VwGH 2011/07/0245

VwGH2011/07/024526.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft O, vertreten durch Heiss & Heiss Rechtsanwälte OG in 6020 Innsbruck, Burggraben 4, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 25. August 2011, Zl. LAS - 1062/11-10, betreffend Zurückweisung einer Berufung (mitbeteiligte Partei:

Gemeinde O, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 16), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §9;
FlVfGG §15;
FlVfGG §36;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc;
FlVfLG Tir 1996 §35 Abs8;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs7;
AVG §10 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §9;
FlVfGG §15;
FlVfGG §36;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc;
FlVfLG Tir 1996 §35 Abs8;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 8. Mai 2009 stellte die mitbeteiligte Partei beim Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) einen Antrag auf Abänderung des Regulierungsplanes der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Frage, ob die Beschwerdeführerin aus Gemeindegut hervorgegangen sei bzw. wie deren agrargemeinschaftliche Grundstücke zu qualifizieren seien.

Mit Bescheid vom 16. September 2010 qualifizierte die AB bestimmte Grundstücke der Agrargemeinschaft als Gemeindegut im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. c TFLG 1996 und stellte in Bezug auf andere Grundstücke fest, diese seien kein Gemeindegut.

Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die mitbeteiligte Partei als auch die Beschwerdeführerin Berufung.

Die mitbeteiligte Partei nahm mit Eingabe vom 27. April 2011 zur Berufung der Beschwerdeführerin Stellung und führte unter anderem aus, dass ein Rechtsmittel durch den Obmann einer Agrargemeinschaft nur dann rechtswirksam erhoben werden könne, wenn das Rechtsmittel durch einen entsprechenden Beschluss des zuständigen Organes der Agrargemeinschaft gedeckt sei. Das Vorliegen eines solchen Beschlusses habe die Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet; sollte dieser nicht vorliegen, sei die Berufung zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom 10. August 2011 ersuchte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin um Stellungnahme dahingehend, ob zur Erhebung der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid ein Beschluss eines Organs der Beschwerdeführerin vorliege.

Die belangte Behörde führte am 25. August 2011 eine mündliche Verhandlung durch, bei der der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin eine Kopie des Protokolls einer Ausschusssitzung vom 2. November 2010 und ein handschriftliches Protokoll zu dieser Sitzung vorlegte. Die Frage, ob abgesehen davon eine Beschlussfassung über die Erhebung der Berufung erfolgt sei, verneinte der Obmann der Beschwerdeführerin.

In der Einladung zur Ausschusssitzung vom 2. November 2010 war als Punkt 2. der Tagesordnung "Information und Beschluss über (den) derzeitigen Stand im Regulierungsverfahren" genannt worden. Die Kundmachung der Beschlüsse dieser Ausschusssitzung war schließlich mit Schreiben vom 7. November 2010 erfolgt; dort heißt es:

"Zu nebenstehender Tagesordnung werden folgende Beschlüsse gefasst:

  1. 1. (…)
  2. 2. Der Obmann berichtet, über den Stand der Dinge im seitens der (mitbeteiligten Partei) beantragten Regulierungsverfahren. Es ist am 21.09.2010 ein Feststellungbescheid seitens der Agrarbehörde ergangen, der von unserer Rechtsvertretung Dr. H umgehend beeinsprucht wurde und nunmehr in II. Instanz LAS behandelt wird.

    3. (…)

    (...)"

    Im handschriftlichen Protokoll war vermerkt worden:

    "Zu TO Punkt 2) Information über derzeitigen Stand im Regulierungsverfahren. Eingangs stellt Obm. H.J. fest, daß einiges geschehen ist, aber nichts Entscheidendes. Die Agrarbehörde hat einen Feststellungbescheid vom 21.9.2010 erlassen. Dieser Bescheid wird vom Rechtsvertreter der (Beschwerdeführerin) Dr. H beeinsprucht. Obm. H.J. trägt den gesamten Wortlaut der Berufung durch RA Dr. H vor. Dieser 19seitige Berufungswortlaut wird zustimmend zur Kenntnis genommen. Dr. H würde auch zu einer Ausschusssitzung kommen. Laut Information von Gemeinderat (M.N.) hat auch der Gemeinderat (der mitbeteiligten Partei) gegen diesen Feststellungbescheid berufen. Für eine Zusammenkunft mit Dr. H mit dem AG. Ausschuss wird der 17. Nov. 19:30 fixiert."

    Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 35 Abs. 8 TFLG in Verbindung mit § 12 ihrer Satzungen als unzulässig zurück.

    Begründend führte die belangte Behörde nach Hinweis auf die §§ 34 Abs. 2, 35 Abs. 8 und 36 Abs. 1 lit. c TFLG 1996 aus, dass nach § 12 der Satzung der Beschwerdeführerin zum Wirkungskreis des Ausschusses alle Angelegenheiten gehörten, die nicht ausdrücklich einem anderen Organ vorbehalten seien, so etwa gemäß § 12 die "Beschlußfassung über die Einleitung gerichtlicher Schritte". Aus den vorgelegten Unterlagen und der Aussage des Obmannes der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung ergebe sich kein Beschluss auf Erhebung der vorliegenden Berufung. Vielmehr stelle der Protokollinhalt lediglich einen Bericht über die bereits erfolgte Erhebung der Berufung dar. Er könne auch deshalb keine Beschlussfassung zur Erhebung der Berufung beinhalten, da die Rechtsmittelfrist mit Ablauf des 5. Oktober 2010 geendet, die Sitzung aber erst am 2. November 2010 stattgefunden habe.

    Aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juli 2008, 2007/07/0100, ergebe sich, dass der Verwaltungsgerichtshof die "Einleitung gerichtlicher Schritte" der Erhebung einer Berufung gleichsetze. Mangels des Vorliegens des notwendigen Ausschussbeschlusses sei unabhängig davon, dass der Obmann gegenüber dem Rechtsanwalt, der die Berufung eingebracht habe, den Auftrag zur Berufungserhebung erteilt habe, die Berufung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückzuweisen.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

    Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

    Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde richtet sich im Wesentlichen gegen die Annahme der belangten Behörde, wonach die Erhebung einer Berufung im Verwaltungsverfahren mit der "Einleitung gerichtlicher Schritte" gleichzusetzen sei. Entgegen dieser Ansicht seien diese Begriffe nicht gleichzusetzen und es sei nach der Satzung der Beschwerdeführerin auch kein Ausschussbeschluss notwendig.

Darüber hinaus verweist die Beschwerdeführerin auf eine Ausschusssitzung vom 23. September 2008, in welcher beschlossen worden sei, für das agrarbehördliche Verfahren einen Rechtsbeistand zu Hilfe zu nehmen. Dieser Beschluss umfasse auch die Ermächtigung für den vertretungsbefugten Obmann, dem Rechtsvertreter eine entsprechende Vollmacht zu erteilen. Die Vollmachtserteilung werde weiters dadurch dokumentiert, dass in der Verhandlung der AB vom 20. Juli 2010 sämtliche Ausschussmitglieder gemeinsam mit dem Rechtsvertreter anwesend gewesen seien und entsprechende Erklärungen, wonach keine Gemeindegutsagrargemeinschaft vorläge, abgegeben hätten.

Die Beilagen zur Beschwerde bieten folgendes Bild:

In der Einladung zur Ausschusssitzung vom 23. September 2008 wurde als Tagesordnungspunkt "2. Agrarrechtliches Erkenntnis VGH" angeführt. Im handschriftlichen Protokoll dieser Sitzung hieß es dazu (Unterstreichungen im Original):

"Zu TO Punkt 2 Agrarrechtliches Erkenntnis VGH. Obm. H.J. nimmt an, daß die Ausschußmitglieder zu diesem Thema bereits durch Medien u s Informationen haben. Obm H.J. ist in dieser Angelegenheit viel unterwegs und es gibt heftige Diskussionen zu diesem Verfassungsgerichtsurteil. Es erscheint notwendig, daß sich die Agrargemeinschaften eine Plattform gründen und Rechtsbeistand zu Hilfe nehmen (……..) Vollzählig einverstanden."

Zusammen mit der Beschwerde legte die Beschwerdeführerin auch eine Niederschrift über eine Ausschusssitzung vom 12. Oktober 2011 vor, in welcher unter anderem festgehalten wurde (Hervorhebungen im Original):

" Folgende Beschlüsse wurden gefasst:

  1. 1. (…)
  2. 2. Das Erkenntnis des Landesagrarsenates liegt vor. Der Landesagrarsenat hat den Bescheid der Agrarbehörde ohne Änderungen bestätigt. Die Berufung der (Beschwerdeführerin) wurde als unzulässig zurückgewiesen und die Berufung der (mitbeteiligten Partei) als unbegründet abgewiesen. Gegen diesen Bescheid steht das Rechtsmittel einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und an den Verwaltungsgerichtshof zur Verfügung. Die Kosten für eine solche Beschwerde würden laut RA Dr. H ca. EUR 3.000,- betragen.

    Der Ausschuss der (Beschwerdeführerin) beschließt mit 7 Ja-Stimmen und 1 Enthaltung als rechtsfreundliche Vertretung für die Erhebung von Rechtsmitteln bei Verwaltungsbehörden RA Dr. H zu beauftragen und eine fristgerechte Beschwerde einzubringen."

    2. Die hier einschlägigen Bestimmungen des TFLG 1996 lauten auszugsweise:

"§ 34. (1) (…)

(2) Die Einrichtung und die Tätigkeit von Agrargemeinschaften ist bei Agrargemeinschaften, die aus mehr als fünf Mitgliedern bestehen, von Amts wegen, bei Agrargemeinschaften mit bis zu fünf Mitgliedern auf Antrag mit Bescheid (Satzungen) zu regeln.

§ 35. (1) Die Organe der Agrargemeinschaften sind:

  1. a) die Vollversammlung;
  2. b) der Ausschuß;
  3. c) der Obmann.

(2) (…)

(8) (…) Der Obmann vertritt die Agrargemeinschaft nach außen, in Angelegenheiten, die der Beschlußfassung durch die Vollversammlung oder den Ausschuß unterliegen, jedoch nur im Rahmen entsprechender Beschlüsse. (…)

§ 36. (1) Die Satzungen der Agrargemeinschaften (§ 34 Abs. 2) haben insbesondere Bestimmungen zu enthalten über:

(…)

  1. c) den Aufgabenbereich der Organe;
  2. d) (…)"

    § 37 TFLG 1996 regelt die Aufsicht über die Agrargemeinschaften. Nach § 37 Abs. 7 leg. cit. entscheidet die Agrarbehörde über Streitigkeiten zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern. Richtet sich ein Mitglied gegen den Beschluss eines Organs der Agrargemeinschaft, so hat es innerhalb von zwei Wochen nach der satzungsgemäßen Bekanntmachung der Beschlüsse einen Antrag bei der Agrarbehörde einzubringen. Unter bestimmten Voraussetzungen hat die Agrarbehörde Beschlüsse von Organen der Agrargemeinschaft von Amts wegen aufzuheben.

    Die Satzung der Beschwerdeführerin, erlassen mit Bescheid der AB vom 10. Februar 1998, regelt hinsichtlich der Befugnisse ihrer Organe unter anderem Folgendes:

"§ 10. (1) Der Ausschuss besteht aus einem Obmann, dessen Stellvertreter und 5 weiteren Mitgliedern. Für den Ausschuss sind 5 Ersatzmitglieder zu wählen

….

(5) Die Beschlüsse sind sofort in das Beschlussbuch einzutragen und von sämtlichen anwesenden Ausschussmitgliedern zu unterschreiben.

(6) ….

§ 11. (1) Ausschussbeschlüsse sind binnen einer Woche nach Beschlussfassung durch öffentlichen Anschlag während einer Woche kundzumachen.

(2) Gegen Ausschlussbeschlüsse können die Mitglieder der Agrargemeinschaft binnen einer Woche ab Beginn des Anschlages schriftlich eine mit Begründung versehene Aufsichtsbeschwerde einbringen; …...

§ 12. Soweit Angelegenheiten nicht ausdrücklich einem anderen Organ vorbehalten sind, zählen alle Aufgaben zum Wirkungsbereich des Ausschusses, wie insbesondere die Wahl oder Bestellung weiterer Funktionäre wie Kassier, Schriftführer, Alpmeister, Maßnahmen im geschäftlichen Verkehr der Agrargemeinschaft, die Veräußerung von Grundstücken, soweit diese nicht der Vollversammlung vorbehalten ist (§ 9 Abs. 2), die Aufnahme von Darlehen, die Erstellung des Voranschlages und die Genehmigung des Jahresrechnungsabschlusses, die Beschlußfassung über die Antragstellung (Klagseinbringung) sowie Erhebung von Rechtsmitteln bei Verwaltungsbehörden und Gerichten, die Erstattung eines Vorschlages an die Vollversammlung über die Entschädigung im Sinne des § 9 Zif. 7.

§ 13. (1) Der Obmann ist zur Leitung der Agrargemeinschaft nach Maßgabe der Beschlüsse des Ausschusses und der Vollversammlung berufen. Er hat die Tagesordnung für Ausschußsitzungen und Vollversammlungen festzulegen. Anträge sind in der Reihenfolge ihres Einlangens auf die Tagesordnung zu setzen und zur Abstimmung zu bringen. …

(2) Er vertritt die Agrargemeinschaft nach außen, in Angelegenheiten, die der Beschlussfassung durch die Vollversammlung oder den Ausschuss unterliegen, jedoch nur im Rahmen entsprechender Beschlüsse.

(3) Zu allen Vertretungshandlungen, durch die der Agrargemeinschaft Verbindlichkeiten auferlegt werden, ist der Obmann nur gemeinsam mit einem weiteren Ausschußmitglied befugt; dies gilt insbesondere für die Fertigung von Urkunden.

(4) Ihm obliegen die Aufnahme und Entlohnung der erforderlichen Arbeitskräfte, die Arbeitsanweisung und Arbeitsaufsicht.

(5) ….."

3.1. Die belangte Behörde irrt, wenn sie vermeint, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Juli 2008, 2007/07/0100, die "Einleitung gerichtlicher Schritte" der Erhebung einer Berufung gegen einen Bescheid der AB gleichgesetzt habe. Vielmehr wurde in diesem Erkenntnis dargelegt, dass die Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof als eine "Einleitung gerichtlicher Schritte" anzusehen sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings zum Verständnis der Wortfolge "Einleitung gerichtlicher Schritte" bereits in seinen Erkenntnissen vom 5. Juli 1976, 0417/76 (zum TFLG 1969), und vom 28. März 1995, 94/07/0042 (zum Tiroler Wald- und Weideservitutengesetz 1952), zu vergleichbaren Satzungsbestimmungen ausgeführt, dass es sich bei der Erhebung einer Berufung gegen einen Bescheid der AB nicht um eine solche "Einleitung gerichtlicher Schritte" handelt.

Im vorliegenden Fall ist nach dem Ausweis der Verwaltungsakten für die Beschwerdeführerin die Satzung vom 10. Februar 1998 einschlägig. Demzufolge findet sich der Passus "Erhebung gerichtlicher Schritte" aber gar nicht mehr in § 12 der geltenden Satzung. Dort ist nunmehr beim Aufgabenbereich des Ausschusses u.a. von der "Erhebung von Rechtsmitteln bei Verwaltungsbehörden und Gerichten" die Rede. Ohne Zweifel fällt darunter auch die Erhebung einer Berufung gegen einen Bescheid der AB; diese liegt daher im Aufgabenbereich des Ausschusses.

Nach § 35 Abs. 8 TFLG 1996 und auch nach § 13 Abs. 2 der Satzung ist die dem Obmann eingeräumte Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis dadurch beschränkt, dass sie sich im Rahmen der im jeweiligen (durch die Satzung bestimmten) Aufgabenbereich der Vollversammlung und des Ausschusses von diesen Organen gefassten Beschlüsse zu halten hat. Wenn nun zufolge der Satzung der Beschwerdeführerin die Angelegenheit "Erhebung eines Rechtsmittels gegen eine agrarbehördliche Entscheidung" im Wirkungsbereich des Ausschusses liegt, so ist der Obmann ohne Deckung durch einen entsprechenden Beschluss des Ausschusses nicht in der Lage, eine solche Berufung rechtswirksam zu erheben (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1987, 87/07/0042, und den hg. Beschluss vom 16. November 1993, 91/07/0072).

Im von der belangten Behörde herangezogenen hg. Erkenntnis vom 24. Juli 2008, 2007/07/0100, hielt der Verwaltungsgerichtshof dazu unter anderem fest, dass ein Rechtsmittel namens der Agrargemeinschaft durch den Obmann nur dann rechtswirksam erhoben werden kann, wenn das Rechtsmittel durch einen entsprechenden Beschluss des zuständigen Organes der Agrargemeinschaft gedeckt ist, sofern nach der Verwaltungssatzung ein solcher erforderlich ist. Für die Berufung der Agrargemeinschaft ist somit ein innerhalb der maßgebenden Frist gesetzter körperschaftlicher Willensbildungsakt notwendig (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 18. November 2004, 2003/07/0134, und vom 28. März 1996, 93/07/0037).

3.2. Die Beschwerdeführerin verweist erstmals in ihrer Beschwerde auf die Ausschusssitzung vom 23. September 2008, in der beschlossen worden sei, für das agrarbehördliche Verfahren einen Rechtsbeistand beizuziehen.

3.2.1. Dieses Beweismittel wurde im Verwaltungsverfahren trotz Nachfrage nicht vorgelegt; seiner Berücksichtigung im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof steht daher das Neuerungsverbot entgegen. Schon deshalb war es nicht geeignet, eine die Berufungserhebung tragende Beschlussfassung zu dokumentieren.

3.2.2. Aber auch bei seiner Berücksichtigung käme man zu keinem anderen Ergebnis:

Wie sich unter anderem aus § 37 Abs. 7 TFLG 1996 und § 11 der Satzung ergibt, müssen Beschlüsse von Organen entsprechend kundgemacht werden. Ausschussbeschlüsse müssen auch von allen Mitgliedern des Ausschusses im Beschlussbuch unterschrieben werden. Solche Beschlüsse müssen daher auch einen eindeutigen Inhalt haben, sollen sie doch einem Mitglied die Möglichkeit eröffnen, gegebenenfalls dagegen Einspruch bei der Agrarbehörde zu erheben. Das Protokoll vom 23. September 2008 dokumentiert aber keinen solchen klaren Beschluss des Ausschusses.

Das Protokoll lautet im hier interessierenden Zusammenhang, dass "es notwendig (erscheine), dass sich die Agrargemeinschaften eine Plattform gründen und Rechtsbeistand zu Hilfe nehmen." Mit dieser Vorgangsweise war der Ausschuss "vollzählig einverstanden."

Selbst wenn man diesen Beschluss so verstehen wollte, dass es nicht die zu gründende Plattform sondern die einzelnen Agrargemeinschaft sind, die sich Rechtsbeistand "zu Hilfe nehmen", so erweist sich diese Beschlussfassung als zu wenig bestimmt, um die zur Erhebung der Berufung notwendige Bevollmächtigung des Rechtsanwaltes zu decken. Aus diesem Beschluss geht weder ein konkretes Verfahren hervor, in welchem es zur Beiziehung eines Anwaltes kommen sollte, noch bezieht er sich auf einen konkreten Anwalt (die Agrargemeinschaft war nach dem Akteninhalt im gleichen Zeitpunkt in einer anderen Angelegenheit durch einen anderen Anwalt vertreten), oder auf konkrete Verfahrensschritte, die vom Rechtsvertreter zu setzen seien. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die Beschlussfassung am 23. September 2008 die Beauftragung des einschreitenden Rechtsanwaltes zur Erhebung der Berufung gegen den Bescheid der AB vom 16. September 2010 deckte.

3.3. Am Fehlen des notwendigen Ausschussbeschlusses zur Erhebung der Berufung vermag im Übrigen auch nicht eine "Dokumentierung der Vollmachterteilung" durch die gleichzeitige Anwesenheit der Mitglieder des Ausschusses der Beschwerdeführerin und deren Rechtsvertreter in einer mündlichen Verhandlung vor der AB etwas zu ändern. Dass es damals zu einer Bevollmächtigung des Anwaltes gekommen wäre, wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet und ist auch der Verhandlungsschrift nicht zu entnehmen.

3.4. Das Protokoll der Ausschusssitzung vom 2. November 2010 kann die Erhebung der Berufung schließlich schon deshalb nicht tragen, da die Sitzung nach Ablauf der Berufungsfrist stattfand; es kann daher dahinstehen, ob die Vorgänge bei dieser Sitzung einer Genehmigung der Berufungserhebung gleichzuhalten wären oder nicht.

3.5. Da somit die Beschwerdeführerin den für die Erhebung der Berufung notwendigen Beschluss ihres Ausschusses nicht einholte bzw. nicht in der Lage war, eine fristgerecht erfolgte Beschlussfassung nachzuweisen, wurde sie durch die Zurückweisung ihrer Beschwerde durch die belangte Behörde nicht in ihren Rechten verletzt.

4. Die Beschwerde, deren Erhebung durch einen Rechtsvertreter im Übrigen ein rechtzeitiger Beschluss des Ausschusses zu Grunde lag, war damit aus den oben angeführten Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. April 2012

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