VwGH 2012/16/0039

VwGH2012/16/003928.2.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des C in K, vertreten durch Mag. Martin Machold, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Invalidenstraße 7, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 16. Dezember 2011, Zl. ABK - 261/10, betreffend Haftung für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
KommStG 1993 §6a Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
KommStG 1993 §6a Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer und Alleingesellschafter der EG GesmbH, welche unter anderem eine sogenannte Kongressbetreuung betrieb.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 17. November 2008 wurde über die EG GesmbH das Ausgleichsverfahren eröffnet, welches nach rechtskräftiger Bestätigung des angenommenen Ausgleichs mit Beschluss dieses Gerichtes vom 15. Mai 2009 aufgehoben wurde. Mit Beschluss desselben Gerichtes vom 25. November 2009 wurde über das Vermögen der EG GesmbH das Konkursverfahren eröffnet.

Mit dem angefochtenen Bescheid zog die belangte Behörde den Beschwerdeführer im Instanzenzug zur Haftung für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe der EG GmbH samt Nebenansprüchen in näher angeführter Höhe für den Zeitraum Jänner 2005 bis Dezember 2007 sowie für August 2008 heran. Die haftungsgegenständlichen Abgaben betrafen Personen, welche die EG GmbH als freie Dienstnehmer behandelt hatte, während es sich tatsächlich um Dienstverhältnisse gehandelt habe. Bei diesen Dienstnehmern habe es sich um sogenannte Hostessen gehandelt, welche einfache Dienstleistungen bei der Betreuung von Veranstaltungen und Kongressen verrichtet hätten. Das habe von einer Eingangskontrolle bis hin zur Betreuung von Kongressteilnehmern gereicht. Es seien einzelne Verträge über einen sehr kurzen Zeitraum von etwa einem bis sieben Tage geschlossen worden. Die Dienstnehmer hätten eine kurze Einschulung erhalten und bestimmte Bekleidungsvorschriften erfüllen müssen. Sie hätten die Arbeitszeiten nicht selbst bestimmen können und sie hätten sich nur ausnahmsweise über kurze Zeiträume aus triftigen persönlichen Gründen mit ausdrücklicher Erlaubnis während der Veranstaltung vom Dienst entfernen dürfen. Eine Vertretung bei Verhinderung des Dienstnehmers durch dessen Freund oder Bekannten sei nur nach Absprache mit der EG GesmbH möglich gewesen.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeige sich an der Vorgabe von Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsmittel sowie an der unmittelbaren Einbindung in die betrieblichen Abläufe des Arbeitgebers. Den "Hosts und Hostessen" seien die Arbeitszeiten und der Arbeitsort von der EG GmbH vorgegeben worden. Sie hätten außer dem Anlass und der Veranstaltung entsprechender Kleidung keine Arbeitsmittel bereitzuhalten, es sei ihnen beispielsweise die technische Ausstattung eines PC-Arbeitsplatzes zur Verfügung gestellt worden. Auf Grund des im Vorhinein fix vereinbarten Stundensatzes hätten die Dienstnehmer auch kein Unternehmerwagnis getragen. Der Lohn sei nicht von einem zu erzielenden Gesamterfolg abhängig gewesen, sondern pro Arbeitsstunde bemessen worden. Der Dienstnehmer habe den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit durch eigene Arbeitsorganisation, geschickte Kalkulation oder Beschränkung auf für ihn finanziell günstige Tätigkeiten überhaupt nicht beeinflussen können.

Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ergebe sich aus der Missachtung der Vorschriften über den Zeitpunkt der Entrichtung der angeführten Abgaben für jeden Monat längstens bis zum 15. des darauffolgenden Monats.

Der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren sein Verschulden an der Pflichtverletzung bestritten und vorgebracht, die Kommunalsteuerpflicht der sogenannten "Hostessenjobs" sei nicht geklärt gewesen, zumal ihm auch die Steuerberatung die korrekte Vorgangsweise bestätigt habe. Dem halte die belangte Behörde entgegen, dass ein entschuldbarer Irrtum über das Bestehen der Abgabepflicht dann nicht bestehe, wenn der eine Rechtsansicht Vertretende keinen Versuch zur Beseitigung der Zweifel unternommen und es unterlassen habe, Erkundigungen an der geeigneten Stelle einzuholen, ob die von ihm vertretene Rechtsansicht zutreffe. Die geeignete Stelle habe im Zweifelsfall die zur Entscheidung der Rechtsfrage zuständige Behörde zu sein.

Dem Beschwerdeführer sei durchaus bewusst gewesen, dass die verfahrensgegenständlichen Arbeitsverhältnisse der Kommunalsteuerpflicht und der Dienstgeberabgabepflicht unterliegen könnten. Dies zeige schon das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren, dass er die Abgrenzung zwischen unselbständigen Dienstverhältnissen und freien Dienstverträgen nach Absprache und Beratung mit der Steuerberatung vorgenommen habe. Er habe aber nicht die zur Entscheidung dieser Frage zuständigen Behörden kontaktiert, sondern sich an seine Steuerberaterin gewandt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer im Recht verletzt erachtet, "keine Haftung gemäß § 6a des Kommunalsteuergesetzes 1993 vorgeschrieben zu bekommen".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Gemäß § 6a Abs. 1 des Kommunalsteuergesetzes 1993 (KommStG) haften die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Die Kommunalsteuer wird für jeden Kalendermonat am 15. des darauffolgenden Kalendermonats fällig (§ 11 Abs. 2 KommStG).

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 6a KommStG annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln des Vertretenen zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. November 2013, 2013/16/0203).

Es kann zwar unter dem Gesichtspunkt des dem Vertreter vorzuwerfenden Verschuldens an der Verletzung der Vertreterpflichten beachtlich sein, wenn er auf Grund eines Rechtsirrtums die Entrichtung der Abgaben unterlassen hat und ihm ausnahmsweise ein solcher Rechtsirrtum nicht vorzuwerfen wäre. Dass ein derartiger, nicht vorwerfbarer Rechtsirrtum vorgelegen wäre, wird beispielsweise mit dem bloßen Hinweis auf eine andere Rechtsmeinung des Beschwerdeführers aber nicht dargetan. Das Risiko des Rechtsirrtums trägt der, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen (vgl. etwa das erwähnte hg. Erkenntnis vom 21. November 2013).

Den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, dem Beschwerdeführer sei die Möglichkeit einer Kommunalsteuerpflicht in Bezug auf die in Rede stehenden Dienstverhältnisse durchaus bewusst gewesen, weil die Abgrenzung zwischen unselbständigen Dienstverhältnissen und freien Dienstverträgen nach Absprache und Beratung mit der Steuerberatung vorgenommen worden sei, tritt der Beschwerdeführer nicht konkret entgegen. Dass sich der Beschwerdeführer bei der zuständigen Abgabenbehörde erkundigt hätte, behauptet er nicht. Dass der Beschwerdeführer sich vor dem Abschluss der freien Dienstverträge mit seiner Steuerberaterin beraten habe und ihm seine Rechtsauffassung von dieser bestätigt worden sei, schließt ein Verschulden desjenigen, der es unterlässt, sich bei der zuständigen Abgabenbehörde zu erkundigen, nicht aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 2013, 2012/16/0049).

Der Beschwerdeführer trägt vor, mit Eintritt der Insolvenzvoraussetzungen mit Monatsmitte September 2008 habe die EG GmbH keinerlei Verpflichtungen mehr erfüllen können. Die haftungsgegenständlichen Abgabenschulden seien erst nach Durchführung einer Prüfung im April 2009 vorgeschrieben worden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Gemeinschuldnerin keinerlei Verbindlichkeiten mehr erfüllen können. Daher sei dem Beschwerdeführer eine Pflichtverletzung nicht vorwerfbar.

Da es allerdings auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der (monatlich) zu entrichtenden Kommunalsteuer ankommt, geht das auf den späteren Zeitpunkt der abgabenbehördlichen Prüfung und der Vorschreibung der Abgaben bezogene Vorbringen ins Leere.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der im Beschwerdefall noch anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 28. Februar 2014

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