VwGH 2010/13/0147

VwGH2010/13/014723.10.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des E in E, vertreten durch Dr. Andreas Köninger Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 71/1/9, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 8. Juli 2010, Zl. RV/3910- W/08, betreffend Einkommensteuer 2004, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §28 Abs2;
EStG 1988 §28 Abs3;
EStG 1988 §28 Abs7;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.141,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erwarb 1992 um umgerechnet etwa EUR 290.000 ein Haus mit Geschäftsräumlichkeiten und insgesamt neun Wohnungen. 1999 ließ er in zwei dieser Wohnungen die dort befindlichen Gaseinzelofenheizungen durch Gasetagenheizungen ersetzen. Der Aufwand dafür betrug jeweils umgerechnet etwa EUR 6.700 zzgl. USt. In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1999 bis 2003, in denen der Beschwerdeführer u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärte, wurden diese Ausgaben als Herstellungsaufwand bezeichnet und jeweils zu 1/15 abgeschrieben.

Im Dezember 2003 schloss der Beschwerdeführer einen Vertrag über den Verkauf von 81% der Liegenschaft um EUR 800.000. Der Erlös floss ihm erst im Streitjahr 2004 zu. In der Einkommensteuererklärung für dieses Jahr machte er geltend, die Einstufung des Aufwands von 1999 als Herstellungsaufwand sei irrtümlich erfolgt und falsch gewesen. Es habe sich um Erhaltungsaufwand gehandelt, um die beiden zu vermietenden Wohnungen in einem brauchbaren Zustand zu übergeben.

Das Finanzamt folgte dem nicht und brachte im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 im Hinblick auf die vorangegangene Absetzung von Teilbeträgen gemäß § 28 Abs. 3 EStG 1988 besondere Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 28 Abs. 7 EStG 1988 in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung) in Ansatz. Ausgehend davon, dass innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung der Liegenschaft "Herstellungsaufwendungen" in Teilbeträgen gemäß § 28 Abs. 3 EStG 1988 abgesetzt worden seien, nahm das Finanzamt auch eine Verlängerung der Spekulationsfrist von zehn auf 15 Jahre an (§ 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung), weshalb es im Zusammenhang mit der Veräußerung Einkünfte in einer EUR 500.000 übersteigenden Höhe ansetzte.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Finanzamts als unbegründet ab.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Im vorliegenden Fall ist nur strittig, ob es sich bei den Ausgaben für den Austausch der Gasöfen in den beiden Wohnungen wie ursprünglich erklärt um Herstellungsaufwand oder, wie vom Beschwerdeführer nun geltend gemacht, um Erhaltungsaufwand handelte. Dass im ersten der beiden Fälle nicht die vom Finanzamt und der belangten Behörde angenommen Folgen einzutreten hätten oder dies umgekehrt auch im zweiten der beiden Fälle geschehen müsse, wird vom Beschwerdeführer und der belangten Behörde - mit Recht - nicht vertreten.

Die belangte Behörde hat die Ansicht, die strittigen Ausgaben seien Herstellungsaufwand gewesen, im Wesentlichen darauf gestützt, dass "neue Bestandteile eingebaut" worden seien, was nach dem hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1986, 84/13/0130, VwSlg 6078/F, ÖStZB 1987, 9, zu Herstellungsaufwand führe. Im Erkenntnis vom 20. Oktober 1971, 970/71, VwSlg 4295/F, ÖStZB 1972, 96, habe der Verwaltungsgerichtshof die Umstellung der Heizung von Öfen auf Zentralheizung als Herstellungsaufwand eingestuft. Auch in seiner aktuellen Rechtsprechung zur Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungsaufwand gehe der Verwaltungsgerichtshof "bei einer Erweiterung (Kapazitätsausweitung) des Wirtschaftsgutes von einer Änderung der Wesensart des Wirtschaftsgutes aus" (vgl. das Erkenntnis vom 24. September 2007, 2006/15/0333, VwSlg 8270/F). Nach Ansicht der belangten Behörde habe sich dadurch, dass nicht eine "modernisierte Gas-Einzelofenheizung", sondern eine Gasetagen-Zentralheizung eingebaut worden sei, "die Wesensart der Wohnungen (und daraus folgend des Gebäudes)" geändert.

In dem noch zum Einkommensteuergesetz 1953 ergangenen, Ausgaben der Jahre 1965 und 1966 betreffenden Erkenntnis vom 20. Oktober 1971, 970/71, VwSlg 4295/F, ÖStZB 1972, 96, war ein Fall zu beurteilen, in dem in je einem Stockwerk eines Mietwohngrundstückes Etagenheizungen anstelle von Einzelofenheizungen eingebaut worden waren. Der Verwaltungsgerichtshof legte dar, gerade deshalb, weil dem Stande der gegenwärtigen Zivilisation und der durch sie beeinflussten Wertschätzung der Güter durch die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung nach ein erhöhter Bedienungskomfort und Arbeitskraft sparende Bequemlichkeit von großer Bedeutung geworden seien, erhöhe die Einrichtung einer "diesen Tendenzen" entgegenkommenden Heizanlage "den Wert eines Gebäudes wesentlich". Mit einer bloßen als Instandsetzung anzusehenden Erneuerung sei sie "aus eben diesem Grunde" nicht zu vergleichen. Die Einrichtung einer "nur durch Betätigung von Druckknöpfen" zu bedienenden Heizanlage "anstelle einzelner, die einzelnen Räume beheizenden Öfen" erspare "Arbeitsstunden, allenfalls auch besondere Arbeitskräfte (Heizer)" und sei daher als Herstellungsaufwand aktivierungspflichtig.

Im Erkenntnis vom 12. Februar 1975, 881/74, VwSlg 4791/F, ÖStZB 1975, 136, beurteilte der Verwaltungsgerichtshof die Kosten der Umstellung einer mit Koks befeuerten Zentralheizungsanlage auf Ölfeuerung als Erhaltungsaufwand. Er hob hervor, die Umstellung, die eine Erhöhung der Heizkapazität mit sich gebracht habe, sei nicht zu diesem Zweck erfolgt.

Im Fall des von der belangten Behörde zitierten, zum EStG 1972 ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1986, 84/13/0130, VwSlg 6078/F, ÖStZB 1987, 9, waren in zwei von fünf Wohnungen eines Hauses Arbeiten durchgeführt worden. Der Verwaltungsgerichtshof zählte unter Verweis auf ein Steuerhandbuch eine Reihe von Maßnahmen auf, die bei Umbauten in "einer Wohnung" zu Herstellungsaufwand führen würden, wobei er an der von der belangten Behörde gemeinten Stelle zwischen dem bloßen Austausch von Gebäudebestandteilen und dem Einbau "neuer Bestandteile" unterschied, und wies dann fallbezogen darauf hin, eine der beiden Wohnungen sei nach den getroffenen Feststellungen unter Veränderung der Außenmauer geringfügig vergrößert worden und in beiden Wohnungen sei der überwiegende Teil der vordem vorhandenen Innenwände durch Abbruch oder Zumauern vom Umbau betroffen gewesen; zwecks Schaffung neuer Räume seien Innenwände neu aufgeführt worden, die Nassräume seien an anderen Stellen als bisher neu errichtet worden, Gasetagenheizungen seien eingebaut und Kalt- und Warmwasserleitungen sowie Gasleitungen neu verlegt worden; jede der beiden Wohnungen habe statt bisher drei nunmehr fünf Wohnräume. Die Wohnungen, so der Verwaltungsgerichtshof, seien somit "in einem Ausmaß umgestaltet" worden, dass "gegenüber den früheren Wohnungen von anderen Wohnungen gesprochen werden" könne (vgl. zur erstmaligen Einrichtung einer Zentralheizung als Teil umfangreicher Umbauten etwa auch das zum EStG 1972 ergangene Erkenntnis vom 15. Februar 1994, 93/14/0175).

Zum EStG 1988 verwies der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 24. September 2007, 2006/15/0333, VwSlg 8270/F, auf die "Parallelität zwischen den Herstellungskosten iSd EStG und jenen nach § 203 Abs. 3 UGB", die sich daraus ergebe, dass Herstellung im Sinne des EStG bei einem nicht neu geschaffenen Wirtschaftsgut vorliege, "wenn durch auf Werterhöhung gerichtete Maßnahmen auf ein bestehendes Wirtschaftsgut dessen Wesensart geändert" werde, was insbesondere gegeben sei, "wenn die Maßnahme zur Erweiterung (zB Aufstockung eines Gebäudes) oder zur über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung führt". Letzteres entspricht der Definition nachträglicher Herstellungskosten in § 203 Abs. 3 erster Satz UGB. Aus § 4 Abs. 7 und § 28 Abs. 2 EStG 1988 leitete der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis ab, eine wesentliche Erhöhung des Nutzungswertes oder eine wesentliche Verlängerung der Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes und damit auch der Austausch eines wesentlichen Teiles eines Wirtschaftsgutes im Sinne einer Generalsanierung bedeuteten keine Herstellungsmaßnahme, "solange die Wesensart des Wirtschaftsgutes beibehalten bleibt" (vgl. zu diesem Kriterium bei der vorgeschalteten Prüfung, ob "Herstellungskosten" vorliegen, im Zusammenhang mit Instandsetzungsaufwendungen schon die Erläuterungen der Regierungsvorlage zum EStG 1988, 621 BlgNR XVII. GP 66 und 80).

Im vorliegenden Fall trat durch den Ersatz von Gaseinzelofenheizungen durch Gasetagenheizungen innerhalb der Wohnungen keine Änderung der Wesensart des Gebäudes ein. Die durch eine Gaszentralheizung ersetzten Gasöfen waren keine Öfen von der Art, wie sie in dem 1971 entschiedenen Fall durch Heizungen ersetzt wurden, die nun erstmals "durch Betätigung von Druckknöpfen zu bedienen" waren, und die zwei Wohnungen wurden durch die Modernisierung der Gasheizung auch nicht so umgestaltet, dass - wie im Fall des Erkenntnisses von 1986 - "von anderen Wohnungen gesprochen werden" könnte. Der Fall liegt viel näher bei dem des Erkenntnisses von 1975, in dem der Übergang von Koks- zur Ölfeuerung als Erhaltungsaufwand beurteilt wurde. Wenn die belangte Behörde dem entgegenhält, es seien "neue Bestandteile eingebaut" worden, so nimmt sie nicht darauf Bedacht, dass die alte Gasheizung entfernt wurde und insofern ein Austausch und keine "Erweiterung des Wirtschaftsgutes" vorlag.

Der angefochtene Bescheid war daher - ohne das Erfordernis einer Auseinandersetzung mit dem in der Beschwerde auch relevierten Gesichtspunkt der Zahl der betroffenen Wohnungen - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz im Umfang des Begehrens gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 23. Oktober 2013

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