VwGH 2011/05/0075

VwGH2011/05/007515.6.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des J G in M, vertreten durch Dr. Viktor Igali-Igalffy, Rechtsanwalt in 2340 Mödling, Brühlerstraße 63, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 1. März 2011, Zl. MA 64 - 699/2011, betreffend Anordnung einer Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §59 Abs1;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauRallg;
VVG §10 Abs2;
VVG §4 Abs1;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauRallg;
VVG §10 Abs2;
VVG §4 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ist Folgendes zu entnehmen:

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer einer Liegenschaft mit einem darauf errichteten Gebäude in Wien.

Mit rechtskräftigem und vollstreckbarem Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (im Folgenden: Magistrat) vom 1. April 2009 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, binnen sechs Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides

(Spruchpunkt 1.) den gesamten Verputz einschließlich der Krönungsgesimse der Fassaden (des Gebäudes) im Hof in den fehlenden Bereichen konsensgemäß wiederherzustellen und in den schadhaften Bereichen fachgerecht wieder instand zu setzen, sowie

(Spruchpunkt 2.) die Tür im Ausmaß von ca. 90 cm x 200 cm in der Außenwand (des Gebäudes) im Hof nächst der Liegenschaft (…) zu entfernen und den konsensgemäßen Zustand gemäß Bewilligung vom 10. Juni 1885 herstellen zu lassen.

Mit Bescheid vom 26. Jänner 2011 ordnete der Magistrat die Durchführung der in diesem Bescheid aufgetragenen Arbeiten im Wege der Ersatzvornahme an.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Dem Beschwerdevorbringen zufolge habe er in der Berufung vorgebracht, dass zwischenzeitig mit den Sanierungsmaßnahmen begonnen worden sei, die Arbeiten jedoch nur bei besseren Witterungsbedingungen, im Frühsommer, abgeschlossen werden könnten. Hinsichtlich der zu entfernenden Tür habe er vorgebracht, dass es sich bei dieser Tür zur Waschküche um einen Altbestand handle und dieser Zugang bereits zu jenem Zeitpunkt bestanden habe, als er die Liegenschaft erworben habe. Durch die Entfernung der Tür würde nicht nur ein "toter" Raum entstehen, sondern es würde dies auch einen erheblichen Eingriff in die jeweiligen Mietrechte bedeuten, zumal den Mietern der Zutritt vertraglich zugesichert worden sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 1. März 2011 wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 10 Abs. 2 VVG die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Nach Hinweis auf § 4 Abs. 1 und § 10 Abs. 2 VVG sowie § 129 Abs. 2 und 4 Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe in Bezug auf den mit Spruchpunkt 1. des Titelbescheides vom 1. April 2009 erteilten Bauauftrag angegeben, dass der Sockelbereich "verfugt" worden sei - ohne (jedoch) dieses "Verfugen" näher zu erörtern -, und unter einem die "gänzliche und abschließende Sanierung im Frühsommer 2011" angekündigt. Dieser Spruchpunkt ordne jedoch nicht das Verfugen des Sockelbereiches an, sondern trage auf, den gesamten Verputz einschließlich des Krönungsgesimses der Fassaden im Hof in den fehlenden Bereichen konsensgemäß wiederherzustellen und in den schadhaften Bereichen fachgerecht wieder instand zu setzen. Einen Nachweis dafür, dass der Sockelbereich auftragsgemäß verputzt worden sei - etwa mittels Vorlage von Fotos - oder das Verfugen des Sockelbereiches geeignet sei, das Mauerwerk vor Witterungs- und Nässeeinwirkung zu schützen - etwa mittels Vorlage einer entsprechenden Bestätigung eines Fachunternehmens -, um dem in der BO vorgeschriebenen Erfordernis der Standfähigkeit zu genügen, habe der Beschwerdeführer nicht erbracht. Er habe nicht einmal behauptet, den Verputz im Sockelbereich konsensgemäß wiederhergestellt bzw. fachgerecht wieder instand gesetzt zu haben.

Sein Vorbringen lasse keinen Schluss auf eine - auch nur teilweise - Erledigung dieser aufgetragenen Arbeiten zu. Daran könne sein Vorbringen, die "notwendigen Sanierungsarbeiten" durchgeführt zu haben, nichts ändern. Die Beauftragung einer Professionistin mit der "gänzlichen und abschließenden Sanierung", die im Frühsommer 2011 vorgenommen werden solle, reiche jedenfalls nicht aus, das Vollstreckungsverfahren zu stoppen. Vielmehr gestehe der Beschwerdeführer ein, dass die aufgetragenen Verputzarbeiten noch immer nicht erledigt worden seien.

Der in Spruchpunkt 2. des Titelbescheides erteilte Auftrag, die Tür in der Außenwand im Hof zu entfernen und den konsensgemäßen Zustand herzustellen, sei zu Recht an den Beschwerdeführer ergangen, der bereits bei Erlassung des Titelbescheides unbestritten Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Bauwerkes gewesen und daher zur Erfüllung des rechtskräftigen und vollstreckbaren Titelbescheides verpflichtet sei. Eine für den Verpflichteten bestehende Unmöglichkeit der Leistung bewirke nicht die Unzulässigkeit der Vollstreckung durch Ersatzvornahme, weil diese Vollstreckungsform der Herstellung des bescheidmäßig aufgetragenen Zustandes für alle jene Fälle diene, in denen der Verpflichtete nicht willens oder nicht in der Lage sei, die geschuldete, ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nach auch durch einen Dritten zu bewerkstelligende Leistung zu erbringen. Das Bestehen eines Bestandvertrages könne möglicherweise für den Verpflichteten ein subjektives Hindernis darstellen, die aufgetragene Ersatzvornahme selbst vorzunehmen. Dies bedeute jedoch nicht, dass dieses Hindernis auch der Ausübung obrigkeitlichen Zwanges entgegenstehe. Dass der derzeit vorhandene Zugang im Hof zur Waschküche den Mietern vertraglich zugesichert worden sei, stehe der Durchführung einer Ersatzvornahme demnach nicht entgegen.

Da bereits aus dem Berufungsvorbringen unmissverständlich hervorgehe, dass die Spruchpunkte 1. und 2. des Titelbescheides zur Gänze unerledigt seien, lasse sich auch mit den angebotenen Beweismitteln für den Beschwerdeführer nichts gewinnen. Diese leisteten keinen Beitrag zur Klärung der ohnehin klaren Sach- und Rechtslage und dienten lediglich einer Verschleppung des anhängigen Vollstreckungsverfahrens.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 VVG kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

Gemäß § 10 Abs. 2 VVG kann die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung nur ergriffen werden, wenn (Z. 1) die Vollstreckung unzulässig ist oder (Z. 2) die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder (Z. 3) die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 leg. cit. im Widerspruch stehen.

Unter dem Aspekt der mangelnden Bestimmtheit der Leistung bringt der Beschwerdeführer vor, es bleibe offen, welche Sanierungsmaßnahmen geboten und von der Vollstreckungsverfügung umfasst seien. So laufe er Gefahr, dass im Zuge der Vollstreckung schadhafte Stellen saniert würden, die nicht "vom Bescheid" umfasst seien, sei doch nicht einmal ansatzweise angegeben, welche Stellen der Fassade schadhaft und sanierungsbedürftig seien.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Ein behördlicher Auftrag nach § 129 Abs. 4 BO muss ausreichend konkretisiert sein, sodass einem Fachmann erkennbar ist, welche Maßnahmen durchzuführen sind. So bedeutet ein Auftrag, den schadhaften Verputz einer Feuermauer oder einer Schauseite instand zu setzen, nicht, dass der gesamte Verputz instand gesetzt werden muss, ist doch bei einem schadhaften Verputz von Außenwänden die Umschreibung des Schadens nie in allen Einzelheiten möglich (vgl. etwa die in Moritz, BauO Wien4 (2009), 308 f zitierte hg. Judikatur). Einer ausdrücklichen Anführung von mit der fachgerechten Durchführung notwendigerweise verbundenen einzelnen Arbeiten bedarf es hiebei nicht (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2006/05/0056, mwN).

Mit dem genannten Titelbescheid wurde dem Beschwerdeführer (u.a.) aufgetragen, den gesamten Verputz einschließlich der Krönungsgesimse der Fassaden im Hof in den fehlenden Bereichen konsensgemäß wiederherzustellen und in den schadhaften Bereichen fachgerecht wieder instand zu setzen. Es besteht nun kein Grund zur Annahme, dass es einem Fachmann nicht möglich wäre zu erkennen, welche Fassadenbereiche schadhaft seien und welche Arbeiten im Hinblick darauf durchzuführen seien. Der genannte baupolizeiliche Auftrag ist daher ausreichend bestimmt.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, wonach er im Verwaltungsverfahren in Bezug auf die aufgetragenen Fassadenarbeiten angegeben habe, dass der Sockelbereich "verfugt" worden sei, ohne dieses "Verfugen näher zu erörtern", und wonach er die "gänzliche und abschließende Sanierung" für den Frühsommer 2011 angekündigt habe. Darüber hinaus bringt er in der Beschwerde selbst vor, er habe im Berufungsverfahren vorgebracht, dass die Arbeiten nur bei besseren Witterungsbedingungen, im Frühsommer, abgeschlossen werden könnten. Ferner vertritt er in der Beschwerde die Auffassung, dass er mangels einer hinreichenden Konkretisierung der durchzuführenden Fassadenarbeiten zu keinen weiteren Leistungen verpflichtet worden sei. Vor diesem Hintergrund wird vom Beschwerdeführer mit seinem weiteren, im Übrigen unsubstanziierten Beschwerdevorbringen, er habe vorgebracht und unter Beweis gestellt, dass er den behördlichen Auftrag erfüllt habe, nicht dargetan, dass er den Spruchpunkten 1. und 2. des genannten Titelbescheides entsprochen habe.

Aus seinem Beschwerdevorbringen, wonach die Entfernung der Tür (Spruchpunkt 2. des Titelbescheides) einem eigenmächtigen Eingriff in fremde Mietrechte gleichkäme und die Entfernung der Tür nicht zwangsweise durchgeführt werden "könne", ergibt sich ebenso unzweifelhaft, dass auch dieser Spruchpunkt noch nicht erfüllt worden ist. Wenn die Beschwerde vorbringt, die belangte Behörde wäre dazu angehalten gewesen, weitere Beweise "zu überprüfen, insbesondere dahingehend, ob zwischenzeitig" die Sanierungsarbeiten beendet worden seien, wozu die zeugenschaftliche Vernehmung des S. beantragt worden sei, so legt sie mit diesem Vorbringen keinen Verfahrensmangel dar, behauptet sie doch damit nicht, dass die aufgetragenen Arbeiten (zur Gänze) durchgeführt worden seien.

Ferner irrt die Beschwerde mit ihrer Auffassung, dass eine Vollstreckung der im Spruchpunkt 2. des Titelbescheides aufgetragenen Arbeiten deshalb unzulässig sei, weil durch die Entfernung der Tür in die Rechte der Mieter, denen der Zutritt zur Waschküche vertraglich zugesichert worden sei und die Besitzschutz hätten, eingegriffen würde. Denn die Frage der zivilrechtlichen Durchsetzbarkeit eines gemäß § 129 Abs. 4 BO erteilten Auftrages ist für die Zulässigkeit der Ersatzvornahme - wie auch im Auftragsverfahren - irrelevant. Der Zulässigkeit der Ersatzvornahme steht auch nicht entgegen, wenn dem Verpflichteten, aus welchen Gründen immer, die Erbringung der Leistung nicht möglich ist (vgl. zum Ganzen etwa die in Moritz, aaO, auf S. 312 und 313 zitierte hg. Judikatur; ferner in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 21. September 2007, Zl. 2007/05/0169).

Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten fremden Mietrechte können somit die mit dem angefochtenen Bescheid angeordnete Ersatzvornahme nicht hindern, sodass - entgegen dem Beschwerdevorbringen - für die belangte Behörde keine Veranlassung bestand, S. als Zeugen zur Frage der Ausübung des Besitzes der Bestandnehmer zu vernehmen.

Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung (vgl. zur Entbehrlichkeit der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem VwGH das vorzitierte Erkenntnis, 2007/05/0169, mwN) als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. Juni 2011

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