Normen
GebG 1957 §15 Abs3;
GebG 1957 §33 TP17 Abs1 Z7 lita;
GebG 1957 §33 TP17 Abs1 Z7;
GrEStG 1987 §1 Abs1 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 10. März 2009 gaben der Beschwerdeführer und Mag. S dem (damaligen) Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern bekannt, eine "Hausverlosung" über eine je zur Hälfte in ihrem Eigentum befindliche Liegenschaft durchzuführen. Mit dem Losverkauf sei am 1. Februar 2009 begonnen worden. Insgesamt seien 16.000 Lose a EUR 99,-- aufgelegt worden, von denen erst ein Fünftel verkauft worden sei. Es werde um Ausstellung "des Bescheides" ersucht.
Dem Schreiben waren die "Teilnahmebedingungen" beigelegt.
Diese lauten wie folgt:
"1. Teilnahmeberechtigung
....
Die Teilnahme ist nur über die im Internet eingerichtete
Teilnahmemaske möglich .....
2. Vertragsgegenstand
Verlost wird die Liegenschaft EZ xxx Grundbuch xxxxx, Bezirksgericht .… im Ausmaß von 547 m2 samt dem darauf befindlichen Wohnhaus ... Laut Schätzungsgutachten .… weist die Liegenschaft einen Verkehrswert von EUR 1,180.700,00 auf.
...
3. Vollmacht
Mit der Durchführung und Abwicklung der Verlosung sowie der Einverleibung der Eigentumsrechte gemäß dem Verlosungsergebnis
wird .... beauftragt.
...
Nach Verkauf der aufgelegten 16.000 Stück Lose ist der Treuhänder zu nachfolgenden Verfügungen berechtigt:
Nach erfolgter Verlosung ist vom Treuhänder der entsprechende
Eigentumserwerbsvertrag zu errichten sowie die Grundbuchsordnung
im Sinne des Verlosungsergebnisses herzustellen. Der nach
Abdeckung der .... Kosten verbleibende Restbetrag ist dann vom
Treuhänder auf das .... Konto der Liegenschaftseigentümer
auszubezahlen.
Kann die erforderliche Mindestmenge an Losen bis zum
Verlosungstag nicht verkauft werden, dann werden die einbezahlten
Beträge an die Einzahler .... zurückbezahlt, wobei nur die
tatsächliche Bearbeitungsgebühr .... maximal EUR 19,00 in Abzug gebracht wird.
4. Registrierung und Losnummer
Es wird bei jeder Registrierung eine Registrierungsnummer vergeben. Mit Hilfe dieser Registrierungsnummer wird der Treuhänder den Gewinn eruieren.
Es werden insgesamt 16.000 Lose zu einem Lospreis von EUR 99,00 aufgelegt.
Die Registrierungsnummer wird mit dem Einlangen des der Anzahl der gekauften Lose entsprechenden Geldbetrages auf dem … Treuhandkonto wirksam. Nur durch Leistung des vollen Betrages wird ein Los erworben und zur Teilnahme berechtigt. Es ist daher beispielsweise nur folgender Loskauf gültig: Anzahl der gekauften Lose 3 Stück - eingelangter Geldbetrag EUR 297,00. Pro Registrierungsnummer dürfen maximal 10 Lose gekauft werden.
Die Anzahl der Lose darf nachträglich nicht verändert werden; möchte ein Teilnehmer die Anzahl der zu kaufenden Lose ändern, muss er eine neuerliche Registrierung in Gang setzen.
Ein und derselbe Teilnehmer kann sich mehrfach registrieren lassen und mehrere Lose erwerben. Die Einzahlung hat ausschließlich auf das angeführte Treuhandkonto zu erfolgen. Spätestens mit der Einzahlung hat der Teilnehmer die gegenständlichen Bedingungen vollinhaltlich anerkannt.
Eine nicht genutzte (nicht einbezahlte) Registrierungsnummer verfällt nach zwei Wochen und wird gelöscht.
Drei Wochen nach Ende des Losverkaufes wird den gültigen Registrierungsnummern per Zufallsprinzip eine oder mehrere Losnummern zugeordnet und den Teilnehmern per Email bekannt gegeben.
...
5. Verlosungstermin
Der Verkauf der Lose beginnt am 1.2.2009 und endet spätestens
am 30.6.2009. Annahmeschluss .... ist sohin der 30.6.2009 bis
24.00 Uhr. Sämtliche bis zu diesem Zeitpunkt einbezahlten Lose nehmen an der Verlosung teil.
Als Verlosungstermin wurde vorerst der 30.7.2009 festgesetzt
....
Sollten bis zum 30.6.2009 nicht alle 16.000 Lose verkauft worden sein, so kann der Zeitraum des Losverkaufs um 2 Monate verlängert werden, sohin bis zum 31.8.2009. In diesem Fall findet die Verlosung am 30.9.2009 statt.
6. Rücktritt
Sollten bis zum 30.6.2009 bzw. 31.8.2010 nicht alle 16.000 Lose verkauft worden sein, so hat der Veranstalter das Recht, die Verlosung nicht stattfinden zu lassen, und werden in diesem Fall die einbezahlten Beträge unter Einbehaltung einer Bearbeitungsgebühr von maximal EUR 19,00 an den Einzahler rücküberwiesen.
…
8. Ziehung
Die Ziehung der Losnummer erfolgt unter notarieller Aufsicht, indem eine Losnummer zufällig aus allen gültigen Losen ausgewählt wird. ...
9. Verständigung
Nach erfolgter Ziehung und somit vorliegendem Ergebnis wird aus der vorliegenden Liste die Registrierungsnummer erhoben. Danach werden aus dem dazugehörigen Registrierungsformular die Daten des Gewinners festgestellt. ...
...
11. Erstellung einer grundbuchsfähigen Urkunde
Innerhalb von 14 Werktagen nach Kontaktaufnahme des Gewinners mit dem Treuhänder wird von diesem eine grundbuchsfähige Urkunde mit den Veräußerern und Erwerber errichtet, auf Grund welcher der Gewinner grundbücherliches Eigentum erlangt.
12. Übergabe
.... Als Zeitpunkt für die Übergabe in den Besitz des
Gewinners .... wird der Tag der beglaubigten Unterfertigung der
Erwerbsurkunde festgelegt. Die Liegenschaftseigentümer verpflichten sich, diese Urkunde ohne Verzug zu unterfertigen.
…"
Mit Bescheid vom 9. April 2009 schrieb das Finanzamt dem Beschwerdeführer für diese Grundstücksverlosung ("Hausverlosung") ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 1,584.000,-- die Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG in Höhe von EUR 190.080,-- vor.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer u.a. vor, dass Grundstücksverlosungen keine Rechtsgeschäftsgebühr auslösten. Ein Grundstück stelle weder eine Ware noch eine geldwerte Leistung iSd § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG dar. Überdies sei § 15 Abs. 3 GebG anzuwenden, wonach Rechtsgeschäfte, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fielen, von der Gebührenpflicht ausgenommen seien. Im Falle der Steuerpflicht seien der Bemessungsgrundlage nicht die gesamten aufgelegten Lose laut Verlosungsbedingungen zugrunde zu legen. Es sei vielmehr von den tatsächlich verkauften Losen auszugehen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Hausverlosung erfülle sämtliche Merkmale des § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG: Hausverlosungen seien Glücksverträge, wodurch die Hoffnung auf den Erwerb eines Grundstückes versprochen und angenommen werde. Die Hausverlosung sei ein Glücksvertrag ieS, ein Glücksspiel gemäß § 1 Abs. 1 GSpG, bei welchem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhingen. Da die Verlosungsbedingungen vom Beschwerdeführer im Internet veröffentlicht worden seien und das gewinnende Los durch Ziehung ermittelt werde, sei die Hausverlosung eine Veranstaltung, die sich an die Öffentlichkeit wende und bei welcher den Teilnehmern durch Verlosung Gewinste zukommen sollen.
Auslösemoment für die Gebührenschuld gemäß § 16 Abs. 5 GebG sei die Vornahme der Handlung, die den gebührenpflichtigen Tatbestand verwirkliche. Die Vornahme der Handlung sei die Veröffentlichung der Teilnahmebedingungen im Internet im Zusammenhang mit dem ersten Loskauf, was sich aus der Vertragsnatur der Hausverlosung und der Wortfolge "zukommen sollen" ergebe. Mit der ausgelösten Gebührenschuld stehe fest, dass die Hausverlosung dem § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG unterliege. Rechtsfolge sei die konkrete Vergebührung nach lit. a ("wenn die Gewinste in Waren bestehen") mit 12%, da der "weite Warenbegriff" der Ziffer 7 Grundstücksgewinne inkludiere. Als Bemessungsgrundlage gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 17 lit. a GebG seien nicht die tatsächlich verkauften Lose heranzuziehen. Der "Gesamtwert aller nach dem Spielplan bedungenen Einsätze" umfasse vielmehr die aufgelegten Lose laut Verlosungsbedingungen mal Lospreis.
Da der Grundstückserwerb das Erfüllungsgeschäft zum Hauptvertrag "Loskauf gegen Gewinnchance" sei, handle es sich um zwei chronologisch nacheinander gereihte, nicht idente Rechtsvorgänge, weswegen keine Befreiung von der Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 15 Abs. 3 GebG eintrete.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Unterlassung der Vorschreibung von "Rechtsgebühren" gem. § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift verbunden mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Strittig ist im Beschwerdefall, ob dem Beschwerdeführer dem Grunde nach zu Recht Rechtsgeschäftsgebühren für die Verlosung einer Liegenschaft vorgeschrieben wurde.
Den Gebühren im Sinne dieses Bundesgesetzes unterliegen gem. § 1 Gebührengesetz 1957 (GebG) Schriften und Amtshandlungen nach Maßgabe der Bestimmungen im II. Abschnitte sowie Rechtsgeschäfte nach Maßgabe der Bestimmungen im III. Abschnitte.
Der III. Abschnitt enthält in seinen §§ 15 bis 33 die Regelungen über die Gebühren für Rechtsgeschäfte.
Rechtsgeschäfte sind gem. § 15 Abs. 1 GebG nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass im GebG etwas Abweichendes bestimmt ist.
Rechtsgeschäfte, die u.a. unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, sind gem. § 15 Abs. 3 GebG von der Gebührenpflicht ausgenommen.
§ 33 TP 17 GebG enthält Bestimmungen über die Glücksverträge. Im Beschwerdefall ist die TP 17 idF vor der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, anzuwenden.
Gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 GebG unterliegen Glücksverträge, wodurch die Hoffnung eines noch ungewissen Vorteiles versprochen und angenommen wird, der Gebühr.
Nach Z 7 lit. a der genannten Bestimmung beträgt bei Glücksspielen gemäß § 1 Abs. 1 GSpG, die von einem Veranstalter angeboten oder organisiert werden, und sonstigen Veranstaltungen, die sich an die Öffentlichkeit wenden und bei denen den Teilnehmern durch Verlosung Gewinste zukommen sollen, die Gebühr 12 v. H. vom Gesamtwert aller nach dem Spielplan bedungenen Einsätze, wenn die Gewinste in Waren, in geldwerten Leistungen, in Waren und geldwerten Leistungen bestehen.
Gemäß § 33 TP 17 Abs. 2 GebG sind die Gebühren u.a. nach Abs. 1 Z 7, auch wenn eine Urkunde nicht errichtet wird, ohne amtliche Bemessung unmittelbar zu entrichten.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Beurteilung seiner "Grundstücksverlosung" als Glücksspiel iSd § 33 TP 17 Z 7 lit. a GebG zunächst mit dem Vorbringen, dass die Rechtsgeschäfte mit den "Losinteressenten" mangels Zuweisung konkreter Losnummern nicht zustande gekommen seien.
Diesem Vorbringen sind aber die Teilnahmebedingungen entgegenzuhalten, aus denen sich ergibt, dass für den Erwerb eines Loses und damit der Spiel- und Gewinnberechtigung im Wesentlichen die Registrierung sowie die Einzahlung eines entsprechendes Geldbetrages ausreicht (siehe Punkt 4. der Teilnahmebedingungen). Dass vor dem Verlosungstermin ("drei Wochen nach Ende des Losverkaufs") den jeweiligen Registriernummern jeweils eine oder mehrere Losnummern hätten zugeordnet werden sollen, steht der Beurteilung, dass bei Registrierung und Einzahlung des Lospreises der jeweilige Vertragsabschluss zustande gekommen ist, nicht entgegen.
Der Beschwerdeführer vertritt weiters die Auffassung, § 33 TP 17 Z 7 lit. a GebG gelange auch deswegen nicht zur Anwendung, weil im Beschwerdefall der Gewinn in einem Grundstück besteht. Ein solches falle aber nicht unter den Begriff einer "Ware". Z 7 leg. cit. sieht nach der Art der Treffer (Waren, geldwerte Leistungen, Geld) unterschiedliche Bemessungsgrundlagen (Gesamtwert der Einsätze, Wert des Gewinstes, vierfacher Wert des Gewinstes) vor. Dass mit dem Begriff der "Ware" ausschließlich bewegliche körperliche Gegenstände, nicht aber auch unbewegliches Vermögen erfasst werden sollte, kann dieser Bestimmung nicht entnommen werden.
Der Beschwerdeführer verweist - wie auch bereits im Abgabenverfahren - auf § 15 Abs. 3 GebG, wonach Rechtsgeschäfte, die u.a. unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen sind. Damit ist der Beschwerdeführer jedoch im Recht.
Nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG unterliegen ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das Anspruch auf die Übereignung eines inländischen Grundstückes begründet, der Grunderwerbsteuer.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 2012/16/0159 und 0160, auf welches gem. § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zur Grunderwerbsteuerbarkeit einer Liegenschaftsverlosung ausgeführt hat, ist bei den Verlosungsbedingungen, die dem dort entschiedenen Beschwerdefall zugrunde lagen, bereits bei der Auslobung vom Vorliegen eines Rechtsgeschäftes iSd § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG auszugehen. Auf das den Übereignungsanspruch des Gewinners begründende Rechtsgeschäft kommt es hingegen nicht an.
Gleiches gilt auch für die im Beschwerdefall vorliegenden "Teilnahmebedingungen". Auch in diesen wird die Gewinnermittlung und damit einhergehend der Abschluss eines einen Übereignungsanspruch begründenden Rechtsgeschäfts mit dem Gewinner ("Aufsandungserklärung zur Eigentumserlangung auf Grund einer Hausverlosung") im Ergebnis vom Verkauf der Lose abhängig gemacht. Die beiden Rechtsgeschäfte stehen demnach in einem derart engen inneren Zusammenhang, dass insofern von einem einheitlichen Vorgang auszugehen ist.
Dabei ist es auch nicht von Bedeutung, ob es bei der beschwerdegegenständlichen Veranstaltung mangels ausreichenden Losverkaufs nicht zur Ziehung (Ermittlung des Gewinners) gekommen ist, wie dies in der Beschwerde vorgebracht wird. Die Pflicht zur Entrichtung der Grunderwerbsteuer knüpft nämlich an das Verpflichtungsgeschäft und nicht erst an das Erfüllungsgeschäft an. Ob das Verpflichtungsgeschäft in der Folge erfüllt wird oder nicht, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Die einmal erwirkte Gebührenfreiheit fällt durch spätere Änderungen der Umstände nicht weg (vgl. Arnold, Rechtsgebühren9, § 17 Rz 30a).
Indem die belangte Behörde von zwei chronologisch nacheinander gereihten, nicht identen Rechtsvorgängen ausging, von denen der erste der Rechtsgebühren- und der zweite der Grunderwerbsteuerpflicht unterliegt, hat sie die Rechtslage verkannt und den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 29. August 2013
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