffentlichen) Aktuarsbericht sowie in regelmäßigen persönlichen Gesprächen - mindestens einmal pro Jahr -
mit dem verantwortlichen Aktuar.
Prüfungstätigkeit
An dieser Stelle sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Auskünfte zu konkreten Prüftätigkeiten sowie deren Ergebnissen der Amtsverschwiegenheit unterliegen. Die von Ihnen erbetenen Informationen können gemäß § 1 (1) Auskunftspflichtgesetz nur so weit erteilt werden, als eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.
Der Gesetzgeber räumt Beschwerdeführern in den von der FMA geführten Prüfungs- und Verwaltungsstrafverfahren keine Parteienstellung und auch kein Recht auf Akteneinsicht ein. Sämtliche Organe und Mitarbeiter der FMA unterliegen der gesetzlichen Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit und können daher keine Auskünfte über den Fortgang oder Ergebnisse von Ermittlungsverfahren erteilen.
Ausgaben außerhalb der Versicherungstechnik
Abschließend möchte ich noch auf Ihre Frage nach der Rechtmäßigkeit des Einsatzes von Werbemitteln (z.B. Förderung eines Fußballvereins) eingehen. Grundsätzlich gilt:
Geschäftspolitische Entscheidungen zur Steuerung des Unternehmenserfolges stehen nicht im Fokus der Aufsicht. …
Conclusio
Ihre Eingabe wird selbstverständlich an die für die G. Versicherung AG zuständigen Stellen in der FMA weitergereicht und bei künftigen Vor-Ort-Aktivitäten mitberücksichtigt.
Etwaige Ansprüche gegenüber der G. Versicherung AG können Sie jedoch nur durch den Gang vor ordentliche Gerichte geltend machen. Eine Beschwerde an die FMA hindert nicht den Lauf zivilrechtlicher Fristen.
Ich hoffe, Ihnen durch diese Ausführungen einen zufriedenstellenden Einblick in die Tätigkeit der Versicherungsaufsicht gegeben zu haben. Zugleich bedauere ich, Ihnen mitteilen zu müssen, dass in dieser Angelegenheit keine weitere Erledigung seitens der FMA ergehen kann.
Finanzmarktaufsichtsbehörde
Für den Vorstand …"
1.3. Der Beschwerdeführer wertete diese Erledigung der belangten Behörde als Bescheid und erhob dagegen zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
Dieser lehnte mit Beschluss vom 20. September 2012, B 653/12- 7, deren Behandlung ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Begründend führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, die Beschwerde rüge die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen. Die Sache sei auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen. Demgemäß sei beschlossen worden, von einer Behandlung der - nicht auf sämtliche Prozessvoraussetzungen hin geprüften - Beschwerde abzusehen und sie dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.
1.4. In seiner über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit der als Bescheid gewerteten Erledigung der belangten Behörde vom 20. April 2012 geltend.
2.0. Die Beschwerde ist nicht zulässig.
2.1. Gemäß Art. 131 Abs. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.
2.2. Ausgehend von Inhalt und Form der Erledigung der belangten Behörde vom 20. April 2012 vermag der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung des Beschwerdeführers, diese Erledigung sei als Bescheid zu qualifizieren, nicht zu teilen.
Zunächst kann zur grundsätzlichen Frage der Verpflichtung der belangten Behörde zur Erteilung einer Auskunft nach dem Auskunftspflichtgesetz auf das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2009, Zl. 2008/17/0151 = VwSlg. 17.641 A/2009, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden.
Die näheren Vorschriften, welche Bestandteile ein Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufzuweisen hat, finden sich in den demnach hier anzuwendenden §§ 58 ff AVG; darunter ist insbesondere auch das Erfordernis genannt, dass jeder Bescheid als solcher zu bezeichnen ist und eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung ergeben (vgl. nur den hg. Beschluss vom 18. September 2012, Zl. 2012/11/0170, mwN). Mangelt es an der für einen Bescheid vorgesehenen Form, muss deutlich erkennbar sein, dass die Behörde dennoch den - objektiv erkennbaren - Willen hatte, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Erledigung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit vorzunehmen (hier gemäß § 4 des Bundesgesetzes vom 15. Mai 1987 über die Auskunftspflicht der Verwaltung des Bundes und eine Änderung des Bundesministeriengesetzes 1986 (Auskunftspflichtgesetz), BGBl. Nr. 287 in der Fassung durch BGBl. I Nr. 158/1998, über einen Antrag des Auskunftswerbers dahin zu entscheiden, dass eine Auskunft nicht erteilt werde). Lässt der Inhalt einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell.
Ausgehend vom Inhalt der in Rede stehenden Erledigung kann jedoch nicht gesagt werden, dass damit eine normative Entscheidung im dargelegten Sinn erfolgte. So wird in der Erledigung einleitend - neben der Bezugnahme auf ein Telefongespräch - davon gesprochen, dass "einige Allgemeininformationen zur Aufsichts- und Prüftätigkeit der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) bei Versicherungsunternehmen" übermittelt werden sollen. In der Folge wird in belehrender Form über den "verantwortlichen Aktuar", die "Gewinnbeteiligungsverordnung", die "Prüfungstätigkeit" und über "Ausgaben außerhalb der Versicherungstechnik" gesprochen. Abschließend wird in der "Conclusio" unter anderem darauf verwiesen, dass durch die vorstehenden Ausführungen ein "zufriedenstellender Einblick in die Tätigkeit der Versicherungsaufsicht" gegeben werden sollte.
Wenn demgegenüber der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof ausführt, es fehle zwar die Bezeichnung als Bescheid, die Begründung und die im Gesetz vorgesehene Rechtsmittelbelehrung, doch sei die Behörde, das Datum der Genehmigung sowie die Namen der Genehmigenden und deren Unterschrift (elektronische Signatur) erkennbar, so ist dem entgegenzuhalten, dass auch in der allgemeinen Korrespondenz die Angabe der Behörde als Absender, das Datum sowie eine Unterschrift durchaus üblich sind. Demgegenüber bildet das Fehlen der Bezeichnung als Bescheid, einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung ein gewichtiges Indiz dafür, dass die gegenständliche Erledigung nicht als Bescheid anzusehen ist.
Schließlich erblickt die Beschwerde noch in dem Satz "sämtliche Organe und Mitarbeiter der FMA unterliegen der gesetzlichen Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit und können daher keine Auskünfte über den Fortgang oder Ergebnisse von Ermittlungsverfahren erteilen" den für einen Bescheid wesentlichen Spruch samt einer - kurzen - Begründung. Auch dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen: Die von der Beschwerde aus dem gegebenen Zusammenhang gerissene Wortfolge ist vielmehr in diesem als Teil der mit der Erledigung angestrebten Information des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde zu verstehen. Der Wille einer normativen Entscheidung über einen vom Beschwerdeführer konkret gestellten Antrag lässt sich der in der Beschwerde genannten Wortfolge - sieht man sie im Zusammenhang mit dem übrigen Inhalt der behördlichen Erledigung - jedenfalls nicht entnehmen.
Die Erledigung der belangten Behörde vom 20. April 2012 ist daher nicht als Bescheid zu beurteilen.
Dieses Ergebnis wird überdies noch dadurch gestützt, dass der Beschwerdeführer selbst in seinem den Anlass zur vorliegenden behördlichen Erledigung gebenden Schreiben vom 23. Februar 2012 keinen Antrag im Sinne des § 4 Auskunftspflichtgesetz auf Erlassung eines Bescheides stellte.
Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Vorliegen eines tauglichen Beschwerdegegenstandes zurückzuweisen.
Wien, am 21. Dezember 2012
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