Normen
ALSAG 1989 §2 Abs7
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1 litb
AVG §64 Abs1
GewO 1994 §78 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2013:2011170132.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Eingabe vom 26. April 2004 beantragte die spätere Gemeinschuldnerin die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Zwischenlagers für Ziegel‑ und Betonaufbruch an einem Standort in Graz.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 18. August 2004 wurde ihr die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Zwischenlagers für Ziegel‑ und Betonaufbruch (beinhaltend auch den zeitweisen Betrieb einer mobilen Behandlungsanlage zum Brechen des gelagerten Materials) unter Zugrundelegung von Auflagen erteilt.
Von einer Anrainerin wurde gegen diesen Bescheid Berufung erhoben.
Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 14. Juni 2005 wurde der Berufung Folge gegeben, der Bescheid behoben und das Genehmigungsansuchen abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.
Mit hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2008, Zl. 2005/04/0182, wurde der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Mit dem in den Verwaltungsakten einliegenden Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 26. Jänner 2009 wurde der Beschwerdeführerin im fortgesetzten Verfahren schließlich die gewerberechtliche Bewilligung für die Anlage unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.
1.2. Am 28. August 2006 erfolgte ‑ laut einem Aktenvermerk des Landespolizeikommandos Steiermark vom selben Tag ‑ eine GPS‑Vermessung der beiden betroffenen Grundstücke. Dabei konnte eine Ablagerungsfläche von Baurestmassen von ca. 3.000 m² und einer Schütthöhe bis ca. 10 m sowie ca. 2.000 m³ zerkleinertes Abbruchmaterial eines Betriebsschlotes und eine Ablagerungsfläche von ca. 1.770 m² von im 1. Quartal 2006 abgelagerten Baurestmassen festgestellt werden.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 16. Mai 2006 wurde verfügt, sämtliche auf den Grundstücken gelagerte Materialen binnen 40 Tagen zu entfernen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 2. Februar 2007 bzw. Berufungsentscheidung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 19. Februar 2008 wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, auf den Grundstücken gelagerte Baurestmassen im Ausmaß von ca. 2.100 Tonnen, einen Radlader und Welleternitplatten zu entsorgen.
1.3. Mit Vorhalt vom 11. Dezember 2007 teilte das Zollamt Graz der späteren Gemeinschuldnerin mit, dass aufgrund von Erhebungen der Zollbehörde seit September 2004 mit der Ablagerung von Baurestmassen auf den betreffenden Grundstücken begonnen worden sei. Insgesamt handle es sich um eine beitragspflichtige Kubatur von 53.000 Tonnen.
Mit Schreiben vom 28. Dezember 2007 teilte die spätere Gemeinschuldnerin dem Zollamt Graz mit, dass die erste Anlieferung von Baurestmassen tatsächlich im September 2004 erfolgt und die erste Aufbereitung (Brech- und Siebanlage) im ersten Quartal 2005 abgeschlossen gewesen sei. Die nun am Platz lagernden Materialien seien im 3. und 4. Quartal 2005 abgelagert worden.
Mit Bescheid (Sammelbescheid) des Zollamtes Graz vom 13. März 2008 wurde der späteren Gemeinschuldnerin gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 ALSAG iVm § 201 BAO ein Altlastenbeitrag für das 3. Quartal 2004 bis zum 1. Quartal 2006 in der Höhe von € 382.240,00 vorgeschrieben sowie gemäß § 217 ff BAO ein Säumniszuschlag und gemäß § 135 BAO ein Verspätungszuschlag festgesetzt.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass seit September 2004 Baurestmassen auf den betreffenden Grundstücken abgelagert würden. Die Menge betrage 51.200 Tonnen für die Jahre 2004 und 2005 sowie 1.700 Tonnen für das 1. Quartal 2006. Unterlagen, die beweisen könnten, dass die Materialen vom 3. und 4. Quartal 2005 stammten, hätten nicht vorgelegt werden können. Aufgrund des rechtskräftigen Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 14. Juni 2005 sei das Genehmigungsansuchen abgewiesen worden und die Anlage nicht als genehmigt anzusehen. Laut ständiger Rechtsprechung sei von einem Zwischenlager nur dann auszugehen, wenn die Lagerung auf einer Anlage mit späterer Abfallbehandlungsabsicht erfolge. Laut den Erhebungen der Zollbehörde seien lediglich ca. 3.900 Tonnen Baurestmassen im Mai 2005 aufbereitet worden. Selbst diese Aufbereitung habe dem angesprochenen Bescheid widersprochen.
Gegen diesen Bescheid hat die spätere Gemeinschuldnerin Berufung erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Bescheid zugrundeliegenden Mengen an Abbruchmaterial viel zu hoch angesetzt seien. Die Behörde hätte eine Vermessung und Berechnung vor Ort vornehmen müssen. Zudem sei auf den betreffenden Grundstücken mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 18. August 2004 die gewerberechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Zwischenlagers für Ziegel‑ und Betonaufbruch bewilligt worden. Zwar sei letzterer Bescheid mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 14. Juni 2005 behoben worden, doch sei dagegen eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof anhängig. Es liege daher nur eine vorübergehende Lagerung und keine dauerhafte Deponierung vor.
1.4. Mit Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Graz vom 19. Juni 2008 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die spätere Gemeinschuldnerin eine erhöhte Mitwirkungspflicht bei der Feststellung der Abfallmenge treffe und diese auch nach einem entsprechenden Vorhalt keine Unterlagen habe vorlegen können. Die Abfallmenge sei daher an Hand der GPS‑Vermessungen des Landespolizeikommandos Steiermark zu schätzen gewesen. Die betreffenden Grundstücke seien auch nicht als genehmigte Anlage im Sinne des § 15 Abs. 3 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) anzusehen, weshalb die spätere Geimeinschuldnerin nicht berechtigt gewesen sei, die gegenständlichen Abfälle auf diesen Grundstücken abzulagern. Der Tatbestand des "Lagerns" gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) bzw. § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b ALSAG (ab 1.1.2006) komme daher nicht zum Tragen, weshalb von einem langfristigen Ablagern von Abfällen auszugehen sei.
Gegen diese Berufungsvorentscheidung hat die spätere Gemeinschuldnerin (Administrativ‑)Beschwerde erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mittlerweile der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 14. Juni 2005 vom Verwaltungsgerichtshof mit hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2008, Zl. 2005/04/0182, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben worden sei. Demnach sei das Bauschuttzwischenlager befugtermaßen betrieben worden.
1.5. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die (Administrativ‑)Beschwerde abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die spätere Gemeinschuldnerin unbestrittenermaßen am Standort Graz ein Zwischenlager für Ziegel‑ und Betonaufbruch, beinhaltend auch den zeitweisen Betrieb einer mobilen Behandlungsanlage zum Brechen des gelagerten Materials, habe errichten und betreiben wollen. Die hiefür erforderliche gewerbebehördliche Bewilligung sei erstinstanzlich mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz am 18. August 2004 erteilt worden. Der eingebrachten Berufung einer Anrainerin gegen diese Bewilligung sei gemäß § 64 Abs. 1 AVG aufschiebende Wirkung zugekommen.
Der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 14. Juni 2005 sei mittlerweile durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 2008, Zl. 2005/04/0182, mit ex tunc Wirkung behoben worden. Die Rechtssache sei damit wieder in die Lage vor Erlassung der Entscheidung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat zurückgetreten (§ 42 Abs. 3 VwGG). Die Berufung der Anrainerin sei wiederum unerledigt und habe neuerlich aufschiebende Wirkung. Die spätere Gemeinschuldnerin habe somit im gegenständlichen Zeitraum ‑ unabhängig vom Ausgang der Berufung ‑ über keine Bewilligung zum Lagern von Baurestmassen verfügt.
Trotz der fehlenden Bewilligung seien ab September 2004 Baurestmassen auf die betreffenden Grundstücke angeliefert worden. Diese Baurestmassen seien nicht nur Abfälle im Sinne des AWG, sondern auch Abfälle im Sinne des ALSAG, weil sie aufgrund der fehlenden Bewilligung zum Lagern und Aufbereiten des Materials nicht zulässigerweise zur Wiederverwendung oder stofflichen Verwertung bereit gehalten würden.
Die Rechtsprechung habe sich wiederholt mit dem Begriff des "Ablagerns" in Abgrenzung zum Begriff des "Lagerns" beschäftigt. Das ALSAG knüpfe an diese Unterscheidung unterschiedliche Rechtsfolgen. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 1995, Zl. 95/07/0113, sei ausgeführt worden, dass eine Ablagerung dann vorliege, wenn sie nach den erkennbaren Umständen langfristig oder auf Dauer erfolge, während einer Lagerung immanent sei, dass die betreffenden Stoffe projektgemäß wieder entfernt würden. Ein Vorgang, der als Lagern anzusehen sei, könne daher nicht gleichzeitig dem Tatbestand des langfristigen Ablagerns zugeordnet werden.
Der Begriff des Lagerns sei anders als der Begriff des Ablagerns im ALSAG definiert (Rechtslage bis 1.1.2006). § 2 Abs. 7 ALSAG verlange als Voraussetzung des Lagerns, dass die Abfälle länger als ein Jahr für eine Behandlung bereitgehalten oder vorbereitet würden. Die Zwischenlagerung bis zu einem Jahr sei beitragsfrei und nicht unter den Tatbestand des Lagerns (§ 3 Abs. 1 Z 3 iVm § 2 Abs. 7 ALSAG, Rechtslage bis 1.1.2006) zu subsumieren. Sei für diese Zwischenlagerung oder für bestimmte Anlagen zur Abfallverwertung bzw. für die Bereithaltung oder Vorbereitung zur Behandlung von Abfällen eine Genehmigung vorgesehen, könne eine entsprechende Zwischenlagerung bzw. Bereithaltung oder Vorbereitung zur Behandlung nicht als zulässig angesehen werden, wenn hiefür die erforderlichen Genehmigungen nicht vorlägen.
Eine zulässige Zwischenlagerung bzw. Bereithaltung oder Vorbereitung zur Behandlung von Abfällen setze somit nicht nur voraus, dass die Abfälle projektgemäß wieder vom Ort der Lagerung entfernt würden, sondern auch, dass für diese Zwischenlagerung und Behandlung allenfalls erforderliche behördliche Bewilligungen vorlägen. Dem Gesetzgeber des ALSAG könne nämlich nicht unterstellt werden, er habe eine Zwischenlagerung bis zu einem Jahr, die der Rechtsordnung widerspreche, privilegieren wollen, indem er sie von der Beitragspflicht ausgenommen habe (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 22. April 2004, Zl. 2003/07/0173).
Für die Zuerkennung einer abgabenrechtlichen Begünstigung seien die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld maßgeblich. Im gegenständlichen Fall habe die spätere Gemeinschuldnerin zu den in § 7 Abs. 1 Z 1 ALSAG genannten Zeitpunkten über keine Bewilligung zum Betrieb eines Zwischenlagers für Ziegel‑ und Betonaufbruch bzw. den Betrieb einer mobilen Behandlungsanlage zum Brechen des gelagerten Materials verfügt. Ein derart konsensloses Lagern sei damit auch nicht vom Begriff des langfristigen Ablagerns ausgenommen.
Die Festsetzung der Selbstberechnungsabgabe nach § 201 BAO erfolge auf Grund des öffentlichen Interesses an der Einbringung der Abgaben und dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Billigkeitsgründe stünden dem nicht entgegen. Die Vorschreibung des Säumniszuschlages gründe sich auf § 217 BAO, die Vorschreibung des Verspätungszuschlages in Höhe von 2 % entspreche wie die Festsetzung der Selbstberechnungsabgabe den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit (öffentliches Interesse an der Einbringung der Abgaben, Gleichmäßigkeit der Besteuerung) und Billigkeit (Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei).
1.6. Gegen diesen Bescheid erhob die spätere Gemeinschuldnerin Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, mit der sie Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheids sowie die Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machte.
1.7. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
2.1. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Jänner 2013, Zl. 2010/07/0218 zur Lagerung von Abfällen ausgeführt hat, ging der Gesetzgeber des ALSAG davon aus, dass eine Ausnahme von der Altlastenbeitragspflicht voraussetzt, dass alle erforderlichen Bewilligungen für eine Verwendung oder Behandlung des Abfalls vorliegen müssen. Dem Gesetzgeber des ALSAG kann nämlich nicht unterstellt werden, er habe eine Verwendung oder Behandlung von Abfällen ‑ wozu auch deren Lagerung zu zählen ist ‑, die der Rechtsordnung widerspricht, privilegieren wollen, indem er sie von der Beitragspflicht ausgenommen habe. Demzufolge unterliegt auch ein Lagern (oder Zwischenlagern) in einer kürzeren als in § 2 Abs. 7 ALSAG (Rechtslage bis 31. Dezember 2005) bzw. § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b ALSAG (Rechtslage ab 1. Jänner 2006) genannten Zeitdauer der Altlastenbeitragspflicht, wenn nicht alle hiefür erforderlichen behördlichen Bewilligungen (Anzeigen oder Nichtuntersagungen) vorgelegen sind.
2.2. Im Beschwerdeverfahren ist strittig, inwieweit die spätere Gemeinschuldnerin im beschwerdegegenständlichen Zeitraum (3. Quartal 2004 bis 1. Quartal 2006) über eine wirksame Bewilligung zum (Zwischen‑)Lagern von Baurestmassen verfügt habe.
Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass die spätere Gemeinschuldnerin mangels wirksamer Betriebsanlagenbewilligung im beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht berechtigt gewesen sei, die gegenständlichen Abfälle zu lagern, weshalb von einem beitragspflichtigen Ablagern von Abfällen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 1 ALSAG auszugehen sei.
Demgegenüber hat die spätere Gemeinschuldnerin auf die gewerberechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Zwischenlagers für Ziegel‑ und Betonaufbruch durch den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 18. August 2004 verwiesen. Diese sei zwar zunächst mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 14. Juni 2005 behoben worden, nach Aufhebung dieses Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof sei ihr aber die gewerberechtliche Bewilligung für die Anlage unter Vorschreibung von Auflagen erteilt worden.
2.3. § 78 Abs. 1 GewO, BGBl. Nr. 194/1994, lautet in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 73/2002:
"Anlagen oder Teile von Anlagen dürfen vor Eintritt der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides errichtet und betrieben werden, wenn dessen Auflagen bei der Errichtung und beim Betrieb der Anlage eingehalten werden. Dieses Recht endet mit der Erlassung des Bescheides über die Berufung gegen den Genehmigungsbescheid, spätestens jedoch drei Jahre nach der Zustellung des Genehmigungsbescheides an den Genehmigungswerber. Die zur Entscheidung berufene Behörde hat die Inanspruchnahme dieses Rechtes auszuschließen, wenn der Begründung der Berufung zu entnehmen ist, daß auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalles trotz Einhaltung der Auflagen des angefochtenen Bescheides eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit zu erwarten ist."
2.4. Gemäß § 78 Abs. 1 GewO dürfen somit "Anlagen oder Teile von Anlagen … vor Eintritt der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides errichtet und betrieben werden, wenn dessen Auflagen bei der Errichtung und beim Betrieb der Anlage eingehalten werden", wobei dieses Recht mit der Erlassung des Bescheides über die Berufung gegen den Genehmigungsbescheid endet.
Gemäß § 78 Abs. 1 GewO entfällt damit grundsätzlich die aufschiebende Wirkung des § 64 Abs. 1 AVG, der durch § 78 GewO verdrängt wird (vgl. Hanusch, GewO, 6. Lfg, § 78 Rz 2; B Müller, RdU 1998, 29 ff mwN).
Feststellungen, dass die zur Entscheidung berufene Behörde die Inanspruchnahme dieses Rechts gemäß § 78 Abs. 1 Satz 3 GewO ausgeschlossen habe, enthält der angefochtene Bescheid nicht.
2.5. Wird ein letztinstanzlicher Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten, tritt gemäß § 42 Abs. 3 VwGG durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides "die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte."
Die mit dieser Bestimmung angeordnete ex‑tunc‑Wirkung von aufhebenden Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes hat zur Folge, dass der Rechtszustand im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Bescheid nie erlassen worden wäre (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 10. September 2008, Zl. 2006/04/0185).
Daraus folgerte die belangte Behörde, dass nach der Aufhebung des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates durch den Verwaltungsgerichtshof die Berufung der Anrainerin wiederum unerledigt sei und dieser gemäß § 64 Abs. 1 AVG neuerlich aufschiebende Wirkung zukomme. Die spätere Gemeinschuldnerin habe somit im beschwerdegegenständlichen Zeitraum ‑ unabhängig vom Ausgang der Berufung ‑ über keine Bewilligung zum Lagern von Baurestmassen verfügt.
2.6. Damit hat die belangte Behörde ihren Bescheid jedoch mit Rechtswidrigkeit belastet. Indem sie sich nämlich in ihrer rechtlichen Schlussfolgerung hinsichtlich der Wirksamkeit der gewerbebehördlichen Bewilligung ohne Beachtung von § 78 GewO auf § 64 Abs. 1 AVG stützte und daraus eine Beitragspflicht gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 ALSAG ableitete, hat sie die Rechtslage verkannt.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 14. November 2013
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