Normen
DO Wr 1994 §18;
DO Wr 1994 §76 Abs1 Z4;
DO Wr 1994 §77;
DO Wr 1994 §80;
MRKZP 07te Art4 Abs1;
DO Wr 1994 §18;
DO Wr 1994 §76 Abs1 Z4;
DO Wr 1994 §77;
DO Wr 1994 §80;
MRKZP 07te Art4 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahr 1961 geborene Beschwerdeführer war bis zu seiner mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Entlassung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien und bis zu seiner Suspendierung als Kraftwagenlenker der Magistratsabteilung 48 tätig.
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26. Mai 2008 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe im Zeitraum von August 1998 bis 30. September 2007 in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei weiteren Personen als Mittäter (§ 12 StGB) als Beamte der Magistratsabteilung 48 des Magistrates der Stadt Wien dadurch, dass er in zahlreichen Angriffen von verschiedenen Lokalbetreibern im Wiener Wurstelprater für zusätzliche, über die laut Tourenbuch vorgesehenen, hinausgehende Müllentleerungen Geldbeträge, Lokalgutscheine und andere Sachleistungen entgegennahm, im Zusammenhang mit seiner Amtsführung für die pflichtwidrige Vornahme von Amtsgeschäften einen Vermögensvorteil von jeweils bis zu EUR 70,-- für sich angenommen habe. Der Beschwerdeführer habe das Vergehen der Geschenkannahme durch einen Beamten nach § 304 Abs. 1 StGB begangen und über ihn wurde nach dem ersten Strafsatz dieser Bestimmung eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, welche unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verhängt.
Mit dem Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission der Stadt Wien vom 31. Juli 2008 wurde der Beschwerdeführer wie folgt für schuldig erkannt und bestraft:
"Der Beschwerdeführer ist schuldig,
er hat es als Kraftwagenlenker der MA 48 unterlassen, im Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte, indem er in Wien im Zeitraum August 1998 bis 30.9.2007 in zahlreichen Angriffen von verschiedenen Lokalbetreibern im Wiener Wurstelprater für zusätzliche, über die laut Tourenbuch vorgesehenen, hinausgehende Müllentleerungen Geldbeträge, Lokalgutscheine und andere Sachleistungen entgegengenommen hat, für die pflichtwidrige Vornahme von Amtsgeschäften einen Vermögensvorteil von jeweils bis zu EUR 70,-- für sich angenommen hat und der Stadt Wien dadurch ein finanzieller Schaden an entgangenen Müllbeseitigungsabgaben entstanden ist.
Er hat dadurch schuldhaft seine Dienstpflichten gemäß § 18 Abs. 2 zweiter Satz und § 18 Abs. 3 der Dienstordnung 1994, LGBl. für Wien Nr. 56, in der geltenden Fassung, verletzt.
Wegen dieser Dienstpflichtverletzungen wird über ihn gemäß § 76 Abs. 1 Zi 3 DO 1994 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe des 7fachen Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage verhängt.
...
Das Verfahren vor der erkennenden Disziplinarbehörde hat ergeben, dass die Verhängung einer Geldstrafe im Ausmaß des 7fachen Monatsbezuges ausreicht, um den Beschuldigten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die Strafe der Entlassung war aus spezialpräventiven Gründen nicht erforderlich. Im Verfahren legte der Beschuldigte glaubwürdig dar, dass er sein Verhalten bereue. Außerdem gab der Beschuldigte gegenüber dem Senat nachvollziehbar an, dass ihm der Beruf sehr viel bedeute und dass er in Zukunft seinen Dienstpflichten nachkommen werde. Hinsichtlich einer Versetzungsmöglichkeit gab der Zeuge, Herr Kuba, in der Verhandlung an, dass eventuell die Möglichkeit einer Kehrmaschinentätigkeit in der MA 48 für den Beschuldigten bestünde.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kann die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht durch das Strafgericht als Indiz für das 'Ausschließen' einer Wiederholungsgefahr sprechen. Im vorliegenden Fall ist der Beschuldigte vom Straflandesgericht Wien zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt worden. Das Verhängen einer ausschließlich bedingten Strafe - die darüber hinaus eine Mindeststrafe darstellt - durch das Strafgericht war für die erkennende Disziplinarbehörde im vorliegenden Fall ein Mitindiz dafür, dass der Beschuldigte in Zukunft keine weiteren Dienstpflichtverletzungen begehen wird. Auf Grund des sehr großen Vertrauensverlustes und des Imageschadens für die Stadt Wien war jedoch die höchste Geldstrafe in Höhe von 7 Monatsgehältern zu verhängen."
Dagegen erhob die Disziplinaranwältin hinsichtlich der Strafhöhe Berufung und beantragte die Entlassung des Beschwerdeführers. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 1 Z. 4 Dienstordnung 1994 (DO 1994) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.
Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen wie folgt:
"Der Beschuldigte hat in einem Zeitraum von mehr als neun Jahren von verschiedenen Lokalbetreibern des Wiener Wurstelpraters für zusätzliche Müllentleerungen Geldbeträge, Gutscheine und andere Sachleistungen entgegengenommen und sich durch diese pflichtwidrige Vornahme von Amtsgeschäften einen nicht unbeträchtlichen Vermögensvorteil verschafft.
Durch diese über einen längeren Zeitraum fortgesetzten Dienstpflichtverletzungen hat der Beschuldigte das Vertrauen des Dienstgebers und der Allgemeinheit in seine Zuverlässigkeit und seine rechtmäßige Aufgabenerfüllung missbraucht, zumal er sich die Geschenke und sonstigen Vorteile in Kenntnis der Dienstanweisungen vom 12. Mai 2006 und vom 29. Juni 2006 zuwenden hat lassen. Er nahm sogar in Kauf, dass der Stadt Wien in beträchtlichem Ausmaß Müllbeseitigungsabgaben entgingen, nur um für sich selbst finanzielle Vorteile lukrieren zu können. Durch sein systematisches Vorgehen hat er aber nicht nur der Stadt Wien einen finanziellen Schaden zugefügt, sondern auch in der Bevölkerung den Anschein einer korruptionsgeneigten Verwaltung bzw. der Käuflichkeit öffentlich-rechtlich Bediensteter erweckt. Bei den Kunden der MA 48 entsteht so der Eindruck, durch (in der Relation) kleinere Zuwendungen an die Bediensteten größere Ausgaben für die Müllentleerungen vermeiden zu können. Die Verwaltung muss sich jedoch auf die Redlichkeit ihrer Mitarbeiter verlassen können, da eine lückenlose Kontrolle einzelner Personen nicht möglich ist und auch das Vertrauen der Mitarbeiter untereinander für ein geordnetes Zusammenarbeiten unabdingbar ist. Dieses in ihn gesetzte Vertrauen hat der Beschuldigte im Sinne des § 77 Abs. 1 Z 1 DO 1994 zerstört.
Nach der - auch auf § 76 DO 1994 anwendbaren - neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115) zum Untragbarkeitsgrundsatz ist es unzureichend, eine Entlassung lediglich auf den Vertrauensverlust des Dienstgebers zu stützen, sondern sind zudem die spezialpräventive Erforderlichkeit der beabsichtigten Strafhöhe (Entlassung) sowie die Strafbemessungsgründe gemäß §§ 32 bis 35 StGB in gleichem Ausmaß zu berücksichtigen.
Die spezialpräventive Erforderlichkeit einer (der disziplinarrechtlichen Tatschuld angemessenen) Entlassung wird dabei nicht erst dann anzunehmen sein, wenn sich die Aussichten auf ein künftiges Unterbleiben von Dienstpflichtverletzungen - bei Beschränkung auf die nach § 92 Abs. 1 Z 1 bis 3 BDG 1979 (Anm.: dies entspricht § 76 Abs. 1 Z 1 bis 3 DO 1994) zu Gebote stehenden Möglichkeiten - in einer vagen Hoffnung erschöpfen würden, und wird umgekehrt nicht nur bei besonderer Gewähr dafür zu verneinen sein. Abzustellen ist auf den dazwischen liegenden Maßstab einer begründeten Wahrscheinlichkeit (Erkenntnis des VwGH vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, u.a.). Eine Gewährung der bedingten Strafnachsicht durch das Strafgericht, deren Gewicht auch von der Ausführlichkeit und dem näheren Inhalt ihrer Begründung abhängen wird, kann nur als Indiz gegen die Annahme einer Wiederholungsgefahr sprechen (VwGH vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115). Im Urteil vom 30. September 2007 hat das Landesgericht für Strafsachen Wien die Beweggründe für die bedingte Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafe nicht dargelegt.
Eine allfällige Weiterbeschäftigung im Außendienst bei der MA 48 (selbst auf einer Kehrmaschine) lässt jedenfalls die Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen durch den Beschuldigten befürchten. Diese Annahme wird durch den langen Tatzeitraum und die Regelmäßigkeit der Dienstpflichtverletzungen untermauert, da daraus auf eine dem Beschuldigten innewohnende Neigung zur Bestechlichkeit geschlossen werden kann. Da auch die Dienstanweisungen, welche dem Beschuldigten nachweislich zur Kenntnis gebracht worden waren, den Beschuldigten nicht von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abhalten konnten, ist mit begründeter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass er künftig gleichartige Dienstpflichtverletzungen begehen wird. Auch eine Verwendung des Beschuldigten als Lenker einer Kehrmaschine böte ihm Gelegenheit zur Fortsetzung seines Fehlverhaltens, da auch hier ein Kundenkontakt besteht und der Beschuldigte zB für die Reinigung privater Parkplätze großer Einkaufszentren, Lagerplätze und Abstellflächen pflichtwidrige Zuwendungen fordern könnte. Die Einsetzbarkeit des Beschuldigten als Lenker einer Kehrmaschine stellt jedenfalls nach Ansicht des Dienstrechtssenates der Stadt Wien keine geeignete Versetzungsmöglichkeit dar. Eine andere Verwendungsmöglichkeit zB im Innendienst oder in der Administration besteht für den Beschuldigten angesichts seiner Ausbildung nicht. Aus spezialpräventiven Erwägungen ist daher die Entlassung geboten, um den Beschuldigten von weiteren pflichtwidrigen Handlungen abzuhalten.
Zu den Strafbemessungsgründen gemäß §§ 32 bis 35 StGB hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass alle geltend gemachten oder nach der Aktenlage zu berücksichtigenden Milderungsgründe einzubeziehen sind. Bei der Strafbemessung sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Nicht in erster Linie auf ihre Zahl, sondern vor allem auf ihr Gewicht kommt es an (MANZ Kurzkommentar zum StGB, 9. neu bearbeitete Auflage, RZ 4 zu § 32).
Mildernd konnte - wie auch im strafgerichtlichen Verfahren - berücksichtigt werden, dass der Beschuldigte (disziplinarrechtlich) unbescholten ist, ein reumütiges Geständnis abgelegt hat und für einen Teil des Schadens eine finanzielle Wiedergutmachung geleistet hat.
Als erschwerend wurde gewertet, dass der Beschuldigte eine Vielzahl von Dienstpflichtverletzungen, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, über einen sehr, langen Zeitraum (neun Jahre !) begangen hat, wobei ihn auch die zur Kenntnis genommenen Dienstanweisungen nicht abhalten konnten.
Darüber hinaus gehende Milderungs- oder Erschwerungsgründe sind nicht ersichtlich.
In einer Gesamtschau überwiegt der Erschwerungsgrund an Gewicht die Milderungsgründe und unterstreicht die objektive Schwere der Tat sowie das große Ausmaß der Schuld.
Dem Vorbringen des Beschuldigten zum angeblich fehlenden disziplinären Überhang ist entgegenzuhalten, dass dann, wenn sich die Dienstpflichtverletzung in dem einer strafgerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verurteilung zu Grunde liegenden Sachverhalt erschöpft, eine Strafe nur auszusprechen ist, wenn und soweit dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder um der wesentlichen Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstgebers in die Person des Beamten Rechnung zu tragen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist das Disziplinarverfahren einzustellen (§ 80 Abs. 2 DO 1994). Von der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschuldigten gemäß § 304 Abs. 1 StGB sind somit keineswegs alle Aspekte seines pflichtwidrigen Verhaltens umfasst, da (anders als nach dem BDG 1979) nach § 80 Abs. 2 DO 1994 ein disziplinärer Überhang auch dann vorliegt, wenn das Vertrauen des Dienstgebers in den Beamten wesentlich beeinträchtigt wurde. Der Vollständigkeit halber ist auch darauf hinzuweisen, dass das vom Beschuldigten angedeutete Doppelbestrafungsverbot im Disziplinarverfahren nicht anzuwenden ist (vgl. VfGH vom 25. Februar 2008, Zl. B 1922/06, G 217/06).
Angesichts der dargestellten Überlegungen zur Strafbemessung gelangt der Dienstrechtssenat in einer Gesamtabwägung über die Angemessenheit und Erforderlichkeit der zu verhängenden Strafe zu dem Ergebnis, dass die Entlassung des Beschuldigten geboten ist."
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Ablehnung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 29. November 2010, B 168/09-6, nach Abtretung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 19. Jänner 2011, B 168/09-8, sowie nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Dienstordnung 1994 - DO 1994), LGBl. Nr. 56/1994 in der Fassung LGBl. Nr. 14/2006, lauten:
"Dienstpflichten
Allgemeine Dienstpflichten
§ 18. (1) Der Beamte hat die ihm übertragenen Geschäfte unter Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften mit Sorgfalt, Fleiß und Unparteilichkeit zu besorgen. Er hat sich hiebei von den Grundsätzen größtmöglicher Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.
(2) Der Beamte hat gegenüber den Vorgesetzten, den Mitarbeitern, den Parteien und Kunden ein höfliches und hilfsbereites Verhalten an den Tag zu legen. Er hat im Dienst und außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte.
(3) Dem Beamten ist es verboten, sich, seinen Angehörigen oder sonstigen Dritten Geschenke oder sonstige Vorteile, die mit der dienstlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehen, zuwenden oder zusichern zu lassen. Zuwendungen von geringem Wert, wie sie insbesondere aus Anlass von Festen üblich sind, dürfen angenommen werden.
...
Disziplinarstrafen
§ 76. (1) Disziplinarstrafen sind:
1. der Verweis,
2. die Geldbuße bis zum 1,5fachen des Monatsbezuges
unter Ausschluss der Kinderzulage,
3. die Geldstrafe bis zum 7fachen des Monatsbezuges
unter Ausschluss der Kinderzulage,
4. die Entlassung.
...
Strafbemessung
§ 77. (1) Maßgebend für die Höhe der Strafe ist die Schwere
der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist insbesondere Rücksicht zu
nehmen
1. inwieweit das Vertrauen des Dienstgebers in die
Person des Beamten durch die Dienstpflichtverletzung
beeinträchtigt wurde,
2. inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich
ist, um den Beamten von der Begehung weiterer
Dienstpflichtverletzungen abzuhalten,
3. sinngemäß auf die gemäß §§ 32 bis 35 StGB, für die Strafbemessung maßgebenden Gründe.
(2) Hat ein Beamter durch eine Tat oder durch mehrere selbstständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, ist nur eine Strafe zu verhängen. Diese Strafe ist nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.
...
Zusammentreffen von gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlungen mit Dienstpflichtverletzungen
§ 80. (1) Die Disziplinarbehörde ist an die Tatsachenfeststellung, die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils eines Strafgerichtes (Straferkenntnisses eines unabhängigen Verwaltungssenates) zu Grunde gelegt wurde, gebunden. Sie darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht (der unabhängige Verwaltungssenat) als nicht erweisbar angenommen hat.
(2) Erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung in dem einer strafgerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verurteilung zu Grunde liegenden Sachverhalt, ist eine Strafe nur auszusprechen, wenn und soweit dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder um der wesentlichen Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstgebers in die Person des Beamten Rechnung zu tragen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist das Disziplinarverfahren einzustellen.
..."
Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung des Verbotes der Doppelbestrafung nach Art. 4 Abs. 1 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK geltend. Dieses Vorbringen war bereits Inhalt der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde und wurde abschlägig behandelt (vgl. auch dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Dezember 2009, B 1008/07), weil eine derartige Verletzung in Disziplinarverfahren nicht in Betracht kommt (vgl. auch das Urteil des EGMR Kurdov und Ivanov vom 31. Mai 2011, 16.137/04, wonach es sich bei Disziplinarverfahren nicht um Verfahren über eine strafrechtliche Anklage handelt). Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Anlass, dieser Rechtsprechung entgegen zu treten (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 2011, Zl. 2011/09/0038).
Der Beschwerdeführer meint, die spezialpräventive Erforderlichkeit der Verhängung der schwersten Disziplinarstrafe der Entlassung sei im vorliegenden Fall im Hinblick darauf nicht gegeben, als das Strafgericht die über ihn verhängte Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen habe. Dies stelle ein gewichtiges Indiz für den Ausschluss einer Wiederholungsgefahr dar.
Diesbezüglich hat die belangte Behörde jedoch bereits darauf hingewiesen, dass das Landesgericht für Strafsachen Wien die Beweggründe für die bedingte Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafe nicht dargelegt hat und dass die Befürchtung, der Beschwerdeführer werde im Fall seiner Belassung im Dienst weitere Dienstpflichtverletzungen begehen, angesichts des langen Tatzeitraumes und der Regelmäßigkeit der von ihm zu verantwortenden Dienstpflichtverletzungen durchaus gegeben ist, weil ihn auch Dienstanweisungen von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen nicht abhalten hätten können. Auch eine Verwendung des Beschwerdeführers als Lenker einer Kehrmaschine böte ihm Gelegenheit zur Fortsetzung seines Fehlverhaltens, weil auch hier ein Kundenkontakt bestehe; insoferne hat sich die belangte Behörde auf eine Stellungnahme vom 6. Oktober 2008 des Leiters jener Dienststelle berufen, in welcher er Dienst versehen hatte.
Soweit der Beschwerdeführer meint, die Argumentation der belangten Behörde, als Fahrer einer Kehrmaschine bestehe eine bloß theoretische Möglichkeit, weitere Pflichtverletzungen zu begehen, weil hier der Kundenkontakt viel geringer sei, wird auch dadurch eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt und auch der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe ihm das Schreiben des Leiters der Dienststelle nicht zur Stellungnahme vorgehalten, führt deswegen nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil der Beschwerdeführer nicht darlegt und nicht zu ersehen ist, weshalb es - wie er behauptet - jeder Lebenserfahrung widerspräche, dass auch der Fahrer einer Kehrmaschine grundsätzlich in Kundenkontakt kommen könne und derart der Gefahr der Bestechlichkeit ausgesetzt sein kann.
Wenn der Beschwerdeführer meint, die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung sei in seinem Fall völlig unverhältnismäßig, so kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde insoferne bei der Ausübung des ihr durch § 77 DO 1994 eingeräumten Ermessens den vom Gesetz gezogenen Rahmen überschritten hätte. Die belangte Behörde hat insoferne zutreffend auf den außerordentlich langen Zeitraum der Begehung der Dienstpflichtverletzungen durch den Beschwerdeführer hingewiesen und zutreffend spricht im vorliegenden Fall jedenfalls auch die Vorschrift des § 77 Abs. 1 Z. 1 DO 1994, nach welcher es auf das Maß der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstgebers in die Person des Beamten ankommt, für die Beendigung des Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers.
Nach dem Gesagten ist die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verletzung von subjektiv-öffentlich Rechten im vorliegenden Fall nicht gegeben, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 24. April 2012
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