Normen
AdelsaufhG 1919 §1;
AdelsaufhV 1919 §2;
AVG §68;
IPRG §13;
PStG §15;
AdelsaufhG 1919 §1;
AdelsaufhV 1919 §2;
AVG §68;
IPRG §13;
PStG §15;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist am 9. Mai 1944 in Wien geboren und österreichische Staatsbürgerin. Mit Beschluss des (deutschen) Kreisgerichtes Worbis vom 14. Oktober 1991 wurde gemäß den §§ 1767 und 1752 (deutsches) BGB vormundschaftsgerichtlich ausgesprochen, dass (unter anderem) die Beschwerdeführerin von Herrn L Fürst von S-W als Kind angenommen werde. Die Beschwerdeführerin lebte zu diesem Zeitpunkt (und lebt nach dem Akteninhalt auch weiterhin) in Deutschland.
Mit Ergänzungsbeschluss des Kreisgerichtes Worbis vom 24. Jänner 1992 wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden in der Form erhalte, dass sie "Fürstin von S-W" heiße. Eine dementsprechende Eintragung (Beischreibung) dieses nunmehr geführten Familiennamens erfolgte durch die österreichischen Behörden in dem von ihnen geführten Geburtenbuch.
Mit Schreiben von 5. April 2007 wurde die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf ein Erkenntnis des österreichischen Verfassungsgerichtshofes verständigt, dass nunmehr eine Berichtigung der Eintragung des Familiennamens im Geburtenbuch auf "S-W" beabsichtigt sei. Die Beschwerdeführerin sprach sich dagegen aus und verwies dabei unter anderem auf ihr gemeinschaftsrechtlich (nunmehr unionsrechtlich) verankertes Recht, innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu reisen, ohne den Namen wechseln zu müssen.
Mit Bescheid vom 24. August 2007 sprachen die österreichischen Behörden (Magistrat der Stadt Wien, Standesamt) aus, dass der Familienname der Beschwerdeführerin (nunmehr) berichtigend im Geburtenbuch mit "S-W" einzutragen sei.
Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin ab.
Der gegen diesen Berufungsbescheid zunächst mit Beschwerde angerufene Verfassungsgerichtshof sprach mit Beschluss vom 23. September 2008 aus, dass er die Behandlung der Beschwerde ablehne und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrete. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus wie folgt:
"Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (siehe VfSlg. 17060/2003 zum verfassungsrechtlichen Verbot der Weitergabe eines ehemaligen Adelsprädikates im Wege einer Adoption durch deutsche Staatsangehörige an einen österreichischen Staatsbürger) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Das Adelsaufhebungsgesetz, StGBl. 211/1919, steht im Verfassungsrang und ist damit einer Prüfung an Art. 18 B-VG nicht zugänglich. Für eine Gesetzwidrigkeit der im vorliegenden Zusammenhang präjudiziellen Bestimmungen der Adelsaufhebungs-Vollzugsanweisung, StGBl. 237/1919, die sich auf die Führung des Adelszeichens 'von' (§ 2 Z. 1) und der adeligen Standesbezeichnung 'Fürst' beziehen (§ 2 Z. 4), bestehen keine Anhaltspunkte."
In ihrer gleichzeitig mit der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ausgeführten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, die sie mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2008 ergänzte, bekämpft die beschwerdeführende Partei den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
§ 15 des Personenstandsgesetzes, BGBl. Nr. 60/1983 (in der Folge: PStG), sieht in seinem Abs. 1 die Möglichkeit vor, eine Beurkundung zu berichtigen, wenn sie bereits zur Zeit der Eintragung unrichtig gewesen ist.
Nach § 9 Abs. 1 erster Satz des Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz, in der Folge: IPRG), BGBl. 304/1978, ist das Personalstatut einer natürlichen Person das Recht des Staates, dem die Person angehört.
Nach § 13 Abs. 1 leg. cit. ist die Führung des Namens einer Person nach deren jeweiligem Personalstatut zu beurteilen, auf welchem Grund auch immer der Namenserwerb beruht.
Gemäß § 26 Abs. 1 erster Satz IPRG sind die Voraussetzungen der Annahme an Kindesstatt und die Beendigung der Wahlkindschaft nach dem Personalstatut jedes Annehmenden und dem Personalstatut des Kindes zu beurteilen. Die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt sind gemäß § 26 Abs. 2 leg. cit. nach dem Personalstatut des Annehmenden zu beurteilen.
§ 183 Abs. 1 ABGB, JGS Nr. 946/1811 in der Fassung BGBl. Nr. 25/1995, bestimmt, dass dann, wenn das Wahlkind nur von einer Person an Kindesstatt angenommen wird, das Wahlkind den Familiennamen des Annehmenden erhält.
§ 1 des - im Verfassungsrang stehenden - Gesetzes vom 3. April 1919 über die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter und Damenorden und gewisser Titel und Würden, StGBl. Nr. 211/1919 in der Fassung BGBl. Nr. 1/1920 (Adelsaufhebungsgesetz), lautet:
"§ 1. Der Adel, seine äußeren Ehrenvorzüge sowie bloß zur Auszeichnung verliehene, mit einer amtlichen Stellung, dem Beruf oder einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Befähigung nicht im Zusammenhange stehenden Titel und Würden und die damit verbundenen Ehrenvorzüge österreichischer Staatsbürger werden aufgehoben."
§ 2 der - auf dem Adelsaufhebungsgesetz beruhenden - Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Inneres und Unterricht und des Staatsamtes für Justiz, im Einvernehmen mit den beteiligten Staatsämtern vom 18. April 1919, über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und Würden, StGBl. Nr. 237/1919, lautet wie folgt (auszugsweise):
"§ 2. Durch § 1 des Gesetzes vom 3. April 1919, St.G.Bl. Nr. 211, sind aufgehoben:
- 1. das Recht zur Führung des Adelszeichens 'von'
- 2. das Recht zur Führung von Prädikaten, zu welchen neben den zugestandenen die Familien unterscheidenden Adelsprädikaten im engeren Sinne auch das Ehrenwort 'Edler' sowie die Prädikate 'Erlaucht', 'Durchlaucht' und 'Hoheit' gezählt wurden;
- 3. ...
- 4. das Recht zur Führung der adeligen Standesbezeichnungen, wie z. B. Ritter, Freiherr, Graf und Fürst, dann des Würdetitels Herzog, sowie anderer einschlägiger in- und ausländischer Standesbezeichnungen;
5. ..."
Der Verfassungsgerichtshof hat zur Frage der Namensführung eines österreichischen Staatsbürgers nach Adoption durch eine deutsche Staatsbürgerin im Hinblick auf den im Geburtenbuch dadurch registrierten Familiennamen "Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha, Herzog zu Sachsen" in seinem Erkenntnis vom 27. November 2003, B 557/03 (=VfSlg. 17060) zusammenfassend die österreichische Rechtslage dahin beurteilt, dass es nach dem im Verfassungsrang stehenden und den Gleichheitsgrundsatz diesbezüglich ausführenden Adelsaufhebungsgesetz unzulässig sei, ein (ehemaliges) Adelsprädikat im Wege einer Adoption durch eine deutsche Staatsangehörige, die das Adelsprädikat zulässigerweise als Teil des Namens trage, einem österreichischen Staatsbürger als Name weiter zu geben. Österreichische Staatsbürger seien nach dem erwähnten Verfassungsgesetz nämlich auch nicht berechtigt, Adelstitel ausländischen Ursprungs zu führen.
Die Beschwerdeführerin macht zunächst vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend, die belangte Behörde habe die Bestimmung des § 68 AVG vollkommen außer Acht gelassen. Die Eintragung des Geschlechtsnamens "Fürstin von S-W" beruhe auf einem Bescheid des Jahres 1992, der nur nach Maßgabe des § 68 AVG hätte abgeändert werden dürfen.
Mit diesem Vorbringen übersieht die beschwerdeführende Partei die Bestimmung des § 15 PStG. Diese Norm ermöglicht unter den dort genannten, erwähnten Voraussetzungen die Berichtigung von (auch auf einem Bescheid beruhenden) Eintragungen im Geburtenbuch, sodass § 68 AVG insofern jedenfalls nicht zur Anwendung gelangt.
Soweit die Beschwerdeführerin weiters die Ansicht vertritt, mit der angeordneten Berichtigung des Geburtenbuches werde unzulässigerweise in die Rechtskraft der Entscheidung des Kreisgerichtes Worbis eingegriffen, die Wirkungen der Adoption seien nach deutschem Recht zu beurteilen, übersieht sie, dass auf die kollisionsrechtliche Beurteilung der Berichtigung ihres Namens im Geburtenbuch § 13 IPRG anzuwenden ist. Danach beansprucht der österreichische Staat die Geltung seiner Rechtsordnung hinsichtlich des Namensrechtes seiner Staatsangehörigen. Dies bedeutet aber auch, dass die österreichische Rechtsordnung bestimmt, welche Behörde oder welches Gericht im konkreten Einzelfall zu Entscheidung berufen ist. Dies bedeutet im Beschwerdefall weiters, dass die Personenstandsbehörden die Frage zu beurteilen hatten, mit welchem Namen die Beschwerdeführerin in die österreichischen Personenstandsbücher (hier das Geburtenbuch) einzutragen war. Dabei haben die österreichischen Personenstandsbehörden ihre Verfahrensvorschriften anzuwenden. Wurde nun auf Grund der Entscheidung des Kreisgerichtes Worbis der Name der Beschwerdeführerin mit den nach der österreichischen Rechtsordnung nicht einzutragenden und dem ordre-public widersprechenden Adelsbestandteilen im Geburtenbuch eingetragen, war diese Eintragung im Wege des § 15 PStG ungeachtet einer etwaigen Rechtskraft der Entscheidung des Kreisgerichtes Worbis zu berichtigen.
Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auch noch verfassungsrechtliche Bedenken (insbesondere ihr Recht auf den gesetzlichen Richter) geltend macht, vermag der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf den bereits erwähnten Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 23. September 2008, B 910/08, diese Bedenken nicht zu teilen.
Die Beschwerdeführerin hat aber in ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde auch noch gemeinschaftsrechtliche (nunmehr unionsrechtliche) Bedenken geäußert. Diese haben den Verwaltungsgerichtshof bewogen, mit Beschluss vom 18. Mai 2009, Zl. EU 2009/0002-1 (2008/17/0191) dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß (damals) Art. 234 EG folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
"Steht Art. 18 EG (Anm.: nunmehr Art. 21 AEUV) einer Regelung entgegen, wonach die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaates es ablehnen, den Nachnamen - soweit er ein im Mitgliedstaat (auch verfassungsrechtlich) unzulässiges Adelsprädikat enthält - eines (erwachsenen) Adoptivkindes anzuerkennen, der in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt wurde?"
Zur näheren Darlegung seiner Gründe für dieses Vorabentscheidungsersuchen kann auf die Begründung des erwähnten Beschlusses vom 18. Mai 2009 verwiesen werden, die den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bekannt ist (vgl. auch Kröll, Adelsaufhebungsgesetz und Unionsbürgerschaft oder EuGH und Emotionen, ZfV 2010/282, 177 und Attlmayr , Adelsaufhebung und das Gemeinschaftsrecht, JRP 2010, 1).
Mit Urteil vom 22. Dezember 2010, Rs C-208/09 , hat der (nunmehr) Gerichtshof der Europäischen Union die Vorlagefrage wie folgt beantwortet:
"Art. 21 AEUV ist dahin auszulegen, dass er es den Behörden eines Mitgliedstaats nicht verwehrt, unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens die Anerkennung des Nachnamens eines Angehörigen dieses Staates in allen seinen Bestandteilen, wie er in einem zweiten Mitgliedstaat, in dem dieser Staatsangehörige wohnt, bei seiner Adoption als Erwachsener durch einen Staatsangehörigen dieses zweiten Staates bestimmt wurde, abzulehnen, wenn dieser Nachname einen Adelstitel enthält, der im ersten Mitgliedstaat aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig ist, sofern die in diesem Zusammenhang von diesen Behörden ergriffenen Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt sind, d.h. zum Schutz der Belange, die sie gewährleisten sollen, erforderlich sind und in einem angemessenen Verhältnis zu dem legitimerweise verfolgten Zweck stehen."
Auch hier sind die Erwägungen des Gerichtshofes der Europäischen Union den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bekannt. Wie der Gerichtshof in dem eben erwähnten Urteil (vgl. insbesondere Randnr. 93) näher ausgeführt hat, ist im Beschwerdefall nicht zu erkennen, dass die zuständigen österreichischen Personenstandsbehörden dadurch, dass sie es ablehnten, die in einem Namen wie dem der Beschwerdeführerin enthaltene Adelsbezeichnung anzuerkennen, über das hinausgegangen wären, was zur Erreichung des von ihnen verfolgten grundlegenden verfassungsrechtlichen Ziels (gerechtfertigt und) erforderlich ist.
Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 28. Februar 2011
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