VwGH 2011/15/0053

VwGH2011/15/005324.10.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der E GmbH in S, vertreten durch die Hopmeier Wagner Kirnbauer Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Rathausstraße 15, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 24. Jänner 2011, Zlen. RV/2569-W/09, RV/2511-W/10, betreffend Bescheidaufhebung (Umsatzsteuer 2007) sowie Umsatzsteuer 2007 und 2008, zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1994 §4 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH betreibt ein Unternehmen mit dem Gegenstand "Vermittlung und Betrieb von Lottospielgemeinschaften".

Mit Bescheid vom 4. Juni 2008 wurde die Beschwerdeführerin erklärungsgemäß zur Umsatzsteuer 2007 veranlagt. In der Umsatzsteuererklärung waren nicht die vollen Einnahmen, welche die Beschwerdeführerin von ihren Kunden erhalten hatte, ausgewiesen, sondern die rechnerisch um die Kosten der Lottoscheine (also um die von der Beschwerdeführerin an die Lottogesellschaft gezahlten Tippgebühren) geminderten Einnahmen.

Mit Bescheid vom 14. Jänner 2009 hob das Finanzamt diesen Umsatzsteuerbescheid 2007 gemäß § 299 BAO auf, erließ einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 2007 und unterwarf in diesem die Zahlungen, welche die Beschwerdeführerin von ihren Kunden erhielt, zur Gänze (also einschließlich der Kosten der Lottoscheine) der Umsatzsteuer (Steuersatz 20%). Als Begründung führte das Finanzamt an, die Tätigkeit der Beschwerdeführerin bestehe im Wesentlichen im Finden und Zusammenführen von Spielinteressierten zu einer Spielgemeinschaft, in der Verwaltung der Spielgemeinschaft, in der organisatorischen Abwicklung und Kontrolle der Lotto-Tipps für die Spielgemeinschaft sowie in der Gewinnaufteilung und -auszahlung an die Mitglieder der Spielgemeinschaft. Dies sei keine steuerfreie Besorgungsleistung iSd § 3a Abs. 4 iVm § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. aa UStG 1994. Die von den Kunden an die Beschwerdeführerin geleisteten monatlichen Zahlungen seien Teil des Entgelts für die Leistungserbringung. Sie seien auch nicht insoweit durchlaufende Posten, als sie von der Beschwerdeführerin für die Begleichung der Spieleinsätze verwendet worden seien. Es komme keine unmittelbare Leistungs- und Rechtsbeziehung zwischen den Kunden der Beschwerdeführerin und der Lotteriegesellschaft zustande. Vielmehr sei die Beschwerdeführerin in die Leistungsbeziehung eingeschaltet, sei doch sie Teilnehmerin der Glückspiele und verpflichte sie sich den Kunden gegenüber zur Spielteilnahme. Die Beschwerdeführerin und nicht der einzelne Kunde stehe in einem schuldrechtlichen Verhältnis zur Lotteriegesellschaft. Eine Vereinnahmung und Verausgabung in fremdem Namen und auf fremde Rechnung liege nicht vor.

Auch im Umsatzsteuerbescheid 2008 behandelte das Finanzamt die Zahlungen, welche die Beschwerdeführerin von ihren Kunden erzielte, als steuerpflichtige Entgelte.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diese Bescheide Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Bescheidbegründung wird - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Relevanz - ausgeführt:

Die Beschwerdeführerin übernehme es, Spielinteressenten zu Spielgemeinschaften für Lotto 6 aus 45 sowie Euromillionen zusammenzuführen, für die gegründeten Spielgemeinschaften Spielreihen zu entwickeln, diese Spielreihen zu spielen (insbesondere mittels Lottoscheinen oder elektronisch) sowie Gewinne auf die Mitglieder der jeweiligen Spielgemeinschaft entsprechend deren Anteilen an der Spielgemeinschaft aufzuteilen und auszuzahlen.

Jeder Kunde zahle der Beschwerdeführerin den monatlichen Beitrag von 49 EUR. Pro Spielgemeinschaft gebe es 110 Mitspieler. Bei Lotto 6 aus 45 würden jeweils 100 Tipps am Mittwoch und 100 Tipps am Sonntag, bei Euromillionen 100 Tipps jeden Freitag gespielt.

Für den gegenständlichen Fall sei von Bedeutung, dass die Gewinnchance, die eine einzelne Person bei Beteiligung an Lotto bzw. Euromillionen mittels eines Tipps auf einem Lottoschein (Abschluss eines Spielvertrages mit der Österreichischen Lotterien GmbH) erwerbe, von anderer Art sei als jene, die sich für die Kunden der Beschwerdeführerin durch Abschluss eines Vertrages mit ihr ergäben. Die Beschwerdeführerin verschaffe ihren Kunden die Chance auf einen Bruchteil des Gewinnes eines Tipps und somit eine Gewinnchance anderer Art. Den Kunden werde also die Chance auf den Bruchteilsgewinn, den eine aus vielen Personen bestehende Spielgemeinschaft erspiele, verschafft. Die Beschwerdeführerin agiere nicht als mittelbare Stellvertreterin, sie handle auch nicht auf fremde Rechnung. Die Leistung der Beschwerdeführerin enthalte auch Komponenten, wie das Erstellen der zu spielenden Zahlenkombination (Entwickeln der Spielreihen), das Ausfüllen der Tippscheine und Einreichung bei der Lottogesellschaft bzw. die Abgabe der Tipps auf Datenträgern, etc. Erst dieses Gesamtpaket stelle sich als die für die Kunden wirtschaftlich sinnvolle einheitliche Leistung dar. Insbesondere das Auffinden anderer Teilnehmer und das Bilden von Spielgemeinschaften würden von der Beschwerdeführerin ihren Kunden und potenziellen Kunden gegenüber besonders angepriesen und von den Kunden für wesentlich gehalten.

Der jeweilige Kunde sei bereit, diese Leistungen eigener Art besonders zu honorieren, werde doch nicht einmal die Hälfte des laufend vom einzelnen Kunden an die Beschwerdeführerin überwiesenen Betrages für den Erwerb von Lottoscheinen der Lottogesellschaft eingesetzt. Dass bloß ein solch geringer Anteil der laufenden Zahlungen des Kunden für den Erwerb von Lottoscheinen Verwendung finde, werde dem Kunden nicht klar vorgerechnet. Im Großen und Ganzen erschließe sich der Betrag aber aus den Angaben auf der Internetseite der Beschwerdeführerin, nämlich aus der Höhe der monatlichen Zahlung pro Teilnehmer (49 EUR), der Anzahl der Teilnehmer pro Tippgemeinschaft (110) und der Anzahl der pro Tippgemeinschaft jeweils gekauften Tipps (100 Lottotipps, 8 bis 9 mal pro Monat plus 100 Tipps Euromillionen jeden Freitag, somit 4 bis 5 mal pro Monat).

Nur im Hinblick auf die besondere (andere) Art der Leistung der Beschwerdeführerin sei der Kunde bereit, einen signifikant höheren Preis zu bezahlen als bei der Lotto-Annahmestelle. Auf diese Leistung der Beschwerdeführerin sei keine Steuerbefreiung anwendbar.

In der Berufung werde beantragt, jenen Teil der von den Kunden geleisteten Spielbeiträge, den die Beschwerdeführerin für die Begleichung der Spieleinsätze verwende, als durchlaufende Posten zu behandeln.

Gemäß § 4 Abs. 3 UStG 1994 gehörten die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahme und verausgabe (durchlaufende Posten), nicht zum Entgelt.

Im gegenständlichen Fall sei es nicht möglich, den einzelnen Tipp einem einzelnen Kunden zuzuordnen. Die Tipps würden jeweils für die Spielgemeinschaft in ihrer Gesamtheit abgegeben und nicht für eine bestimmte Einzelperson. Das schließe die Zuordnung eines konkreten Tipps direkt an einen einzelnen (einzigen) Kunden aus. Dass die Beschwerdeführerin über die Zugehörigkeit eines Kunden zu einer bestimmten Spielgemeinschaft eine - zudem nur anteilsmäßige -

Zuordnung (rechnerisch) vornehmen könne, ändere daran nichts.

Zudem sei dem Kunden die exakte Höhe jenes Betrages aus seinen laufenden Zahlungen, der an die Lotteriegesellschaft als Entgelt für die Tipps gezahlt werde, nicht bekannt. Die Beschwerdeführerin bringe dazu vor, es ergebe sich aus den Geschäftsbedingungen, wie hoch die jeweiligen Tippgebühren (pro Einzeltipp) seien; für den Kunden sei ersichtlich, mit wie vielen anderen Spielern er spiele. Daraus erschließe sich für ihn, welcher Betrag auf die Tippgebühr entfalle. Dem halte die belangte Behörde aber entgegen, dass die bloße Erschließbarkeit nicht ausreiche, um davon ausgehen zu können, dass dem Kunden die exakte Höhe des auf das Tippentgelt entfallenden Teiles seiner laufenden Zahlungen bekannt sei.

Es seien sohin keine durchlaufenden Posten gegeben.

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO könne die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweise.

Die Einnahmen der Beschwerdeführerin seien weder nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. aa UStG 1994 steuerfrei noch stellten sie durchlaufende Posten iSd § 4 Abs. 3 UStG 1994 dar. Sie zählten vielmehr zu den steuerpflichtigen Umsätzen. Daher sei der Spruch des Umsatzsteuerbescheides 2007 vom 4. Juni 2008 unrichtig gewesen.

Aufhebungen nach § 299 BAO lägen im Ermessen der Abgabenbehörde. Für die Ermessensübung sei im gegenständlichen Fall das Prinzip der Rechtmäßigkeit der Besteuerung von Bedeutung. Die Aufhebung führe auch nicht zu bloß unwesentlichen Folgen, resultiere aus ihr doch eine Nachforderung an Umsatzsteuer von 1.875,66 EUR.

Bei Ermessensentscheidungen sei dem Grundsatz von Treu und Glauben Rechnung zu tragen. Dem Veranlagungsakt sei zu entnehmen, dass, worauf die Beschwerdeführerin in der Berufungsverhandlung verwiesen habe, die Frage, ob die Spieleinsätze einen durchlaufenden Posten darstellten, im September 2007 Gegenstand einer E-Mail-Anfrage der Beschwerdeführerin und einer bestätigenden E-Mail-Auskunft des Finanzamtes gewesen sei. Eine unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes von Treu und Glauben relevante Enttäuschung im Vertrauen auf eine von der Abgabenbehörde erteilte Rechtsauskunft könnte allerdings nur dann vorliegen, wenn diese Auskunft Grundlage für eine die Steuerfolgen auslösende Disposition des Steuerpflichtigen gewesen wäre. Derartiges sei weder mit dem Einwand in der Berufung, das Finanzamt habe durch die Erlassung des Umsatzsteuerbescheides vom 4. August 2008 einen Vertrauenstatbestand geschaffen, noch mit dem Vorbringen in der Berufungsverhandlung, die Steuererklärung sei auf Grund der Rechtsauskunft des Finanzamtes erstellt worden, aufgezeigt worden.

Die Beschwerdeführerin behaupte nicht einmal, dass sie im Vertrauen auf die Auskunft des Finanzamtes bestimmte Besteuerungstatbestände verwirklicht hätte, zu denen es ohne diese Auskunft nicht gekommen wäre. Davon abgesehen sei in Anbetracht der in der Berufung (Anmerkung: nicht mehr im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof) für das Fehlen der Umsatzsteuerpflicht der Spieleinsätze ins Treffen geführten Rechtsansicht, diese seien als Besorgung von Glückspielumsätzen umsatzsteuerfrei, anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin ihre Tätigkeit jedenfalls und unabhängig von der auf das Vorliegen durchlaufender Posten bezogenen Auskunft des Finanzamtes zu den von ihr festgelegten Bedingungen aufgenommen bzw. durchgeführt hätte. In diesem Zusammenhang sei auch anzumerken, dass die Beschwerdeführerin bereits Monate vor der Finanzamtsauskunft ihre Tätigkeit aufgenommen und Vorleistungen in Anspruch genommen habe. Dass die Beschwerdeführerin ihre Dispositionen in Bezug auf die Zusammenführung von Spielinteressenten zu Spielgemeinschaften gerade wegen der Auskunft des Finanzamtes deshalb getroffen habe, sei daher auch aus diesem Grund auszuschließen.

Die Verfügung der Bescheidaufhebung liege somit innerhalb der vom Gesetz vorgegebenen Grenzen.

 

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 3 UStG 1994 gehören die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten), nicht zum Entgelt.

In der Beschwerde wird vorgebracht, jener Teil der Zahlungen der Kunden der Beschwerdeführerin, welcher an die Lotteriegesellschaft als Spielgebühr (Entgelt für Lottoscheine) gegangen sei, stelle einen durchlaufenden Posten dar, der gemäß § 4 Abs. 3 UStG 1994 nicht zum umsatzsteuerpflichtigen Entgelt zähle.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Feststellung getroffen, dass dem einzelnen Kunden die exakte Höhe der monatlich an die Lotteriegesellschaft gezahlten Spielgebühr nicht bekannt gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe für die Spielgemeinschaft (von im Regelfall 110 Teilnehmern) Spieleinsätze getätigt. Dass der einzelne Kunde, der monatlich 49 EUR an die Beschwerdeführerin zahle, den auf ihn entfallenden Betrag erschließen könne, sei einer Offenlegung des konkreten Betrages nicht gleichzuhalten. Die belangte Behörde hat zudem darauf verwiesen, dass bei der Lotteriegesellschaft nur mit jeweils einzelnen "Tipps" gespielt werde, im gegenständlichen Fall dem einzelnen Kunden aber kein konkreter Tipp zugeordnet werden könne. Vielmehr ordne die Beschwerdeführerin jeweils einzelne Tipps (rechnerisch) der Spielgemeinschaft, die im Regelfall aus 110 Teilnehmern bestehe, zu.

Der Verwaltungsgerichthof hat im Erkenntnis vom 29. Juli 2010, 2008/15/0272, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, zu einer vergleichbaren Betätigung der Erstellung von Spielgemeinschaften für Zwecke des Lottospielens ausgesprochen, es liegt kein durchlaufender Posten vor, wenn dem Kunden die exakte Höhe jenes Betrages aus seinen laufenden Zahlungen, der an die Lotteriegesellschaft als Entgelt für Lotto-Tipps gezahlt wird, nicht bekannt ist. Es steht der Annahme eines durchlaufenden Postens auch entgegen, dass kein einzelner Tipp oder Lottoschein (und damit Wettvertrag mit der Lottogesellschaft) direkt einem einzelnen Kunden zuordenbar ist. Zu einem Abgehen von dieser Rechtsauffassung sieht sich der Verwaltungsgerichtshof durch den Beschwerdefall nicht veranlasst.

Über eine vergleichbare Tätigkeit einer GmbH, die Kunden für von ihr gebildete Spielgemeinschaften geworben hatte, für welche sie mit von ihr erstellten Zahlenreihen an den vom Deutschen Lottoblock ausgespielten Ziehungen teilnahm, indem sie entsprechende Spielscheine ausstellte und den Lotterieeinsatz entrichtete, hat der deutsche Bundesfinanzhof mit Urteil vom 4. Mai 2011, XI R 4/98, abgesprochen. Der Bundesfinanzhof ist zum Ergebnis gekommen, dass die GmbH mit ihren Serviceleistungen - wie Organisation und Durchführung der Spielgemeinschaften und Erstellung von Zahlenreihen - nebst vermittelter Lottospielteilnahme eine einheitliche Leistung erbringt und die von ihr vereinnahmten Spieleinsätze nicht als durchlaufende Posten zu behandeln sind. Die Aufspaltung in mehrere selbständige Leistungen sei tatsächlich nicht möglich und wäre wirklichkeitsfremd. Die Serviceleistungen seien somit nicht nur Nebenleistung zum vermittelten Lottospiel, sondern Teil einer einheitlichen (umsatzsteuerpflichtigen) Leistung.

Der Bundesfinanzhof führt in seinem Urteil aus, die Annahme eines durchlaufenden Postens setze voraus, dass unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen zwei Beteiligten bestünden, in die der Unternehmer nur als vermittelnde Person, wie eine Zahlstelle, zwischengeschaltet sei. Aus Gründen der Klarheit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung sei dabei ein eindeutiger Nachweis der Betätigung des Unternehmers als Zwischenperson bzw. Vermittler für die Beteiligten, zwischen denen die unmittelbaren Rechtsbeziehungen bestünden und für welche die vermittelnde Person auftrete, erforderlich. Dies setze grundsätzlich voraus, dass der Zahlungsverpflichtete und Zahlungsberechtigte jeweils Kenntnis vom Namen des anderen und der Höhe des gezahlten Betrages hätten. Bei der gegebenen Betätigung des Organisierens von Spielgemeinschaften seien diese Voraussetzungen nicht erfüllt und liege auch nicht ein Ausnahmefall vor, in welchem nach der Rechtsprechung ausnahmsweise (etwa weil nur Bagatellbeträge betroffen seien oder die Zwischenperson die Beträge lediglich als Bote weitergebe) auf die Kenntnis über ein Auftreten im fremden Namen und die Höhe des als durchlaufenden Postens zu behandelnden Betrags verzichtet werden könnte.

Somit vertritt auch der Bundesfinanzhof die vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29. Juli 2010 zum Ausdruck gebrachte Auffassung, dass es der Annahme durchlaufender Posten entgegensteht, wenn der Spielteilnehmer nicht exakt über die Höhe des Spieleinsatzes unterrichtet worden ist, und dass es ebenso der Annahme eines durchlaufenden Postens entgegen steht, wenn die Beträge nicht im Namen des Kunden (siehe hiezu die Vorgaben in Art. 79 Satz 1 Buchst. c der MwStSystRL 2006/112/EG) verauslagt worden sind.

In der Beschwerde wird eingewendet, aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beschwerdeführerin ergebe sich, dass sie im Namen der Kunden auftreten könne (Vollmacht). Die Beschwerdeführerin bestreitet damit aber nicht, dass sie der Lotteriegesellschaft gegenüber beim Erwerb des einzelnen Lottoscheins (Abgabe des einzelnen Tipps) nicht im Namen des einzelnen konkreten Kunden aufgetreten ist. Sie stellt überdies auch nicht dar, wie ein solches Auftreten überhaupt möglich wäre, ist doch bei der vorliegenden Gestaltung der einzelne Tipp nicht einem einzigen konkreten Spieler zuzuordnen.

Soweit die Beschwerde darauf verweist, die Lotteriegesellschaft habe gar kein Interesse an der Identität ihrer Vertragspartner, ist zu entgegnen, dass § 4 Abs. 3 UStG 1994 das Auftreten im fremden Namen zur Voraussetzung hat.

Zur Kenntnis über die Höhe der Kosten der abgegebenen Tipps wendet die Beschwerde ein, dass der einzelne Kunde durch Anstellung bestimmter Rechenoperationen ermitteln könne, welcher Teil seiner monatlichen Zahlung auf die "Tippgebühr" entfällt. Die Beschwerde lässt damit unbestritten, dass dem Kunden der konkrete Betrag der monatlichen "Tippgebühr" nicht bekannt gegeben wird. Im Übrigen ist zu der in der Beschwerde angestellten Berechnung der monatlichen "Tippgebühr" auf Folgendes zu verweisen: Die in der Beschwerde angestellte Berechnung geht davon aus, dass monatlich 110 Kunden der Spielgemeinschaft tatsächlich ihren Monatsbeitrag leisten, obwohl die lückenlose Entrichtung durch 110 Teilnehmer nicht von vornherein immer sichergestellt sein kann. Beim (finanziellen) Ausfall von Zahlungen von Spielteilnehmern der Spielgemeinschaft ergibt sich eine Änderung in der Aufteilung der entsprechenden Kosten. Zudem schwankt die Anzahl der Ziehungen von Monat zu Monat geringfügig (abhängig von der Lage der Wochentage).

Wie sich dies aus dem Vorstehenden ergibt, vermag die Beschwerde sohin nicht aufzuzeigen, dass die belangte Behörde zu Unrecht das Vorliegen durchlaufender Posten iSd § 4 Abs. 3 UStG 1994 verneint hat.

Die Beschwerde rügt abschließend die Ermessensübung in Bezug auf die Verfügung der Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 2007 gemäß § 299 BAO. Die Bescheidaufhebung verstoße gegen Treu und Glauben. Das Finanzamt habe nämlich mit E-Mail vom 24. September 2007 die Auskunft erteilt: "Da die Vereinnahmung und Verausgaben der Spieleinsätze seitens der (Beschwerdeführerin) auf fremden Namen und auf fremde Rechnung erfolgt (…) liegt ein durchlaufender Posten vor. (…)"

Dieses Beschwerdevorbringen zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die E-Mail Auskunft gibt, soweit sie sich auf durchlaufende Posten bezieht, im Wesentlichen den Inhalt des Gesetzestextes des § 4 Abs. 3 UStG 1994 wieder. Entscheidend ist im Beschwerdefall allerdings, dass sich ergeben hat, dass die tatsächliche Abwicklung der Vorgänge den Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 UStG 1994 nicht entsprochen hat, weil die Beschwerdeführerin nicht (im konkreten Einzelfall) bei Abgabe eines Tipps gegenüber der Lotteriegesellschaft den Namen des betreffenden Kunden bekannt gegeben hat und damit nicht in dessen Namen aufgetreten ist. Die E-Mail-Auskunft geht auch nicht darauf ein, dass in der tatsächlichen Geschäftsabwicklung dem Kunden die exakte Höhe des Geldbetrages, mit dem (gerade) für ihn (konkrete) Lottoscheine gekauft werden, nicht bekannt gegeben worden ist.

Ob die Voraussetzungen der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung iSd § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005, gegeben sind, hat der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall nicht zu prüfen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. Oktober 2013

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