Normen
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, erhielt am 16. Dezember 2003 erstmalig - bezogen auf seine österreichische Adoptivmutter - eine Niederlassungsbewilligung "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG". Diese wurde in der Folge mehrfach, zuletzt als "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt", gültig bis zum 11. April 2007, verlängert.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. Juni 2007 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verbrechen des gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls gemäß den §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB sowie der Hehlerei nach § 164 Abs. 2 und 4 zweiter Satz StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten rechtskräftig verurteilt, wovon ein Strafteil von 10 Monaten bedingt nachgesehen wurde. Dem gerichtlichen Schuldspruch zufolge hat der Beschwerdeführer gemeinsam mit einem Mittäter am 4. Februar 2007 Verfügungsberechtigten eines Lokals durch Einbruch (nämlich durch das Aufbrechen mehrerer Türen) einen Tresor gestohlen. Weiters hat er am 3. Februar 2007 durch Einbruch in ein Geschäftslokal verschiedene Porzellanschalen und eine Diskette im Gesamtwert von ca. EUR 120,-- gestohlen. Schließlich hat der Beschwerdeführer zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt Ende Jänner oder Anfang Februar 2007 insgesamt drei Mobiltelefone gekauft, die unbekannte Täter durch Einbruch in ein Fahrzeug bzw. in eine Postfiliale gestohlen hatten, wobei er diese Tatumstände kannte.
Im Hinblick auf diese Verurteilung erließ die Bundespolizeidirektion Wien mit Bescheid vom 28. November 2007 gegen den Beschwerdeführer gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Favoriten vom 11. März 2009 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des (teils versuchten) unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 SMG, § 15 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt. Vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht betreffend die Verurteilung vom 6. Juni 2007 wurde abgesehen, jedoch wurde die Probezeit auf fünf Jahre verlängert. Gemäß dem gerichtlichen Schuldspruch hat der Beschwerdeführer am 25. Jänner 2008 vorschriftswidrig Suchtgift (nämlich über 10 Gramm Kokain) erworben und 4,5 Gramm Kokain an einen unbekannten Abnehmer weiterverkauft bzw. 5,9 Gramm Kokain weiterzuverkaufen versucht.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. August 2009 gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
Nach Darstellung der Verurteilungen des Beschwerdeführers und der zugrunde liegenden strafbaren Handlungen führte die belangte Behörde aus, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG erfüllt sei. Das dargestellte Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit "in höchstem Maße", somit erweise sich (auch) die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Gefährdungsannahme als gerechtfertigt. Da der Beschwerdeführer nach der "Erstverurteilung" und der Verbüßung des unbedingten Strafteils sowie während eines anhängigen Aufenthaltsverbotsverfahrens erneut straffällig geworden sei, könne eine Verhaltensprognose - auch im Hinblick auf die den Suchtgiftdelikten immanente Wiederholungsgefahr - nicht positiv ausfallen. Zudem liege das Fehlverhalten des Beschwerdeführers noch bei weitem nicht so lange zurück, um auf eine entscheidungswesentliche Reduzierung der von ihm ausgehenden Gefahr schließen zu können. Soweit der Beschwerdeführer vorgebracht habe, am Einbruchsdiebstahl nur "mitgewirkt" bzw. lediglich "ein" Handy gekauft zu haben (und dies ohne zu wissen, dass es gestohlen sei), hielt dem die belangte Behörde die dargestellten Ausführungen des Strafgerichtes entgegen.
In Ansehung des § 66 FPG verwies die belangte Behörde auf den über fünfeinhalbjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, auf den Umstand, dass er mit seiner Lebensgefährtin (einer österreichischen Staatsbürgerin) und der gemeinsamen Tochter, für die er sorgepflichtig sei, im gemeinsamen Haushalt lebe, sowie darauf, dass auch seine Adoptivmutter in Österreich aufhältig sei. Davon ausgehend sei mit dem Aufenthaltsverbot zweifellos ein Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden. Allerdings sei dieser Eingriff zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (hier zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, zum Schutz fremden Vermögens und der Gesundheit Dritter) dringend geboten. Der aus dem Inlandsaufenthalt abzuleitenden Integration komme insofern kein entscheidendes Gewicht zu, als die dafür erforderliche soziale Komponente durch sein strafbares Verhalten erheblich beeinträchtigt werde. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer nicht "als im Berufsleben integriert" anzusehen, zumal er zwar von Jänner 2004 bis Anfang Mai 2006 als Arbeiter beschäftigt gewesen sei, danach allerdings (mit Ausnahme von 33 Beschäftigungstagen) entweder Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bezogen habe. Schließlich verwies die belangte Behörde noch darauf, dass der Vater des Beschwerdeführers in Serbien lebe und das Fehlen sozialer Bindungen zu diesem nicht behauptet worden sei. Bei Abwägung der gegenläufigen Interessenlagen kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber den hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes in den Hintergrund zu treten hätten.
Im Hinblick auf die Art und Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Straftaten habe von der Erlassung der gegenständlichen Maßnahme auch nicht im Rahmen des Ermessens Abstand genommen werden können. Zur Dauer des verhängten Aufenthaltsverbotes verwies die belangte Behörde zunächst darauf, dass der Beschwerdeführer mehrfach Verbrechenstatbestände verwirklicht habe und während des anhängigen Aufenthaltsverbotsverfahrens neuerlich straffällig geworden sei. Im Hinblick auf seine familiäre Situation ging sie zwar davon aus, dass mit einer Aufenthaltsverbotsdauer von zehn Jahren das Auslangen gefunden werden könne. Vor Verstreichen dieses Zeitraumes könne ein Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung jedoch nicht erwartet werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei um die im August 2009 geltende Fassung.
Nach § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 FPG hat als bestimmte, eine Gefährdungsannahme iSd Abs. 1 rechtfertigende Tatsache (u.a.) zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist.
Im Hinblick auf die dargestellte Verurteilung vom 6. Juni 2007 ist die - in der Beschwerde auch nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, die erwähnte Alternative dieser Bestimmung sei erfüllt, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, hinsichtlich des käuflich erworbenen Handys der Meinung gewesen zu sein, dieses wäre nicht gestohlen, ist dem - mit der belangten Behörde - der bindende gerichtliche Schuldspruch entgegenzuhalten, wonach er die Tatumstände (die von ihm erworbenen Mobiltelefone stammten jeweils aus einem Einbruchsdiebstahl) kannte.
Der Beschwerdeführer bringt weiters - allerdings ohne dies näher auszuführen - vor, die belangte Behörde habe sich "nicht mit der Gefährlichkeitsprognose auseinandergesetzt".
Dem ist zunächst zu entgegnen, dass die belangte Behörde die von ihr bejahte und hinreichend begründete Gefährdungsannahme erkennbar auf die gegen den Beschwerdeführer ergangenen Verurteilungen und die jeweils zugrunde liegenden strafbaren Handlungen gestützt hat. Dabei durfte sie insbesondere auch berücksichtigen, dass den Beschwerdeführer weder die Verbüßung des unbedingten Strafteils und die offene Probezeit nach der ersten Verurteilung noch die Verhängung des Aufenthaltsverbotes in erster Instanz davon abhalten konnten, erneut (diesmal nach dem Suchtmittelgesetz) straffällig zu werden. Im Hinblick darauf ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde keine positive Zukunftsprognose für den Beschwerdeführer annahm.
Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde erstmals vor, seine österreichische Lebensgefährtin geheiratet zu haben, wobei er auch angibt, die diesbezüglichen Unterlagen der belangten Behörde zur Verfügung gestellt zu haben. Eine Übermittlung entsprechender Bescheinigungen ist aus den vorgelegten Verwaltungsakten allerdings nicht ersichtlich, auch mit der Beschwerde wird ein Nachweis über die erfolgte Eheschließung nicht vorgelegt. Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob dem Beschwerdeführer dieses Vorbringen deshalb nicht verwehrt ist, weil es die belangte Behörde verabsäumt hat, ihm während des ein Jahr und acht Monate dauernden Berufungsverfahrens Gelegenheit zu geben, maßgebliche Änderungen in seinem Privat- und Familienleben vorzutragen (vgl. zu diesem Aspekt etwa das Erkenntnis vom 12. September 2012, Zl. 2011/23/0128, mwN).
Selbst wenn nämlich angesichts der Ehe des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin der erhöhte Gefährdungsmaßstab des § 86 Abs. 1 FPG - der das Vorliegen einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr verlangt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt - anzuwenden gewesen sein sollte, würde dies keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nach sich ziehen. In Anbetracht der zahlreichen, teilweise während offener Probezeit und nach der erstinstanzlichen Verhängung eines Aufenthaltsverbotes begangenen Straftaten und der Verurteilung wegen zwei Verbrechen wäre im vorliegenden Fall auch das Vorliegen der im § 86 Abs. 1 FPG umschriebenen Gefährdung zu bejahen gewesen. Diese Annahme wird auch durch die dem Suchtgifthandel immanente Wiederholungsgefahr vor dem Hintergrund des Fehlens eines eigenen Einkommens (der Beschwerdeführer bezog laut dem im Verwaltungsakt befindlichen Sozialversicherungsdatenauszug sowohl zum Zeitpunkt der Begehung der Straftaten als auch zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe) verstärkt.
Der Beschwerdeführer wendet sich im Übrigen vorwiegend gegen die gemäß § 66 FPG vorgenommene Interessenabwägung. Im Hinblick darauf, dass er nunmehr mit seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Kind in Österreich lebe, sei ein Eingriff in sein Privat- und Familienleben nicht zulässig.
Der Beschwerdeführer vermag mit diesem Vorbringen aus folgendem Grund keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen: Die belangte Behörde nahm - worauf sie auch in ihrer Gegenschrift hingewiesen hat - ausgehend davon, dass der Beschwerdeführer mit seiner (damaligen) Lebensgefährtin und seiner Tochter im gemeinsamen Haushalt lebe, ohnehin das Bestehen familiärer Bindungen an. Sie legte ihrer Entscheidung daher auch einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Familienleben zugrunde. Vor diesem Hintergrund vermag der Beschwerdeführer mit dem Verweis auf die mittlerweile erfolgte Eheschließung aber keine entscheidungserhebliche Verstärkung seiner persönlichen Interessen aufzuzeigen. Auch tritt der Beschwerdeführer den von der belangten Behörde weiters herangezogenen Umständen, wonach keine relevante berufliche Integration vorliege und noch Bindungen zu seinem in Serbien lebenden Vater bestünden, nicht entgegen. Die belangte Behörde stellte den Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet auch zu Recht das große öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen der vorliegenden Art sowie am Schutz des Vermögens und der Gesundheit Dritter gegenüber. Insgesamt ist es daher nicht zu beanstanden, dass sie bei Abwägung der gegenläufigen Interessen zum Ergebnis kam, die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet würden - ungeachtet seiner familiären Situation - das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht überwiegen. Allfällige damit verbundene Schwierigkeiten und eine möglicherweise einhergehende Trennung von seinen Angehörigen sind im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen.
Soweit in der Beschwerde gerügt wird, der Strafakt sei nicht beigeschafft worden und das Verfahren (deshalb) mangelhaft geblieben, wird damit die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufgezeigt. Der Beschwerdeführer wendet sich schließlich gegen die Ermessensübung durch die belangte Behörde, er zeigt aber keine Gründe auf, wonach diese nicht in gesetzmäßiger Weise erfolgt wäre.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 20. Dezember 2012
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