Normen
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art4 Abs1;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art4 Abs2;
32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art9 Abs1;
61994CJ0230 Renate Enkler VORAB;
62011CJ0263 Redlihs VORAB;
LiebhabereiV 1993 §1 Abs1;
LiebhabereiV 1993 §1 Abs2 idF 1997/II/358;
LiebhabereiV 1993 §1 Abs2 Z1 idF 1997/II/358;
LiebhabereiV 1993 §1 Abs2 Z2 idF 1997/II/358;
LiebhabereiV 1993 §2 Abs4 idF 1997/II/358;
LiebhabereiV 1993 §6;
UStG 1994 §12;
UStG 1994 §2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Umsatzsteuer 2002 bis 2004 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezieht als Lehrer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ab Oktober 2001 mietete bzw. pachtete er mit seiner Familie ein Wohnhaus samt Obstgarten, Stall, Heustadel sowie eine landwirtschaftliche Nutzfläche mit Wald im Ausmaß von rund 2 ha.
Im Fragebogen des Finanzamtes erklärte er, ab 1. Jänner 2002 mit einer Tierzucht begonnen zu haben und Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erzielen. Den voraussichtlichen Jahresumsatz für das Folgejahr 2003 bemaß er mit rund 1.000 EUR, den voraussichtlichen Gewinn dieses Jahres mit Null.
Die im Jahr 2006 durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung der Jahre 2002 bis 2004 kam zum Ergebnis, dass die vom Beschwerdeführer betriebene Tierzucht (Schafe und Damwild) als Liebhabereibetrieb nach § 1 Abs. 2 LVO zu beurteilen sei.
Das Finanzamt nahm die Verfahren wieder auf und setzte in geänderten Umsatz- und Einkommensteuerbescheiden der Jahre 2002 bis 2004 keine Umsätze (Versagung des Vorsteuerabzuges) bzw. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft an.
In seiner gegen die Sachbescheide gerichteten Berufung warf der Beschwerdeführer dem Prüfer vor, die Weiterentwicklungsmöglichkeiten seines Betriebes nicht ausreichend in die Betrachtung miteinbezogen zu haben. Von 2003 auf 2004 habe eine Erlössteigerung von 27 %, von 2004 auf 2005 eine solche um 57 % stattgefunden. Auch der Betriebserfolg habe sich in Richtung Gewinn entwickelt. In den Jahren 2002 und 2004 hätten entsprechende Investitionen getätigt werden müssen, sodass erst das Jahr 2005 als "normales Jahr (Regelbetrieb)" ohne besonderen Investitionsbedarf angesehen werden könne, was aber nicht bedeute, wie der Prüfer offenbar angenommen habe, dass der Betrieb auf Basis 2005 stagnieren solle. Von der Kapazität her sei es auf jeden Fall möglich, bis zu 50 Mutterschafe und mit einer Umstellung von Weide- auf Koppelhaltung bis zu 100 Lämmer zu halten. Dass der Beschwerdeführer als Neueinsteiger erst Markterfahrung sammeln und sich einen Züchternamen erwerben müsse, dürfe nicht dazu führen, dass in der Prognoserechnung bis 2013 stagnierende Erlöse hochgerechnet würden.
Der Beschwerdeführer betreibe keinen Mast-, sondern einen Zuchtbetrieb, was im (näher dargestellten) Vergleich zu höheren Deckungsbeiträgen pro Lamm führe. Weiters fehle in der Prognoserechnung ab 2006 ein gewinnerhöhender Betrag von rund
1.200 EUR an Förderung der Agrarmarkt Austria, der ihm nach Zupachtung einer weiteren Fläche zustehen werde. Der Beschwerdeführer sei bestrebt, den Betrieb nicht als Liebhaberei zu betreiben, sondern Einkommen zu erzielen, um auch seiner zurzeit unbeschäftigten Ehefrau einen Arbeitsplatz zu verschaffen.
Der Prüfer entgegnete diesem Vorbringen in seiner Stellungnahme mit Hinweisen auf notwendige Korrekturen des vom Beschwerdeführer ermittelten (positiven) Betriebsergebnisses für 2005 und Angaben des Beschwerdeführers zur (begrenzten) Marktlage bei Zuchtschafen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
Die Haupttätigkeit im Bereich der Schafzucht bestehe darin, dass ein gewisser Bestand an Mutterschafen und Widdern zur Zucht gehalten werde und die im Betrieb geborenen Lämmer nach relativ kurzer Zeit auf Auktionen verkauft werden. Fallweise würden auch Mutterschafe und Widder ge- und verkauft. Ein geringer Teil der im Betrieb geborenen Tiere werde nicht innerhalb kurzer Zeit verkauft, sondern zur Zucht im Betrieb verwendet. Der Beschwerdeführer habe in den Jahren 2003 und 2004 eine EU-Förderung für die gepachteten Flächen erhalten, ab 2005 sei die Förderung eingestellt worden, weil sich bei einer exakten Vermessung herausgestellt habe, dass die Fläche für eine Förderung um 600 m2 zu klein sei. Im Rahmen der Schlussbesprechung habe der Beschwerdeführer dazu erklärt, eventuell in einem ca. 10 km entfernten Ort eine weitere Fläche von 1.600 m2 hinzupachten zu wollen, um wiederum eine EU-Förderung zu erlangen. Tatsächlich schienen auch 2006 keine Einnahmen aus EU-Förderungen für Weideflächen auf. Bis ins Frühjahr 2004 habe der Beschwerdeführer auf der gesamten Fläche von rund 2 ha Schafzucht betrieben. Im Mai 2004 habe der Beschwerdeführer zusätzlich Damwild angeschafft, für das der Beschwerdeführer rund ein Viertel der Fläche benötige, sodass ab Frühjahr 2004 nur mehr rund 1,5 ha für die Schafzucht als Weidefläche zur Verfügung stünde.
Im Jahr 2004 habe der Beschwerdeführer sechs Damhirsche angeschafft, im Juni 2006 habe der Stand 13 Damhirsche betragen (zum Altbestand seien sieben Jungtiere aus Eigenzucht gekommen). Da die Jungtiere erst mit einem Alter von 15 bis 18 Monaten vermarktet werden könnten, habe es 2005 noch keine Verkäufe gegeben.
Schließlich habe der Beschwerdeführer im März 2002 zwei tschechische Wolfshunde (Rüde und Hündin) "in den Betrieb eingelegt", weil er beabsichtige, auch eine Hundezucht zu betreiben. Die Hündin habe im Jänner 2006 Junge zur Welt gebracht und diese zu Tode gebissen. Laut Angaben des Beschwerdeführers habe er die Hunde ursprünglich zum Schutz von Haus und Schafherde angeschafft und sich später entschlossen, durch Hundezucht weitere Einnahmen zu lukrieren. Bis zum 9. Juni 2006 sei kein Hund verkauft worden. Von der tschechischen Züchterin sei dem Beschwerdeführer eine zusätzliche Hündin zugesichert worden. Diesen Anspruch habe der Beschwerdeführer "in der vorläufigen Bilanz 2005 aktiviert".
In den ersten fünf Tätigkeitsjahren habe der Beschwerdeführer folgende Betriebsergebnisse erklärt (2005 nach Korrektur durch den Prüfer):
Jahr | Einnahmen in EUR | Ausgaben in EUR | Verlust/Gewinn |
2002 | 0 | 10.006,09 | - 10.006,09 |
2003 | 3.406,38 | 5.316,30 | - 1.909,92 |
2004 | 4.348,92 | 13.503,94 | - 9.155,02 |
2005 | 6.860,13 | 7.550,95 | - 690,82 |
2006 | 8.550,00 | 7.943,62 | 606,38 |
Summen | 23.165,43 | 44.320,90 | -21.155,47 |
Die Betriebsprüfung habe für ihre Prognoserechnung die Betriebszahlen des Beschwerdeführers übernommen und die wahrscheinlich erzielbaren Stückzahlen von Tieren mit Verkaufspreisen hochgerechnet und den durchschnittlichen Betriebsausgaben gegenübergestellt. Diese Prognoserechnung, in die nur die unbedingt notwendigen Betriebsausgaben Eingang gefunden hätten, erscheine der belangten Behörde realistisch. Bei den geringwertigen Wirtschaftsgütern seien die Anschaffungskosten der Tiere und die große Zauninvestition in den Anfangsjahren herausgerechnet worden. Hinzugefügt worden seien geschätzte Reisekosten, die der Beschwerdeführer bisher nicht geltend gemacht habe, die aber als betriebliche Fahrten (zu Auktionen und CT-Untersuchungen) dem Betrieb zuzuordnen seien.
Hinsichtlich der jährlich zu erzielenden Erlöse könne von den Verhältnissen des Jahres 2005, das vom Beschwerdeführer selbst als erstes "normales Jahr" (nach der Anlaufphase) bezeichnet worden sei, ausgegangen werden. Jährlichen Erlösen von 7.255 EUR (für 15 Schafe, 8 Hirsche, 2 Hunde, einem Eigenverbrauch von 300 EUR und Zuschüssen in Höhe von 400 EUR) stünden - wie näher dargestellt - jährliche Betriebsausgaben von 8.188 EUR gegenüber. Ein Gesamtgewinn sei nach der von der belangten Behörde erstellten Prognoserechnung somit nicht zu erzielen.
Laut Deckungsbeitragsrechnung des Beschwerdeführers, die mit völlig unrealistischen Verkaufszahlen arbeite, ergebe sich ein Gesamtgewinn im 26. Jahr der Tätigkeit. Dieser Zeitraum sei nicht mehr als absehbarer Zeitraum im Sinne der LVO einzustufen.
Da der Beschwerdeführer für die Schafzucht lediglich eine Weidefläche von 2 bzw. 1,5 ha zur Verfügung habe, stelle die von der belangten Behörde angenommene Verkaufszahl von 15 (Suffolk‑)Schafen pro Jahr - wie im einzelnen dargelegt - eine Höchstzahl dar. Bei 1,5 ha Weidefläche könnten höchstens bis zu 10 Mutterschafe mit 15 Lämmern das Auslangen finden, eher würde die zur Verfügung stehende Weidefläche aber nur der Haltung von 8 Mutterschafen mit ca. 12 Lämmern entsprechen. Bei der Auslastung der Weideflächen seien zudem noch zwei (nicht zur Zucht geeignete) Merinoschafe mit ihren Lämmern mitzuzählen. Angesichts der begrenzten Weidefläche sei von einem "statischen Betrieb" auszugehen. Eine Erweiterung der Weidefläche würde eine Änderung der Verhältnisse bedeuten, die zu einer neuen Betrachtung der Tätigkeit führen müsste.
Daraus ergebe sich, dass die Deckungsbeitragsrechnung des Beschwerdeführers, die von 30 jährlich "produzierten" Schafen ausginge, nur einem Wunschdenken entspräche. Reduziere man die Anzahl der Schafe auf ein realistisches Maß, käme es zu einem prognostizierten jährlichen Verlust von 356 EUR. Auf Grund der auch für das Damwild begrenzten Weidefläche von 0,5 ha sei es zudem zweifelhaft, ob überhaupt acht Stück Damwild jährlich geboren würden, die ein Jahr später (wie vom Beschwerdeführer angenommen) verkauft werden könnten. Auch für die Annahme des Beschwerdeführers, dass jährlich vier Hunde zu je 600 EUR verkauft werden könnten, fehle bisher ein Beweis.
Korrigiere man die Deckungsbeitragsrechnung des Beschwerdeführers auf eine (realistische) Lämmerzahl von 15 Stück pro Jahr und die Anzahl der verkauften Hunde auf zwei Stück pro Jahr, ergebe sich niemals ein positiver Deckungsbeitrag. Auch bei Ansatz einer jährlichen Förderung von 1.200 EUR für hinzugepachtete Flächen verbliebe nach 25 Jahren noch immer ein Gesamtverlust von 15.815,47 EUR.
Zudem könne der Tierzuchtbetrieb des Beschwerdeführers, der hauptberuflich als Lehrer tätig sei, nur durch die (unentgeltliche) Mitarbeit der Ehefrau geführt werden.
Entsprechend der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 1997, 92/14/0185, 0187, zur Bewirtschaftung einer Kleinlandwirtschaft falle die nebenberufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers unter die Bestimmung des § 1 Abs. 2 der LVO 1993. Eine - an ihrer objektiven Ertragsfähigkeit zu messende -
typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechende Tätigkeit stelle von Beginn an Liebhaberei dar.
Der Beschwerdeführer habe versucht, die Einkunftsquelleneigenschaft seiner Tätigkeit mit einer Prognoserechnung zu belegen. Dabei sei er allerdings - wie schon dargestellt - von einer unrealistisch hohen Anzahl "produzierter" Tiere ausgegangen. Zur Beurteilung, ob eine Tätigkeit eine Einkunftsquelle darstelle, sei von der Tätigkeit auszugehen, die der Abgabepflichtige unter Einsatz seiner Betriebsmittel (hier der vorhandenen Weidefläche) erzielen könne. Dies stelle keine (vom Beschwerdeführer bemängelte) statische Betrachtung dar, sondern entspräche den tatsächlichen Verhältnissen. Auf Grund der kleinen Weidefläche von rund 2 ha sei die Tierzucht nicht als Einkunftsquelle geeignet. Im Beschwerdefall stünde die Betätigung auch in einer engen Nahebeziehung zur persönlichen Wohn- und (im geringen Umfang zur) Fleischversorgung der Familie.
Träten bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 LVO Verluste auf, ohne dass ein Gesamtgewinn zu erwarten sei, so sei das Vorliegen von Liebhaberein bis zu einer Änderung der Bewirtschaftung anzunehmen. Eine solche Änderung der Bewirtschaftung stellte es nach Ansicht der belangten Behörde dar, wenn der Beschwerdeführer seinen Betrieb auf eine Koppelhaltung umstellen oder weitere Flächen hinzupachten sollte.
In der vorliegenden Form sei die Tätigkeit sowohl umsatzsteuerlich als auch einkommensteuerlich als Liebhaberei zu qualifizieren.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat die Tätigkeit des Beschwerdeführers aus der Bewirtschaftung einer 2 ha großen Weidefläche (Tierzucht) als solche gemäß § 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung (BGBl. I Nr. 33/1993, idF BGBl. I Nr. 358/1997, im Folgenden LVO 1993) beurteilt und eingehend begründet, dass die daraus folgende Liebhabereivermutung im Beschwerdefall nicht widerlegt worden sei.
Gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 bzw. 2 LVO ist Liebhaberei u.a. bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen, aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (z.B. Wirtschaftsgüter, die der Sport- und Freizeitausübung dienen, Luxuswirtschaftsgüter) und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen. Die Bewirtschaftung einer Kleinlandwirtschaft kann typischerweise einer privaten Neigung entsprechen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2009, 2008/15/0059). Nichts anderes gilt für eine in Verbindung mit der Bewirtschaftung einer kleinen Weidefläche betriebene Tierzucht.
Wie schon in seiner Berufung bringt der Beschwerdeführer vor, bei Neubeginn eines Zuchtbetriebes mit Jungtieren sei ein Beobachtungszeitraum von vier Jahren für eine Prognoserechnung hochgerechnet auf zwölf Jahre ungeeignet. Von 2003 auf 2004 habe eine Erlössteigerung von 27 % und von 2004 auf 2005 eine solche um 57 % stattgefunden. Auch das Betriebsergebnis habe sich trotz nicht gewährter Förderung in Richtung Gewinn entwickelt. Daraus folge, dass sich unter Berücksichtigung eines längeren Zeitraumes Gewinne ergäben. Es sei von der Kapazität her möglich, bis zu 50 Mutterschafe und mit einer Umstellung von Weide- auf Koppelhaltung bis zu 100 Lämmer zu halten.
Nach § 2 Abs. 4 LVO 1993 liegt bei Betätigungen gemäß § 1 Abs. 2 Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) erwarten lässt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird.
Ob eine Tätigkeit objektiv geeignet ist, auf Dauer Einnahmenüberschüsse zu erzielen, ist eine Tatfrage, welche die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung zu lösen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 2010, 2006/15/0318). Beweispflichtig dafür, dass die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschüsse der Einnahmen über die Werbungskosten erwarten lässt (§ 2 Abs. 4 LVO 1993), ist der Abgabepflichtige (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2006, 2002/15/0170). Diesem obliegt es, die begründete Wahrscheinlichkeit der Erzielung des positiven Gesamtergebnisses innerhalb eines absehbaren Zeitraumes nachvollziehbar auf Grund konkreter und mit der wirtschaftlichen Realität einschließlich der bisherigen Erfahrungen übereinstimmender Bewirtschaftungsdaten darzustellen (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 28. Juni 2006, 2002/13/0036, und vom 19. April 2007, 2006/15/0055).
Die belangte Behörde hat die Möglichkeit der Erzielung eines Gesamtgewinnes innerhalb eines absehbaren Zeitraumes mit nicht als unschlüssig zu erkennenden Erwägungen verneint.
Soweit der Beschwerdeführer dazu vorbringt, der von der belangten Behörde angesetzte Zeitraum von zwölf Jahren zur Erzielung eines Gesamtgewinnes sei nicht ausreichend, ist ihm zu entgegnen, dass die vom Beschwerdeführer selbst erstellte Prognoserechnung erst im 25. Jahr nach Beginn der Betätigung einen Gesamtgewinn ergeben hat. Auch unterlässt die Beschwerde eine konkrete Auseinandersetzung mit den Feststellungen der belangten Behörde, wonach die begrenzte Weidefläche realistischer Weise nicht einmal die in der Prognoserechnung des Beschwerdeführers angesetzten Verkäufe von 30 Schafen jährlich erwarten ließe. Der wiederholte Hinweis auf eine mögliche Koppelhaltung, die das Halten einer größeren Anzahl von Schafen ermöglichen würde, kann der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil nach den im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Bekundungen des Beschwerdeführers im Prüfungsverfahren eine Koppelhaltung tatsächlich nicht beabsichtigt war und der von ihm erstellten Prognoserechnung offensichtlich auch nicht zu Grunde gelegt wurde. Ob eine Umstellung der Schafzucht auf eine Koppelhaltung als geänderte Wirtschaftsführung in Betracht käme, kann daher dahingestellt bleiben.
Da im Beschwerdefall selbst nach der Prognoserechnung des Beschwerdeführers frühestens im 25. Jahr nach Beginn der Betätigung ein Gesamtgewinn erzielbar wäre, kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die in Rede stehende Betätigung als für die Ermittlung eines Gesamtgewinnes innerhalb eines absehbaren Zeitraumes nicht geeignet angesehen hat. Die Betätigung stellt daher einkommensteuerlich unbeachtliche Liebhaberei dar.
In Bezug auf die Umsatzsteuer wird im angefochtenen Bescheid lediglich die Bestimmung des § 6 LVO 1993 wiedergegeben, wonach Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn nur dann vorliegen könne, wenn eine Betätigung unter § 1 Abs. 2 falle (Betätigungen mit Liebhabereivermutung). Eine Auseinandersetzung mit den unionsrechtlichen Vorgaben enthält der Bescheid nicht.
Nach Art. 4 Abs. 1 und 2 der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Sechsten MwSt-Richtlinie 77/388/EWG gilt als Steuerpflichtiger, wer die wirtschaftliche Tätigkeit eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig, zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.
Das umsatzsteuerliche Verständnis von Liebhaberei ist seit dem UStG 1994 damit wesentlich enger gefasst als das ertragsteuerliche. Dem wurde in Österreich durch die LVO 1993 insofern Rechnung getragen, als Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn für grundsätzlich erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten (vgl. § 1 Abs. 1 LVO 1993) nicht mehr in Frage kommt. Die Bestimmung des § 1 Abs. 2 LVO 1993 erfasst Tätigkeiten, die auch im Verständnis des Unionsrechts oftmals nicht als wirtschaftliche Tätigkeiten angesehen werden können. Tätigkeiten, die ein Hobby darstellen oder der Freizeitgestaltung dienen, bilden keine wirtschaftlichen Betätigungen iSd Unionsrechtes.
Wird eine Tätigkeit nicht zur Erzielung von Einnahmen, sondern beispielsweise aus persönlicher Neigung ausgeübt, darf auch die Erzielung gelegentlicher Einnahmen nicht dazu führen, als Unternehmer einen Vorsteuerabzug zu erlangen (vgl. Melhardt/Tumpel, UStG, § 2 Rz. 376).
Die Abgrenzung der wirtschaftlichen Tätigkeit zum privaten Konsum erfordert nach der Rechtsprechung des EuGH eine Betrachtung der Gesamtheit der Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls (vgl. EuGH vom 26. September 1996, Enkler, C-230/94 , Randnr. 30, und zur Nutzung eines Privatforstes das Urteil vom 19. Juli 2012, R?dlihs, C-263/11 , Randnr. 40).
Im Urteil R?dlihs hat der EuGH darauf abgestellt, ob der Betroffene aktive Schritte der Forstwirtschaft unternimmt, indem er sich ähnlicher Mittel wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleister im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der RL 2006/112/EG (entspricht Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 der RL 77/388/EWG) bedient. Bejahendenfalls sei die fragliche Tätigkeit als "wirtschaftliche Tätigkeit" (somit als unternehmerisch im Sprachgebrauch des UStG 1994) zu beurteilen.
Der angefochtene Bescheid enthält eine eingehende Auseinandersetzung mit dem - umsatzsteuerlich nicht relevanten - Ergebnis der streitgegenständlichen Tätigkeit. Feststellungen zu den näheren Umständen, unter denen der Beschwerdeführer die strittige Betätigung ausübt, liegen nicht vor. Wie sich diese Umstände im Vergleich zu jenen Umständen verhalten, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird (marktkonformes Verhalten), fehlen zur Gänze. Da die belangte Behörde von einer nachhaltigen Einnahmenerzielung ausgeht, hätte es solcher Feststellungen aber bedurft, um das Vorliegen einer "wirtschaftlichen Tätigkeit" im Sinne der 6. MwSt-RL verneinen zu dürfen.
Sollte sich im fortgesetzten Verfahren erweisen, dass ein marktkonformes Verhalten vorliegt, wird zu prüfen sein, ob der Beschwerdeführer nach § 22 Abs. 6 UStG 1994 optiert hat (eine diesbezügliche Optionserklärung liegt in den Verwaltungsakten nicht ein).
Der angefochtene Bescheid war daher in seinem Abspruch betreffend Umsatzsteuer infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde hingegen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 25. April 2013
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