VwGH 2011/23/0403

VwGH2011/23/040324.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher, Mag. Haunold, Mag. Feiel und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerden 1. der S, 2. des R, 3. des X, und 4. der Y, alle vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/1/1/29A, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 10. Dezember 2008, Zl. E1/11819-8/2007 (ad 1., hg. Zl. 2011/23/0403), vom 9. Dezember 2008, Zl. E1/11819- 6/2007 (ad 2., hg. Zl. 2011/23/0405), sowie jeweils vom 10. Dezember 2008, Zl. E1/11819-7/2007 (ad 3., hg. Zl. 2011/23/0404), und Zl. E1/11819-9/2007 (ad 4., hg. Zl. 2011/23/0406), betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
MRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
MRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige des Kosovo. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind miteinander verheiratet und die Eltern des 1991 geborenen Drittbeschwerdeführers und der 1990 geborenen Viertbeschwerdeführerin. Sie reisten - gemeinsam mit ihren weiteren, 1982, 1984 bzw. 1987 geborenen Kindern L, D und Z sowie den zwei volljährigen Brüdern des Zweitbeschwerdeführers F und B - am 13. Mai 1999 legal in das Bundesgebiet ein. Am 31. Mai 1999 stellte der Zweitbeschwerdeführer einen Asylantrag und die weiteren beschwerdeführenden Parteien darauf bezogene Asylerstreckungsanträge. Mit Bescheid vom 28. März 2000 wies das Bundesasylamt den Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab und stellte unter einem gemäß § 8 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Zweitbeschwerdeführers in die "Bundesrepublik Jugoslawien, Provinz Kosovo" fest; die Asylerstreckungsanträge wurden mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 8. Mai 2000 gemäß § 10 iVm § 11 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Den Berufungen der beschwerdeführenden Parteien gab der unabhängige Bundesasylsenat mit rechtskräftigen Bescheiden vom 17. Jänner 2001 keine Folge. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerden mit Beschluss vom 19. Juni 2001 ab.

Die in der Folge nach erstinstanzlicher Ausweisung der beschwerdeführenden Parteien gemäß § 33 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 am 31. August 2001 (neuerlich) gestellten Asyl-(erstreckungs-)anträge wurden vom Bundesasylamt mit Bescheiden vom 10. Dezember 2001 abermals gemäß §§ 7, 8 AsylG bzw. § 10 iVm § 11 Abs. 1 AsylG negativ erledigt; den Berufungen gab der unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheiden vom 22. Oktober 2007 keine Folge. Mit Beschluss vom 31. Jänner 2008 lehnte der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerden ab.

Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen im Wesentlichen inhaltsgleichen Bescheiden vom 9.

bzw. 10. Dezember 2008 wies die belangte Behörde die beschwerdeführenden Parteien gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet aus.

Begründend führte sie nach Feststellung des eingangs ausgeführten Sachverhalts und Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen im Wesentlichen weiter aus, dass die beschwerdeführenden Parteien im gemeinsamen Haushalt in P. lebten. Die bereits volljährigen Kinder L und D wohnten seit dem Jahr 2007 in Wien, wo sie bereits langjährig einer legalen Erwerbstätigkeit nachgingen, weshalb auch deren erstinstanzliche Ausweisungsbescheide behoben worden seien. Der ebenfalls in Wien aufhältige Z sei nach zwei strafgerichtlichen Verurteilungen zu bedingten Freiheitsstrafen wegen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden. Der Bruder des Zweitbeschwerdeführers B lebe seit 2005 in Wien, während sein Bruder F nach rechtskräftig beendetem Asylverfahren am 23. August 2007 in den Kosovo abgeschoben worden sei.

Der Zweitbeschwerdeführer sei - ohne im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung zu sein - seit 1. April 2008 als Arbeiter beschäftigt; die Viertbeschwerdeführerin besuche die Handelsakademie in Laa an der Thaya. Der Drittbeschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 15. September 2008 wegen des Vergehens des versuchten schweren Betrugs nach den §§ 15, 146, 147 Abs. 1 Z 1 StGB zu einer bedingten zweimonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Davor gegen ihn erstattete Anzeigen (u.a.) wegen des Verdachts der gefährlichen Drohung, der Körperverletzung, des Raufhandels und der Vergewaltigung seien zurückgelegt bzw. eingestellt worden. Am 24. Oktober 2008 sei er abermals wegen des Verdachts der Körperverletzung zur Anzeige gebracht worden, weil er eine andere Person durch Faustschläge ins Gesicht verletzt haben solle.

Die Prüfung der von den beschwerdeführenden Parteien gestellten Anträge vom 31. März 2008 auf Erteilung von Niederlassungsbewilligungen aus humanitären Gründen durch die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach sei negativ ausgefallen, weshalb die Befassung des Bundesministers für Inneres unterblieben sei. Der für die Viertbeschwerdeführerin gestellte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung als Schülerin nach § 63 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 10. Juni 2008 abgewiesen worden.

Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass der Aufenthalt der beschwerdeführenden Parteien im Bundesgebiet nach rechtskräftiger Abweisung ihrer Asylanträge nicht mehr rechtmäßig sei, weshalb eine Ausweisung gemäß § 53 Abs. 1 FPG zulässig sei. Weder die Möglichkeit eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen noch die Anhängigkeit eines solchen Verfahrens führe zur Legalisierung des Aufenthalts eines Fremden oder zur Einschränkung der behördlichen Ermächtigung zur Erlassung einer Ausweisung.

Im Rahmen der nach § 66 FPG deshalb gebotenen Interessenabwägung führte die belangte Behörde weiter aus, dass zugunsten der beschwerdeführenden Parteien der bereits neunjährige Aufenthalt in Österreich zu berücksichtigen sei. Die bereits erwachsenen Kinder bzw. Geschwister lebten nicht mehr im gemeinsamen Haushalt und gingen einer Beschäftigung nach. Es bestünden verwandtschaftliche und freundschaftliche Beziehungen zu in Österreich lebenden Personen. Diesen Kontakt zu Verwandten und Bekannten könnten die beschwerdeführenden Parteien - bis zu einer legalisierten Wiedereinreise - jedoch, zumindest im eingeschränkten Umfang, auch vom Ausland aus aufrechterhalten. Auf Grund dieser Bindungen und wegen deren weiteren Aktivitäten wie den Besuchen am Sportplatz, bei Fest- und Freizeitveranstaltungen sei ihnen eine "gewisse" soziale Integration in Österreich nicht abzusprechen. Eine berufliche Integration sei der Erstbeschwerdeführerin sowie dem Zweit- und dem Drittbeschwerdeführer jedoch versagt geblieben.

Es komme - so führte die belangte Behörde weiter aus - den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Dieses öffentliche Interesse werde durch den unrechtmäßigen Aufenthalt der beschwerdeführenden Parteien im Bundesgebiet maßgeblich beeinträchtigt. Ihr privates Interesse an einem Verbleib sei in seinem Gewicht dadurch gemindert, dass sie keine ausreichende Veranlassung gehabt hätten, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt in Österreich auszugehen. Spätestens ab der ersten negativen Entscheidung über ihre Asyl-(erstreckungs-)anträge "am 19. Jänner 2001" hätten sie nicht mehr darauf vertrauen dürfen, ein dauerndes Aufenthaltsrecht in Österreich zu erlangen. Alle in der Folge gesetzten Integrationsschritte seien in ihrem Stellenwert daher maßgeblich dadurch relativiert, dass sie auf weitere - letztlich unbegründete - Asylanträge zurückzuführen seien. Auch aus der - beim Drittbeschwerdeführer und seinem Bruder Z ohnedies nicht vorliegenden - Unbescholtenheit könne nichts Entscheidendes zugunsten der beschwerdeführenden Parteien gewonnen werden.

Angesicht dieser Umstände kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass eine Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und daher zulässig sei. Die vorliegenden, das Privat- und Familienleben der beschwerdeführenden Parteien betreffenden Umstände reichten auch in Verbindung mit der Aufenthaltsdauer nicht aus, dass unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK oder des Ermessens von einer Ausweisung Abstand zu nehmen wäre.

Die Behandlung der gegen diese Bescheide an ihn erhobenen Beschwerden hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 23. Februar 2009, B 145/09 u.a., abgelehnt. Zugleich hat er die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten, der über die - wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - ergänzten Beschwerden nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof die angefochtenen Bescheide auf Basis der Sach- und Rechtslage bei ihrer Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei um die zu diesem Zeitpunkt (Dezember 2008) geltende Fassung.

Unter der Überschrift "Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel" ordnet § 53 Abs. 1 FPG an, dass Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Die beschwerdeführenden Parteien bestreiten nicht, dass ihre Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen und ihnen bislang keine Aufenthaltstitel erteilt worden sind. Sie argumentieren in diesem Zusammenhang allerdings damit, dass sie im März 2008 die Erteilung von Niederlassungsbewilligungen aus humanitären Gründen beantragt hätten. Da über diese bislang nicht entschieden worden sei, sei ihr Aufenthalt im Bundesgebiet nicht unrechtmäßig, weshalb die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 FPG nicht vorlägen.

Dieses Vorbringen ist nicht berechtigt, kommt doch - entgegen der Meinung der Beschwerdeführer - einem noch nicht beendeten Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen im Ausweisungsverfahren keine rechtliche Bedeutung zu. Dessen Anhängigkeit steht der Erlassung einer Ausweisung - auch unter Ermessensgesichtspunkten - nicht entgegen (vgl. das Erkenntnis vom 17. Juli 2008, Zl. 2008/21/0220, mwN). Die Auffassung der belangten Behörde, die beschwerdeführenden Parteien hielten sich nunmehr rechtswidrig im Bundesgebiet auf, sodass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, erweist sich daher nicht als rechtswidrig.

Würde durch eine Ausweisung in das Privat- und Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Die Ausweisung darf nach dem - auch bei Ausweisungen gemäß § 53 Abs. 1 FPG zu beachtenden (vgl. das Erkenntnis vom 22. Dezember 2009, Zl. 2009/21/0348, Punkt 2.3.2.) - § 66 Abs. 2 FPG jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf die Dauer des Aufenthalts und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen (Z 1) und auf die Intensität der familiären Bindungen (Z 2) Bedacht zu nehmen. Bei der Entscheidung über eine Ausweisung ist der Behörde Ermessen eingeräumt.

In diesem Zusammenhang bringen die (im wesentlichen gleichlautenden) Beschwerden vor, dass sich die beschwerdeführenden Parteien nach legaler Einreise inzwischen bereits beinahe zehn Jahre - auf Grund der Asylverfahren - rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten. Sie verweisen auf die (teilweise) Unbescholtenheit und ihre verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen in Österreich. Die Ausweisung zweier Kinder bzw. Geschwister der beschwerdeführenden Parteien sei bereits für unzulässig erklärt worden. Diese seien beruflich integriert; manchen Seitenverwandten sei bereits die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden. Unvertretbar sei schließlich der Hinweis der belangten Behörde, dass der Kontakt zu diesen Personen auch vom Ausland aus aufrechterhalten werden könne.

Diesem Vorbringen ist allerdings zu entgegnen, dass die belangte Behörde diese integrationsbegründenden Umstände ohnedies ausreichend berücksichtigt und in ihre Interessenabwägung miteinbezogen hat. Die belangte Behörde gestand dem öffentlichen Interesse am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - anders als die Beschwerden ausführen - auch keinen absoluten Charakter zu. Entgegen der Meinung der beschwerdeführenden Parteien hätte die belangte Behörde aus den genannten Umständen aber nicht ableiten müssen, dass deren Ausweisung aus Österreich unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK unverhältnismäßig und daher unzulässig sei. Die geltend gemachten Umstände stellen sich nämlich auch in Verbindung mit der Aufenthaltsdauer (bis zur Bescheiderlassung) von etwa neun Jahren und sieben Monaten nicht als so außergewöhnlich dar, dass unter dem genannten Gesichtspunkt von Ausweisungen hätte Abstand genommen und akzeptiert werden müssen, dass die beschwerdeführenden Parteien mit ihrem Verhalten, insbesondere mit den wiederholten Asylanträgen letztlich versuchen, in Bezug auf ihren Aufenthalt in Österreich vollendete Tatsachen zu schaffen. Wenn die belangte Behörde daher zum Ergebnis gelangte, der erwähnte Eingriff sei zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dringend geboten, so kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. So kommt den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zu. Gegen dieses öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen verstoßen Fremde maßgeblich, die - auch wenn sie wie die beschwerdeführenden Parteien legal einreisten und sich während des Asylverfahrens vorläufig rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten - nach negativem Abschluss ihrer Asylverfahren unrechtmäßig in Österreich verbleiben (vgl. etwa das Erkenntnis vom 30. August 2011, Zl. 2010/21/0361 bis 0363, mwN).

Soweit die Beschwerden weiter vorbringen, die Dauer des Aufenthalts sei primär auf die von den Behörden zu verantwortende Verfahrensdauer zurückzuführen, ist dem zu erwidern, dass die beschwerdeführenden Parteien nach rechtskräftigem Abschluss ihrer ersten Asylverfahren im Jänner 2001 und Ablehnung der Beschwerdebehandlung durch den Verwaltungsgerichtshof schon im Juni 2001 neuerlich unberechtigte Asyl-(erstreckungs-)anträge einbrachten. Auch über diese war jedoch bereits im Dezember 2001 in erster Instanz negativ entschieden worden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang bereits wiederholt ausgesprochen, dass Fremde (spätestens) nach der erstinstanzlichen Abweisung eines Asylantrags - auch wenn sie subjektiv berechtigte Hoffnungen auf ein positives Verfahrensende haben sollten - im Hinblick auf die negative behördliche Beurteilung des Antrags von einem nicht gesicherten Aufenthalt ausgehen müssen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. April 2010, Zl. 2010/21/0085, mwN). Der belangten Behörde ist daher nicht entgegenzutreten, wenn sie davon ausging, dass ein Großteil der Integrationsschritte in einem Zeitraum gesetzt wurde, als die beschwerdeführenden Parteien nicht damit rechnen durften, sie würden dauernd in Österreich verbleiben können. Diesbezüglich war es auch gerechtfertigt anzunehmen, dass die dabei erlangte Integration in ihrem Stellenwert zu relativieren sei, wurden die integrationsbegründenden Umstände doch während eines Aufenthalts erworben, der sich auf - was hier besonders bedeutsam ist - wiederholte, letztlich nicht berechtigte Asylanträge gründete (vgl. etwa das Erkenntnis vom 18. Dezember 2008, Zl. 2007/21/0504, mwN).

Aber auch die übrigen in der Beschwerde hervorgehobenen Umstände stellen sich nicht als derart außergewöhnlich dar, dass unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK von einer Ausweisung hätte Abstand genommen werden müssen. So nahm die belangte Behörde ohnedies einen Eingriff auch in das Familienleben der beschwerdeführenden Parteien an, obgleich die gesamte, in Hausgemeinschaft lebende Kernfamilie der beschwerdeführenden Parteien gemeinsam ausgewiesen wurde. Die Beziehung zu den weiteren Kindern bzw. Geschwistern ist abgesehen von deren Volljährigkeit weiters dadurch zu relativieren, dass diese bereits seit geraumer Zeit nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit den beschwerdeführenden Parteien leben und einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Hinsichtlich der übrigen in Österreich wohnenden Seitenverwandten sowie der sozialen Beziehungen zu Freunden und Bekannten werden keine Umstände geltend gemacht, die eine Ausweisung unzulässig machen würden. Eine nachhaltige Integration der beschwerdeführenden Parteien in den Arbeitsmarkt wird auch in der Beschwerde nicht dargestellt. Der Drittbeschwerdeführer weist zudem eine gerichtliche Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe auf.

Soweit die Beschwerde schließlich beanstandet, dass die belangte Behörde nicht darauf eingegangen sei, "inwieweit" eine Rückkehr in den Heimatstaat mangels Arbeitsplatzes, Verpflegung und Unterkunft möglich sei und in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass das ehemalige Wohnhaus im Kosovo zerstört worden sei, entbehrt dieses Vorbringen der erforderlichen Konkretisierung. Im Übrigen sind wirtschaftliche Schwierigkeiten beim (Wieder-)Aufbau einer Existenz im Heimatstaat im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Dezember 2010, Zl. 2008/21/0557). Dasselbe gilt für die in der Beschwerde angesprochenen Schwierigkeiten des Drittbeschwerdeführers und der Viertbeschwerdeführerin bei einer Reintegration, haben sie den Kosovo doch erst im neunten bzw. zehnten Lebensjahr verlassen.

Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die belangte Behörde mängelfrei zum Ergebnis kam, die Ausweisung der beschwerdeführenden Parteien sei unter dem Gesichtspunkt des § 66 FPG nicht unverhältnismäßig. In den Beschwerden werden schließlich auch keine Gründe aufgezeigt, wonach die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt wäre.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. April 2012

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