VwGH 2012/15/0145

VwGH2012/15/014527.11.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer-Jenkins, über die Beschwerde der Stadtgemeinde K, vertreten durch die Czepl & Partner Steuer- und Unternehmensberatungs GmbH & Co KG in 4560 Kirchdorf an der Krems, Dr. Gaisbauer-Straße 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenats, Außenstelle Linz, vom 4. Juni 2012, Zl. RV/1103-L/07, miterledigt RV/1104-L/07, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens (Umsatzsteuer 2001 bis 2005) und Umsatzsteuer 2001 bis 2005, zu Recht erkannt:

Normen

31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art4 Abs5;
32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art13 Abs2;
32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art135 Abs1 litl;
ABGB §1090;
UStG 1994 §2 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Gemeinde, hat eine von ihr geleaste Mehrzweckhalle (Stadthalle) - wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt - einerseits an Schulen im Rahmen von längerfristigen Bestandverträgen ohne Option zur Steuerpflicht unecht befreit vermietet und andererseits außerhalb der Schulzeiten an diverse Sportvereine überlassen.

Nach einer Betriebsprüfung wurde der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Vorsteuerabzug für die Vermietung an die Vereine im wiederaufgenommenen Verfahren seitens des Finanzamtes aberkannt. Begründend wurde ausgeführt, dass die von den Sportvereinen zu zahlenden Entgelte nicht einmal die Betriebskosten abdeckten, weshalb die Überlassung keine unternehmerische Tätigkeit sei und nicht zum Vorsteuerabzug berechtige.

In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, dass die vom Finanzamt vorgenommene Berechnung der Betriebskosten unzutreffend und mit Verfahrensfehlern behaftet sei. Richtig berechnet seien die Betriebskosten durch die von den Sportvereinen zu zahlenden Beträge gedeckt. Nach den Umsatzsteuerrichtlinien stehe daher der (volle) Vorsteuerabzug zu und die Wiederaufnahmen seien rechtswidrig. Überdies stehe nach dem EuGH-Urteil in der Rechtssache C-269/00 , Seeling, für Leistungsbezüge im Zusammenhang mit unternehmerisch genutzten Gebäuden unabhängig vom Ausmaß der unternehmerischen Nutzung der volle Vorsteuerabzug zu. Dass eine unternehmerische Nutzung der Mehrzweckhalle vorliege, stehe außer Streit.

Das Finanzamt legte die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung der belangten Behörde vor.

In der Folge hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin vor, dass entgegen den Umsatzsteuerrichtlinien eine bloße Betriebskostendeckung für das Zustehen des Vorsteuerabzuges nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreiche (Hinweis auf das Erkenntnis vom 3. September 2008, 2003/13/0086).

Dazu teilte das Finanzamt mit, dass den Sportvereinen nach den unbestrittenen Feststellungen der Großbetriebsprüfung nur ein Bruchteil des (von der Beschwerdeführerin zunächst allgemein) festgelegten Tarifs verrechnet worden sei. Eine Betriebskostendeckung sei daher aus tatsächlichen Gründen nicht gegeben, gleichgültig wo die Berechnung der Betriebskosten beginne.

In der Stellungnahme der Beschwerdeführerin verwies diese auf die unterschiedlichen Berechnungsmethoden, die die Betriebsprüfung im Laufe des Verwaltungsverfahrens vorgelegt habe. Da die bekämpften Bescheide nicht angäben, auf welcher Berechnung sie gründeten, sei es ihr nicht möglich, deren rechtliche Würdigung in Bezug auf die Betriebskostendeckung nachzuvollziehen. Im Übrigen wandte sich die Beschwerdeführerin erneut jeweils mit näherer Begründung gegen die Heranziehung einzelner Betriebskostenbestandteile (wie beispielsweise Hallenwart, Reinigungskräfte) für die Beurteilung der Betriebskostendeckung der Vermietung der Mehrzweckhalle an Vereine außerhalb der Schulzeiten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend führte sie aus, im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung sei hervorgekommen, dass die Sportvereine jedenfalls nicht mehr als die Betriebskosten abzudecken gehabt hätten. Dass dieser Umstand schon bei Erlassung der ursprünglichen Umsatzsteuerbescheide dem Finanzamt bekannt gewesen sei, sei weder in der Berufung eingewandt worden noch sei dies dem Akt zu entnehmen. Es seien daher Tatsachen neu hervorgekommen. Nach § 2 Abs. 3 UStG 1994 seien Körperschaften öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art unternehmerisch tätig. Als Betrieb gewerblicher Art gelte u.a. die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch Körperschaften öffentlichen Rechts. Gemäß § 12 UStG 1994 stehe der Vorsteuerabzug nur im Zusammenhang mit einer unternehmerischen Tätigkeit zu. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. September 2008, 2003/13/0086, begründe eine Gebrauchsüberlassung gegen bloße Deckung der Betriebskosten keinen Betrieb gewerblicher Art. Unabhängig davon, ob eine Betriebskostendeckung gegeben sei oder nicht, stehe daher (insoweit) der Vorsteuerabzug nicht zu. Daran ändere auch das EuGH-Urteil Seeling nichts, weil der EuGH im (später ergangenen) Urteil C-515/07 , VNLTO, ausgesprochen habe, dass zwar eine private Nutzung nicht vom Vorsteuerabzug ausschließe, wohl aber eine (im konkreten Fall vorliegende) nicht wirtschaftliche Nutzung. Die neu hervorgekommene Tatsache (wenn überhaupt sei nur eine Betriebskostendeckung gegeben) hätte daher bei richtiger rechtlicher Würdigung zu im Spruch anders lautenden Umsatzsteuerbescheiden geführt. Ermessensfehler seien in der Berufung nicht eingewendet und nicht erkennbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Im Beschwerdefall ist strittig, ob die beschwerdegegenständliche Überlassung der Nutzung der kommunalen Mehrzweckhalle durch eine Körperschaft öffentlichen Rechts an Vereine eine unternehmerische Tätigkeit darstellt oder als unternehmensfremde Tätigkeit keinen Vorsteuerabzug der Beschwerdeführerin begründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 3. September 2008, 2003/13/0086, darauf hingewiesen, dass der Inhalt des Begriffs der "Vermietung und Verpachtung" in § 2 Abs. 3 UStG 1994 sich vom übrigen Vermietungsbegriff im UStG unterscheide und enger auszulegen ist. Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 4 der

6. Richtlinie (nunmehr Art. 13 Abs. 2 der MwSt-System-RL 2006/112/EG) erlaubt es nämlich den Mitgliedstaaten, bestimmte steuerbefreite Tätigkeiten (dazu zählt u.a. nach Art. 135 Abs. 1 lit. l der MwSt-System-RL 2006/112/EG die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken) bei Einrichtungen des öffentlichen Rechts als Tätigkeiten zu behandeln, die diesen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen. Mit § 2 Abs. 3 UStG 1994 ist diese Ermächtigung in dem Sinne genutzt worden, dass für Vermietungen und Verpachtungen von Grundstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften eine Maßgeblichkeit der zivilrechtlichen Kriterien besteht. Eine Überlassung gegen einen bloßen Anerkennungszins oder gegen Ersatz der Betriebskosten reicht demnach nicht aus, um einen zivilrechtlichen Bestandvertrag zu begründen.

Die belangte Behörde hat im Beschwerdefall vor diesem rechtlichen Hintergrund keine zivilrechtliche Vermietung, sondern eine bloße Gebrauchsüberlassung angenommen und dies darauf gestützt, dass die Sportvereine jedenfalls nicht mehr als die Betriebskosten abzudecken gehabt hätten.

Die Beschwerdeführerin hat sich im Verwaltungsverfahren jedoch mit detaillierten Einwänden gegen die Berechnungen des Finanzamts betreffend die anzusetzenden Betriebskosten und die Wiederaufnahme der Verfahren gewandt.

Die belangte Behörde meint im angefochtenen Bescheid, sich mit diesen Einwänden nicht auseinander setzen zu müssen, weil auch die (bloße) Deckung der Betriebskosten zur Begründung einer Vermietungstätigkeit nicht ausreiche. Diese (allfällige) bloße Abdeckung der Betriebskosten sei während der Betriebsprüfung neu hervorgekommen und rechtfertige auch die Wiederaufnahme der Verfahren.

Offen bleibt dabei jedoch bereits, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zur Feststellung gelangt ist, dass allenfalls nur eine Deckung der Betriebskosten vorliege, wo doch genau zur Frage des Umfangs der Betriebskosten gravierende Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Finanzamt und der Beschwerdeführerin bestanden und auch die belangte Behörde hierzu keinerlei Feststellungen getroffen hat.

Ohne nähere Darlegungen zum Umfang der Betriebskosten bleibt damit auch diese (einzige) Feststellung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid unbegründet.

Nach der ständigen hg. Rechtsprechung muss die Bescheidbegründung erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung eines Abgabenbescheides muss in der Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0200, und zuletzt etwa das Erkenntnis vom 18. Dezember 2013, 2010/13/0173).

Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht.

Angesichts der aufgezeigten Feststellungsmängel erweist sich der angefochtene Bescheid als unzureichend begründet. Er war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet in §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 27. November 2014

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