VwGH 2012/15/0172

VwGH2012/15/017222.11.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des A B in B, vertreten durch die PZP Steuerberatung GmbH, 4910 Ried im Innkreis, Am Burgfried 14, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 17. Juli 2012, Zl. RV/0543- L/09, betreffend u.a. Wiederaufnahme des Verfahrens (Einkommensteuer 1997), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §150;
BAO §289 Abs2;
BAO §303 Abs4;
BAO §305 Abs1;
BAO §93 Abs3 lita;
BAO §150;
BAO §289 Abs2;
BAO §303 Abs4;
BAO §305 Abs1;
BAO §93 Abs3 lita;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Das Finanzamt führte beim Beschwerdeführer eine abgabenbehördliche Prüfung für den Zeitraum 1998 bis 2000 durch. In der Niederschrift über die Durchführung einer Schlussbesprechung vom 29. September 2003 finden sich unter Punkt 10 "Fremdleistung (X. Management Group)" Ausführungen betreffend Einkommensteuer 1997. Dabei geht es u.a. darum, dass außerhalb des Prüfungszeitraumes, nämlich am 12. Dezember 1997, eine Zahlung in Höhe von 1.266.430 S an die "X. Management Group" unrichtigerweise als Verbrauchsmaterial verbucht worden sei. Die hierfür vorgelegte Honorarnote vom 27. November 1997 der X. Management Group betreffend die Erstellung eines Qualitätssicherungshandbuches weise keine Firmenadresse auf, sondern nur das Sekretariat in Zug. Die durchgeführte KSV-Abfrage habe einen Negativbericht ergeben (keine Handelsregistrierung im Abfragezeitraum 1996 bis 2000).

Das Finanzamt nahm auf Grund der Prüfungsfeststellungen mit Bescheid vom 27. Oktober 2003 das Verfahren u.a. betreffend Einkommensteuer 1997 wieder auf. Zugleich erließ es Sachbescheide betreffend Einkommensteuer 1997 bis 2000 und Umsatzsteuer 1998 bis 2000.

Der Bescheid betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens enthielt folgende Begründung:

"Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gem. § 303 (4) BAO aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Daraus ist auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen Bescheid zu ersehen."

Mit Eingabe vom 28. November 2003 brachte der Beschwerdeführer "gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1997 bis 2000 und die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1998 bis 2000 vom 27. Oktober 2003, eingelangt am 29. Oktober 2003" Berufung ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde u.a. die Berufung gegen den Bescheid betreffend Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2007 abgewiesen.

Die belangte Behörde führte zur Begründung aus, im gegenständlichen Fall habe das Finanzamt durch die Gestaltung des Wiederaufnahmebescheides Unklarheit geschaffen, indem der Wiederaufnahmebescheid und der Sachbescheid im Kopf gleich bezeichnet worden seien (nämlich als "Einkommensteuerbescheid 1997") und in der Rechtsmittelbelehrung sowohl des Wiederaufnahmebescheides als auch des Sachbescheides der Abgabepflichtige dazu angeleitet worden sei, im Falle einer Berufungserhebung den bekämpften Bescheid mit Einkommensteuerbescheid für 1997 zu bezeichnen. Bei dieser Sachlage werte die belangte Behörde die Berufung gegen den "Einkommensteuerbescheid 1997" sowohl als gegen die Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens als auch gegen den Sachbescheid gerichtet. Die belangte Behörde spreche daher auch über die Berufung gegen die Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens ab.

Im gegenständlichen Fall werde in der Begründung der Wiederaufnahmeverfügung auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung verwiesen. Dieser Hinweis werde dadurch ergänzt, dass die Feststellungen der darüber aufgenommenen Niederschrift zu entnehmen seien. Daher sei die Niederschrift über die Durchführung einer Schlussbesprechung vom 29. September 2003 heranzuziehen.

Zur Einkommensteuer 1997 seien in Punkt 10 der Niederschrift über die Durchführung einer Schlussbesprechung vom 29. September 2003 Ausführungen getroffen worden (etwa die Feststellung, dass die Zahlung in Höhe von 1.266.430 S - unrichtigerweise - als Verbrauchsmaterial verbucht worden sei). Aufgrund dieser im Einzelnen genannten Feststellungen sei für den Beschwerdeführer leicht nachvollziehbar und evident gewesen, dass das Finanzamt die Wiederaufnahme auf den Neuerungstatbestand des § 303 Abs. 4 BAO gestützt habe.

Die Begründung des Wiederaufnahmebescheides enthalte den Hinweis, dass die Feststellungen der genannten Niederschrift zu entnehmen seien. Die einzigen Ausführungen zur Einkommensteuer 1997 seien jene in Punkt 10 der Niederschrift. Es sei daher offensichtlich und unzweifelhaft gewesen, welche Gründe das Finanzamt für die Einkommensteuer 1997 als Wiederaufnahmegründe herangezogen habe.

Neu hervorgekommene Tatsachen seien nach Punkt 10 dieser Niederschrift über die Durchführung einer Schlussbesprechung vom 29. September 2003 insbesondere:

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen u.a. in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Die Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens steht gemäß § 305 Abs. 1 BAO der Abgabenbehörde zu, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden, bestimmt bei der Wiederaufnahme von Amts wegen die gemäß § 305 Abs. 1 leg. cit. zuständige Behörde.

Bei einer Berufung gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen durch das gemäß § 305 Abs. 1 BAO zuständige Finanzamt ist die Sache, über welche die Abgabenbehörde zweiter Instanz gemäß § 289 Abs. 2 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen, also jene wesentlichen Sachverhaltsmomente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat. Unter Sache ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde erster Instanz gebildet hat. Bei einem verfahrensrechtlichen Bescheid, wie dem der Wiederaufnahme des Abgabenverfahrens von Amts wegen, wird die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. September 2007, 2004/13/0108). Aufgabe der Berufungsbehörde bei Entscheidungen über ein Rechtsmittel gegen die amtswegige Wiederaufnahme ist es daher, zu prüfen, ob dieses Verfahren aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen wieder aufgenommen werden durfte.

In der Beschwerde wird eingewendet, der Wiederaufnahmebescheid habe hinsichtlich der Wiederaufnahmegründe auf die Niederschrift über die abgabenbehördliche Prüfung und den Prüfungsbericht verwiesen. Es gebe allerdings keinen Betriebsprüfungsbericht für das Jahr 1997, weil der Prüfungszeitraum nur die Jahre 1998 bis 2000 umfasse. Die Niederschrift habe das "Besprechungsprogramm (Beschwerdeführer) 1998 - 2000" zum Gegenstand. In formaler Hinsicht gebe es also keine Niederschriften oder Berichte für das Jahr 1997. Es könne solche in formaler Hinsicht auch gar nicht geben, weil der Prüfungszeitraum für die abgabenbehördliche Prüfung das Jahr 1997 nicht umfasst habe. Daher fehle im erstinstanzlichen Wiederaufnahmebescheid der Hinweis auf die Wiederaufnahmegründe.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dargetan. Das Finanzamt hat im Zuge einer Prüfung der Aufzeichnungen für den Zeitraum 1998 bis 2000 auch Feststellungen für das Jahr 1997 getroffen. Unstrittig enthält die Niederschrift über die Schlussbesprechung Feststellungen über neu hervorgekommene Tatsachen, die das Jahr 1997 betreffen und auf welche die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Einkommensteuer 1997 gestützt werden konnte. Strittig ist lediglich, ob diese Tatsachen die Grundlage für die vom Finanzamt verfügte Wiederaufnahme gewesen sind, hat doch die Berufungsbehörde bei Entscheidung über die Berufung gegen die von Amts wegen erfolgte Verfügung der Wiederaufnahme zu prüfen, ob das Verfahren aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen wieder aufgenommen werden durfte, nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme auch aus anderen Wiederaufnahmegründen zulässig gewesen wäre.

Entscheidend ist somit, ob der Begründung des Wiederaufnahmebescheides des Finanzamtes zu entnehmen ist, dass es die Wiederaufnahme auf jene Umstände gestützt hat, die in der Niederschrift über die Schlussbesprechung (im Abschnitt 10) festgehalten sind.

Es ist nicht rechtswidrig, in der Begründung eines Bescheides auf die der Partei zugegangenen Schriftstücke Bezug zu nehmen (vgl. Ritz, BAO4, § 93 Tz 15). So ist auch ein Verweis auf den Betriebsprüfungsbericht zulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1998, 95/13/0282).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass ihm die in Rede stehende Niederschrift und der Bericht über die abgabenbehördliche Prüfung zugegangen sind. Die Begründung des Wiederaufnahmebescheides konnte daher auf diese Niederschrift verweisen. Diese ist damit einem Teil der Begründung des Wiederaufnahmebescheides gleichzuhalten. Der bloße Umstand, dass die das Jahr 1997 betreffenden Feststellungen in einer Niederschrift enthalten sind, die im Übrigen die den Zeitraum 1998 bis 2000 umfassende abgabenbehördliche Prüfung betrifft, ändert daran nichts.

Damit ist es aber nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangt ist, dass das Finanzamt die amtswegige Wiederaufnahme auf die in der Niederschrift über die Schlussbesprechung angeführten Umstände gestützt hat.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. November 2012

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