VwGH 2009/05/0257

VwGH2009/05/025715.12.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, in den Beschwerdesachen der Dr. R M in Rom, Italien, vertreten durch Dr. Martin Alt, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 6-8, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 18. Februar 2009, Zl. BOB - 129 bis 131/08, sowie Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §63 Abs5;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46;
ZustG §9 Abs1;
AVG §63 Abs5;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46;
ZustG §9 Abs1;

 

Spruch:

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

I.

Mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 18. Februar 2009 wurde das Ansuchen der Wiedereinsetzungswerberin (Beschwerdeführerin) vom 2. Oktober 2007 auf Erteilung einer Baubewilligung für näher bezeichneter Abweichungen von einem bewilligten Bauvorhaben abgewiesen.

In ihrem am 20. August 2009 beim Verwaltungsgerichtshof überreichten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bringt die Beschwerdeführerin vor, dass dieser Bescheid ihrem Zustellungsbevollmächtigten am 8. April 2009 zugestellt worden sei. Dieser habe den Bescheid "sodann eingescannt" und am 9. April 2009 per e-mail an die e-mail-Adresse der Beschwerdeführerin abgeschickt. Die Beschwerdeführerin habe dieses e-mail mit dem erwähnten Bescheid nicht erhalten. Am 6. August 2009 sei sie bei ihrem Zustellbevollmächtigten zu einer Besprechung erschienen. Erst zu diesem Zeitpunkt habe sie erstmals von der Entscheidung der Bauoberbehörde für Wien Kenntnis erlangt. Sie sei "dadurch durch ein unabwendbares Ereignis von der fristgerechten Einbringung einer Bescheidbeschwerde an den VwGH gehindert" gewesen.

Die gegenständliche e-mail-Adresse werde von der Beschwerdeführerin regelmäßig, fast täglich, abgefragt und auf neue Nachrichten hin überprüft. Bisher seien - soweit bekannt und nachvollziehbar - sämtliche an die Beschwerdeführerin abgeschickten e-mails ihr auch zugegangen. Das gegenständliche email sei bei der Beschwerdeführerin jedoch nicht eingelangt und ihr auch nicht bekannt gewesen.

An der Versäumung der Beschwerdefrist treffe die Beschwerdeführerin kein Verschulden. Ein allenfalls bestehender minderer Grad des Versehens hindere die beantragte Wiedereinsetzung nicht. Für die Beschwerdeführerin habe keine Veranlassung zur Annahme bestanden, dass in der betreffenden Bauangelegenheit die Bauoberbehörde befasst würde. Die Baubehörde erster Instanz habe nämlich die beantragte Bewilligung mit Bescheid vom 8. Februar 2008 erteilt; die Einwendungen der Anrainer seien als unzulässig zurückgewiesen worden. Die Beschwerdeführerin sei davon ausgegangen, dass gegen diese Baubewilligung kein Rechtsmittel mehr ergriffen werden könne. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführerin am 11. März 2008 von der zuständigen Mitarbeiterin der Baubehörde erster Instanz mitgeteilt worden, "dass die Rechtskraft des Bescheides der MA 37 vom 08.02.2008 daran scheitere, dass der Akt aus Italien retourniert worden sei. Sofern die BF (Beschwerdeführerin) einen Rechtsmittelverzicht abgebe, könne sie sofort zu bauen beginnen". Auch auf Grund dieses Schriftverkehrs habe die Beschwerdeführerin davon ausgehen müssen, dass das Vorbringen der Anrainer als unzulässig zurückzuweisen sei und keine Möglichkeit mehr für die Einbringung einer Berufung bestehe.

Die Beschwerdeführerin sei daher durch ein unabwendbares bzw. unvorhergesehenes Ereignis an der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 18. Februar 2009 gehindert gewesen.

Mit ihrem Schriftsatz auf Erteilung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhebt die Beschwerdeführerin gleichzeitig Beschwerde gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 18. Februar 2009, Zl. BOB - 129 bis 131/08.

II.

a) Gemäß § 46 VwGG ist auf Antrag der Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach dem Antragsvorbringen hat die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren einen Zustellungsbevollmächtigten benannt. Der Bescheid der Bauoberbehörde vom 18. Februar 2009 wurde der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Zustellungsbevollmächtigten zugestellt.

Gemäß § 9 Abs. 1 Zustellgesetz können die Parteien und Beteiligten - von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

Der hier maßgebliche Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 18. Februar 2009 ist daher mit der Zustellung an den Zustellungsbevollmächtigten (nach den Behauptungen der Beschwerdeführerin am 8. April 2009) wirksam geworden (vgl. die hg. Entscheidung vom 26. Mai 2004, Zl. 2001/14/0184). Die sechswöchige Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichts hat mit dieser Zustellung zu laufen begonnen (§ 26 Abs. 1 Z. 1 B-VG).

Die Versäumung dieser Beschwerdefrist ist Grund für den gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag.

Die Beschwerdeführerin lässt im Rahmen ihres Vorbringens zum Wiedereinsetzungsantrag unberücksichtigt, dass sie ein allfälliges Verschulden ihres Vertreters gegen sich gelten lassen muss (siehe hiezu den Beschluss eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Jänner 1977, Slg. Nr. 9.226/A, und die daran anschließende ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Dies gilt auch für ein Verschulden ihres Zustellungsbevollmächtigten (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/06/0090).

Der Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdeführerin enthält kein Vorbringen, ob und welche Maßnahmen ihr Zustellungsbevollmächtigter - mit Ausnahme der festgestellten email-Nachricht - gesetzt hat, die gewährleisten hätten sollen, dass die Beschwerdeführerin von der Existenz des in Beschwerde gezogenen Bescheides der Bauoberbehörde für Wien rechtzeitig Kenntnis erlangt, um fristgerecht Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben zu können. Allein die Mitteilung der Bescheiderlassung durch Versendung eines e-mails ohne weitere Überprüfung der erfolgreichen Übermittlung erweist sich nämlich als ein Verhalten, das nicht mehr als bloß minderer Grad des Versehens zu beurteilen ist, weil es - wie aus den Behauptungen der Beschwerdeführerin selbst hervorgeht - beim Absenden von emails zu Fehlern kommen kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2005/09/0015).

Auf Grund dieser Erwägungen war der Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdeführerin abzuweisen.

b) Die Beschwerdefrist begann am 8. April 2009 zu laufen. Die am 20. August 2009 überreichte Beschwerde erweist sich daher als verspätet , weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.

Wien, am 15. Dezember 2009

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