VwGH 2011/13/0068

VwGH2011/13/006829.1.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Senatspräsidenten Dr. Fuchs sowie den Hofrat Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des Dipl. Ing. O jun. in B, vertreten durch Dr. Gernot Kerschhackel, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Wiener Straße 44-46/1/11, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 12. April 2011, Zl. RV/2999-W/09, miterledigt RV/3000-W/09, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2005 bis 2007, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §115 Abs2;
BAO §288 Abs1 litd;
VwGG §42 Abs2 Z3;
BAO §115 Abs2;
BAO §288 Abs1 litd;
VwGG §42 Abs2 Z3;

 

Spruch:

Der Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Beim Beschwerdeführer, der als Architekt, Ziviltechniker und Sachverständiger in den Streitjahren Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielte, fand im Jahr 2009 eine Außenprüfung über die Jahre 2005 bis 2007 statt. Strittig ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die dabei vorgenommene Korrektur der Privatanteile hinsichtlich dreier im Betriebsvermögen vorhandener Kfz, die Auswirkungen sowohl bei der Einkommensteuer als auch bei der Umsatzsteuer (für ein Kfz) nach sich zog.

Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom 28. April 2009 führte der Prüfer aus, die seitens des Beschwerdeführers vorgelegten Unterlagen zu den Privatanteilen für die Nutzung der Kfz seien "zu hinterfragen" gewesen, weil die erklärten betrieblichen Kilometer teilweise in keinem Verhältnis zum "einzigen erklärten Zielort" gestanden seien und an nahezu jedem Tag des Prüfungszeitraumes Fahrten zu einer Stadt (mit dem Vermerk "Div. (B.)") ohne nähere Zielangaben angeführt worden seien. Nach über Aufforderung beigebrachten teilweisen "Ergänzungen/Erläuterungen" sei nach nochmaliger Durchsicht der "jetzt partiell korrigierten Fahrtaufzeichnungen" der "PA Pkw im Schätzungswege ermittelt worden".

Die nachfolgende Auflistung im Prüfungsbericht weist für die einzelnen Kfz für die jeweiligen Streitjahre eine Erhöhung der erklärten Privatanteile von teilweise unter 10 % auf rund 30 % bis 45 % aus (ohne dass die Ermittlung dieser Prozentsätze näher erläutert wird).

In der Berufung gegen die auf der Grundlage des Prüfungsberichtes ergangenen Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2007 brachte der Beschwerdeführer vor, aus den Feststellungen des Prüfers gehe hervor, dass die Privatanteile um über 100 % erhöht worden seien. Selbst ohne Führung eines Fahrtenbuches werde im Allgemeinen nur ein Privatanteil von rund 20 % angesetzt und nach seinen Aufzeichnungen laut Fahrtenbuch seien ohnedies Privatanteile von "ca. 16 - 17 %" ausgeschieden worden. Ehefrau und Sohn hätten ein eigenes Kfz und wegen der Ausübung seiner Tätigkeiten teilweise auch an Wochenenden könnten die angeführten Privatkilometer nicht geleistet worden sein. Zum Vorwurf, die betrieblichen Kilometer seien in keinem Verhältnis zum "einzigen erklärten Zielort" gestanden, seien keinerlei Beispiele genannt worden und auch die Kritik an den Aufzeichnungen betreffend die Fahrten "diverse (B.)" seien (nach näher dargelegter Begründung) nicht zutreffend. Dies könne auch durch den Terminkalender des Beschwerdeführers bewiesen werden, in dem sich "dementsprechende Vermerke befinden (zB Gericht, Notar usw.)". Das Verwerfen der Fahrtenbücher durch den Prüfer sei nicht gerechtfertigt gewesen. Selbst unter der fälschlichen Annahme, die Gesamtsumme der Kilometer "diverse (B.)" sei nicht anzuerkennen, könnten außerdem "maximal diese Kilometer zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 % den Privatkilometern zugerechnet werden". Die entsprechenden Unterlagen (Fahrtenbücher, Terminkalender) könnten über Aufforderung beigebracht werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung hinsichtlich der strittigen Privatanteile keine Folge. Der Nachweis der Fahrtkosten sei grundsätzlich mittels eines Fahrtenbuches oder durch andere Aufzeichnungen zu führen, die eine verlässliche Beurteilung ermöglichten. Nach Ansicht der belangten Behörde lägen keine ordnungsgemäßen Fahrtenbücher vor. So fehlten beispielweise Angaben zu den Ausgangs- und Zielpunkten und teilweise zu den Zwecken der einzelnen Fahrten. Die in den auch nur auf elektronischem Weg erstellten Fahrtenbüchern angeführten Angaben zu den Orten seien zu ungenau (z.B. betreffend die Angaben "Div. (B.)"). Bei der Überprüfung der verschiedenen Reiseziele durch "Eingabe in einem Routenplaner" hätten sich weiters hohe Differenzen ergeben (beispielhaft werden hier "Fahrten mit dem Voyager im Jahr 2005" angeführt). Es sei dem Beschwerdeführer überlassen gewesen, durch Vorlage von möglichen Aufzeichnungen (z.B. durch Kalendereintragungen) Nachweise über diverse Reisebewegungen zu erbringen. Dem Beschwerdeführer sei es jedoch nicht gelungen, die behaupteten Kfz-Kosten durch Aufzeichnungen oder andere stichhaltige Beweismittel zu belegen oder glaubhaft zu machen. Wenn der Beschwerdeführer einwende, dass eine pauschale Annahme eines Privatanteiles von 30 % bzw. 45 % unrichtig sei, sei darauf hinzuweisen, dass derjenige, der zur Schätzung Anlass gebe, die mit jeder Schätzung verbundene Unsicherheit hinnehmen müsse.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Begründung eines Abgabenbescheides in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist. Auch ist auf das Vorbringen der Parteien im Berufungsverfahren sachverhaltsbezogen im Einzelnen einzugehen und das Parteiengehör zu wahren (vgl. dazu beispielsweise die hg. Erkenntnisse 3. Juli 2003, 98/15/0128, vom 30. Mai 2012, 2008/13/0230, und vom 21. November 2013, 2011/15/0122, mwN).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde eine Erhöhung der Kfz-Privatanteile durch die Außenprüfung des Finanzamtes um insgesamt über 100 % bestätigt, wobei allerdings die dafür herangezogenen Prozentsätze (von 30 % bis 45 %) auch im angefochtenen Bescheid in keiner Weise nachvollziehbar begründet werden, worauf auch die Beschwerde zu Recht hinweist. Zum erstmaligen Heranziehen eines (auch nicht näher determinierten) "Routenplaners" im angefochtenen Bescheid macht die Beschwerde weiters zutreffend die Verletzung des Rechts auf Parteiengehör geltend (die belangte Behörde habe hier u.a. auch unzulässig eine Vermischung von Fahrten vorgenommen). Weshalb die belangte Behörde dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren zu den Fahrten "diverse (B.)" etwa im Zusammenhang mit dem Terminkalender keine Beachtung geschenkt hat, geht aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht hervor, die auch ansonsten nicht näher auf das Vorbringen des Beschwerdeführers zu diesen Fahrten in der Berufung (und in der Gegenäußerung des Beschwerdeführers zur Berufungsstellungnahme des Prüfers) eingeht.

Der angefochtene Bescheid erweist sich damit schon deshalb mit wesentlichen Verfahrensmängeln belastet, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den geltend gemachten, in dieser Verordnung aber nicht vorgesehenen "Verfahrensaufwand".

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 29. Jänner 2014

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