Normen
GewO 1994 §87 Abs1 Z3;
StGG Art6;
GewO 1994 §87 Abs1 Z3;
StGG Art6;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer im Instanzenzug die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart "Cafe-Pub" in einem näher bezeichneten Standort in Y gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 entzogen
Begründend stellte die belangte Behörde zunächst fest, dass der Beschwerdeführer seit Juni 2006 wegen insgesamt 17 Übertretungen gegen die im Zusammenhang mit seinem Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften rechtskräftig verurteilt worden sei. Sodann enthält der angefochtene Bescheid folgende Aufstellung:
"2006: 4 x wegen Überschreitung der Betriebszeiten und 1 x wegen konsenslos errichteten Gastgarten
2007: 3 x wegen Überschreitung der Betriebszeiten, 2 x wegen konsenslos errichteten Gastgarten und 1 x wegen Ausschank alkoholischer Getränke an Personen, welche durch Streitigkeiten, Schreiereien und Rangeleien, die Ruhe und Ordnung im Gastgewerbebetrieb störten
2009: 1 x wegen Überschreitung der Betriebszeiten 2010: 5 x wegen Überschreitung der Betriebszeiten"
Daran anschließend führte die belangte Behörde aus, auf Grund der immer wiederkehrenden Übertretungen über einen sehr langen Zeitraum hinweg und auf Grund der Gleichartigkeit der Übertretungen habe bei der belangten Behörde nicht der Eindruck erweckt werden können, dass der Beschwerdeführer zur Einsicht gekommen wäre, diese Übertretungen nunmehr hintanzuhalten. Diese Verurteilungen seien daher in ihrer Summe als schwerwiegende Verstöße zu qualifizieren.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, seitens der belangten Behörde werde nicht ausgeführt, dass diese Verwaltungsübertretungen besondere Folgen nach sich gezogen hätten. Es werde nicht einmal angeführt, wie lange die Betriebszeitenüberschreitung jeweils angedauert habe, sodass wohl von Verwaltungsübertretungen geringerer Bedeutung auszugehen sei. Die angeführten rechtskräftigen Verwaltungsstrafen seien daher nicht geeignet, das Ansehen des betreffenden Berufszweiges herabzusetzen, auch sei eine Verletzung eines im § 87 Abs. 1 GewO 1994 angeführten Schutzinteresses nicht zu erkennen. Zudem stütze sich die belangte Behörde auf fünf Übertretungen im Jahr 2010, während in einer im Akt befindlichen Aufstellung von Verwaltungsstrafen für das Jahr 2010 lediglich zwei Verwaltungsstrafen angeführt seien (nämlich eine vom 2. September 2010 und eine vom 4. Jänner 2010).
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde (§ 361 GewO 1994) zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.
Gemäß § 87 Abs. 1 letzter Absatz GewO 1994 sind Schutzinteressen gemäß Z. 3 insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung.
2. Nach der insoweit maßgeblichen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann das in § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 enthaltene Tatbestandsmerkmal der "schwerwiegenden Verstöße" nicht nur durch an sich als schwerwiegend zu beurteilende Verstöße erfüllt werden, sondern auch durch eine Vielzahl geringfügiger Verletzungen der im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften. Entscheidend ist somit, dass sich aus dieser Vielzahl unter Berücksichtigung der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Verletzung der Schluss ziehen lässt, der Gewerbetreibende sei nicht mehr als zuverlässig anzusehen. Eine solche Sichtweise ist auch vor dem Hintergrund des sich aus Art. 6 StGG ergebenden Gebotes der Verhältnismäßigkeit eines Eingriffes in die Erwerbsfreiheit erforderlich (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. April 2011, Zl. 2009/04/0307, und das hg. Erkenntnis vom 14. April 2011, Zl. 2011/04/0025, jeweils mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).
3.1. Im Beschwerdefall stützte die belangte Behörde die Entziehung der Gewerbeberechtigung auf insgesamt 17 von ihr im angefochtenen Bescheid dargestellte Übertretungen in einem Zeitraum von 4 1/2 Jahren.
3.2. Zunächst sind die Feststellungen unzureichend, weil bei den genannten Übertretungen weder die verhängten Strafen noch die verletzten (im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden) Rechtsvorschriften angeführt werden.
Insoweit die Beschwerde rügt, aus dem Verwaltungsakt ergäben sich im Jahre 2010 lediglich zwei Übertretungen (wegen Überschreitung der Betriebszeiten) so ist zu bemerken, dass sich die entsprechenden Verwaltungsstrafbescheide (aus 2010) im Verwaltungsakt nicht finden. In einem im Akt aufliegenden Verwaltungsstrafenvormerk sind für das Jahr 2010 lediglich zwei verhängte Verwaltungsstrafen (in der Höhe von EUR 300,00 und EUR 363,00) mit Zahl, Übertretungsnorm und den vom Beschwerdeführer genannten Daten angeführt. Bei diesen beiden Verwaltungsstrafen findet sich nur eine handschriftliche Anmerkung ("3xBZ" und "2xBZ"), welche darauf hindeutet, dass diesen beiden Verwaltungsstrafen mehrere Übertretungen zugrunde gelegen waren. Entsprechende Feststellungen enthält der angefochtene Bescheid jedoch nicht.
3.3. Abgesehen von diesen Feststellungsmängeln erweist sich der angefochtene Bescheid aber schon deshalb als inhaltlich rechtswidrig, weil die belangte Behörde in ihrer Begründung alleine auf den Umstand verweist, der Beschwerdeführer habe über einen sehr langen Zeitraum hinweg gleichartige Übertretungen begangen und habe deshalb nicht den Eindruck erwecken können, er wäre zur Einsicht gekommen, diese Übertretungen nunmehr hintanzuhalten.
Die belangte Behörde hat sich aber nicht mit der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Verletzung auseinander gesetzt, was aber für den Schluss, der Gewerbetreibende sei nicht mehr als zuverlässig anzusehen und erfülle daher den Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994, entscheidend ist.
4. Aus diesem Grund war der sich (vorrangig) als inhaltlich rechtswidrig erweisende Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 22. Juni 2011
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