Normen
FSG 1997 §23 Abs3;
FSG 1997 §23 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach der Aktenlage wurde dem Beschwerdeführer auf seinen Antrag im Hinblick auf einen von ihm vorgelegten nigerianischen Führerschein von der Bundespolizeidirektion Wien mit Bescheid vom 22. September 2009 eine österreichische Lenkberechtigung für die Klasse B erteilt.
Mit Bescheid vom 22. Oktober 2010 nahm die Bundespolizeidirektion Wien von Amts wegen das mit Bescheid vom 22. September 2009 abgeschlossene Verfahren wieder auf, sprach aus, dass das Verfahren in den Stand vor Erteilung der österreichischen Lenkberechtigung zurückgetreten sei und wies den ursprünglichen Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung ("Austausch des ausländischen Nicht-EWR-Führerscheines") gemäß § 23 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG) ab.
Die erkennbar nur gegen die Nichterteilung gerichtete Berufung wies der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (UVS) mit Bescheid vom 22. November 2010 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm. § 23 Abs. 3 FSG ab.
Begründend führte der UVS aus, aufgrund des kriminaltechnischen Gutachtens des Bundeskriminalamtes vom 23. September 2009 stehe fest, dass es sich bei dem zum Beweis und Umtausch vorgelegten nigerianischen Führerschein um eine Fälschung handle, auch werde Falsches beurkundet. Der Beschwerdeführer habe im Zuge seiner Antragstellung keine amtliche Bestätigung über die Erteilung einer Lenkberechtigung, sondern bloß einen gefälschten Führerschein vorgelegt. Der Beschwerdeführer habe, wie die Erstbehörde zutreffend festgehalten habe, eine Lenkberechtigung der Föderalen Republik Nigeria nicht nachgewiesen, er sei nicht Besitzer einer Lenkberechtigung eines Nicht-EWR-Staates iSd. § 23 Abs. 3 FSG.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Das FSG in der hier maßgebenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 93/2009 lautet (auszugsweise):
"Ausländische Lenkberechtigungen
§ 23.
...
(3) Dem Besitzer einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung ist ab Vollendung des 18. Lebensjahres auf Antrag eine Lenkberechtigung im gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, wenn:
1. der Antragsteller nachweist, dass er sich zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung in dem betreffenden Staat während mindestens sechs Monaten aufhielt oder dort seinen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) hatte; dieser Nachweis entfällt, wenn der Antragsteller die Staatsbürgerschaft des Ausstellungsstaates des Führerscheines besitzt und bei Begründung des Wohnsitzes (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich die ausländische Lenkberechtigung bereits besessen hat und die Behörde keine Zweifel am tatsächlichen Vorliegen des Wohnsitzes (§ 5 Abs. 1 Z 1) oder sechsmonatigem Aufenthaltes in dem betreffenden Staat zum Zeitpunkt des Erwerbes der Lenkberechtigung hat.
2. der Antragsteller seinen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) nach Österreich verlegt hat oder während seines Auslandsaufenthaltes behalten hat,
3. keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit bestehen sowie die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 nachgewiesen ist und
4. entweder die fachliche Befähigung durch eine praktische Fahrprüfung gemäß § 11 Abs. 4 nachgewiesen wird oder
5. angenommen werden kann, dass die Erteilung seiner Lenkberechtigung unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt ist, unter denen sie in Österreich erteilt wird. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat mit Verordnung festzulegen, in welchen Staaten für welche Lenkberechtigungen eine derartige Gleichartigkeit besteht.
..."
2. Die Beschwerde ist begründet.
2.1. Richtig ist zunächst, dass gemäß 23 Abs. 3 erster Halbsatz FSG die Erteilung einer (österreichischen) Lenkberechtigung den Besitz einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung voraussetzt. Nur wenn das Ermittlungsverfahren ergibt, dass der Antragsteller Besitzer einer solchen Lenkberechtigung ist, kann ihm nach der letztzitierten Bestimmung die Lenkberechtigung erteilt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2001, Zl. 2000/11/0331). Daraus folgt, dass die Führerscheinbehörde in ihrer Beweiswürdigung nachvollziehbar darzulegen hat, ob sie auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens davon ausgeht, der Antragsteller sei im Besitz der genannten ausländischen Lenkberechtigung oder ob dies ihrer Meinung nach nicht der Fall sei. Zu letztgenanntem Ergebnis kann die belangte Behörde in einem Fall, in dem ihr ein ausländischer Führerschein vorgelegt wird, insbesondere dann gelangen, wenn triftige Gründe gegen die Echtheit dieses Dokumentes sprechen.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist wichtigstes Beweismittel zwar regelmäßig der Führerschein, also die über die Berechtigung von der ausländischen Kraftfahrbehörde ausgestellte Urkunde. Der Beweis für das Bestehen einer ausländischen Lenkberechtigung kann aber auch auf jede andere Weise erbracht werden, die geeignet ist, die Überzeugung vom Besitz der genannten Lenkberechtigung zu verschaffen. Wenn die Behörde - wie im vorliegenden Fall auf Grund des Ergebnisses einer kriminaltechnischen Untersuchung des Führerscheines - davon ausgehen muss, dass es sich bei dem ihr vorgelegten Führerschein um eine Fälschung handelt, hat sie dies dem Antragsteller bekannt zu geben und ihn aufzufordern, andere geeignete Unterlagen vorzulegen, insbesondere solche betreffend die von ihm absolvierte Ausbildung und die von ihm erfolgreich abgelegte Prüfung. Insoweit trifft die Partei im Erteilungsverfahren eine spezifische Mitwirkungsobliegenheit, deren Verletzung zur Versagung der beantragten Lenkberechtigung führen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/11/0260).
2.2. Eine derartige Aufforderung hat die belangte Behörde, offenbar aufgrund einer irrigen Rechtsauffassung, unterlassen.
In der Beschwerde wird einerseits bestritten, dass die Annahme der belangten Behörde, der im Verwaltungsverfahren vorgelegte Führerschein sei gefälscht, zutreffend sei. Andererseits wird vorgebracht, der Beschwerdeführer verfüge entgegen der Annahme der belangten Behörde über eine nigerianische Lenkberechtigung.
Mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 22. April 2011 legte der Beschwerdeführer eine Kopie einer auf Englisch verfassten Bestätigung des "Board of Internal Revenue Edo State" vor, derzufolge der Beschwerdeführer Besitzer einer näher bezeichneten Lenkberechtigung sei, sowie eine Kopie seines letzten Verlängerungsantrags aus 2008 vor. Mit weiterem Schriftsatz vom 4. Mai 2011 legte der Beschwerdeführer in Kopie beglaubigte Übersetzungen der zuvor genannten Unterlagen vor.
Vor dem Hintergrund dieses durch Unterlagen gestützten Vorbringens, das im Hinblick auf den der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensfehler keine unbeachtliche Neuerung darstellt, ist es zumindest nicht ausgeschlossen, dass die belangte Behörde bei Vermeidung des ihr unterlaufenen Verfahrensfehlers zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.
2.3. Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2.4. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 24. Mai 2011
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