VwGH 2012/07/0222

VwGH2012/07/022223.4.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde 1. der P GmbH und 2. des P F, beide in W, beide vertreten durch Dr. Peter Fichtenbauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rathausplatz 8/4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 6. August 2012, Zl. RU4-B-244/004-2012, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist i.A. einer Kostenvorschreibung nach dem AWG 2002, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs1;
AVG §71 Abs2;
AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs1;
AVG §71 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg (im Folgenden: BH) vom 10. August 2011 wurden die beschwerdeführenden Parteien verpflichtet, EUR 167.895,10 an Kosten für die von der Behörde gemäß § 73 Abs. 2 AWG 2002 angeordneten Maßnahmen nach einem bestimmten Brandereignis zu bezahlen.

Dieser Bescheid wurde den beschwerdeführenden Parteien am 17. August 2011 zugestellt.

Am 1. September 2011 (und somit nach Ablauf der 14-tägigen Berufungsfrist) um 8.21 Uhr langte bei der BH per E-Mail eine Berufung der beschwerdeführenden Parteien gegen den angeführten Bescheid ein.

2. Nachdem die belangte Behörde mit Schreiben vom 23. November 2011, zugestellt am 24. November 2011, zu der augenscheinlichen Verspätung der Berufung Parteiengehör eingeräumt hatte, stellten die beschwerdeführenden Parteien mit Schriftsatz vom 29. November 2011 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist unter gleichzeitiger Nachholung der Berufung.

Darin brachten die beschwerdeführenden Parteien im Wesentlichen vor, am Nachmittag des 31. August 2011 (somit am letzten Tag der Berufungsfrist) habe der Beschwerdeführervertreter die Berufung diktiert und die langjährig in der Kanzlei beschäftigte und sehr versierte Sekretärin I.R. ersucht, den diktierten Text sofort zu schreiben und zur Korrektur vorzulegen. Nach Kontrolle und Unterfertigung des übertragenen Textes habe sich der Beschwerdeführervertreter mit dem ausgedruckten Berufungstext direkt in das Zimmer der Sekretärin begeben und dieser, welche vor dem PC gesessen sei, die notwendigen Ausbesserungen angeordnet.

Nach Durchführung der Korrekturen habe der Beschwerdeführervertreter den Text nochmals auf dem Bildschirm kontrolliert und die Sekretärin ersucht, die Berufung per E-Mail an die BH zu senden. Er habe dabei die richtige Eingabe der E-Mail-Adresse überprüft, indem er neben der Sekretärin gestanden sei und sie auch überwacht habe. Im Anschluss an die Fertigstellung der Berufung habe die Sekretärin das E-Mail-Programm "Microsoft Outlook" geöffnet, ein E-Mail angelegt und diesem die Berufung als "Anlage" beigefügt. Daraufhin habe der Beschwerdeführervertreter Frau R. beauftragt, das E-Mail abzusenden; diese habe das Feld "Senden" angeklickt und - weil für sie die Arbeit damit beendet gewesen sei - das "Outlook"-Programm ausgeschaltet. Der Beschwerdeführervertreter habe I.R. noch gefragt, ob die Berufung per E-Mail abgesendet worden sei, was diese mit einem eindeutigen "Ja" beantwortet habe.

Am nächsten Tag, den 1. September 2011, sei I.R. um 8.00 Uhr in die Kanzlei gekommen, habe um 8.21 Uhr das Programm "Microsoft Outlook" geöffnet und in der Folge die eingelangten E-Mails ausgedruckt.

Nach Einlangen der Aufforderung der belangten Behörde am 24. November 2011 habe der Beschwerdeführervertreter erstmals erfahren, dass die Berufung nicht - wie von ihm angeordnet und wie von I.R. bestätigt - am 31. August 2011 "weggemailt" worden sei, sondern erst am 1. September 2011 um 8.21 Uhr. Auch I.R. sei davon sehr überrascht gewesen, weil sie sich sehr genau an die "Eingabe der gegenständlichen Berufung" am 31. August 2011 erinnern könne und genau wisse, dass sie die Berufung am 31. August 2011 durch Anklicken der Sendetaste auf ihrem PC "weggemailt" habe.

Eine Rückfrage beim EDV-Techniker der Kanzlei des Beschwerdeführervertreters, R.E., habe ergeben, dass E-Mails, die über das E-Mail-Programm "Microsoft Outlook" versendet würden, zuerst vom PC kopiert und dann auf den kanzleiinternen Server gesendet würden. Der kanzleiinterne Server führe in der Folge nach Empfang des E-Mails dessen Weiterleitung an den Adressaten (hier an die Behörde) durch.

Wenn nun der PC-Benutzer das Programm "Microsoft Outlook" schließe, bevor das E-Mail vom Server an den Adressaten weitergeleitet worden sei, so verbleibe das E-Mail im Server. Die tatsächliche Durchführung der Weiterleitung erfolge erst, wenn das Programm "Microsoft Outlook" wieder eingeschaltet werde.

Da es sich bei dem gegenständlichen E-Mail um das letzte E-Mail des 31. August 2011 gehandelt habe, sei es dazu gekommen, dass das E-Mail durch das Ausschalten des E-Mail-Programms "Microsoft Outlook" im Server verblieben sei und von diesem automatisch am nächsten Tag, kurz nach Einschalten des Programms, an die Behörde weitergeleitet worden sei. Dieser Vorgang werde auf dem Bildschirm nicht angezeigt. I.R. habe somit am 1. September 2011, nach Öffnung des Programms "Microsoft Outlook", nicht erkennen können, dass das E-Mail erst am 1. September 2011 vom Server tatsächlich weitergeleitet worden sei.

Diese Umstände seien bis zu der Information durch den EDV-Techniker weder I.R. noch dem Beschwerdeführervertreter bekannt gewesen. Der geschilderte Vorgang stelle für den Beschwerdeführervertreter ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, welches verhindert habe, dass die Berufungsfrist eingehalten werden habe können. An diesem unvorhersehbaren und unabwendbaren Ereignis treffe den Beschwerdeführervertreter kein Verschulden bzw. nur ein minderer Grad des Versehens.

I.R. sei seit Juli 2003 als Rechtsanwaltssekretärin beschäftigt. Sie sei in allen Kanzleiangelegenheiten eingeschult und verfasse seit Beginn ihrer Tätigkeit die von den Rechtsanwälten diktierten Schriftsätze, kümmere sich auch um die Postabfertigung und um die Weiterleitung der Schriftsätze an die Gerichte und an die Behörden. Sie beherrsche den Web-ERV in Bezug auf Gerichtseingaben, das Absenden von E-Mails sowie das Versenden von Schriftstücken per Post und per Fax. Sie sei besonders zuverlässig, ein Fehler im Zusammenhang mit der Versäumung von Fristen sei ihr noch nie unterlaufen.

Das verlässliche Absenden von E-Mails gehöre zur täglichen Arbeit von I.R. Der Beschwerdeführervertreter habe davon ausgehen können, dass sein Auftrag, das E-Mail mit der gegenständlichen Berufung an die Behörde zu senden, auch ordnungsgemäß von I.R. durchgeführt werde. Der Beschwerdeführervertreter sei seinen Kontrollpflichten nachgekommen, indem er persönlich gemeinsam mit der Sekretärin die Korrektur der Berufung am PC durchgeführt und auch noch persönlich überwacht habe, dass der Berufungsschriftsatz als Anlage zum E-Mail angefügt werde.

Rechtlich führten die beschwerdeführenden Parteien unter anderem aus, das ein Rechtsanwalt - so wie er das Kuvertieren oder die Postaufgabe von Poststücken grundsätzlich zur alleinigen Erledigung der Kanzlei überlassen könne - sich auch darauf verlassen dürfe, dass ein E-Mail tatsächlich abgesendet werde. Auch bei noch so guter Kontrolle hätte der Beschwerdeführervertreter nicht verhindern können, dass das E-Mail durch Abschalten des E-Mail-Programms im E-Mail-Server der Kanzlei hängen bleibe. Erst nach der entsprechenden Information durch den EDV-Techniker sei es jetzt möglich, "auch hier entsprechende Kontrollsysteme einzuführen".

Dazu legten die beschwerdeführenden Parteien eine entsprechende eidesstättige Erklärung der I.R. vor.

3. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2011 wies die BH diesen Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet ab.

Den dagegen gerichteten Berufungen der beschwerdeführenden Parteien gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. August 2012 gemäß §§ 66, 71f AVG keine Folge.

Zur Begründung führte die belangte Behörde - nach Beiziehung eines EDV-technischen Amtsachverständigen, der sich unter anderem mit einem von den beschwerdeführenden Parteien vorgelegten EDVtechnischen Privatgutachten befasste - im Wesentlichen aus, die gegenständliche Berufungsschrift sei am 31. August 2011 um

16.21 Uhr als PDF-Dokument erzeugt worden. Das E-Mail mit der Berufung sei allerdings erst am 1. September 2011, 8.21 Uhr, vom Computer (der I.R.) an den Kanzleiserver versendet und bei der BH eingebracht worden.

Weshalb die Berufung mittels elektronischer Nachricht nicht fristgerecht am 31. August 2011 abgesandt worden sei, könne nicht geklärt werden. Von einem "Hängenbleiben" einer E-Mail nach Verschließen des Programms "Microsoft Outlook" - wie im Wiedereinsetzungsantrag vorgebracht - könne nach dem Gutachten des EDV-technischen Amtsachverständigen nicht ausgegangen werden. Insofern erachtete die belangte Behörde die entgegenstehende Erklärung von I.R. als "zweifelhaft".

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG im Wesentlichen aus, ein beruflicher rechtskundiger Parteienvertreter habe seine Kanzlei so zu organisieren, dass die erforderliche und fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen sichergestellt und nach menschlichem Ermessen die Versäumung von Fristen ausgeschlossen sei. Dabei sei durch richtigen Einsatz entsprechend qualifizierter Mitarbeiter und durch hinreichende, wirksame Kontrolle dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten in Folge menschlichen Versagens - soweit möglich - ausgeschaltet würden.

Da die Übermittlung einer Eingabe in einer modernen technischen Kommunikationsform (Telefax, elektronische Form) fehleranfällig sei, treffe den Absender eine besondere Verpflichtung zur Kontrolle der technischen Zusendung. Er habe sich - etwa durch Prüfung des Sendeberichtes, des Ordners der versendeten Nachrichten etc. - zu vergewissern, ob die Eingabe tatsächlich und richtig abgesendet worden und ob sie auch wirklich bei der Behörde eingelangt sei. Durch den Ausdruck der Sendebestätigung als abschließenden Arbeitsschritt bzw. die Verpflichtung zur Kontrolle und Archivierung dieser Bestätigung könne sichergestellt werden, dass eine Sekretärin sich davon vergewissere, dass das E-Mail tatsächlich von ihrem Computer an den Server weitergeleitet werde.

An die Stelle der Kontrolle des Sendeberichtes (einer Faxsendung) habe die Kontrolle des eben versendeten E-Mails in dem dafür vorgesehenen Ordner der versendeten Nachrichten unmittelbar nach erfolgter Absendung zu treten, um gegebenenfalls noch in der Frist reagieren zu können. Das Unterbleiben einer solchen Kontrolle stelle jedenfalls ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden dar.

Im vorliegenden Fall liege daher eine Mangelhaftigkeit des bestehenden Kontrollsystems und darin ein als auffallende Sorglosigkeit zu wertendes Organisationsverschulden des rechtskundigen Parteienvertreters vor (Hinweis u.a. auf das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2005/09/0015 = VwSlg. 16.834A). Da der Beschwerdeführervertreter in seinem Kanzleibetrieb kein Kontrollsystem eingerichtet habe, welches vorsehe, dass der Versand von E-Mails durch die Überprüfung der Sendebestätigung unverzüglich zu kontrollieren sei, sei die entsprechende Fehlleistung der Sekretärin dem Rechtsanwalt und damit auch den von ihm vertretenen beschwerdeführenden Parteien zuzurechnen.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG auf den vorliegenden am 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter zu anzuwenden sind.

2. Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Gemäß § 71 Abs. 2 (erster Fall) AVG muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt werden.

3. Die vorliegende Beschwerde wendet sich primär gegen die von der belangten Behörde zugrunde gelegten Tatsachenannahmen und macht geltend, die belangte Behörde habe infolge von Verfahrensmängeln (Unterlassung der Vernehmung der maßgeblichen Personen sowie der Durchführung eines Ortsaugenscheins) den Sachverhalt nicht abschließend und ausreichend geklärt.

4. Mit diesem Vorbringen wird allerdings keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit dargetan.

4.1. Bereits im Wiedereinsetzungsantrag ist konkret jenes unvorhersehbare oder unabwendbare Ereignis im Sinn des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG zu beschreiben, das den Wiedereinsetzungswerber an der Einhaltung der Frist gehindert hat. Infolge der Befristung des Antrags gemäß § 71 Abs. 2 AVG kommt ein "Nachschießen" von Wiedereinsetzungsgründen bzw. ihre Auswechslung durch den Wiedereinsetzungswerber nach Ablauf der gesetzlichen Frist nicht (mehr) in Betracht, weil dies der Stellung eines neuerlichen, aber anders begründeten Antrags auf Wiedereinsetzung gleichkäme, der außerhalb der Wiedereinsetzungsfrist erfolgt. Auf nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist geltend gemachte Wiedereinsetzungsgründe und neue, den Wiedereinsetzungsgrund untermauernde Argumente ist daher nicht einzugehen (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 115, 117).

Aus diesen Gründen kommt es vorliegend auf die von den beschwerdeführenden Parteien nach Stellung des gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrags - auf der Grundlage des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes - ins Treffen geführten weiteren Wiedereinsetzungsgründe (wie etwa eine Fehlinformation durch die Sekretärin, ein dieser unterlaufener Irrtum oder eine falsche Auskunft durch den EDV-Techniker der Rechtsanwaltskanzlei) jedenfalls nicht an.

4.2. Davon ausgehend scheitert der gegenständliche Wiedereinsetzungsantrag auf der Grundlage des Vorbringens im Antrag vom 29. November 2011 selbst:

Wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, hat ein beruflicher rechtskundiger Parteienvertreter seine Kanzlei so zu organisieren, dass die erforderliche und fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen sichergestellt und nach menschlichem Ermessen die Versäumung von Fristen ausgeschlossen ist. Dabei ist durch richtigen Einsatz entsprechend qualifizierter Mitarbeiter und durch hinreichende wirksame Kontrollen dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten in Folge menschlichen Versagens so weit wie möglich ausgeschaltet werden

(vgl. Hengstschläger/Leeb a.a.O. Rz 62, mwN). In Kanzleien, in denen sich die Mitarbeiter eines EDV-Systems bedienen, sind speziell darauf abgestellte Kontrollsysteme einzurichten, die Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach ausschließen, weil auch in diesem Bereich Fehler infolge einer falschen Bedienung des Systems durch Kanzleiangestellte vorkommen können (vgl. Hengstschläger/Leeb a.a.O. Rz 65, mwN).

Der Verwaltungsgerichthof hat - worauf die belangte Behörde ebenfalls zutreffend hinweist - bereits ausgesprochen, dass im Fall der Übersendung einer Eingabe per E-Mail kein bloß minderer Grad des Versehens im Sinn des § 71 Abs. 1 AVG anzunehmen ist, wenn die Überprüfung der fehlerfreien Übermittlung des E-Mails nicht durch Kontrolle in dem dafür vorgesehenen Ordner der versendeten Nachrichten unmittelbar nach erfolgter Absendung erfolgt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2005/09/0015 = VwSlg. 16.834A, weiters den hg. Beschluss vom 15. Dezember 2009, Zlen. 2009/05/0257, 0258).

Die beschwerdeführenden Parteien bestreiten - angesichts des von ihnen verwendeten E-Mail-Programmes naheliegenderweise - nicht, dass eine derartige Überprüfung der fehlerfreien Übermittlung des E-Mails samt Anhang am 31. August 2011 durch Nachschau im Ordner der versendeten Nachrichten möglich gewesen wäre. Dem Wiedereinsetzungsantrag vom 29. November 2011 ist nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführervertreter seine Kanzlei in der Weise organisiert hätte, dass er seine Sekretärin angehalten hätte, regelmäßig die erfolgreiche Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per E-Mail auf die geschilderte Weise zu überprüfen; folgerichtig legt der Wiedereinsetzungsantrag auch kein darauf abstellendes Kontrollsystem dar.

Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang hinsichtlich der Überwachungspflichten eines Rechtsvertreters gegenüber einer Sekretärin danach unterscheiden will, ob es sich dabei um eine "Anfängerin" oder um eine langjährige, mit dem Computersystem vertraute, verlässliche Mitarbeiterin handle, entspricht dies nicht der dargestellten hg. Rechtsprechung.

4.3. Nach dem Gesagten kam die Bewilligung der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - selbst unter Zugrundelegung des im Antrag behaupteten unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignisses - mangels Vorliegen eines bloß minderen Grades des Versehens gemäß § 71 Abs. 1 AVG nicht in Betracht, weshalb die belangte Behörde den Berufungen gegen den abweisenden Bescheid der BH zu Recht gemäß §§ 66, 71f AVG keine Folge gegeben hat.

In diesem Zusammenhang kann keine Rede davon sein, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides - wie die Beschwerde behauptet - nicht ausreichend bestimmt sei.

5. Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG iVm § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 23. April 2015

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