VwGH 2011/09/0127

VwGH2011/09/012715.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des K, vertreten durch Köhler Draskovits Unger Rechtsanwälte GmbH in 1060 Wien, Amerlingstraße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 30. Mai 2011, Zl. E 019/12/2011.036/004, E 019/12/2011.037/004, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesministerin für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2 lite;
AuslBG §2 Abs3 litc;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §9;
AuslBG §2 Abs2 lite;
AuslBG §2 Abs3 litc;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §9;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Mai 2011 wurde der Beschwerdeführer als einer von drei handelsrechtlichen Geschäftsführern der S GmbH mit Sitz in H, die einzige unbeschränkt haftende Gesellschafterin der D GmbH sei, schuldig erkannt, er habe zu verantworten, dass im Betrieb der D GmbH in M im Zeitraum vom 25. Februar 2010 bis 5. März 2010 vier näher bezeichnete slowakische Staatsangehörige mit Sanierungsarbeiten und Maurerarbeiten beschäftigt worden seien, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Der Beschwerdeführer habe dadurch vier Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 2 Abs. 2 lit. e und § 2 Abs. 3 lit. c und § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden vier Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1.000,-

- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von je einem Tag) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bekämpft ausschließlich die subjektive

Tatseite. Er bringt dazu vor:

"Der weitere handelsrechtliche Geschäftsführer, FE, hat bei seiner Einvernahme vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland umfassend dargelegt, dass er im Herbst 2009 erfahren habe, dass die Firma D zu kaufen wäre. Kurz vor Weihnachten wurde in weiterer Folge der Kaufvertrag unterschrieben. Im Betrieb im M bestand dringender Handlungsbedarf und herrschte dort Chaos, da sich der verbliebene Geschäftsführer sich nicht um das Wohlergehen des Unternehmens kümmerte und sodann gekündigt wurde. Der handelsrechtliche Geschäftsführer ML war für die Übernahme des Unternehmens selbst zuständig und FE übernahm den operativen (kaufmännisch-administrativen) Teil. Die beiden handelsrechtlichen Geschäftsführer planten auch in weiterer Folge einen dritten handelsrechtlichen Geschäftsführer aufzunehmen. Mitte Jänner 2010 wurde die Firma D endgültig übernommen und bereits eine Woche später wurde der damalige Geschäftsführer gekündigt. Ab diesem Zeitpunkt waren die beiden handelsrechtlichen Geschäftsführer gezwungen, neue Strukturen zu schaffen. Herr FE hat in dieser chaotischen Situation die überlassenen Arbeitskräfte zwar der Behörde gemeldet, da er von einer Betriebsentsendung nach § 18 AuslBG ausgegangen ist. Hat jedoch den Sachverhalt nicht weiter geprüft, da im Vordergrund stand, die Arbeitsplätze aufrecht zu erhalten und die Marke D weiterzuführen. Der handelsrechtliche Geschäftsführer ging bei Arbeitsaufnahme der überlassenen Arbeitskräfte rechtsirrig davon aus, dass lediglich eine Betriebsentsendung vorliegt, für welche die entsprechenden Meldungen erstattet wurden. Die überlassenen Arbeitskräfte begannen am 22.02.2011 mit der Durchführung von Arbeiten.

Der Beschwerdeführer wurde erst mit 25.02.2011 als dritter handelsrechtlicher Geschäftsführer bestellt. Die Firmenbucheingabe über die Bestellung wurde mit 12.03.2011 dem zuständigen Firmenbuchgericht überreicht.

Der Beschwerdeführer ist - wie bereits oben ausgeführt - in ein bestehendes Unternehmen als dritter handelsrechtlicher Geschäftsführer aufgenommen worden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Aufgaben der beiden anderen Geschäftsführer bereits intern verteilt. Für die Belange der Ausländerbeschäftigung war der handelsrechtliche Geschäftsführer FE zuständig und wurde der Beschwerdeführer in Betrieb in A eingesetzt und war für den Verkauf zuständig. Wie der zuständige handelsrechtliche Geschäftsführer FE bei seiner Einvernahme vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat umfassend darlegte, gliederte sich das neu übernommene Unternehmen in einen Betrieb in A und einen Betrieb in M. Die gegenständlichen Vorfälle ereigneten sich jedoch in M, wo der dritte handelsrechtliche Geschäftsführer nicht tätig war. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer zu einem Zeitpunkt bestellt, zu welchem die überlassenen Arbeitskräfte bereits tätig waren und die jeweiligen, wenn auch rechtsirrig von FE, Meldungen bereits erstattet waren. Der Beschwerdeführer konnte zum Zeitpunkt seiner Bestellung die Richtigkeit der Meldungen nicht überprüfen und bestand auch keine Veranlassung, da er unmittelbar nach Bestellung im anderen Betrieb eingesetzt wurde.

… Die handelsrechtlichen Geschäftsführer sind unbescholten und konnte sich der Beschwerdeführer auf die Richtigkeit der Handlungen des intern beauftragen handelsrechtlichen Geschäftsführers verlassen."

Die belangte Behörde habe "es unterlassen, dass dem Beschwerdeführer eine angemessene Einarbeitungszeit zuerkannt werden muss" und diesen kein Verschulden treffe.

Der Beschwerdeführer zitiert aus dem hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2008, Zl. 2008/09/0117, in dem der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat:

"Das Verwaltungsstrafgesetz gibt keine Definition der Schuldform Fahrlässigkeit. Zur Auslegung dieses Begriffes kann aber auf die Bestimmungen des StGB zurückgegriffen werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 1994, Zl. 92/10/0106, wie auch vom 18. Oktober 1993, Zl. 93/10/0030). Die Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt kann dem Täter im Sinn des § 6 Abs. 1 StGB nur dann vorgeworfen werden, wenn es ihm unter dem besonderen Verhältnis des Einzelfalles auch zuzumuten war, sie tatsächlich aufzuwenden. Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist; Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in der Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (vgl. dazu Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, II. Band,

2. Auflage, E. 39 bis 41 zu § 5 VStG).

Auch im vorliegenden Zusammenhang ist von Bedeutung, dass für denjenigen, der ein Gewerbe betreibt, hier für den Arbeitgeber und dessen zur Vertretung nach außen Berufenen, die Verpflichtung besteht, sich vor Antritt seiner Tätigkeit über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten und sich daher auch mit den gesetzlichen Vorschriften betreffend die Ausländerbeschäftigung laufend vertraut zu machen. Unterlässt er/sie dies, so vermag ihn/sie die Unkenntnis des Gesetzes im Grunde des § 5 Abs. 2 VStG nicht von seiner/ihrer Schuld zu befreien. Der Arbeitgeber und dessen zur Vertretung nach außen Berufene hat die bei Anwendung der nach seinen/ihren Verhältnissen erforderliche Sorgfalt zu pflegen und etwa im Fall von Unklarheiten über die Rechtslage entsprechende Auskünfte bei der zuständigen Behörde einzuholen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 27. Februar 2003, Zl. 2000/09/0188, und vom 22. Juni 2005, Zl. 2004/09/0051, m. w. N.).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird zur verwaltungsstrafrechtlichen Entlastung des handelsrechtlichen Geschäftsführers die Dartuung und der Nachweis des Bestehens eines wirksamen Kontrollsystems verlangt, um die Einhaltung der Bestimmung des AuslBG sicherzustellen. Wenngleich dabei grundsätzlich von den Verantwortlichen gemäß § 9 VStG eine kontinuierliche Sicherstellung eines solchen Kontrollsystems einzufordern ist, muss aber bei einem Wechsel eines Geschäftsführers auch auf die spezielle Situation Bedacht genommen werden: Kann der neu eintretende Geschäftsführer kein bestehendes Kontrollsystem übernehmen, so ist zu prüfen, wie schnell ihm die Einrichtung eines effizienten Kontrollsystems zumutbar ist. Dabei ist es sicherlich neben der Größe des Unternehmens, dessen Struktur und Aufgabengebiete auch von Bedeutung, in welcher Situation der neue Geschäftsführer das Unternehmen übernommen hat, inwieweit er dieses vor Antritt schon kannte bzw. sich damit vertraut machen konnte und ob er dadurch schon rechtzeitig zum Antritt seiner Funktion greifende Maßnahmen bereits vorfand, solche noch vorbereiten konnte bzw. sich ein unmittelbarer diesbezüglicher Handlungsbedarf schon vorab abzeichnete."

Der Beschwerdeführer lässt aber die daran anschließenden Ausführungen in diesem Erkenntnis unbeachtet. Denn dort wie hier wurde nicht einmal vorgebracht, dass dem Beschwerdeführer als neu eintretendem Geschäftsführer vor Antritt seiner Tätigkeit eine entsprechende Vorbereitung auf die ihm - auch hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - zukommenden Pflichten nicht möglich gewesen sei, sodass er mit seinem Vorbringen zu seinen zu Beginn seiner Geschäftsführertätigkeit gesetzten Prioritäten jedenfalls keine ausreichenden Umstände geltend macht, die zu seiner verwaltungsstrafrechtlichen Exkulpierung führen können.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass für die zur Vertretung nach außen berufenen handelsrechtlichen Geschäftsführer die Möglichkeit offen gestanden wäre, gemäß § 9 Abs. 2 VStG aus ihrem Kreis etwa den bereits intern mit der Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes beauftragten Geschäftsführer als verantwortlichen Beauftragten für diesen Bereich zu bestellen.

Der Beschwerdeführer hat sich aber bloß auf die Richtigkeit der Handlungen des intern beauftragten handelsrechtlichen Geschäftsführers verlassen.

Insoweit sich der Beschwerdeführer auf die interne Zuständigkeit des weiteren handelsrechtlichen Geschäftsführers FE beruft, ist ihm noch entgegenzuhalten, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die rechtliche Konsequenz einer internen Aufgabenteilung innerhalb eines Unternehmens im Einzelfall davon abhängt, ob der für das Unternehmen im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich Verantwortliche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift mit gutem Grund erwarten lassen. Im Sinne dieser Judikatur reicht die bloße Erteilung von Weisungen oder Belehrungen nicht aus; entscheidend ist, ob eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisung erfolgt ist, wobei selbst kurzfristige, stichprobenartige Kontrollen nicht ausreichen, um die Annahme zu rechtfertigen, ein wirksames Kontrollsystem, von dem mit gutem Grund erwartet werden kann, dass es die tatsächliche Einhaltung der Ausländerbeschäftigungsvorschriften sicherstellt, liege vor (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 2009, Zl. 2009/09/0186). Konkrete Maßnahmen zur Verhinderung einer unzulässigen Beschäftigung wurden keine dargelegt. Insbesondere wurde nicht der Versuch unternommen, eine Auskunft der zuständigen Behörde zu erlangen.

Damit liegt der Umstand, der im gegenständlichen Fall zu einer verbotenen Ausländerbeschäftigung geführt hat, im typischen Fehlerbereich, der durch zumutbare und leicht zu verwirklichende Maßnahmen ausgeschaltet oder zumindest verringert werden hätte können, weshalb jeden strafrechtlich verantwortlichen Geschäftsführer der S GmbH und damit auch den Beschwerdeführer kein geringfügiges Verschulden an dem objektiv verwirklichten Tatbestand der bewilligungslosen Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer trifft.

Da der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. September 2011

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