Normen
Auswertung in Arbeit!
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Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 1. Oktober 2008 hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung zur Errichtung einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums mit der Bezeichnung "Institut zur Beratung und Durchführung von Genanalysen zur Feststellung einer Prädisposition oder eines Überträgerstatus für Krebserkrankungen zu medizinischen Zwecken" in 1090 Wien, Xgasse (…), gemäß § 4 des Wiener Krankenanstaltengesetzes 1987 (Wr. KAG) abgewiesen.
In der Begründung gab die belangte Behörde zunächst den Verfahrensgang wieder. Danach habe der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 1. September 2005 um die Bewilligung angesucht, wobei folgendes Leistungsangebot in Aussicht genommen worden sei:
Humangenetische Beratung von Krebspatienten und ihren Angehörigen bezüglich genetischer Veranlagung für Krebserkrankungen
Molekulargenetische Untersuchungen (MLH 1, MSH 2) bei Patienten mit Dickdarmkrebs und Gebärmutterkrebs
Molekulargenetische Untersuchungen (BRCA 1, BRCA 2) bei Patienten mit Eierstockkrebs und Brustkrebs
Zusammenstellung maßgeschneiderter Vorsorgeprogramme, die auf genetisches Risiko und Krebsrisiko im Allgemeinen, Rücksicht nehmen
Molekulargenetische Untersuchung von Tumoren mit Relevanz für Diagnose und Therapie
Psychologische Beratung von Krebspatienten und Patienten mit
hohem Krebsrisiko
Ernährungsberatung für Krebspatienten
Den Antrag habe er - zusammengefasst - damit begründet, dass sich durch die rasante Entwicklung der molekularen Genetik und des humanen Genomprojekts eine Vielzahl von Möglichkeiten ergebe, die Früchte dieser Forschung Patienten zukommen zu lassen, weshalb es in vielen Ländern zum Aufbau von Beratungs- und Analyseinstituten komme.
Der Beschwerdeführer sei von 1995 bis 1998 am Aufbau eines solchen Instituts in Boston beteiligt gewesen und habe dessen Nutzen und die Vorteile für die Behandlung und Vorsorge von Patienten in Bezug auf Krebserkrankungen kennengelernt. Er betreibe seit 2002 in Wien eine Ordination, in deren Rahmen er Krebspatienten, ihre Angehörigen und auch gesunde Personen bezüglich ihres Risikos für Krebserkrankungen berate. Die Nachfrage und der Bedarf dieser Untersuchungen/Beratungen in der Ordination sei in den letzten Jahren von insgesamt über 20 im Jahr 2001 auf 70 im Jahr 2004 angestiegen. Die Ordination sei als Einrichtung zur Durchführung von Genanalysen am Menschen im Sinne des § 65 Abs. 1 Z 1 Gentechnikgesetz mit Bescheid vom 4. September 2002 unter den Adressen X-gasse (…), 1090 Wien (Beratung, Blutabnahme, Codierung der Proben und DNA-Isolierung) und Y-gasse (…), 1200 Wien (technische Analyse) zugelassen worden. Im geplanten Ambulatorium solle also neben Beratung auch Blutabnahme, Codierung der Proben und DNA-Isolierung durchgeführt werden, während die technische Analyse weiterhin getrennt davon in einer Einrichtung in der Y-gasse (…) durchgeführt werden solle.
Die Ärztekammer für Wien habe in ihrer Stellungnahme vom 22. Juni 2006 ausgeführt, eine Aufklärung bzw. ausführliche medizinische Beratung im Falle einer genetisch bedingten Krankheitsprädisposition könne von sämtlichen niedergelassenen Ärzten für Allgemeinmedizin sowie von sämtlichen niedergelassenen Fachärzten, sofern es deren Berufsgebiet betrifft, durchgeführt werden. Aufgrund der dichten Versorgung des 9. Wiener Gemeindebezirks sowie der angrenzenden Bezirke mit niedergelassenen Ärzten mit Kassenverträgen sei ein Bedarf für die angestrebte Einrichtung nicht gegeben. Zu bemerken sei weiters, dass im Institut keine Genanalysen durchgeführt werden sollten, diese vielmehr in ein - anderes - Prüflabor gesendet werden sollten, weshalb die angestrebte Bezeichnung hinsichtlich der Durchführung von Genanalysen irreführend sei.
Die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) habe in ihrer Stellungnahme vom 3. Juli 2006 im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Gentechnische Untersuchungen gehörten zu den diffizilsten im Bereich der Humanmedizin und würden bis dato fast ausschließlich im intramuralen Bereich durchgeführt; in den ambulant durchgeführten Ausnahmefällen sei das Analysespektrum exakt eingegrenzt und die Durchführung der Untersuchung ebenso wie die Beratung Spezialisten vorbehalten. Im vorliegenden Antrag würden die durchzuführenden Untersuchungen nicht genau definiert und sei nicht sichergestellt, dass die Qualität der Untersuchungen dem erforderlichen Standard entspreche. Das Fehlen von Zugangsbeschränkungen (jeder könne das Ambulatorium aufsuchen) trage nicht zu einer Einschränkung des Untersuchungsspektrums bei. Es sei auch weder die erforderliche Nachsorge (psychologische Betreuung bei positivem Untersuchungsergebnis) noch erforderliche Therapiemöglichkeit sichergestellt. Sie habe sich daher gegen die Bewilligung ausgesprochen.
Nachdem der Beschwerdeführer in einer Stellungnahme dazu das vorgesehene Leistungsspektrum und den Betriebsablauf konkretisiert und seine persönliche Qualifikation dargelegt habe, sei von der WGKK ihre ablehnende Haltung aufrecht gehalten und mit dem Fehlen des Bedarfs an der geplanten Einrichtung begründet worden:
Einschlägige gentechnische Untersuchungen bezüglich der Feststellung einer Prädisposition oder eines Überträgerstatus für das erbliche Mammakarzinom (BRCA-1 und BRCA-2) seien bereits in den letzten Jahren im AKH Wien durchgeführt worden. Die für die Vornahme der gentechnischen Untersuchungen und die Betreuung der Patienten notwendigen Kapazitäten seien dort vorhanden, eine Ausweitung des diesbezüglichen Angebots sei offensichtlich nicht notwendig.
Die Zahlen bezüglich des Kolonkarzinoms seien zwar nicht bekannt, es sei aber auch hier nicht von einem Massenphänomen auszugehen, sodass auch diesbezüglich mit dem vorhandenen Angebot das Auslangen gefunden werden könne.
Zu verweisen sei schließlich darauf, dass gentechnische Untersuchungen aufgrund des dafür erforderlichen Aufwands extrem kostenintensiv seien, eine private Finanzierung durch die Betroffenen daher kaum in Frage komme, ebenso wenig ein Vertragsabschluss mit der WGKK unter den derzeitigen Gegebenheiten.
In der Folge gab die belangte Behörde das Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen vom 10. Mai 2007 wieder.
Dieser habe dargelegt, dass seitens der MA 15 - Gesundheitswesen auch in allen Ordinationen von Fachärzten mit dem Zusatzfach Humangenetik Erhebungen zur Frage des Bedarfs durchgeführt worden seien. Insgesamt seien 31 Fachärzte für Innere Medizin, Gynäkologie, Labormedizin, Pathologie und auch Dermatologie mit diesem Zusatzfach in Wien tätig. Davon seien sechs Fachärzte für Innere Medizin und 12 Fachärzte für Geburtshilfe und Gynäkologie mit dem Zusatzfach Humangenetik angeführt, die humangenetische Beratung im Rahmen einer genetisch bedingten Krankheitsprädisposition anböten. Sechs Fachärzte besäßen einen Vertrag mit einer der Krankenkassen; diese Fachärzte seien angeschrieben und ersucht worden, die Leistungen, die sie im Rahmen der humangenetischen Diagnostik anbieten, zu nennen, und mitzuteilen, ob diese Leistung einen unabdingbaren Bestandteil ihres Einkommens darstelle. Ein Facharzt habe geantwortet und angegeben, noch freie Kapazitäten zu haben; die Leistung humangenetische Diagnostik stelle einen unabdingbaren Bestandteil seines Einkommens dar.
Die humangenetische Beratung könne jedoch in gewissem Maß von sämtlichen niedergelassenen Ärzten für Allgemeinmedizin erfolgen (laut Betriebsbeschreibung im Antrag des Beschwerdeführers solle im beantragten Ambulatorium ein Arzt für Allgemeinmedizin Beratungstätigkeit an 30 Stunden pro Woche durchführen).
Bezüglich gendiagnostischer Beratung bestehe daher, so der Amtssachverständige weiter, kein Bedarf an einem diesbezüglichen Ambulatorium.
Die gendiagnostische Untersuchung auf BRCA 1 und 2 werde in ganz Österreich jährlich von 200 bis 300 Frauen in Anspruch genommen. Diese speziellen Untersuchungen führe das Allgemeine Krankenhaus Wien (AKH) für ganz Österreich durch. Die Betreuung der Patienten am AKH zur molekulargenetischen Analyse zum erblich bedingten Brust- und Eierstockkrebs BRCA 1 und 2 erfolge innerhalb eines Projekts, das zu einem Drittel durch die Bundesgesundheitsagentur, die Sozialversicherung und die Stadt Wien finanziert werde. Bei der Betreuung der Patienten bezüglich dieser gendiagnostischen Untersuchungen im AKH gebe es weder Engpässe noch Wartezeiten.
Gendiagnostische Untersuchungen bei Patienten mit Dickdarm- und Gebärmutterkrebs würden ebenfalls im AKH (Universitätsklinik für Chirurgie) durchgeführt.
Von rund 250 aus ganz Österreich zugewiesenen Patienten pro Jahr träfen die Auswahlkriterien auf cirka 100 Patienten zu, deren Blut auf das präsdisponierende Gen überprüft werde. Diese Untersuchung erfolge ebenfalls kostenfrei für den Patienten.
Auch hier gebe es bezüglich der Gendiagnostik noch freie Kapazitäten, sodass der Bedarf hinsichtlich der geforderten Untersuchungen auf hMLH1/hMSH2 Gene gedeckt werden könne.
Bezüglich Beratung gebe es in der Ambulanz für erbliche Dickdarmerkrankungen keine Engpässe.
Wohl aber gebe es bezüglich technischer Analyse lange Wartezeiten auf die Ergebnisse. Allerdings sei die technische Analyse kein Bestandteil des Leistungsspektrums des beantragten Ambulatoriums.
Bezüglich gendiagnostischer Untersuchungen zum erblich bedingten Brust- und Eierstockkrebs, Dickdarm- und Gebärmutterkrebs bestehe, so der Amtssachverständige abschließend, folglich ebenfalls kein Bedarf an einem diesbezüglichen Ambulatorium.
In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde Folgendes aus: Gemäß § 4 Abs 2 Wr KAG dürfe die Bewilligung zur Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums unter anderem nur dann erteilt werden, wenn nach dem angebotenen Anstaltszweck und dem vorgesehenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen, der Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und niedergelassenen Kassenvertragsärzten, kasseneigenen Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen ein Bedarf gegeben sei.
Aus den Stellungnahmen der Ärztekammer für Wien und der WGKK sowie dem Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen ergebe sich schlüssig und nachvollziehbar, dass die vom Beschwerdeführer in Aussicht genommenen Zwecke bereits in ausreichendem Maß durch bestehende Einrichtungen abgedeckt würden. Zudem ergebe sich daraus widerspruchsfrei, dass (nur) eine verhältnismäßig geringe Anzahl an Patienten für die vom Beschwerdeführer angebotenen speziellen Behandlungsmethoden in Frage komme. Die zahlenmäßig geringen, medizinisch nicht routinemäßigen Spezialbehandlungen würden bereits jetzt in bestehenden, nach § 4 Abs. 2 lit a Wr KAG zu berücksichtigenden Krankenanstalten in ausreichendem Maß angeboten. Eine Ausweitung in diesem Bereich sei daher nicht notwendig.
Die zur Vornahme der gentechnischen Untersuchungen und zur Betreuung der Patienten notwendigen Kapazitäten seien also ausreichend vorhanden. Das beantragte Vorhaben stelle daher keine wesentliche Verbesserung in der Betreuung der Bevölkerung dar, weshalb für die geplante Krankenanstalt kein Bedarf bestehe.
Zusätzlich sprächen noch folgende Umstände gegen einen Bedarf:
Bezüglich der gendiagnostischen Beratung seien keine Engpässe festzustellen, zumal diese Beratung in gewissem Maß von sämtlichen Ärzten für Allgemeinmedizin erfolgen könne. Insbesondere bei der Betreuung der Patienten bezüglich dieser gendiagnostischen Untersuchungen im AKH gebe es weder Engpässe noch Wartezeiten.
Die Aufklärung und Interpretation negativer Befunde bezüglich Brustkrebs- oder Dickdarmkrebsrisiko schließe die Therapie meist auch ein, die aber im Leistungsspektrum des geplanten Ambulatoriums nicht enthalten sei. Die am Standort des geplanten Instituts angebotenen medizinischen Leistungen könnten durchaus im Rahmen einer Ordination erfolgen.
Bei dem geplanten Ambulatorium handle es sich um eine Spezialeinrichtung, in der überwiegend Untersuchungen mit Methoden durchgeführt würden, die von den bereits vorhandenen Einrichtungen, insbesondere im AKH, in ausreichendem Maß angeboten würden, wobei es keine Engpässe gebe; die derzeitigen Kapazitäten seien ausreichend, ein Bedarf nicht zu erkennen.
Es müsse daher der Schluss gezogen werden, dass durch die geplante Krankenanstalt die ärztliche Versorgung in dieser medizinischen Disziplin für den zu versorgenden Personenkreis nicht wesentlich erleichtert oder verbessert werde, sodass ein Bedarf zu verneinen und der Antrag abzuweisen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat. Der Beschwerdeführer hat zudem eine weitere Äußerung erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Aus Anlass zweier bei ihm anhängiger Beschwerdeverfahren, in denen die Bedarfsprüfungsbestimmungen u.a. des Wr. KAG einschlägig waren, hatte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 22. Feber 2007, Zlen. EU 2007/11/0001, EU 2007/11/0002-1, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 234 EG u.
a. die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob der Anwendung der genannten Bedarfsprüfungsbestimmungen der Art. 43 (iVm Art. 48) EG entgegen steht.
Mit Urteil vom 10. März 2009, C-169/07 , erkannte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hiezu Folgendes:
"Nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach für die Errichtung einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für Zahnheilkunde eine Bewilligung erforderlich ist und diese Bewilligung, wenn angesichts des bereits bestehenden Versorgungsangebots durch Kassenvertragsärzte kein die Errichtung einer solchen Krankenanstalt rechtfertigender Bedarf besteht, zu versagen ist, steht Art. 43 EG in Verbindung mit Art. 48 EG entgegen, sofern sie nicht auch Gruppenpraxen einem solchen System unterwerfen und sofern sie nicht auf einer Bedingung beruhen, die geeignet ist, der Ausübung des Ermessens durch die nationalen Behörden Grenzen zu setzen."
Ausgehend vom zitierten Urteil des EuGH hat der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Beschwerdefall (in dem es nicht um grenzüberschreitende Tätigkeiten des Beschwerdeführers geht, sondern um die Erbringung medizinischer Leistungen an seinem Sitz in Wien) mit Beschluss vom 22. Juni 2010, Zl. 2008/11/0184, gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, § 4 Abs. 2 lit. a des Wiener Krankenanstaltengesetzes 1987 - Wr. KAG, LGBl. für Wien Nr. 23 idF der Novelle LGBl. Nr. 16/2007, als verfassungswidrig aufzuheben. Der Verfassungsgerichtshof hat diesen Antrag mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2011, G 61/10-5 u.a., abgewiesen.
2. Vor diesem Hintergrund ist die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nach den im Zeitpunkt seiner Erlassung maßgebenden Bestimmungen des Wr. KAG zu beurteilen, die auszugsweise lauten:
"§ 1
…
(3) Krankenanstalten im Sinne der Abs. 1 und 2 sind:
...
7. selbständige Ambulatorien (Röntgeninstitute, Zahnambulatorien und ähnliche Einrichtungen), das sind organisatorisch selbständige Einrichtungen, die der Untersuchung oder Behandlung von Personen dienen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen. Der Verwendungszweck eines selbständigen Ambulatoriums erfährt dann keine Änderung, wenn dieses Ambulatorium über eine angemessene Zahl von Betten verfügt, die für eine kurzfristige Unterbringung zur Durchführung ambulanter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen unentbehrlich ist.
...
§ 4
(1) Krankenanstalten bedürfen sowohl zu ihrer Errichtung als auch zu ihrem Betrieb einer Bewilligung der Landesregierung. Anträge auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt haben den Anstaltszweck (§ 1 Abs. 3) und das vorgesehene Leistungsangebot genau zu bezeichnen.
(2) Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt im Sinne des Abs. 1 darf unbeschadet der nach sonstigen Rechtsvorschriften geltenden Erfordernisse nur unter den nach den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft und nach den Erfordernissen für einen einwandfreien Krankenanstaltsbetrieb notwendigen Bedingungen und Auflagen und nur dann erteilt werden, wenn
a) nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem vorgesehenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Kassenvertragszahnärzte und Kassenvertragsdentisten, ein Bedarf gegeben ist;
..."
3. Hinsichtlich der grundsätzlichen Anforderungen an die Beurteilung einer Entscheidung über die für die Errichtung einer Krankenanstalt maßgebende Bedarfslage wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die hg. Erkenntnisse vom 20. März 2012, Zlen. 2012/11/0041 und 2012/11/0046, und vom 25. Juli 2007, Zl. 2005/11/0119, jeweils mwN, verwiesen.
4. Die belangte Behörde hat - wie dargestellt - den für die Bewilligung der Errichtung einer Krankenanstalt erforderlichen Bedarf i.S. des § 4 Abs. 2 lit. a Wr. KAG verneint, weil das in Aussicht genommene Leistungsangebot (im Wesentlichen: Beratung und Untersuchung von Patienten mit Prädisposition für Dickdarm- und Gebärmutter- bzw. Eierstock- und Brustkrebs) bereits durch das bestehende Versorgungsangebot abgedeckt werde.
5. Die Beschwerde wendet dagegen im Wesentlichen Folgendes ein:
5.1. Die belangte Behörde sei bei ihrer Bedarfsprüfung insofern von einer falschen Rechtslage ausgegangen, als entgegen ihrer Auffassung bei der Prüfung des vorhandenen Leistungsangebots auf die in Ambulatorien öffentlicher Krankenanstalten erbrachten Leistungen nicht Bedacht zu nehmen sei, wie der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu entnehmen sei. Es sei deshalb das Leistungsangebot des AKH außer Acht zu lassen, weil es sich dabei um Ambulanzen einer öffentlichen Krankenanstalt handle, die aber bei der Feststellung des Bedarfs nicht herangezogen werden dürften.
Hinzu trete, dass für die Bedarfsprüfung nur Einrichtungen herangezogen werden dürften, die auch berechtigt seien, das Leistungsangebot durchzuführen, was mit Blick auf das Erfordernis einer Zulassung nach dem GentechnikG nur auf öffentliche Krankenanstalten zutreffe.
5.2. Im Weiteren wendet sich die Beschwerde gegen die Feststellungen zur Frage des Bestehens von Wartezeiten betreffend die Erbringung der in Rede stehenden Leistungen sowie hinsichtlich der Anzahl der zu versorgenden Patienten. Der diesbezügliche Sachverhalt sei ergänzungsbedürftig, zumal sich die belangte Behörde im Wesentlichen auf die Aussage "des Monopolanbieters AKH" gestützt habe, wobei lediglich hinsichtlich der Untersuchung bezüglich der hMLH1 und hMSH2 Gene zugegeben worden sei, dass es zu langen Wartezeiten komme. Die Aussage des einzigen Konkurrenten des geplanten Instituts stelle aber kein berücksichtigungswürdiges Beweismittel dar, weil dieser, schon um Konkurrenz fernzuhalten, das Bestehen von Engpässen und Wartezeiten nicht zugeben werde. Noch dazu könne die Anzahl von Untersuchungen, wie sie aus den Ausführungen des Beschwerdeführers hervorgehe, nämlich jährlich
1.500 bis 3.000 Untersuchungen sowohl in Bezug auf Brustkrebs wie auch in Bezug auf Dickdarmkrebs, vom AKH in keiner Weise bewältigt werden.
Die Beschwerde bemängelt weiters, dass die Beweisergebnisse nicht ausreichend seien, um einen Bedarf an der vom geplanten Institut angebotenen gendiagnostischen Beratung zu verneinen, weil nur einer der vom Amtssachverständigen angeschriebenen Fachärzte reagiert und in seiner Antwort weitere freie Kapazitäten bejaht habe.
Ebensowenig könnten die beiden den Bedarf verneinenden Stellungnahmen, nämlich der Wiener Ärztekammer und der WGKK, eine ausreichende Basis für die getroffene Feststellung sein, zumal die Wiener Ärztekammer, nachdem ihr sämtliche Antragsunterlagen übermittelt worden seien, keine neuerliche Stellungnahme mehr abgegeben habe, und die (negative) Stellungnahme der WGKK wohl davon getragen sei, dass sie bei Bewilligung der Errichtung des Instituts in Zukunft finanzielle Nachteile (resultierend aus der Übernahme der Kosten für darin erbrachte medizinische Leistungen) tragen zu müssen befürchte.
6. Dieses Vorbringen zeigt keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheids führende Rechtswidrigkeit auf.
6.1. Die Auffassung der Beschwerde, bei der Bedarfsprüfung sei das Leistungsangebot des AKH außer Acht zu lassen, weil auf die in bestehenden Ambulanzen öffentlicher Krankenanstalten erbrachten Leistungen nicht Bedacht zu nehmen sei, ist unzutreffend:
Durch das Gesundheitsreformgesetz 2005, BGBl. I. Nr. 179/2004, wurde das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG, BGBl. Nr. 1/1957), dahin geändert, dass in § 3 Abs. 2 lit a nach der Wortfolge "eines selbstständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch" die Wortfolge "Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und" eingefügt wurde.
Diese Bestimmung lautete seither:
"§ 3 …
(2) Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt im Sinne des Abs. 1 darf nur erteilt werden, wenn insbesondere
a) nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot sowohl nach dem jeweiligen Landeskrankenanstaltenplan als auch im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei der Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbstständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Dentisten mit Kassenvertrag, ein Bedarf gegeben ist;"
Durch diese Gesetzesänderung wurde, so die Erläuterungen (RV, 693 BlgNR 22. GP, 4) klargestellt, dass bei der Bedarfsprüfung im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der Errichtungsbewilligung für eine Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums auch das Versorgungsangebot durch Ambulanzen zu berücksichtigen ist.
Gemäß dem 3. Titel dieses Gesetzes hat die Landesgesetzgebung die Ausführungsbestimmungen zum 1. Titel innerhalb von sechs Monaten zu erlassen und mit 1. Jänner 2005 in Kraft zu setzen.
Demgemäß wurde durch den Wiener Landesgesetzgeber die im Beschwerdefall maßgebende Bestimmung des § 4 Abs. 2 lit. a Wr KAG dahin geändert, dass - in Umsetzung der erwähnten Vorgabe des KAKuG - auch hier die Wortfolge "Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und" eingefügt wurde.
Diese Bestimmung galt insoweit unverändert auch bei Erlassung des angefochtenen Bescheids, sodass dem erwähnten Beschwerdevorbringen der gesetzliche Boden entzogen ist.
Die belangte Behörde hatte bei der von ihr vorzunehmenden Bedarfsprüfung entgegen der Auffassung der Beschwerde daher auch das Versorgungsangebot durch das AKH (dessen Ambulanzen) miteinzubeziehen.
6.2.1. Sie hat sich bei ihrer diesbezüglichen Beurteilung nicht mit der Einholung von Stellungnahmen der im Bewilligungsverfahren nach § 4 Abs. 2 Wr. KAG Parteistellung Genießenden begnügt, sondern sich primär auf das Gutachten des von ihr beigezogenen medizinischen Amtssachverständigen gestützt. Dieser hat, sowohl was die Beratung als auch die Untersuchung bezüglich der in Rede stehenden Krebserkrankungen anlangt, einen Bedarf am geplanten Ambulatorium verneint, weil dessen - geplantes - Leistungsangebot durch bestehende Einrichtungen abgedeckt werde, nämlich im Wesentlichen durch das AKH, aber auch (hinsichtlich humangenetischer Beratung) durch niedergelassene Ärzte für Allgemeinmedizin. Engpässe oder Wartezeiten bestünden, abgesehen von der technischen Analyse betreffend die hMLH1 und hMSH2 Gene, nicht.
6.2.2. Das Beschwerdevorbringen zeigt keine Unschlüssigkeit dieser Beurteilung auf: Der Umstand, dass die in Rede stehenden Leistungen derzeit im Wesentlichen nur durch das AKH erbracht werden, macht es nicht unzulässig, Angaben dieser Einrichtung in die Beweiswürdigung einzubeziehen. Die Beschwerde zeigt im Übrigen hinsichtlich der Beweiswürdigung der belangten Behörde, die die Ausführungen der Wiener Ärztekammer und der WGKK in ihre Beurteilung miteinbezogen hat, keine Unschlüssigkeit auf.
Auch die - nicht näher konkretisierte - Behauptung der Beschwerde, es "sollten" österreichweit jährlich je 1.500 bis 3.000 Untersuchungen betreffend Brust- und Dickdarmkrebs durchgeführt werden, zeigt nicht auf, dass die gegenteiligen, von einem geringeren Bedarf ausgehenden, auf das Gutachten des Sachverständigen gestützten Annahmen unrichtig wären.
Mit bestehenden Wartezeiten auf die Untersuchungsergebnisse betreffend die hMLH1 und hMSH2 Gene schließlich kann die Bewilligung der geplanten Einrichtung nicht gerechtfertigt werden, weil - so der Amtssachverständige von der Beschwerde unwidersprochen - die technische Analyse gerade kein Bestandteil des Leistungsspektrums des geplanten Instituts darstellt.
7. Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 26. Juni 2012
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