VwGH 2012/10/0180

VwGH2012/10/018022.4.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, die Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Dr. Rigler als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des J S in B, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. August 2012, Zl. N- 106248/27-2012-Has/Gre, betreffend naturschutzrechtlicher Wiederherstellungsauftrag, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG OÖ 2001 §5 Z15;
NatSchG OÖ 2001 §58 Abs1;
NatSchG OÖ 2001 §5 Z15;
NatSchG OÖ 2001 §58 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen trug mit Bescheid vom 28. Juli 2011, N10-135-2011, dem nunmehrigen Beschwerdeführer auf, bezüglich der auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG S. ohne naturschutzbehördliche Bewilligung durchgeführten geländegestaltenden Maßnahmen, weitere Ausführungen einzustellen, auf einer Fläche von ca. 7.000 m2 zurückzunehmen und den vorherigen Zustand als landwirtschaftlich bewirtschaftete Nutzfläche wieder herzustellen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde in ihrem Spruchpunkt I. A) der Berufung des nunmehrigen Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid teilweise Folge und schränkte den Wiederherstellungsauftrag erstens um die geländegestaltenden Maßnahmen auf dem Gelände der beiden westlich und südlich eines Gebäudes (Hofes) errichteten Terrassen, eines Gemüsegartens, der anschließenden Gartenfläche bis zur ersten Natursteinmauer östlich einer Teichanlage, eines Schönungsteiches und einer an das öffentliche Straßennetz angeschlossenen privaten Zufahrtsstraße ein, weil diese Maßnahmen unter Einhaltung von Auflagen mit Bescheid der erstinstanzlichen Behörde vom 10. Mai 2012, N 10-3-2012, bewilligt worden waren. Zweitens schränkte die belangte Behörde den Wiederherstellungsauftrag um geländeabtragende Maßnahmen ein, die nordöstlich des Hofes zwecks Errichtung von Garagenbauten durchgeführt worden waren, weil diese mit naturschutzrechtlichem Bescheid der erstinstanzlichen Behörde vom 22. Februar 2012, N 10-4-2012, bewilligt worden waren und sie räumlich von den anderen Maßnahmen durch den Hof getrennt seien. Drittens schränkte die belangte Behörde den Wiederherstellungsauftrag um die in Nähe des Schönungsteiches situierte Verrieselungsanlage bestehend aus einem Pflanzenbecken und aus über einem Kiesbeet angeordneten Metallrohren ein, weil diese als funktionaler Bestandteil des in erster Instanz bereits bewilligten Schönungsteiches anzusehen sei.

Mit Spruchpunkt I. B) des angefochtenen Bescheides bestätigte die belangte Behörde den Wiederherstellungsauftrag bezüglich der im südlichen und westlichen Teil des näher bezeichneten Grundstücks der KG S. getätigten Maßnahmen, die nicht unter die in Spruchteil I. A) stehenden bewilligten Maßnahmen fielen. Somit seien ein westlich der dem Hof vorgelagerten Terrasse gelegener Teich samt Steg und Badeinfrastruktur, das darunter liegende Mauerwerk inklusive Stufen, ein gepflasterter Weg um das Teichareal, ein Schotterweg sowie Mauerwerke für die Kompostanlagen abzutragen, das Gelände an das ursprüngliche Geländeprofil und anschließend an die angrenzenden Grundstücke anzugleichen, wobei autochthones Erdmaterial zu verwenden sei.

Mit Spruchpunkt II. gab die belangte Behörde der Berufung des nunmehrigen Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 10. Mai 2012, N 10-3-2012, Folge und behob ersatzlos den vorletzten Absatz des bekämpften Bescheides, mit welchem der Antrag auf Erteilung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung von geländegestaltenden Maßnahmen auf dem näher bezeichneten Grundstück in der KG S. als unbegründet abgewiesen worden war.

Der angefochtene Bescheid ist - soweit für den vorliegenden Beschwerdefall von Bedeutung - von der Auffassung getragen, dass § 58 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 die belangte Behörde u.a. dazu ermächtige, demjenigen, der ein bewilligungs- oder anzeigepflichtiges Vorhaben ohne Bewilligung oder sonst rechtswidrig ausführt, aufzutragen, binnen einer festzusetzenden Frist auf seine Kosten den vorigen Zustand wiederherzustellen. Gemäß § 5 Z 15 Oö. NSchG 2001 bedürften geländegestaltende Maßnahmen im Grünland auf einer Grundfläche von mehr als 2.000 m2 einer Bewilligung, wenn die Höhenlage um mehr als einen Meter geändert werde. Unter Berufung auf einen Durchführungserlass vom 13. Juni 1995 zum Oö. NSchG 1995 nahm die belangte Behörde die naturschutzbehördliche Bewilligungspflicht für eine geländegestaltende Maßnahme bereits dann an, wenn mindestens an einer Stelle auf einer Fläche von 2.000 m2 die Höhenlage um einen Meter verändert werde; des Weiteren berief sich die belangte Behörde dabei auf ihre eigene Spruchpraxis sowie auf einen Kommentar zum Oö NSchG 2001 (Amt der Oö Landesregierung, Naturschutzabteilung, (Hg), Schiffner, Das oberösterreichische Naturschutzrecht, Kommentar zu § 5).

Der Beschwerdeführer macht in seiner ihrem gesamten Inhalt nach nur gegen Spruchpunkt I. B) gerichteten Beschwerde inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass gemäß dem letzten Satz des § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren - soweit (wie für den vorliegenden "Altfall") durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Landesgesetzes über die Erhaltung und Pflege der Natur (Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 - Oö. NSchG 2001), LGBl. Nr. 129/2001 idF LGBl. Nr. 30/2010, lauten:

"§ 5

Bewilligungspflichtige Vorhaben im Grünland

Folgende Vorhaben bedürfen im Grünland (§ 3 Z 6) unbeschadet nach anderen Gesetzen erforderlicher behördlicher Genehmigungen - wenn nicht die §§ 9 oder 10 anzuwenden sind - zu ihrer Ausführung einer Bewilligung der Behörde:

...

15. die Durchführung von geländegestaltenden Maßnahmen (Abtragungen oder Aufschüttungen) auf einer Fläche von mehr als 2.000 m2, wenn die Höhenlage um mehr als 1 m geändert wird;

...

§ 58

Besondere administrative Verfügungen

(1) Wurden bewilligungs- oder anzeigepflichtige Vorhaben ohne Bewilligung oder sonst rechtswidrig ausgeführt oder wurden in Bescheiden verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten, kann die Behörde unabhängig von einer Bestrafung nach § 56 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wieder herzustellen bzw. den bescheidmäßigen oder angezeigten projektmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

..."

Der Beschwerdeführer erachtet den angefochtenen Bescheid zunächst deshalb als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weil die belangte Behörde bereits dann den Tatbestand des § 5 Z 15 Oö. NSchG 2001 als erfüllt ansehe, wenn geländegestaltende Maßnahmen in Form von Abtragungen oder Aufschüttungen im Grünland auf einer Fläche von insgesamt mehr als 2.000 m2 vorgenommen würden und die Höhenlage an nur einer Stelle um mehr als einen Meter verändert werde. Ein solcher Inhalt könne der Gesetzesbestimmung aber nicht unterstellt werden, zumal einerseits ihr Wortlaut dies nicht anordne, andererseits die Gesetzgebung durch eine Novelle des § 5 Z 15 Oö. NSchG 2001, mit welcher die Wortfolge "mindestens an einer Stelle" in den Gesetzestext eingefügt worden sei, zu erkennen gegeben habe, dass die im vorliegenden Fall anzuwendende (alte) Rechtslage diesen Inhalt gerade nicht vorsehe. In dieser Lesart der zitierten Gesetzesbestimmung sieht sich der Beschwerdeführer auch dadurch gestärkt, dass in den Erläuternden Bemerkungen zur genannten Gesetzesvorlage auch auf Zweifel in der Vollzugspraxis hingewiesen worden sei, woraus er schließe, dass nicht einmal die Gesetzgebung § 5 Z 15 Oö. NSchG 2001 (a.F.) in der von der belangten Behörde vertretenen Weise verstehe. Darüber hinaus stellten (Durchführungs‑)Erlässe keine maßgebliche Rechtsquelle dar. Der Beschwerdeführer sieht sich in seiner Auffassung auch durch das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2005, Zl. 2002/10/0242, welches zu einer vergleichbaren Bestimmung des § 7 Abs. 1 Z 4 NÖ NSchG 2000 ergangen sei, bestärkt.

Hiezu ist festzuhalten, dass der vorliegende Beschwerdefall in allen wesentlichen Umständen hinsichtlich des Sachverhaltes und den maßgeblichen Rechtsfragen jenem gleicht, über den mit Erkenntnis vom 18. März 2015, Zl. 2013/10/0141, zu entscheiden war. Insoweit gelingt es dem Beschwerdeführer aus den in dem Erkenntnis ergangenen Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann, nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Des Weiteren bringt der Beschwerdeführer vor, dass es sich bei den von der administrativen Verfügung erfassten Anlageteilen "Teich samt Steg und Badeinfrastruktur, das darunterliegende Mauerwerk inclusive der Stiegen, der gepflasterte Weg um das Teichareal, der Schotterweg und die Mauerwerke für die Kompostanlagen" nicht um nach dem Oö. NSchG 2001 bewilligungs- oder anzeigepflichtige Anlagen handle. Diese Maßnahmen könnten nicht als geländegestaltende Maßnahmen im Sinne des § 5 Z 15 Oö. NSchG 2001 angesehen werden, weil der Bewilligungstatbestand lediglich Erdaushub, nicht aber bauliche Vorrichtungen anspreche.

Dazu ist festzuhalten, dass die genannten baulichen Anlagen sich - im gesamten Verfahren unbestritten - auf dem durch Abgrabungen und Aufschüttungen veränderten Gelände befinden. Aufgrund des im Tatsächlichen vorhandenen untrennbaren Zusammenhanges zwischen dem naturschutzbehördlichen Auftrag zur Wiederherstellung des veränderten Geländes und den genannten baulichen Anlagen kann der belangten Behörde darin nicht entgegen getreten werden, wenn sie mit dem Spruchpunkt I. B) des angefochtenen Bescheides den Beschwerdeführer nicht nur auftrug, das Gelände an das ursprüngliche Geländeprofil anzugleichen, sondern auch die genannten baulichen Anlagen abzutragen. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer an keiner Stelle darlegt, dass sich einzelne oder alle Bauteile nicht auf dem vom Wiederherstellungsauftrag umfassten Gelände befänden, bzw. dass Bauteile selbst dann bestehen bleiben könnten, wenn ein Rückbau des Geländes erfolge.

Ferner bringt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vor, dass die belangte Behörde bei der Subsumption der beiden verfahrensgegenständlichen Kompostlagerstätten unter § 5 Z 15 Oö. NSchG 2001 übersehen habe, dass es sich dabei um einen bloßen Auffangtatbestand handle, der lediglich zum Tragen käme, wenn ein Vorhaben durch die übrigen Bewilligungstatbestände nicht erfasst werde. Die Kompostieranlagen unterlägen aber keiner Bewilligungspflicht, zumal sie auch nicht unter § 5 Z 10 Oö. NSchG 2001, nach Auffassung des Beschwerdeführers eine lex specialis zu § 5 Z 15 Oö. NSchG 2001 fielen.

Hiezu ist darauf zu verweisen, dass der naturschutzbehördliche Auftrag zur Abtragung des Kompostieranlagen durch Spruchpunkt I. B) des angefochtenen Bescheides aufgrund des bereits dargestellten untrennbaren Zusammenhanges mit dem Auftrag zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes bezüglich der geländegestaltenden Maßnahmen erging und der Beschwerdeführer an keiner Stelle darlegt, dass sich die Kompostanlagen nicht auf dem vom Wiederherstellungsauftrag umfassten Gelände befänden, bzw. dass sie auch dann bestehen bleiben könnten, wenn ein Rückbau des Geländes erfolgt. In dieser Konstellation kann die Beantwortung der Frage dahingestellt bleiben, ob die Kompostieranlagen als solche nach dem Oö. NSchG 2001 konsenspflichtig wären oder nicht.

Darüber hinaus macht der Beschwerdeführer geltend, dass die belangte Behörde den Leistungsauftrag mit der Vorgabe einer Angleichung an das "ursprüngliche Geländeprofil und (...), die angrenzenden Grundstücke unkonkret gefasst habe und damit dem Bestimmtheitsgebot des § 59 Abs. 1 AVG nicht entsprochen habe.

Auch damit vermag die Beschwerde keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufzeigen, zumal sich der Wiederherstellungsauftrag auf Grund der im Zuge des Verwaltungsverfahrens von der Abteilung "Geoinformation und Liegenschaft" der belangten Behörde erhobenen und dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegten Vermessungsdaten auch für den Beschwerdeführer als bestimmbar erweist.

Schließlich moniert der Beschwerdeführer, dass der angefochtene Bescheid zwar den erstinstanzlichen Wiederherstellungsauftrag (zumindest teilweise) bestätigt habe, es dabei allerdings unterlassen habe, eine neue und auch tatsächlich umsetzbare Leistungsfrist festzulegen.

Zu diesem Beschwerdevorbringen ist darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof der gegenständlichen Beschwerde mit Beschluss vom 22. November 2012, Zl. AW 2012/10/0056, aufschiebende Wirkung zuerkannt hat und der Vollzug des Wiederherstellungsauftrages bereits dadurch aufgeschoben wurde. Es ist im vorliegenden Fall daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist, zumal sich die Situation des Beschwerdeführers nicht anders darstellt, als wenn ihm eine längere Wiederherstellungsfrist durch den angefochtenen Bescheid eingeräumt worden wäre.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. I Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 22. April 2015

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