Normen
BAO §212a Abs5;
VwGG §42 Abs3;
BAO §212a Abs5;
VwGG §42 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 21. Februar 2011 beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 216 BAO einen Abrechnungsbescheid darüber, dass hinsichtlich seines Abgabenkontos ausgesetzte Beträge lediglich in Gesamthöhe von EUR 136.000,96 vorlägen und sich diese ausschließlich aus gemäß § 212a BAO hinsichtlich ihrer Einhebung ausgesetzten Beträgen zusammensetzten.
Begründend führte er aus, bei einer routinemäßigen Abstimmung seines Abgabenkontos hinsichtlich der dort als ausgesetzt erfassten Beträge sei festgestellt worden, dass sich die als ausgesetzt ausgewiesenen Beträge in Gesamthöhe von EUR 151.584,94 gemäß Buchungsmitteilung Nr. 4 vom 11. Februar 2011 aus den Beträgen von EUR 135.107,74, EUR 610,37 und EUR 282,85, deren Aussetzung der Einhebung mit Bescheiden vom 4. März 2009, 10. Mai 2010 und 13. Jänner 2011 verfügt worden sei, und den Beträgen von EUR 3.576,23, EUR 4.037,05, EUR 7.630,66 und EUR 340,04, deren Aussetzung der Einbringung mit Buchungen vom 30. Juli 2001, 2. August 2001 und 18. November 2005 verfügt worden sei, zusammensetzten.
Was die hinsichtlich ihrer Einbringung ausgesetzten Beträge in Gesamthöhe von EUR 15.583,98 angehe, so habe das Finanzamt seit der Verfügung der Aussetzung der Einbringung in den Jahren 2001 bzw. 2005 keine nach außen erkennbaren Amtshandlungen zur Anspruchsdurchsetzung unternommen. Daher sei diesbezüglich Einhebungsverjährung im Sinne des § 238 BAO eingetreten. Da sohin während der Zeit der Aussetzung der Einbringung Einhebungsverjährung eingetreten sei, sei der ausgesetzte Abgabenbetrag von insgesamt EUR 15.583,98 in die laufende Gebarung "zurück zu übertragen" und unter einem unter Bezugnahme auf die Norm des § 238 BAO abzuschreiben.
Gemäß den Buchungsmitteilungen des Finanzamtes Nr. 8 vom 2. Mai 2011, Nr. 9 und 10 vom 9. und 11. Mai 2011 wurde die Einbringung der ausgesetzten Beträge von insgesamt EUR 15.583,98 wieder aufgenommen.
Mit Eingaben vom 9. Mai 2011 und 16. Mai 2011 beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 216 BAO einen Abrechnungsbescheid darüber, dass diese Beträge infolge Einhebungsverjährung gemäß § 238 BAO abzuschreiben seien. Zur Begründung dieser Anträge verweise er auf das Schreiben an das Finanzamt vom 21. Februar 2011.
Mit Abrechnungsbescheid vom 28. Juli 2011 stellte das Finanzamt fest, dass hinsichtlich der Beträge von insgesamt EUR 15.583,98, deren Einbringung gemäß Buchungsmitteilungen Nr. 8, 9 und 10/2011 wiederaufgenommen worden sei, im Ausmaß von EUR 340,04 (Anspruchszinsen 2002) Einhebungsverjährung eingetreten sei. Dieser Betrag sei abzuschreiben. Im Ausmaß von EUR 15.243,94 (Aussetzungszinsen 2000 in Höhe von EUR 3.576,23, Aussetzungszinsen 1999 in Höhe von EUR 4.037,05 und Einkommensteuer 1993 in Höhe von EUR 7.630,66) sei die Einhebungsverjährung nicht eingetreten.
Auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers seien gemäß § 212a BAO von der Einhebung ausgesetzte Abgaben in Höhe von EUR 135.107,74 verbucht.
In der dagegen eingebrachten Berufung beantragte der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass ausgesprochen werde, dass hinsichtlich der angeführten Abgabenschuldigkeiten im Gesamtbetrag von EUR 15.243,94 die Einhebungsverjährung eingetreten sei.
Hinsichtlich der gegenständlichen Abgabenschuldigkeiten sei am 30. Juli bzw. 2. August 2001 die Aussetzung der Einbringung gemäß § 231 BAO verfügt worden. Seitdem seien keinerlei Einhebungs- und Einbringungsmaßnahmen gesetzt worden, weshalb gemäß § 238 Abs. 1 BAO die Einhebungsverjährung eingetreten sei.
Wenn das Finanzamt in der Begründung des angefochtenen Bescheides meine, dass dem deshalb nicht so sei, weil die in Rede stehenden Abgabenschuldigkeiten als hinsichtlich ihrer Einhebung ausgesetzt zu gelten hätten, da der diesbezügliche Aufhebungsbescheid gemäß § 212a Abs. 5 BAO vom 10. November 2000 durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 2003, 2000/13/0217, unwirksam geworden sei, so sei dies rechtsirrig.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab.
Begründend hielt sie fest, ein Abrechnungsbescheid komme bei Meinungsverschiedenheiten über die Frage, ob ein Abgabenzahlungsanspruch verjährt sei, in Betracht und im gegenständlichen Fall sei tatsächlich strittig, ob hinsichtlich der Abgabenschuldigkeiten im Gesamtbetrag von EUR 15.243,94 die Einhebungsverjährung eingetreten sei.
Zu dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass hinsichtlich der gegenständlichen Abgabenschuldigkeiten am 30. Juli bzw. 2. August 2001 die Aussetzung der Einbringung gemäß § 231 BAO verfügt worden sei, sei zu bemerken, dass Maßnahmen nach § 231 BAO nur zu behördeninternen Vorgängen führten, hinsichtlich derer dem Abgabepflichtigen kein Rechtsanspruch zustehe und über die auch keine Bescheide erlassen würden. Die Wirkung einer Aussetzung der Einbringung bestehe somit lediglich darin, dass die betroffene Abgabenschuldigkeit aus der laufenden Verbuchung der Gebarung herausgenommen werde.
Unbestritten sei, dass mit Bescheid vom 3. Februar 2000 die Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer 1992 bis 1995 und der Aussetzungszinsen 1999 im Gesamtbetrag von S 1,422.327,00 bewilligt worden sei, deren Ablauf mit Bescheid vom 10. November 2000 anlässlich des Ergehens der Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 31. Oktober 2000 verfügt worden sei. Zudem seien mit Bescheid vom 10. November 2000 Aussetzungszinsen 2000 in Höhe von S 49.210,00 (EUR 3.576,23) festgesetzt worden.
Laut Aktenlage sei die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 31. Oktober 2000 betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1992 bis 1995, mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 2003, 2000/13/0217, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden.
Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG trete durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach Abs. 2 leg. cit. die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden habe. Die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung eines aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes bedeute nicht nur, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung des angefochtenen Bescheides und seiner Aufhebung im Nachhinein so zu betrachten sei, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden sei, sondern habe auch zur Folge, dass allen Rechtsakten, die während der Geltung des sodann aufgehobenen Bescheides auf dessen Basis gesetzt worden seien, im Nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen worden sei. Solche Rechtsakte würden infolge der Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses mit diesem dann als beseitigt gelten, wenn sie mit dem aufgehobenen Bescheid in einem unlösbaren rechtlichen Zusammenhang stünden.
Der mit der Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung nach § 212a Abs. 5 Satz 3 BAO vom 10. November 2000 gesetzte Rechtsakt stehe mit dem aufgehobenen Berufungsbescheid im Abgabenverfahren (Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 31. Oktober 2000), der das Berufungsverfahren abgeschlossen und die Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung daher ausgelöst habe, in einem solchen unlösbaren Zusammenhang, welcher eine Anwendung der von Lehre und Rechtsprechung aus § 42 Abs. 3 VwGG abgeleiteten Folgewirkungen auf den nach § 212a Abs. 5 Satz 3 BAO erlassenen Bescheid grundsätzlich rechtfertige. Dies deshalb, weil die Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer 1992 bis 1995 und der Aussetzungszinsen 1999 im Gesamtbetrag von S 1,422.327,00 des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 3. Februar 2000 - wie auch deren Ablauf mit Bescheid vom 10. November 2000 - infolge der Berufungen der G KG gegen die Feststellungsbescheide vom 3. August 1998, von deren Erledigung die Höhe der Einkommensteuer des Beschwerdeführers mittelbar abhänge, bewilligt worden sei. Zudem seien die Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide des Beschwerdeführers laut Aktenlage erst am 15. Dezember 2005 aufgrund der "automatischen" Bescheidänderungen gemäß § 295 Abs. 1 BAO mit Einkommensteuerbescheiden vom 15. November 2005 eingebracht worden.
Als Folge der Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof seien somit der Ablaufbescheid und der Aussetzungszinsenbescheid aufzuheben (Hinweis Ritz, BAO-Kommentar3, § 212a Tz 36).
Der Beschwerdeführer habe als Abgabepflichtiger jedenfalls den Anspruch auf Verschaffung und Wahrung jener Rechtsposition, die er vor Erlassung des vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Berufungsbescheides innegehabt habe. Diese Rechtsposition sei hinsichtlich des gesamten Themenkreises der Einhebung der Abgaben im Sinne des 6. Abschnittes der Bundesabgabenordnung durch die ihm mit Bescheid des Finanzamtes vom 3. Februar 2000 bewilligte Aussetzung der Einhebung der strittigen Abgaben mit den sich aus der Vorschrift des § 212a BAO ergebenden Rechtsfolgen geprägt. Diese Rechtsfolgen habe er ungeachtet des verstrichenen Zeitraumes zu tragen, während er von allen mit der aus der Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung entstehenden Rechtsposition nicht zu vereinbarenden Rechtsfolgen zu entlasten gewesen sei.
Infolge dieser Rechtsposition sei die Verjährung der Einkommensteuer 1993 in Höhe von EUR 7.630,66 laut Abrechnungsbescheid und der Aussetzungszinsen 1999 in Höhe von EUR 4.037,05 gemäß § 238 Abs. 3 lit. b BAO nach wie vor gehemmt, zumal die Aufhebung der Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 31. Oktober 2000, RV/559-15/05//99, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1992 bis 1995, mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 2003, 2000/13/0217, das Finanzamt nach § 295 Abs. 3 BAO zur Aufhebung des den Ablauf der Aussetzung der Einhebung verfügenden Bescheides vom 10. November 2000 zu veranlassen habe und der Ablaufbescheid vom 27. Juli 2011 mit Berufungsentscheidung vom 20. März 2012, RV/0298-W/12, aufgehoben worden sei.
Die Einhebungsverjährung hinsichtlich der Aussetzungszinsen 2000 in Höhe von EUR 3.576,23 habe, wie bereits im Abrechnungsbescheid ausgeführt worden sei, nicht eintreten können, weil der Bescheid vom 10. November 2000 als Folge des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 2003, 2000/13/0217, aufzuheben gewesen sei. Bezüglich der Anspruchszinsen 2002 werde auf die Ausführungen des bekämpften Bescheides verwiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, derzufolge bei richtiger Bescheiderteilung hinsichtlich der Einkommensteuer 1993 in Höhe von EUR 7.630,66 sowie hinsichtlich der Aussetzungszinsen 1999 in Höhe von EUR 4.037,05 die Einhebungsverjährung eingetreten sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, verjährt gemäß § 238 BAO "binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß." Gemäß § 238 Abs. 3 lit. b BAO ist die Verjährung allerdings gehemmt, solange "die Einhebung einer Abgabe ausgesetzt ist".
Vor diesem Hintergrund ist im Beschwerdefall nun strittig, ob hinsichtlich des streitgegenständlichen Abgabenbetrages nach Aufhebung des ursprünglichen Feststellungsbescheides durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 2003 aufgrund der ex tunc Wirkung der verwaltungsgerichtlichen Aufhebung von einer fortbestehenden Aussetzung gemäß § 212a BAO auszugehen ist oder ob eine nach Ansicht des Beschwerdeführers konstitutive Beseitigung des bescheidmäßig verfügten Ablaufes der Aussetzung im Wege des § 295 Abs. 3 BAO für eine Wiederherstellung der Aussetzung erforderlich gewesen wäre.
Durch die verwaltungsgerichtliche Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt die Rechtssache gemäß § 42 Abs. 3 VwGG in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte.
Die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung eines aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet nicht nur, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung des angefochtenen Bescheides und seiner Aufhebung im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden wäre, sondern hat auch zur Folge, dass allen Rechtsakten, die während der Geltung des sodann aufgehobenen Bescheides auf dessen Basis gesetzt wurden, im Nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen wurde; solche Rechtsakte gelten infolge der Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses mit diesem dann als beseitigt, wenn sie mit dem aufgehobenen Bescheid in einem unlösbaren rechtlichen Zusammenhang stehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. August 2004, 99/13/0207, VwSlg 7951/F, mwN).
Im zitierten Erkenntnis, auf das gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG verwiesen wird, leitete der Verwaltungsgerichtshof daraus bereits ab, dass der mit der Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung nach § 212a Abs. 5 Satz 3 BAO gesetzte Rechtsakt mit dem aufgehobenen Berufungsbescheid im Abgabenverfahren, der das Berufungsverfahren abgeschlossen und die Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung daher ausgelöst hatte, in einem solchen unlösbaren Zusammenhang steht, welcher eine Anwendung der von Lehre und Rechtsprechung aus § 42 Abs. 3 VwGG abgeleiteten Folgewirkungen auf den nach § 212a Abs. 5 Satz 3 BAO erlassenen Bescheid grundsätzlich rechtfertigt.
Nach dem Ergehen des hg. Erkenntnisses vom 29. Oktober 2003, 2000/13/0217, ist daher im Beschwerdefall die bescheidmäßige Verfügung des Ablaufes der Aussetzung schon in Konsequenz der Bestimmung des § 42 Abs. 3 VwGG mit ex tunc Wirkung gleichfalls außer Kraft getreten, sodass die seinerzeit antragsgemäß bewilligte Aussetzung der Einhebung der betroffenen Abgaben weiter aufrecht war.
Damit kam aber auch die Rechtswirkung der Verjährungshemmung gemäß § 238 Abs. 3 lit. b BAO zum Tragen.
Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. Nr. 455.
Wien, am 28. November 2013
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