VwGH 2010/18/0016

VwGH2010/18/001625.2.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des E in H, geboren am 28. August 1977, vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Nikolsdorfergasse 7-11/Top 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 26. November 2009, Zl. E1/200/2009, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland (der belangten Behörde) vom 26. November 2009 wurde der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 und § 66 Abs. 1 und 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 5. März 2003 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. Mai 2003 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 - AsylG mit der gleichzeitigen Feststellung, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. zulässig sei, abgewiesen worden sei. Die von ihm dagegen erhobene Berufung sei mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates abgewiesen worden. Dieser Bescheid sei mit 9. November 2007 in Rechtskraft erwachsen. Die Behandlung der von ihm dagegen an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde sei mit hg. Beschluss abgelehnt worden.

Der Beschwerdeführer habe am 13. Februar 2006 in Österreich die kanadische Staatsangehörige R. geheiratet, diesen Umstand mit seinem am 19. September 2008 bei der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung (Erstbehörde) eingelangten Antrag auf Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes mitgeteilt und erklärt, zur Ausreise bereit zu sein und sich um die Ausstellung eines Reisedokumentes zu bemühen, um seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Gleichzeitig habe er bekannt gegeben, einen Antrag auf Erteilung eines kanadischen Aufenthaltstitels bereits gestellt zu haben, über eine ortsübliche Unterkunft zu verfügen und von seiner Ehegattin finanziell unterstützt zu werden. Eine Anfrage bei der kanadischen Botschaft habe ergeben, dass der vom Beschwerdeführer am 21. Februar 2007 gestellte Einwanderungsantrag in der Kategorie Familienzusammenführung am 17. Juli 2008 abgelehnt geworden sei und er dagegen Berufung erhoben habe. Einem Aktenvermerk der Erstbehörde vom 10. Oktober 2008 zufolge habe der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mitgeteilt, dass eine freiwillige Rückkehr des Beschwerdeführers nach Nigeria nicht in Frage käme.

Laut einem Bericht der Erstbehörde habe der Beschwerdeführer ungefähr ein Jahr vor seiner Eheschließung die Bekanntschaft seiner Ehefrau durch "Internetsurfen" gemacht. Diese wäre im Jänner 2006 nach Österreich gekommen und nach der Eheschließung noch ungefähr einen Monat im Bundesgebiet geblieben. Im Jahr 2008 wäre sie noch zwei Wochen beim Beschwerdeführer in Österreich gewesen, wobei sie jedoch nicht gemeldet worden wäre. Auf Grund ihrer Beschäftigung in einer Bank wäre es für sie nicht einfach, nach Österreich zu kommen. Die Kommunikation zwischen den Ehegatten erfolgte daher weiterhin über das Internet und Handy. Die Ehegattin des Beschwerdeführers hätte zwei Kinder im Alter von fünf und acht Jahren, dieser wäre nicht der Vater. Er hätte einen Einwanderungsantrag für Kanada gestellt und wüsste von seiner Frau, dass am 22. Dezember 2009 eine Verhandlung bei Gericht in Kanada stattfinden würde. Er würde von seiner Frau finanziell unterstützt und bekäme unregelmäßig Geld von ihr im Bankweg überwiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Hinweis auf die maßgeblichen Gesetzesbestimmungen weiter aus, dass sich der Beschwerdeführer bis zur rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Seit Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung habe er über keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung verfügt. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet sei daher nicht rechtmäßig.

Sein mehr als fünfjähriger Aufenthalt in Österreich sei durch eine illegale Einreise "erlangt" worden und habe auf einem nicht erfolgreichen Asylantrag beruht. Davon ausgehend reichten die geltend gemachten - das Privat- und Familienleben betreffenden - Umstände in Verbindung mit der Aufenthaltsdauer nicht aus, dass von einer Ausweisung Abstand genommen werden müsste. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zu, weshalb die Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG dringend geboten sei.

Im Bundesgebiet hielten sich keine Angehörigen des Beschwerdeführers auf. Nach endgültiger Abweisung seines Asylantrages habe er keine ausreichende Veranlassung, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt in Österreich auszugehen. Trotz des mehr als fünfjährigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, des Erwerbes von Sprachkenntnissen und der von ihm behaupteten sozialen Integration sei es nicht zu beanstanden, dass die Erstbehörde seine Ausweisung unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nicht als unzulässigen Eingriff in sein Privatleben angesehen habe. Was das Fehlen von strafrechtlichen Verurteilungen anlange, so lasse sich daraus für den Beschwerdeführer nichts Entscheidendes gewinnen.

Laut Aktenlage habe der Beschwerdeführer R. am 13. Februar 2006 vor dem Standesamt Mödling geheiratet. Seinen Angaben zufolge sei diese im Jänner (2006) nach Österreich gekommen und nach der Eheschließung noch ungefähr einen Monat im Bundesgebiet geblieben sowie im Jahr 2008 dann für zwei Wochen bei ihm in Österreich gewesen. Seine Ehegattin sei vom 3. Februar 2006 bis 10. November 2006 in Mödling mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen. Seit diesem Zeitraum sei sie in Österreich mit keinem Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldet. Es könne daher ab diesem Zeitpunkt von keinem gemeinsamen Lebensmittelpunkt in Österreich ausgegangen werden.

Auch der vom Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid angeführte Umstand, einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Familienangehöriger für Kanada gestellt zu haben, wobei der Antrag derzeit noch im Stadium der Bearbeitung sei, rechtfertige keinen weiteren Verbleib in Österreich. Eine eventuell positive Entscheidung der kanadischen Behörde über die Erteilung einer Einwanderungserlaubnis könne auch in einem anderen Staat als Österreich abgewartet werden. Darüber hinaus seien keine Beziehungen des Beschwerdeführers zu in Österreich lebenden Verwandten feststellbar, die auf Grund ihrer Intensität, Dauer oder verwandtschaftlichen Nähe einen Eingriff in sein Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK darstellen würden.

Die Ausweisung des Beschwerdeführers sei daher geboten und erscheine nicht unverhältnismäßig, zumal keine Hindernisse dafür bestünden, dass er sich vom Ausland aus um einen Einreise- und Aufenthaltstitel für Österreich bemühe. Die nachteiligen Folgen von der Abstandnahme seiner Ausweisung wögen demnach schwerer als deren Auswirkung auf seine Lebenssituation.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass der Asylantrag des Beschwerdeführers rechtskräftig abgewiesen worden sei, wobei von ihm nicht behauptet wird, dass ihm ein Aufenthaltstitel erteilt worden sei, begegnet die - unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 (zweiter Halbsatz) FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK bzw. des § 66 Abs. 1 und 2 FPG und bringt vor, dass der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 11. Februar 2009 bei den zuständigen Behörden angeregt habe, ihm einen humanitären Aufenthaltstitel zu erteilen, und eine Entscheidung darüber nach wie vor ausstehe. Er halte sich nunmehr seit knapp sieben Jahren in Österreich auf, und es laufe derzeit ein Antrag auf Erteilung eines kanadischen Aufenthaltstitels. "Ersatzweise" sei geplant, bis dahin den Lebensmittelpunkt in Österreich zu begründen. Zudem sei festzuhalten, dass auch die Ausführungen der Behörde, keinerlei Angehörige würden sich im Bundesgebiet aufhalten, "einer gesetzeskonformen Abwägung im Lichte des Art. 8 EMRK jedenfalls nicht gerecht wird".

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Dass der Beschwerdeführer mit Familienangehörigen in Österreich zusammenlebe oder solche überhaupt hier aufhältig seien, wird in der Beschwerde nicht dargelegt. Aus den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen geht weiters hervor, dass sich die kanadische Ehegattin des Beschwerdeführers lediglich von Jänner bis etwa März 2006 und im Jahr 2008 für zwei Wochen in Österreich aufgehalten hat. In der Beschwerde wird dies nicht in Abrede gestellt und im Übrigen nicht behauptet, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers hier wohnhaft sei.

Zu Recht hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt. Dieses große öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch seinen unrechtmäßigen Aufenthalt maßgeblich beeinträchtigt. Die in der Beschwerde vorgebrachte Anhängigkeit eines Verfahrens über seine Anregung, ihm einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen zu erteilen, steht der Erlassung einer Ausweisung hiebei nicht entgegen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2010, Zl. 2009/18/0503, mwN).

Nach der hg. Judikatur wäre der Beschwerdeführer nur dann vor einer Ausweisung geschützt und damit unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK in weiterer Folge zu einer Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus berechtigt, wenn eine rasche bzw. sofortige Erteilung einer (humanitären) Niederlassungsbewilligung zur Abwendung eines unzulässigen Eingriffes in ein durch Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und Familienleben erforderlich wäre (vgl. dazu nochmals das vorzitierte Erkenntnis und das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2010, Zl. 2009/18/0523, mwN). Die in der Beschwerde behaupteten Umstände - insbesondere auch der behauptete Umstand, dass vom Beschwerdeführer und seiner kanadischen Ehegattin "ersatzweise" geplant sei, den Lebensmittelpunkt in Österreich zu begründen - stellen jedoch keine solchen im Sinn des Art. 8 EMRK dar, die es dem Beschwerdeführer unzumutbar machen würden, für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Verfahrens zur Erteilung eines Aufenthaltstitels von Österreich auszureisen. Im Übrigen wurde auch nicht vorgebracht, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers über einen Aufenthaltstitel für Österreich verfüge.

Die von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 1 und 2 FPG vorgenommene Beurteilung ist daher nicht zu beanstanden.

3. Schließlich kann auch keine Rede davon aus, dass der angefochtene Bescheid unzureichend begründet wäre.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 25. Februar 2010

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