Normen
ASVG §111;
ASVG §33 Abs1;
ASVG §33 Abs1a Z1;
ASVG §33 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
ASVG §111;
ASVG §33 Abs1;
ASVG §33 Abs1a Z1;
ASVG §33 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
Spruch:
I. zu Recht erkannt:Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. den Beschluss gefasst:
Das Begehren, den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass das Verfahren gegen den Beschwerdeführer eingestellt wird, wird zurückgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer der P GmbH. In der von dieser betriebenen Diskothek F wurden am 6. November 2009 anlässlich einer Kontrolle durch Organe des Finanzamtes (KIAB) sieben (im angefochtenen Bescheid namentlich genannte) Personen als Kellner (bzw. Türsteher) beschäftigt angetroffen. Diese Personen hatten ihre Arbeit am 5. November 2009 begonnen, wurden aber erst am 9. bzw. 10. November 2009 bei der zuständigen Gebietskrankenkasse angemeldet. Die zuvor vom damit beauftragten Betriebsleiter der Diskothek (Herrn T) auf betriebsinternen Formblättern vorbereiteten Aviso-Anmeldungen dieser Personen waren nie bei der Gebietskrankenkasse eingelangt, weil das am 5. November 2009 um ca. 21 Uhr zu deren Übermittlung verwendete, auch bezüglich der Zeiteinstellungen unüberprüft gebliebene Faxgerät hinsichtlich des Sendevorganges nicht überwacht worden war. Weil ein Kontrollsystem fehlte, wurde im Betrieb der P GmbH erst durch Zufall am 9. November 2009 festgestellt, dass am 5. November 2009 keine Übermittlung von Aviso-Anmeldungen an die Gebietskrankenkasse erfolgt war.
Die Bezirkshauptmannschaft legte dem Beschwerdeführer mit Straferkenntnissen vom 8. und 9. März 2010 zur Last, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der P GmbH zu verantworten, dass die P GmbH als Arbeitgeber diese sieben (in den Straferkenntnissen namentlich genannten) Personen vor Arbeitsantritt nicht beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch die Rechtsvorschriften des § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG iVm § 33 Abs. 1 (bzw. § 33 Abs. 2) ASVG verletzt, weshalb Geldstrafen in der Höhe von je EUR 400,-- verhängt wurden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen die erstinstanzlichen Bescheide erhobenen Berufungen als unbegründet ab und bestätigte die erstinstanzlichen Straferkenntnisse (mit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht bedeutsamen Maßgaben). Der Beschwerdeführer habe unbestritten gelassen, dass das objektive Tatbild der Verwaltungsübertretungen jeweils erfüllt sei. Er habe aber ein Fehlverhalten mit dem Hinweis bestritten, dass auch ein sorgsam handelnder Mensch davon hätte ausgehen können, dass die Übermittlung der Aviso-Anmeldungen per Telefax erfolgreich sein würde.
Ein gemäß § 9 VStG verantwortliches Organ treffe nur dann kein Verschulden, wenn es den Nachweis zu erbringen vermöge, dass Maßnahmen getroffen worden seien, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten ließen. Dafür sei ein wirksames Kontrollsystem einzurichten, durch das bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit gesetzwidrige Erfolge auch bei arbeitsteiligen Betriebsabläufen verhindert werden könnten. Ein solches Kontrollsystem sei in Bezug auf eine rechtzeitige Aviso-Anmeldung von Dienstnehmern der P GmbH nicht vorgelegen, obwohl es im Umgang mit Sendungen, denen für die Einhaltung von Terminen und Fristen eine besondere Bedeutung zukomme, gerade dann, wenn die Gefahr eines Verlustes möglich und vom Absender zu tragen sei, einer besonderen Sorgfalt bedürfe. Unter Verwendung von Telefaxgeräten übermittelte Schriftstücke würden im Wirtschafts- und Rechtsverkehr erst dann als eingebracht gelten, wenn die Daten in verwendbarer Form beim Adressaten eingelangt seien. Weil das Vorliegen eines Sendeberichtes mit dem Vermerk "O.K." selbst bei missglückten Datenübermittlungen technisch möglich sei, habe sich der Absender von Faxsendungen zu vergewissern, ob die Faxübertragung erfolgreich durchgeführt worden sei. Der Nachweis, dass die Übermittlung einer Sendung veranlasst, die Faxnummer des Empfängers angewählt und der zur Übermittlung erforderliche Vorgang durchgeführt worden sei, reiche nicht aus.
Dass der mit der rechtzeitigen Anmeldung von Beschäftigten beauftragte Mitarbeiter T - trotz seiner mit der Einweisung neuer Mitarbeiter zusätzlichen Arbeitsbelastung - ohne jegliche Kontrolle und Unterstützung (zum Beispiel durch den im Lokal anwesenden Beschwerdeführer) geblieben sei und sich, obwohl die Fehlergeneigtheit der Übermittlung von Schriftstücken im Faxverkehr für jedermann leicht erkennbar sei, bloß darauf verlassen habe, dass die - zudem teilweise erst nach Dienstantritt - zu übermitteln versuchten Aviso-Anmeldungen beim Empfänger angekommen seien, sei dem Beschwerdeführer jedenfalls als grobe Fahrlässigkeit anzulasten.
Die gesetzliche Verpflichtung zur Anmeldung von Dienstnehmern schon vor Beginn der Arbeitsleistung solle sicherstellen, dass eine das österreichische Sozialversicherungssystem aushöhlende Schwarzarbeit leichter erkennbar werde, und diese damit erschweren. Durch die zu beurteilenden Taten sei auch das schwer wiegende öffentliche Interesse an einer rechtzeitigen sozialversicherungsrechtlichen Absicherung von Beschäftigten verletzt worden. Die mit der Meldepflichtverletzung verbundenen nachteiligen Tatfolgen in Form der Hinterziehung von Sozialabgaben seien erst nachträglich beseitigt worden. Die Voraussetzungen eines bloß geringfügigen Verschuldens und unbedeutender Folgen lägen nicht vor. Da über den verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholtenen Beschwerdeführer dennoch nicht die Mindeststrafe von EUR 730,-- verhängt worden sei, erübrigten sich weitere Ausführungen zur Strafbemessung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben "und dahingehend ab(zu)ändern, dass das Verfahren gegen den Beschwerdeführer eingestellt wird."
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Nach § 33 Abs. 1a ASVG können Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass 1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und 2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung) gemeldet werden. Für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a ASVG Pflichtversicherten gilt § 33 Abs. 1 ASVG mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind (§ 33 Abs. 2 ASVG).
Die Meldungen nach § 33 Abs. 1 und 2 ASVG sind mittels elektronischer Datenfernübertragung in den vom Hauptverband festgelegten einheitlichen Datensätzen zu erstatten (§ 41 Abs. 1 ASVG). Soweit dies in Richtlinien des Hauptverbandes vorgesehen ist, dürfen Meldungen auch außerhalb elektronischer Datenfernübertragung ordnungsgemäß erstattet werden. Diese Richtlinien haben für die Mindestangaben-Anmeldung nach § 33 Abs. 1a Z 1 ASVG auch die telefonische Meldung und die Meldung mit Telefax vorzusehen (§ 41 Abs. 4 Z 3 ASVG).
Wer als Dienstgeber (oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person oder Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 ASVG entgegen den Vorschriften des ASVG Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet, handelt nach § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG ordnungswidrig und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde nach § 111 Abs. 2 ASVG zu bestrafen.
2. Da zum Tatbestand der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei diesen Übertretungen um Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Nach dieser Gesetzesstelle ist Fahrlässigkeit - die in den hier gegebenen Fällen genügt - bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes ohne weiteres anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es ist daher Sache des Beschwerdeführers, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2010, Zl. 2010/08/0249).
3. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften (sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind) strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Der Beschwerdeführer ist - unstrittig - als Geschäftsführer der P GmbH zur Vertretung dieser Gesellschaft (also der Dienstgeberin) nach außen berufen und hat damit für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften Sorge zu tragen. Wenn er die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich überlässt, obliegt es ihm, ein wirksames Kontrollsystem einzurichten, wobei er der Behörde bei einem Verstoß gegen die entsprechenden Vorschriften dieses System im Einzelnen darzulegen hat (vgl. etwa Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 § 5 VStG E 254). Die bloße Erteilung von Weisungen (wie in der Beschwerde angeführt) reicht nicht hin, entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift mit gutem Grund erwarten ließ (vgl. Walter/Thienel, aaO E 263).
Ein derartiges Kontrollsystem wurde vom Beschwerdeführer aber nicht dargelegt. Dass die "Aviso-Meldungen" in das Büro des Unternehmens weitergeleitet würden und die Meldung der vollständigen Daten sodann durch einen Steuerberater erfolgen würde, sodass das Unterbleiben der Anmeldungen jedenfalls aufgefallen wäre, begründet kein wirksames Kontrollsystem. Ein derartiges "Kontrollsystem" wäre zwar allenfalls (wenn die unterbliebenen Aviso-Meldungen tatsächlich weitergeleitet werden, wobei aber nicht erkennbar ist, wie dies sichergestellt ist) dazu geeignet, eine unterbliebene Mindestangaben-Anmeldung festzustellen. Es ist aber (im Sinne eines begleitenden Kontrollsystems; vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 2010, Zl. 2009/03/0171) nicht geeignet, die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtung, die Mindestangaben-Anmeldung rechtzeitig zu erstatten, sicherzustellen. Eine nachträgliche Überprüfung reicht nicht aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1990, Zl. 89/03/0231).
4. Dass der Betriebsleiter - wie in der Beschwerde ausgeführt wird - seit vielen Jahren im Unternehmen des Beschwerdeführers tätig ist und in diesem Zeitraum seine Arbeiten zur vollsten Zufriedenheit des Beschwerdeführers ausgeführt habe, führt nur dazu, dass dem Beschwerdeführer nicht überdies ein Auswahlverschulden zur Last zu legen ist (vgl. Walter/Thienel, aaO E 253), entbindet ihn aber nicht von der Verpflichtung, ein wirksames begleitendes Kontrollsystem einzurichten.
5. Wenn in der Beschwerde weiter ausgeführt wird, der Betriebsleiter habe es in keiner Weise für möglich gehalten, dass durch sein Handeln die Anmeldungen nicht rechtzeitig erfolgen würden und er sohin einen Sachverhalt verwirklichen würde, der einem gesetzlichen Tatbestand entspreche, so ist zum einen darauf zu verweisen, dass entscheidend das Verschulden des Beschwerdeführers ist, das darin liegt, kein wirksames (begleitendes) Kontrollsystem eingerichtet zu haben. Zum anderen ist aber zu bemerken, dass fahrlässig (auch) handelt, wer nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, wenn dies darauf beruht, dass er die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist (§ 6 Abs. 1 StGB). Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Übertragung einer Eingabe per Telekopie aber bereits erkannt, dass es beim Absenden einer Telekopie grundsätzlich zu Fehlern kommen kann, die die tatsächliche Übermittlung verhindern, sodass es erforderlich ist, den Sendebericht zur Überprüfung der fehlerfreien Übermittlung zu kontrollieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2005/09/0015). Im Übrigen genügt auch leichte Fahrlässigkeit, um die Strafbarkeit eines Handelns oder Unterlassens herbeizuführen (vgl. Walter/Thienel, aaO E43).
6. Dem Betriebsleiter wurden auch nicht lediglich "rein manipulative Tätigkeiten" übertragen, deren Kontrolle - bei einem verlässlichen Mitarbeiter - allenfalls nicht mehr zumutbar wäre. Der Betriebsleiter wurde vielmehr mit der Mindestangaben-Anmeldung (§ 33 Abs. 1a Z 1 ASVG) zur Gänze betraut. Die Kontrolle der Erfüllung dieser Tätigkeit war aber dem Beschwerdeführer zuzumuten.
7. Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Damit erübrigt sich eine gesonderte Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
8. Die vom Beschwerdeführer begehrte Änderung des angefochtenen Bescheides sieht das Verwaltungsgerichtshofgesetz für die Bescheidbeschwerde nicht vor, weshalb der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall für die begehrte Abänderung nicht zuständig ist und dieser Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2010, Zl. 2007/08/0067).
Wien, am 16. Februar 2011
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