Normen
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs6;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, ist seit Beginn des Jahres 2005 im Bundesgebiet aufhältig. Auf Grund der österreichischen Staatsbürgerschaft seiner Mutter wurde ihm eine Niederlassungsbewilligung erteilt, die in weiterer Folge bis zum 19. Jänner 2007 verlängert wurde.
Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 22. August 2006 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verbrechen nach § 28 Abs. 2 zweiter, dritter und vierter Fall des Suchtmittelgesetzes (SMG), des versuchten Verbrechens nach § 15 Abs. 1 StGB, § 28 Abs. 2 vierter Fall SMG, der Vergehen nach § 27 Abs. 1 vierter, fünfter und sechster Fall SMG sowie des versuchten Vergehens nach § 15 Abs. 1 StGB, § 27 Abs. 1 sechster Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten rechtskräftig verurteilt, wobei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 14 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer im Februar 2006 Suchtmittel in einer großen Menge zum einen - im Ausmaß von 500 g Heroin - von Serbien über Ungarn ausgeführt und nach Österreich eingeführt und zum anderen - im Ausmaß von 200 g Heroin - durch Übergabe an einen unbekannt gebliebenen Abnehmer in Verkehr gesetzt hatte. Weiters hatte der Beschwerdeführer gemeinsam mit mehreren Mittäterinnen am 31. Mai 2006 versucht, Suchtgift in einer großen Menge - nämlich 300 g Heroin - durch Verkauf an einen verdeckten Ermittler des BKA in Verkehr zu setzen. Das Gericht wertete den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, das umfassende Geständnis sowie den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben war, als strafmildernd. Als erschwerend wurde das Zusammentreffen von mehreren Verbrechen und mehreren Vergehen gewertet.
Im Hinblick auf diese Verurteilung und das zugrundeliegende strafbare Verhalten erließ die belangte Behörde mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 22. Jänner 2008 gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot gemäß § 60 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG).
Die belangte Behörde erachtete die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 1 und 2 Z 1 FPG angesichts der vorliegenden Verurteilung, der eine "Vielzahl von Straftaten" zugrunde liege, als gegeben. Sie verwies darauf, dass es sich bei der Suchtgiftkriminalität um eine besonders gefährliche Kriminalitätsform handle, die in hohem Maß sozialschädlich sei. Im Hinblick auf die dabei evident hohe Wiederholungsgefahr sei eine negative Zukunftsprognose zu erstellen.
In Ansehung des § 66 FPG stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer sei seit Beginn des Jahres 2005 im Bundesgebiet aufhältig, davor habe er ca. 20 Jahre seines Lebens in Serbien verbracht. Weiters hielten sich seine Schwester und seine Eltern in Österreich auf, wobei seine Mutter die österreichische Staatsbürgerschaft besitze. Der Beschwerdeführer habe seit einigen Monaten eine österreichische Lebensgefährtin. Er habe während seines Aufenthaltes in Österreich ca. sieben Monate als Reinigungskraft gearbeitet. Auf Grund dieser persönlichen Umstände ging die belangte Behörde davon aus, dass durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen werde. Allerdings würde das öffentliche Interesse an seiner "Entfernung" aus dem Bundesgebiet sowie am Schutz der in Österreich lebenden Bevölkerung vor weiteren Suchtmitteldelikten das private Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich bei weitem überwiegen.
Auf Grund der negativen Zukunftsprognose - so die belangte Behörde weiter - sei die Verhängung eines auf zehn Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes jedenfalls gerechtfertigt, zumal eine Änderung der inneren Einstellung des Beschwerdeführers zu den "öffentlich anerkannten Werten" derzeit nicht absehbar sei. "Unzulässigkeitsgründe" im Sinn des § 61 FPG seien nicht festgestellt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei um die im Jänner 2008 geltende Fassung.
Nach § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 FPG hat als bestimmte, eine Gefährdungsannahme im Sinn des Abs. 1 rechtfertigende Tatsache zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.
Auf der Grundlage der dargestellten Verurteilung ist die - in der Beschwerde auch nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG sei erfüllt, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Der Beschwerdeführer verweist allerdings auf seine bloß einmalige Delinquenz, auf seine bis dahin vorliegende Unbescholtenheit und auf sein Wohlverhalten seit der Haftentlassung. Auch sei er nur zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Daraus ergebe sich nach Ansicht des Beschwerdeführers, dass er keine Gefahr für die Öffentlichkeit darstelle und das Aufenthaltsverbot nicht gerechtfertigt sei. Dem ist Folgendes zu entgegnen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstelle, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben sei und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse bestehe (vgl. das Erkenntnis vom 20. Dezember 2007, Zl. 2007/21/0474). Zwar konnte im vorliegenden Fall (anders als in der - dem zitierten Erkenntnis zugrundeliegenden - Konstellation) eine gewerbsmäßige Begehungsweise im Zuge der strafgerichtlichen Verurteilung nicht festgestellt werden. Es ist aber zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer Heroin in einem die Grenzmenge gemäß § 28 Abs. 6 SMG erheblich (um das Neunfache) übersteigenden Ausmaß eingeführt und in Verkehr gesetzt bzw. dies versucht hat. Angesichts dessen ist die Annahme der belangten Behörde gemäß § 60 Abs. 1 FPG, der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gefährde sowohl die öffentliche Ordnung und Sicherheit als auch andere im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen (etwa den Schutz der Gesundheit Dritter) massiv, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Demgegenüber findet das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei wegen eines einmaligen Verbrechens verurteilt worden bzw. die belangte Behörde sei zu Unrecht von einer Vielzahl von Straftaten ausgegangen, im dargestellten Urteil keine Deckung. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er sei lediglich zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden, ist darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde das Fehlverhalten des Fremden eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts und unabhängig von den gerichtlichen Erwägungen zu beurteilen hat (vgl. das Erkenntnis vom 24. Jänner 2012, Zl. 2010/18/0213, mwN). Die Zeit des Wohlverhaltens des Beschwerdeführers seit der Haftentlassung Ende des Jahres 2006 bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides ist angesichts einer Dauer von etwas mehr als einem Jahr als zu kurz anzusehen, um einen Wegfall der von ihm ausgehenden Gefahr annehmen zu können.
Nach § 60 Abs. 6 FPG gilt § 66 FPG auch für Aufenthaltsverbote. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, mit dem in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, ist daher nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Es darf jedenfalls dann nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf die Dauer des Aufenthalts und das Ausmaß der Integration des Fremden und seiner Familienangehörigen sowie auf die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen.
Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde diesbezüglich vor, sie habe ihre Entscheidung (unter anderem) damit begründet, sein privates Interesse gemäß § 66 FPG werde nicht verletzt. Dieser Vorwurf ist unberechtigt. Die belangte Behörde anerkannte im angefochtenen Bescheid durchaus, dass durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen werde.
Weiters verweist der Beschwerdeführer auf sein in Österreich bestehendes Familienleben sowie auf den Umstand, dass er sich nach seiner Entlassung aus der Haft wieder ordentlich in den Arbeitsprozess eingegliedert habe. Damit bringt er aber keine Umstände vor, die von der belangten Behörde bei ihrer Interessenabwägung nicht ohnehin schon berücksichtigt worden wären. Es ist auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde angesichts der hohen Sozialschädlichkeit und der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität zumindest kein Überwiegen des persönlichen Interesses des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich annahm. Auch ein Begründungsmangel ist der belangten Behörde diesbezüglich nicht anzulasten.
Der Beschwerdeführer nimmt in diesem Zusammenhang auch noch auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 26. September 1997, Nr. 85/1996/704/896, Mehemi gegen Frankreich, Bezug. Allerdings sind die jeweils zugrundeliegenden Sachverhaltskonstellationen in keiner Weise vergleichbar, sodass daraus nichts zu gewinnen ist.
Sofern der Beschwerdeführer mit seinem Antrag auf Herabsetzung des Aufenthaltsverbotes eine Rechtswidrigkeit des Bescheides wegen unrichtiger Festsetzung der Gültigkeitsdauer geltend machen möchte, ist ihm entgegenzuhalten, dass er in der Beschwerde keine überzeugenden Umstände darlegt, die einen Wegfall der von ihm ausgehenden Gefährdung bereits für einen früheren Zeitpunkt vorhersehbar erscheinen lassen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG konnte von der beantragten mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 29. März 2012
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