Normen
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 9. Februar 2010 wurde der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.
Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass sich der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben seit 1981 bzw. 1971 in Österreich aufhalte und seit 1988 als Selbständiger tätig gewesen sei (Gestaltung von Messeständen). Im Jahr 1994 sei das Unternehmen des Beschwerdeführers in Konkurs gegangen; danach sei der Beschwerdeführer wegen fahrlässiger Krida strafgerichtlich verurteilt worden.
Im Oktober 1994 sei der Beschwerdeführer nach Serbien zurückgekehrt. Mit einem vom 1. bis 7. Dezember 1994 gültigen Touristenvisum sei er allerdings wieder nach Österreich eingereist, wo er sich nach Ablauf der Gültigkeit des Visums jahrelang behördlich unangemeldet aufgehalten habe.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18. Mai 1995 sei der Beschwerdeführer wegen der Vergehen nach § 159 Abs. 1 Z. 1 StGB (fahrlässige Krida) und § 114 ASVG (Hinterziehung von Sozialversicherungsabgaben) zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten rechtskräftig verurteilt worden; mittlerweile sei diese Verurteilung getilgt.
Der Beschwerdeführer sei weiterhin behördlich unangemeldet und ohne Aufenthaltstitel - also unrechtmäßig - in Österreich geblieben, weswegen er im Jahr 1997 rechtskräftig mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- belegt worden sei; auch seine verwaltungsrechtlichen Vorstrafen seien mittlerweile getilgt.
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der Erstbehörde) vom 20. Februar 1997 sei gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren verhängt worden; der Beschwerdeführer sei am 26. Februar 1997 nach Serbien abgeschoben worden.
Am 17. Juli 2002 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "selbständige Schlüsselkraft" gestellt; der Antrag sei am 10. Februar 2004 rechtskräftig abwiesen worden.
Am 11. August 2002 sei der Beschwerdeführer neuerlich mit einem Touristenvisum nach Österreich eingereist und habe hier den Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Student" mit dem künstlerischen Hauptfach "Gitarre" gestellt; der Antrag sei rechtskräftig abgewiesen worden. Nach Gültigkeitsablauf des Visums sei der Beschwerdeführer nicht aus Österreich ausgereist, sondern unrechtmäßig hier geblieben.
Am 5. November 2002 habe der Beschwerdeführer bei der Österreichischen Botschaft Belgrad einen neuerlichen Erstantrag für denselben Aufenthaltszweck gestellt; die Aufenthaltserlaubnis sei ihm erteilt worden, obwohl der "Verdacht des Scheinstudiums" vorgelegen sei, und - zuletzt bis 1. November 2007 - verlängert worden.
Da die Aufenthaltserlaubnis dem Beschwerdeführer keine (legale) Beschäftigung bzw. keinen unbeschränkten Aufenthalt in Österreich ermöglicht habe und seine Ausweisung "im Raum" gestanden sei, habe er offensichtlich sein Studium aufgegeben und versucht, auf der "humanitären Schiene" ein Aufenthaltsrecht zu erlangen, indem er am 29. November 2007 einen diesbezüglichen Antrag gestellt habe.
Nach Ablauf der Gültigkeit seiner Aufenthaltserlaubnis habe sich der Beschwerdeführer wiederum unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten.
Am 26. Mai 2009 habe der Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen gestellt; die belangte Behörde habe sich jedoch in ihrer Stellungnahme vom 22. Juli 2009 gegen dessen Erteilung ausgesprochen.
Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Kinder. Er habe angegeben, dass er seine in Österreich lebende Mutter, mit welcher er zusammenwohne, seit Jahren pflege. Sein Unterhalt werde durch das Pflegegeld der Mutter und Einkünfte aus Verpachtung bestritten. Insgesamt stünden dem Beschwerdeführer und seiner Mutter (monatlich) etwa EUR 1.100,-- zur Verfügung. Der Beschwerdeführer sei sozialversichert und spreche gut Deutsch.
Bei seiner Vernehmung am 5. November 2009 habe der Beschwerdeführer angegeben, dass seine Mutter seit etwa sechs Jahren pflegebedürftig sei, aber die Verrichtungen des täglichen Bedarfs selbst erledigen könne, wenngleich ihr dies schon schwer falle. In Serbien lebe noch eine Tante des Beschwerdeführers.
Nach dem amtsärztlichen Befund und Gutachten vom 25. November 2009 - so die belangte Behörde weiter - bedürfe die Mutter des Beschwerdeführers einer Hilfe bei der Haushaltsführung, aber keiner "Rund-um-die-Uhr-Pflege". Eine täglich einmalige Betreuung, z.B. durch eine Heimhilfe, sei ausreichend, wenn hiezu noch bei Bedarf der Dienst "Essen auf Rädern" komme. Diese Unterstützung könne von einem in Österreich angebotenen sozialen Dienst bzw. Pflegedienst übernommen werden.
Aus dem Sozialversicherungsdatenauszug vom 16. Dezember 2009 sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer zumindest seit dem 1. Jänner 2006 keiner gemeldeten Beschäftigung nachgegangen sei; eine solche dürfe er legal gar nicht ausüben.
Diese Feststellungen samt dem amtsärztlichen Gutachten seien dem Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 22. Dezember 2009 zur Kenntnis gebracht worden; eine Stellungnahme des Beschwerdeführers dazu sei nicht erfolgt.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - unter Wiedergabe der Bestimmungen der §§ 53 Abs. 1 und 66 FPG - im Wesentlichen aus, dass sich der Beschwerdeführer seit Anfang November 2007 unrechtmäßig in Österreich aufhalte.
Dem Vorbringen, der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen vom 29. November 2007 sei im Hinblick auf die mit 1. November 2007 abgelaufene Aufenthaltserlaubnis ein Zweckänderungsantrag gewesen, sei zu entgegnen, dass nach der bis 31. März 2009 geltenden Rechtslage eine förmliche Antragstellung überhaupt nicht vorgesehen gewesen sei, weil die Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen von Amts wegen erteilt worden sei. Davon abgesehen sei nach § 26 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ein Zweckänderungsantrag unverzüglich - und nicht vier Wochen nach Ablauf der Aufenthaltserlaubnis - einzubringen.
Dass der Beschwerdeführer nach der sich Anfang April 2009 geänderten Rechtslage einen neuerlichen Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen gestellt habe, über den noch nicht entschieden worden sei, hindere jedenfalls nicht seine Ausweisung.
Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 FPG seien folgende Kriterien maßgeblich gewesen: Der Beschwerdeführer halte sich bereits über zwei Jahre lang unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Es sei anzunehmen, dass er ein Familienleben mit seiner Mutter in Österreich führe. Der Beschwerdeführer sei strafgerichtlich unbescholten. Eine berufliche Integration sei nicht nachgewiesen. Bindungen zum Heimatstaat lägen insoweit vor, als dort eine Tante des Beschwerdeführers lebe und der Beschwerdeführer dort Grundbesitz habe, aus dessen Verpachtung ein geringes Einkommen erzielt werde.
Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die 78-jährige Mutter des Beschwerdeführer aufgrund ihres Alters und ihrer Krankheit Hilfe bei Besorgungen des täglichen Lebens benötige; diese könne allerdings laut der hinzugezogenen Sachverständigen durch die in Österreich verfügbaren sozialen Einrichtungen grundsätzlich gewährleistet werden. Es liege somit keine zwingende Notwendigkeit für ihre Pflege oder Unterstützung durch den Beschwerdeführer vor.
Die so vorzunehmende Abwägung falle zum Nachteil des Beschwerdeführers aus. Es komme nämlich der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie der geordneten Abwicklung des Fremdenwesens (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Die Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremden- und Aufenthaltswesens sei unter Berücksichtigung aller genannten Umstände von solchem Gewicht, dass die vorhandenen gegenläufigen privaten Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet. Der unrechtmäßige Aufenthalt eines Fremden in Österreich stelle eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar, weil er den Gesetzen (FPG und NAG), die diese Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens schützen wollten, widerspreche. Die durch den unrechtmäßigen Aufenthalt empfindlich verletzte öffentliche Ordnung und das damit verbundene öffentliche Interesse an der "Außerlandschaffung" des Beschwerdeführers seien über die persönlichen bzw. privaten Interessen des Beschwerdeführers am weiteren inländischen Aufenthalt zu stellen.
Besondere Umstände, die über die dargelegten Erwägungen hinausgehend eine für den Beschwerdeführer positive Ermessensübung durch die Behörde zugelassen hätten, hätten weder erkannt werden können, noch seien sie vorgebracht worden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerde bestreitet nicht die Feststellungen der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer seit November 2007 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Im Hinblick darauf begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.
1.2. Soweit die Beschwerde vorbringt, dass sich der Beschwerdeführer stets bemüht habe, seinen Aufenthalt im Inland zu legalisieren und auch einen "Antrag auf der humanitären Schiene" gestellt habe, ist dem zu entgegnen, dass - wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - die Anhängigkeit eines Verfahrens über einen vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen der Erlassung einer Ausweisung nicht entgegensteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2010, Zl. 2010/18/0016, mwN).
2.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid auch unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK bzw. § 66 FPG und bringt dazu im Wesentlichen vor, dass sich der Beschwerdeführer seit 1970 immer wieder und seit 2003 - somit zumindest seit mehr als sechs Jahren - in Österreich aufhalte und hier sprachlich und sozial integriert sei. Es sei auch aktenkundig, dass die schwerkranke Mutter des Beschwerdeführers, welche von ihm gepflegt werde, seit 38 Jahren durchgehend in Österreich lebe.
2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Bei der Zulässigkeit der Ausweisung hat die belangte Behörde den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers, seine strafgerichtliche Unbescholtenheit und insbesondere seine familiäre Bindung zu seiner 78-jährigen Mutter, die in Österreich lebe und aufgrund ihres Alters und Krankheit Hilfe bei den Besorgungen des täglichen Lebens benötige, berücksichtigt.
Diesen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt steht allerdings gegenüber, dass er sich seit November 2007 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, was eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften darstellt, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2010, Zl. 2007/18/0268, mwN). Im Hinblick darauf kommt auch der vom Beschwerdeführer behaupteten sprachlichen und sozialen Integration keine wesentliche Bedeutung zu.
Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, seine Mutter müsse aufgrund ihrer schweren Erkrankung durch ihn gepflegt werden, so ist ihm entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde aufgrund eines amtsärztlichen Befundes und Gutachtens vom 25. November 2009 festgestellt hat, dass diese Unterstützung von einem in Österreich angebotenen sozialen Dienst bzw. Pflegedienst übernommen werden könne. Diese Feststellungen wurden in der Beschwerde nicht bestritten. Ein Bedarf der Mutter an Pflege durch den Beschwerdeführer ist somit nicht anzunehmen. Dadurch wurde kein Umstand geltend gemacht, der die persönliche, für den Verbleib in Österreich sprechende Interessenlage des Beschwerdeführers maßgeblich verstärken könnte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 2009, Zl. 2008/18/0522).
Bei Abwägung des angeführten großen öffentlichen Interesses und der gegenläufigen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers gemäß § 66 FPG zulässig sei, daher keinen Bedenken.
3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 8. Juni 2010
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