VwGH 2010/18/0038

VwGH2010/18/003823.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger, den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Jäger, über die Beschwerde des O E in W, geboren 1981, vertreten durch Dr. Astrid Wagner, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 24. November 2009, Zl. E1/449.984/2009, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1 idF 2009/I/029;
FrPolG 2005 §66 Abs2 idF 2009/I/029;
MRK Art8 Abs2;
NAG 2005 §43 Abs2;
NAG 2005 §44 Abs3;
NAG 2005 §44 Abs4;
NAG 2005 §44b Abs3;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1 idF 2009/I/029;
FrPolG 2005 §66 Abs2 idF 2009/I/029;
MRK Art8 Abs2;
NAG 2005 §43 Abs2;
NAG 2005 §44 Abs3;
NAG 2005 §44 Abs4;
NAG 2005 §44b Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 24. November 2009 wurde der Beschwerdeführer, ein (angeblich) nigerianischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 9. August 2002 illegal in das Bundesgebiet gelangt und habe einen Asylantrag gestellt, der am 12. September 2006 zweitinstanzlich rechtskräftig abgewiesen worden sei. Die Behandlung einer dagegen eingebrachten "höchstgerichtlichen Beschwerde" sei am 10. November 2008 abgelehnt worden. Jedenfalls seither sei der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet unrechtmäßig, weshalb die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmungen des § 66 FPG - im Grunde des § 53 Abs. 1 leg. cit. gegeben gewesen seien.

Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten, familiäre Bindungen zum Bundesgebiet bestünden nicht. Angesichts aller Umstände sei von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers auszugehen. Dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses hohe öffentliche Interesse verstoße der keinesfalls bloß kurzfristige unrechtmäßige Weiterverbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet im Anschluss an das abgeschlossene Asylverfahren jedoch gravierend. Unter den gegebenen Umständen sei der Beschwerdeführer auch rechtens nicht in der Lage, seinen Aufenthalt in Österreich vom Inland aus zu legalisieren.

Die privaten Interessen des Beschwerdeführers hingegen wögen nicht schwer. Die überwiegende Zeit seines Aufenthaltes sei er lediglich auf Grund des gestellten Asylantrages zum vorläufigen Aufenthalt berechtigt gewesen. Er könne auf keine familiären Bindungen im Bundesgebiet verweisen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 2007 und 2008 jeweils sechs Monate vorübergehend erlaubtermaßen einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen und derzeit als Zeitungsausträger tätig sei, könne seinen privaten Interessen kein entscheidendes Gewicht verleihen. Ebenso wenig könne der Umstand, dass der Beschwerdeführer unbescholten sei, seine Interessenlage zu seinen Gunsten verstärken. Unter den dargestellten Gesamtumständen erweise sich der Beschwerdeführer auch keinesfalls als besonders integriert. Das ihm insgesamt zuzurechnende Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet sei keinesfalls gewichtig und somit nicht geeignet, das genannte öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens in den Hintergrund zu drängen. Die Erlassung der Ausweisung erweise sich daher auch im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG als zulässig.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde auch keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zuständigen Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass das Verfahren über den vom Beschwerdeführer gestellten Asylantrag rechtskräftig negativ entschieden worden sei und er sich, ohne über einen Aufenthaltstitel zu verfügen, in Österreich aufhalte, begegnet die - unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid unter dem Blickwinkel des § 66 FPG und bringt vor, der Beschwerdeführer halte sich mittlerweile seit sieben Jahren im Bundesgebiet auf, sei integriert, spreche sehr gut Deutsch und sei strafrechtlich unbescholten. Die lange Dauer des Asylverfahrens, die nicht vom Beschwerdeführer verschuldet worden sei, müsse zu seinen Gunsten gewürdigt werden und mindere das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung. Mit Zunahme der Aufenthaltsdauer trete der Aspekt des aufenthaltsrechtlichen Status zunehmend in den Hintergrund, sodass in diesem Zeitraum entstandene persönliche oder gar familiäre Bindungen im Rahmen der Interessenabwägung entscheidend zu Gunsten einer Abstandnahme von der Ausweisung wirken könnten. Der Beschwerdeführer sei auch beruflich integriert; er arbeite als Zeitungsausträger bei einer Tageszeitung.

Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg.

Die belangte Behörde ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 66 Abs. 1 FPG auf Grund der Dauer des inländischen Aufenthaltes (§ 66 Abs. 2 Z. 1 FPG) des Beschwerdeführers trotz seiner fehlenden familiären Bindungen (§ 66 Abs. 2 Z. 2 FPG) im Bundesgebiet zutreffend von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privatleben ausgegangen. Sie hat auch berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer unbescholten (§ 66 Abs. 2 Z. 6 FPG) ist, in der Vergangenheit einer unselbstständigen Tätigkeit nachgegangen und auch derzeit berufstätig ist (§ 66 Abs. 2 Z. 4 FPG). Die belangte Behörde verwies aber auch zutreffend auf das große öffentliche Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften, gegen das der Beschwerdeführer dadurch verstoßen hat, dass er nach Abschluss seines Asylverfahrens Österreich nicht verlassen hat. Dass die lange Dauer des Asylverfahrens dem Beschwerdeführer anzulasten sei, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Ungeachtet dessen hat sich sein Asylantrag letztlich als unberechtigt herausgestellt. Dem Vorbringen zur Integration des Beschwerdeführers in Österreich während seines mehrjährigen Aufenthaltes hielt die belangte Behörde zu Recht entgegen, dass der Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers während seines gesamten Aufenthaltes als unsicher anzusehen war und seit Beendigung des Asylverfahrens unrechtmäßig ist. Entgegen der Beschwerdeansicht hat der Beschwerdeführer somit in Österreich nicht stets die innerstaatlichen Gesetze beachtet (§ 66 Abs. 2 Z. 7 FPG). Dass er während seines Aufenthaltes Deutschkenntnisse (§ 66 Abs. 2 Z. 4 FPG) erworben hat, vermag seine Interessen nicht wesentlich zu stärken. Fehlende Bindungen zum Heimatstaat (§ 66 Abs. 2 Z. 5 FPG) wurden in der Beschwerde nicht vorgebracht.

Bei Abwägung des angeführten großen öffentlichen Interesses und der gegenläufigen, relativierten Interessen des Beschwerdeführers begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers - trotz seines mehrjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet - gemäß § 66 FPG zulässig sei, auch dann keinen Bedenken, wenn man berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer "dem Neusiedler SC zum Aufstieg in die Burgenlandliga verholfen" hat.

3. Soweit die Beschwerde auf die Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 44 NAG verweist, ist ihr entgegenzuhalten, dass auch im Inland gestellte Anträge nach § 43 Abs. 2 sowie § 44 Abs. 3 und 4 NAG gemäß § 44b Abs. 3 NAG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründen und nichts an einem unrechtmäßigen Aufenthalt und an der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 53 Abs. 1 FPG ändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 2009, Zl. 2008/18/0720, mwN).

4. Schließlich liegt auch die vom Beschwerdeführer in der Verfahrensrüge geltend gemachte Verletzung der Verpflichtung der belangten Behörde zur Begründung des Bescheides nicht vor.

5. Der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht finden, dass der belangten Behörde ein (materieller) Ermessensfehler unterlaufen sei, bringt doch auch die Beschwerde keine besonderen Umstände vor, die eine Ermessensübung nach § 53 Abs. 1 FPG zu Gunsten des Beschwerdeführers geboten hätten.

6. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

7. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den nachträglich gestellten Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 23. März 2010

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