VwGH 2011/17/0105

VwGH2011/17/010527.1.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des G M in T, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Herrengasse 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 11. März 2011, Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/0237-I/7/2011, betreffend Rinderprämien für das Jahr 2009, zu Recht erkannt:

Normen

32000R1760 Rindfleisch Kennzeichnung Etikettierung Art7 Abs1;
32000R1760 Rindfleisch Kennzeichnung Etikettierung Art7 Abs3;
32004R0796 GAP-BeihilfenDV Art57 Abs4;
MOG RinderkennzeichnungsV 2008 §5 Abs3 Z10;
MOG RinderkennzeichnungsV 2008 §6 Abs1;
32000R1760 Rindfleisch Kennzeichnung Etikettierung Art7 Abs1;
32000R1760 Rindfleisch Kennzeichnung Etikettierung Art7 Abs3;
32004R0796 GAP-BeihilfenDV Art57 Abs4;
MOG RinderkennzeichnungsV 2008 §5 Abs3 Z10;
MOG RinderkennzeichnungsV 2008 §6 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 24. Februar 2010 wurden dem Beschwerdeführer für das Kalenderjahr 2009 unter spruchgemäßer Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 73/2009 Rinderprämien in der Höhe von insgesamt EUR 1.730,-- gewährt.

Mit dem weiteren erstinstanzlichen Bescheid vom 29. Juni 2010 sprach der Vorstand für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria aus, dass sein Bescheid vom 24. Februar 2010 dahin abgeändert werde, dass dem Beschwerdeführer für das Kalenderjahr 2009 unter Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 73/2009 Rinderprämien in der Höhe von (nur) zu insgesamt EUR 1.330,-- gewährt würden. Der auf Grund des Bescheides vom 24. Februar 2010 zu Unrecht überwiesene Mehrbetrag von EUR 400,-- werde samt Zinsen zurückgefordert.

Aus der Begründung dieses Bescheides lässt sich entnehmen, dass die Kürzung auf Grund von "Unregelmäßigkeiten bei beihilfefähigen Rindern" im Bereich der Schlachtprämien vorgenommen wurde; die erwähnten "Unregelmäßigkeiten" seien bei maximal drei Tieren festgestellt worden, weshalb alle Rinderprämien des Jahres 2009 um den festgestellten Differenzprozentsatz von 22,22 % im Hinblick auf Art. 59 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 zu kürzen gewesen seien.

1.2. Gegen den Abänderungsbescheid vom 29. Juni 2010 erhob der Beschwerdeführer eine Berufung, in der er ausführte, dass bei der Vor-Ort-Kontrolle durch Mitarbeiter der AMA unter anderem die Viehverkehrsscheine kontrolliert worden seien und dabei die Feststellung getroffen worden sei, dass "zwei" nicht vorhanden seien; es sei aber - nach den Berufungsausführungen - diesbezüglich "offensichtlich überhaupt kein Interesse vorhanden (gewesen), die Angelegenheit zu klären", sodass sie dem Beschwerdeführer nicht "besonders wichtig" erschienen sei. Auf Grund des Bescheides vom 29. Juni 2010 sei der Beschwerdeführer der Sache nachgegangen und habe im Bestandverzeichnis festgestellt, dass die (offenbar verfahrensgegenständlichen) näher bezeichneten Zwillingskälber am 4. Mai bzw. am 28. Juli 2009 im Betrieb des Beschwerdeführers geschlachtet worden seien. Der Anlass dieses Eigenverbrauchs seien zwei große Feste anlässlich des 70. Geburtstages des Beschwerdeführers gewesen.

Mit der Berufung zusammen wurden Kopien der Abgangsmeldungen wegen Hausschlachtung vorgelegt.

1.3. Mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid vom 11. März 2011 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab.

Der Beschwerdeführer habe laut der Rinderdatenbank mit 1. Jänner 2009 sechs Fleischrassekühe und eine Kalbin gehabt. Im Jahre 2009 seien vier Rinder (unter anderem die verfahrensgegenständlichen) geschlachtet worden.

Am 27. Jänner 2010 habe eine Vor-Ort-Kontrolle auf dem Betrieb des Beschwerdeführers stattgefunden; aus dem Kontrollbericht sei ersichtlich, dass bei den verfahrensgegenständlichen, näher bezeichneten Rindern "die Belege fehlten". Diese beiden Rinder seien auf dem Betrieb des Beschwerdeführers als Zwillingsgeburten am 27. Dezember 2009 (richtig wohl: 2008) geboren worden und auf dem Betrieb des Beschwerdeführers, der über eine Veterinärnummer verfüge, am 4. Mai und 28. Juli 2009 geschlachtet worden; die Tiere hätten sich somit ihr ganzes Leben auf den Betrieb des Beschwerdeführers befunden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde entscheidungswesentlich aus, dass nach den Bestimmungen der Tierseuchen-Untersuchungspflicht-Verordnung bei Rindern jedenfalls eine Schlachttier- und eine Fleischuntersuchung durchzuführen gewesen wäre. Dies gelte auch bei ausschließlich häuslicher Verwendung des Fleisches, wobei diesbezüglich § 2 der genannten Verordnung eine Einschränkung des Untersuchungsumfanges insoweit vornehme, als Rinder mit einem Alter bis zu zwei Jahren allein einer Fleischuntersuchung unterlägen. Mit einem Alter von zwei Jahren und darüber unterlägen sie sowohl einer Schlachttierals auch einer Fleischuntersuchung.

Weiters sei über die durchgeführte Untersuchung dem Tierhalter eine Bestätigung auszustellen, in der das Ergebnis der Untersuchung vermerkt sei und die den Hinweis enthalte: "Nur zur privaten häuslichen Verwendung. Das Fleisch darf nicht in Verkehr gebracht werden."

Eine derartige Bestätigung sei aber im Zeitpunkt der Vor-Ort-Kontrolle für die beiden verfahrensgegenständlichen Kälber nicht vorgelegen, sodass die Zuverlässigkeit der Angaben in der Rinderdatenbank nicht zweifelsfrei hätte festgestellt werden können. Die beiden Tiere seien daher als "nicht ermittelt" im Sinne des Art. 2 Abs. 23 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 anzusehen gewesen, sodass nach Art. 57 Abs. 3 der genannten Verordnung keine Schlachtprämie für diese beiden Rinder habe gewährt werden können.

Darüber hinaus seien die Sanktionsbestimmungen der erwähnten Verordnung für alle anderen Rinder, die die Prämienvoraussetzungen an sich erfüllten, anzuwenden gewesen, was zu einer Kürzung des Prämienbetrages nach Art. 59 der erwähnten Verordnung geführt habe. Die Berechnung sei daher im Verhältnis der beantragten Tiere erfolgt, die als nicht ermittelt zu gelten hätten (die verfahrensgegenständlichen zwei Stück), zu allen übrigen beantragten Tieren (neun Stück), die als ermittelt anzusehen seien. Der ermittelte Prozentsatz ergebe 22,22 %, sodass für die neun Rinder, die die Prämienvoraussetzungen erfüllten, der Prämienbetrag um 22,22 % zu kürzen sei.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Nach Art. 116 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Jänner 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 , ABl. L 30 vom 31. Jänner 2009, Seite 161, kann ein Betriebsinhaber, der in seinem Betrieb Rinder hält, auf Antrag für die Gewährung einer Schlachtprämie in Betracht kommen. Die Prämie wird innerhalb der festzulegenden nationalen Höchstgrenzen bei Schlachtung prämienfähiger Tiere oder bei ihrer Ausfuhr nach einem Drittland gewährt. Die Schlachtprämie kann (lit. b) für Kälber im Alter von mehr als einem und weniger als acht Monaten mit einem Schlachtkörpergewicht bis zu 185 kg gewährt werden.

Eine ähnliche Regelung enthielt auch Art. 130 der von der belangten Behörde offenbar irrtümlich zitierten Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 .

Nach Art. 117 der erwähnten Verordnung (EG) Nr. 73/2009 werden die Zahlungen im Rahmen dieses Abschnittes nur für Tiere gewährt, die entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 gekennzeichnet und registriert sind. Ein Tier gilt jedoch auch dann als prämienfähig, wenn die Angaben gemäß Art. 7 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 der zuständigen Behörde am ersten Tag des Haltungszeitraums des betreffenden Tieres gemäß der Bestimmung nach dem in Art. 141 Abs. 2 genannten Verfahren mitgeteilt worden sind.

Die hier angesprochene Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates, ABl. L 204 vom 11. August 2000, Seite 1, bestimmt in ihrem Art. 1 Abs. 1, dass jeder Mitgliedstaat nach Maßgabe dieses Titels ein System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern schafft. Nach Abs. 2 erster Satz leg. cit. gilt dieser Titel unter anderem unbeschadet von Seuchentilgungs- und Seuchenbekämpfungsvorschriften der Gemeinschaft.

Gemäß Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 beruht das System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern auf folgenden Elementen:

  1. a) Ohrmarken zur Einzelkennzeichnung von Tieren,
  2. b) elektronischen Datenbanken,
  3. c) Tierpässen und
  4. d) Einzelregistern in jedem Betrieb.

    Die unter anderem zur Durchführung des Titels I der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 ergangene Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Kennzeichnung und Registrierung von Rindern (Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008), BGBl. II Nr. 201, in der hier anzuwendenden Stammfassung, bestimmt in ihrem § 5 Abs. 3, dass die elektronische Datenbank folgende Angaben zu enthalten habe:

  1. "1. die Kennzeichnung nach § 3,
  2. 2. das Geburtsdatum,
  3. 3. das Geschlecht,
  4. 4. die Rasse,
  5. 5. das Datum des Zu- oder Abgangs zum oder vom jeweiligen Betrieb,

    6. im Fall einer Kennzeichnung gemäß § 3 Abs. 4 die Zuordnung der neuen Ohrmarke zur Ohrmarke des Drittlandes,

    7. allenfalls den Zeitpunkt des Todes des Tieres im Haltungsbetrieb,

  1. 8. das Datum der jeweiligen Meldung,
  2. 9. alle weiteren für die Ausstellung des Tierpasses gemäß § 7 notwendigen Daten und

    10. veterinärrelevante Daten, soweit diese zur Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben der Veterinärverwaltung im Rahmen der Tierseuchenbekämpfung und zum Schutz der menschlichen Gesundheit notwendig sind."

    § 6 der erwähnten Verordnung regelt näher die Meldungen durch den Tierhalter. Die Abs. 1, 5 und 6 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

"(1) Tiergeburten, Todesfälle (Schlachtungen und Verendungen) von gekennzeichneten Tieren sowie jede Umsetzung von Tieren in den oder aus dem Betrieb sind unter Angabe der für den Tierpass nötigen, ergänzenden Daten innerhalb von sieben Tagen zu melden.

...

(5) Die Meldungen nach Abs. 1 bis 4 sind telefonisch, schriftlich oder online unbeschadet des § 5 Abs. 1 bei der AMA einzubringen.

(6) Für die Einhaltung der Frist ist der Eingang maßgeblich."

Nach § 7 Abs. 1 der erwähnten Verordnung ist ein Tierpass (nur) auf Antrag für Zwecke des innergemeinschaftlichen Handels an den Tierhalter auszugeben. Nach Abs. 2 Z. 3 lit. cit. hat der Tierpass unter anderem Angaben über Gesundheitsstatus und Sperrvermerke (lit. b) und Bestätigungsvermerke durch die Amtstierärzte (lit. d) zu enthalten.

Nähere Bestimmungen hinsichtlich der unionsrechtlichen Regelungen über die Beihilfengewährung enthält die Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem gemäß den Verordnungen (EG) Nr. 1782/2003 und (EG) Nr. 73/2009 des Rates sowie mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates, ABl. L 141 vom 30. April 2004, Seite 18.

Art. 35 der eben genannten Verordnung regelt näher den Gegenstand der Vor-Ort-Kontrollen; die Abs. 1 und 2 dieses Artikels lauten wie folgt (auszugsweise):

"(1) Die Vor-Ort-Kontrollen erstrecken sich auf sämtliche Tiere, für die im Rahmen der zu kontrollierenden Beihilferegelungen Beihilfeanträge gestellt wurden, und im Fall von Beihilferegelungen für Rinder auch auf die nicht beantragten Rinder.

(2) Die Vor-Ort-Kontrollen umfassen insbesondere:

(a) Überprüfungen, ob die Zahl der im Betrieb vorhandenen Tiere, für die Beihilfeanträge eingereicht wurden, sowie die Zahl der nichtbeantragten Rinder der Zahl der Tiere in den Registern - im Fall von Rindern - der Zahl der an die elektronische Datenbank für Rinder gemeldeten Tiere entspricht;

(b) In Bezug auf die Beihilferegelungen für Rinder Überprüfungen

"(2) In keinem Fall darf die Beihilfe für mehr Tiere gewährt werden, als im Beihilfeantrag angegeben sind.

(3) Liegt die Zahl der in einem Beihilfeantrag angegebenen Tiere über der Zahl der bei Verwaltungskontrollen oder Vor-Ort-Kontrollen ermittelten Tiere, so wird der Beihilfebetrag unbeschadet der Artikel 59 und 60 anhand der Zahl der ermittelten Tiere berechnet.

...

(4) Werden Verstöße gegen die Vorschriften des Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern festgestellt, so gilt Folgendes:

(a) Ein Rind, das eine der beiden Ohrmarken verloren hat, gilt dennoch als ermittelt, wenn es durch die übrigen Elemente des Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern eindeutig identifiziert werden kann.

(b) Handelt es sich bei den festgestellten Verstößen um fehlerhafte Eintragungen in das Register oder die Tierpässe, so gilt das betreffende Tier erst dann als nicht ermittelt, wenn derartige Fehler bei mindestens zwei Kontrollen innerhalb von 24 Monaten festgestellt werden. In allen anderen Fällen gelten die betreffenden Tiere nach der ersten Feststellung als nicht ermittelt.

..."

Kürzungen und Ausschlüsse in Bezug auf Rinder, für die eine Beihilfe beantragt wurde, werden in Art. 59 der erwähnten Verordnung geregelt. Die Abs. 1 und 3 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

"(1) Wird in Bezug auf Beihilfeanträge im Rahmen der Beihilferegelungen für Rinder eine Differenz zwischen der angegebenen Zahl der Tiere und der gemäß Artikel 57 Absatz 3 ermittelten festgestellt, so ist der Gesamtbetrag, auf den der Betriebsinhaber im Rahmen dieser Beihilferegelungen für den betreffenden Prämienzeitraum Anspruch hat, um den gemäß Absatz 3 dieses Artikels zu bestimmenden Prozentsatz zu kürzen, wenn bei höchstens drei Tieren Unregelmäßigkeiten festgestellt werden.

(3) Zur Bestimmung der in den Absätze 1 und 2 genannten Prozentsätze wird die Gesamtzahl der in den betreffenden Prämienzeitraum im Rahmen der Beihilferegelungen für Rinder beantragten Rinder, bei denen Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden, durch die Gesamtzahl der für diesen Prämienzeitraum ermittelten Rinder dividiert."

Nach der Definition des Art. 2 Z. 23 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 gilt als "ermitteltes Tier" (nur) ein Tier, das allen in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen genügt.

Die Erwägungsgründe 22, 43 und 44 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 führen in diesem Zusammenhang aus wie folgt (auszugsweise):

"(22) Nach der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates sind Rinderhalter verpflichtet, Angaben zu diesen Tieren an eine elektronische Datenbank zu übermitteln. Nach Artikel 138 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 werden Prämien im Rahmen der Beihilferegelungen für Rinder nur für Tiere gewährt, die entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 ordnungsgemäß gekennzeichnet und registriert sind. ...

(43) Für den Fall, dass ein Mitgliedstaat sich für die Anwendung der verschiedenen Beihilferegelungen für Rinder entscheidet, sollte, da gemäß Artikel 138 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 die ordnungsgemäße Kennzeichnung und Registrierung der Rinder eine Beihilfevoraussetzung ist, gewährleistet sein, dass die Gemeinschaftsbeihilfen nur für vorschriftsmäßig gekennzeichnete und registrierte Rinder gewährt werden. In die diesbezüglichen Kontrollen sollten auch solche Rinder einbezogen werden, die derzeit noch nicht Gegenstand eines Beihilfeantrags sind, dies aber künftig sein können, weil wegen der Besonderheiten mehrerer Beihilferegelungen für Rinder die Prämie für diese Tiere in vielen Fällen erst beantragt wird, nachdem sie den Betrieb bereits verlassen haben.

(44) Für den Fall, dass ein Mitgliedstaat sich für die Anwendung der Schlachtprämie entscheidet, sind Bestimmungen über die in den Schlachthöfen durchzuführenden Kontrollen vorzusehen, um dort zu überprüfen, ob die beantragten Tiere beihilfefähig und die in der elektronischen Datenbank enthaltenen Angaben korrekt sind. ..."

2.2. Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid von den unwidersprochenen Angaben des Beschwerdeführers ausgegangen, wonach die beiden verfahrensgegenständlichen Rinder im Betrieb des Beschwerdeführers geboren und für den "Eigenverbrauch" aus Anlass von Geburtstagsfeierlichkeiten des Beschwerdeführers geschlachtet wurden. Die belangte Behörde hat auch nicht festgestellt, dass die diesbezüglichen Meldungen des Beschwerdeführers an die elektronische Datenbank unrichtig gewesen wären. Die belangte Behörde hat die von ihr im Instanzenzug vorgenommene Kürzung der Rinderprämie (Schlachtprämie) allein darauf gestützt, dass bei der Vor-Ort-Kontrolle "Belege" (Bestätigungen über die vom Amtstierarzt durchgeführte veterinärmedizinische Fleischuntersuchung) nicht vorhanden gewesen wären. Es habe daher die Zuverlässigkeit der Angaben in der Rinderdatenbank nicht zweifelsfrei festgestellt werden können. Es seien daher - so die Behörde weiter - die beiden Tiere nicht als ermittelt im Sinne des Art. 2 Z. 23 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 anzusehen gewesen, was die vorgenommene Kürzung nach sich zu ziehen habe.

Steht aber nach dem von der Behörde - ansonsten - selbst zu Grunde gelegten Sachverhalt die Richtigkeit der Angaben in der elektronischen Datenbank fest, so ist eine Verpflichtung des Betriebsinhabers (des Beschwerdeführers) zur Vorlage der erwähnten veterinärmedizinischen Bestätigungen jedenfalls aus beihilfenrechtlicher Sicht nicht erkennbar.

Dagegen kann auch nicht eingewandt werden, dass nach der zitierten Bestimmung des § 5 Abs. 3 der Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008 die elektronische Datenbank (auch) veterinärrelevante Daten zu enthalten hat, soweit diese zur Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben der Veterinärverwaltung im Rahmen der Tierseuchenbekämpfung und zum Schutz der menschlichen Gesundheit notwendig sind. Einerseits ist nämlich dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 der erwähnten Verordnung eine ausdrückliche Meldepflicht des Tierhalters nicht zu entnehmen und andererseits (und aus beihilfenrechtlicher Sicht vor allem) auch nicht dem System der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 . Art. 57 Abs. 4 der erwähnten Verordnung (EG) Nr. 796/2004 normiert zwar Sanktionen bei Verstößen gegen die Vorschriften des Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern, bezieht sich jedoch auf die Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 . Diese enthält jedoch keine Vorschrift über die Vorlage von veterinärmedizinischen Bestätigungen. Art. 7 Abs. 1 leg. cit. legt nämlich den Tierhaltern nur die Verpflichtung auf, ein Register auf dem neuesten Stand zu halten und der zuständigen Behörde ab dem Zeitpunkt, zu dem die elektronische Datenbank voll betriebsfähig ist, die genauen Daten jeder Umsetzung von Tieren in den oder aus dem Betrieb sowie die Daten aller Tiergeburten und Todesfälle bei Tieren im Betrieb innerhalb einer vom Mitgliedstaat festgesetzten Frist von drei bis sieben Tagen nach dem betreffenden Ereignis mitzuteilen. Auch hat nach der Bestimmung des Abs. 3 des erwähnten Art. 7 leg. cit. der Tierhalter der zuständigen Behörde auf Anfrage alle Informationen (nur) über Herkunft, Kennzeichnung und gegebenenfalls Bestimmung von Tieren vorzulegen, die er besessen, gehalten, befördert, vermarktet oder geschlachtet hat.

Daraus folgt, dass - entgegen der offenbar von der belangten Behörde vertretenen Ansicht - die Nichtvorlage der in § 5 Abs. 3 Z. 10 der (österreichischen) Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008 erwähnten veterinärrelevanten Daten jedenfalls dann nicht mit den in der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 geregelten Folgen sanktioniert ist, wenn ansonsten keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben in der Rinderdatenbank bestehen.

2.3. Da die Behörde sohin von einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht ausgegangen ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 27. Jänner 2012

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte