VwGH 2010/15/0048

VwGH2010/15/00487.7.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der D GmbH in G, vertreten durch die Ferner Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 11, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 27. Jänner 2010, Zl. A8/2-U-St.Nr. 10/03/0580-2007, betreffend Kommunalsteuer 2001 bis 2006, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §22 Z2;
KommStG 1993 §2;
KommStG 1993 §5 Abs1 lita;
EStG 1988 §22 Z2;
KommStG 1993 §2;
KommStG 1993 §5 Abs1 lita;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 12. Juni 2007 wurde gegenüber der Beschwerdeführerin die Kommunalsteuer für den Zeitraum Jänner 2001 bis Dezember 2006 mit insgesamt 103.722,13 EUR festgesetzt, wobei festgehalten wurde, dass von der Beschwerdeführerin bislang für diesen Zeitraum an Kommunalsteuer 68.099,26 EUR entrichtet worden sei. Begründend wurde ausgeführt, im Rahmen einer Nachschau sei vom Prüfer des Magistrates Graz eine Abgabendifferenz festgestellt worden, welche dadurch entstanden sei, dass die Bezüge des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin nicht einbezogen worden seien.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Berufung. DI G sei zwar Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, er trage aber sämtliche Aufwendungen selbst. Es liege insoweit ein Werkvertrag und kein Dienstvertrag vor. DI G arbeite an vielen Projekten auch im Ausland; aus diesem Grund liege auch keine Eingliederung in den organisatorischen Organismus der Beschwerdeführerin vor. DI G verfüge über ein eigenes Einzelunternehmen (nunmehr eine KEG bzw. KG) mit entsprechender Gewerbeberechtigung, welches Leistungen für bestimmte Projekte an die Beschwerdeführerin erbringe. Es bestünden Stundenaufzeichnungen über konkrete Projekte. Der Werklohn werde zunächst pauschal aufgrund von Akontozahlungen geleistet. Am Ende des Wirtschaftsjahres erhalte DI G die Differenz zwischen den Akontozahlungen und seinen tatsächlich für die konkreten Bauprojekte geleisteten Stunden ausbezahlt. Diese Differenz werde als Erfolgsprämie bezeichnet und sei naturgemäß ein Werklohn. Jedes einzelne Gutachten von DI G und jede Beratung im Zusammenhang mit einem konkreten Bauprojekt sei ein eigener Werkvertrag; es liege insoweit kein Entgelt für Geschäftsführertätigkeit vor. Die klassischen Geschäftsführertätigkeiten wie Personalführung und Organisation könnten aufgrund der umfangreichen Auslandstätigkeit von DI G nicht allein übernommen werden; er bediene sich hiebei tauglicher Gehilfen. Diese Tätigkeiten würden insbesondere von Frau B erbracht; für die Mitarbeiter werde Kommunalsteuer abgeführt. Die Geschäftsführung werde von DI G unentgeltlich ausgeführt, damit er seinen Auftragsstand im Einzelunternehmen bzw. in der Personengesellschaft halten könne; die Beschwerdeführerin sei ein wichtiger Auftraggeber dieses Einzelunternehmens (bzw. der Personengesellschaft). DI G besitze persönlich alle erforderlichen Betriebsmittel, erbringe seine Leistungen vollkommen selbständig herausgelöst aus der Beschwerdeführerin und trage das volle Unternehmerrisiko. DI G verfüge auch über mehrere Auftraggeber. Verträge würden deshalb nicht direkt zwischen Bauträgern und dem Einzelunternehmen des DI G abgeschlossen, weil das zivilrechtliche Haftungsrisiko Dritten gegenüber minimiert werden solle.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 18. März 2009 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Mit einem ergänzenden Schriftsatz beantragte die Beschwerdeführerin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung bzw. Durchführung einer Erörterung der Berufungsgründe durch die Berufungsbehörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und gab dem Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung keine Folge. Der Gesellschafter-Geschäftsführer DI G sei im zu beurteilenden Zeitraum zu 75% am Stammkapital der Beschwerdeführerin beteiligt gewesen. Entscheidende Bedeutung für die Frage, ob nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses vorlägen, komme dem Umstand zu, ob der Gesellschafter bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert sei. Dieses Merkmal werde durch jede nach außen hin auf Dauer angelegte erkennbare Tätigkeit hergestellt, mit der der Unternehmenszweck der Gesellschaft, sei es durch ihre Führung, sei es durch operatives Wirken auf ihrem Betätigungsfeld, verwirklicht werde, ohne dass dabei von Bedeutung wäre, in welcher Weise die aus der Tätigkeit erzielten Einkünfte zu qualifizieren wären, wenn die Tätigkeit nicht für die Gesellschaft geleistet würde. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spreche jedenfalls für die Eingliederung. Diese Eingliederung sei im vorliegenden Fall gegeben; der Gesellschafter-Geschäftsführer DI G vertrete die Beschwerdeführerin seit Juni 1993 selbständig, zunächst mit einem Gesellschaftsanteil von 25%, seit April 2000 zu 75%. Er sei durchgehend mit der Geschäftsführung betraut.

Bereits die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spreche jedenfalls für die Eingliederung des DI G. Alle Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre Beschäftigung gewährt würden, seien als Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 auch der Kommunalsteuer zu unterwerfen. Es sei daher nicht entscheidend, welche Tätigkeiten der wesentlich Beteiligte ausübe, sondern dass er für die Gesellschaft tätig werde und ein Entgelt von der Gesellschaft beziehe. DI G habe die von ihm mit "Honorarnote" in Rechnung gestellten Beträge ausschließlich für seine Beschäftigung für die Gesellschaft erhalten. DI G habe für den Zeitraum 2001 bis 2006 pro Jahr jeweils einen gleich bleibenden Monatsbezug inklusive Erfolgsprämie erhalten.

Aus dem umfangreichen Tätigkeits- und Aufgabenbereich des Geschäftsführers DI G, die er im Interesse der Gesellschaft ausüben müsse und der Tatsache, dass er auf Dauer einen Teil des rechtlichen und wirtschaftlichen Organismus der Gesellschaft bilde, stehe dessen Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin fest. Dieser Eingliederung stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass DI G weiters auch als Einzelunternehmer bzw. im Rahmen einer Personengesellschaft tätig sei. Die der Beschwerdeführerin gegenüber erbrachten Arbeiten seien für diese geleistet worden; ein Auftreten gegenüber deren Kunden sei nicht im Rahmen eines Einzelunternehmens erfolgt. Auch habe die Beschwerdeführerin diverse Aufwendungen des Geschäftsführers (etwa Reiseaufwand) getragen.

Dem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe nicht stattgegeben werden können, weil die Bestimmungen der Steiermärkischen Landesabgabenordnung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht vorsähen. Abgesehen davon würden Anträge, die erst in einem die Berufung ergänzenden Schreiben gestellt werden, keinen Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung begründen. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz sei aufgrund der vorliegenden Aktenunterlagen auch ohne persönliche Befragung der Beschwerdeführerin und ihrer steuerlichen Vertretung in der Lage, den für die Erledigung des Rechtsmittels entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ermitteln.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Kommunalsteuergesetz 1993 (KommStG 1993) unterliegen der Kommunalsteuer die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind.

Dienstnehmer sind nach § 2 KommStG 1993 u.a. Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1998 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988. Die zuletzt genannten Personen sind nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 an einer Kapitalgesellschaft wesentlich (zu mehr als 25% am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft) Beteiligte hinsichtlich ihrer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisenden Beschäftigung.

Die Beschwerdeführerin wendet ein, der staatlich befugte und beeidete Ziviltechniker DI G trete selbständig am Markt auf, dies zunächst als nicht protokollierter Einzelunternehmer, seit August 2005 mit der DI G KEG. Als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin stehe es DI G frei, neben dieser von ihm übernommenen Funktion ein Unternehmen zu betreiben und sowohl an die Beschwerdeführerin als auch an andere Auftraggeber Werkleistungen zu erbringen. Er habe mit seinem Einzelunternehmen bzw. mit seiner Personengesellschaft eine selbständige betriebliche Organisation geschaffen und trage sämtliche damit verbundenen Kosten und Risiken selbst. DI G bzw. die G KEG hätten Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit nach § 22 Z 1 EStG erklärt, welche vom Finanzamt auch dementsprechend veranlagt worden seien. Schon alleine deshalb könnten die Tätigkeitsvergütungen keine Geschäftsführerbezüge sein.

DI G erbringe als staatlich befugter und beeideter Ziviltechniker höchstpersönliche Leistungen, die ausschließlich seinem Einzelunternehmen bzw. seiner Personengesellschaft zuzurechnen seien und somit nichts mit seiner Geschäftsführertätigkeit bei der Beschwerdeführerin zu tun hätten. Die Beschwerdeführerin (vertreten durch eine Rechtsanwalts-GmbH) bringt auch vor, freiberufliche Tätigkeiten könnten grundsätzlich nur höchstpersönlich erbracht werden.

Mit diesem Vorbringen kann eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt werden:

Das hg. Erkenntnis vom 2. September 2009, 2005/15/0143, betraf die Kommunalsteuerpflicht einer GmbH mit Bezügen ihrer wesentlich beteiligten Geschäftsführer für der GmbH gegenüber laufend erbrachte Ziviltechnikerleistungen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, der Umstand, dass die Gesellschafter nicht nur Aufgaben der Geschäftsführung, sondern auch Tätigkeiten im operativen Bereich der GmbH (Architekten- und Ziviltechnikerleistungen) ausübten, hindere nicht, ihre Bezüge insgesamt der Spezialbestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zu subsumieren. Die Bestimmung des § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 stelle nämlich auf die Art der Tätigkeit des an der Kapitalgesellschaft wesentlich Beteiligten nicht ab (siehe hiezu auch die hg. Erkenntnisse vom 26. November 2003, 2001/13/0219, vom 23. Mai 2007, 2004/13/0073, vom 19. März 2008, 2008/15/0083). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst.

Unstrittig ist DI G - seit Juni 1993 - (laut dem in den Verwaltungsakten befindlichen Firmenbuchauszug seit April 2000 überdies alleiniger) Geschäftsführer der Beschwerdeführerin und seit April 2000 zu 75% am Stammkapital der Beschwerdeführerin beteiligt; er ist sohin jedenfalls wesentlich Beteiligter der Beschwerdeführerin im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988. Er erbringt auch unstrittig Leistungen als Geschäftsführer, auch wenn er sich hiebei tauglicher Gehilfen bedient. Ebenfalls unstrittig erbringt er der Beschwerdeführerin auch (operative) Leistungen für deren Kunden.

Einer Beurteilung der Einkünfte als solche nach § 22 Z 2 Teilstich 2 EStG 1988 steht es nicht entgegen, dass die Art der Tätigkeit, würde sie nicht der Gesellschaft erbracht werden, sonst eine andere Qualifikation der daraus erzielten Einkünfte geböte. In welcher Weise das Finanzamt die Einkünfte beurteilt hat, ist für das Kommunalsteuerverfahren nicht von Bedeutung.

Als Verfahrensmangel rügt die Beschwerdeführerin die Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bzw. Erörterung der Berufungsgründe durch die zweite Instanz. DI G hätte im Rahmen der mündlichen Verhandlung oder im Rahmen seiner Vernehmung darlegen können, dass er typische Leistungen als Freiberufler erbracht habe und die Abrechnung dieser Leistungen über die KEG erfolgt sei.

Entgegen der Beschwerde ist zunächst anzuführen, dass ein Beweisantrag (mit Angabe von Beweismittel und Beweisthema) auch nicht in dem die Berufung ergänzenden Schriftsatz gestellt wurde. Im Hinblick auf die dargelegte Rechtslage kann mit diesem Vorbringen ein relevanter Verfahrensmangel jedenfalls nicht aufgezeigt werden. Im Übrigen ist § 284 BAO auf das Verfahren betreffend die Kommunalsteuer vor der belangten Behörde nicht anwendbar (vgl. - die Vergnügungssteuer betreffend - das hg. Erkenntnis vom 10. August 2010, 2010/17/0087).

Weiters macht die Beschwerdeführerin einen Begründungsmangel (zum Tätigkeitsbereich des DI G) geltend; hiezu wird auch eingewandt, die Sachverhaltsfeststellungen seien unvollständig. Schließlich wird auch gerügt, die belangte Behörde habe nicht dargelegt, welcher Teil der Zahlungen der Beschwerdeführerin an DI G für die (angenommene) Geschäftsführertätigkeit angefallen sei; als bloße Geschäftsführervergütung wären die Zahlungen unangemessen hoch.

Auch mit diesem Vorbringen kann ein relevanter Verfahrensmangel schon deswegen nicht aufgezeigt werden, weil gemäß § 5 Abs. 1 lit. a KommStG 1993 die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer (bezogen auf wesentlich Beteiligte) Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 umfasst (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 2009, 2008/15/0260).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 7. Juli 2011

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