VwGH 2010/13/0138

VwGH2010/13/013818.9.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde der W GmbH in G, vertreten durch Dr. Gottfried Bischof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilerstätte 18-20, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 28. Jänner 2010, Zl. RV/0625-G/06, betreffend Haftung für Lohnsteuer und Festsetzung des Dienstgeberbeitrags zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag jeweils für das Jahr 2002, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §77;
EStG §67 Abs3;
VwRallg;
BAO §77;
EStG §67 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben stellte der Prüfer unter anderem fest, dass die beiden mit je 25% beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer im Dezember 2002 jeweils eine Abfertigung ausbezahlt erhielten, die zur Gänze mit dem begünstigten Steuersatz von 6% versteuert worden seien. Die Dienstverhältnisse seien formal beendet und anschließend mit wesentlich verminderter Entlohnung neu begonnen worden. Die Jahresbezüge 2003 seien im Vergleich zum Jahr 2002 um etwa 30% vermindert worden. Hiermit sei zwar die Voraussetzung, dass innerhalb von 12 Monaten keine Erhöhung der Bezüge ohne entsprechende gravierende wirtschaftliche Gründe erfolgen dürfe, erfüllt. Doch sei diese Herabsetzung der Bezüge offensichtlich von vornherein nicht auf Dauer geplant gewesen. Dies gehe eindeutig aus der Mitteilung vom 4. Oktober 2002 vom bevollmächtigten steuerlichen Vertreter an die lohnverrechnende Stelle hervor, dass die Reduktion der Bezüge der beiden Geschäftsführer für ein Jahr vorgenommen werde. Tatsächlich seien ab dem Jahr 2004 die Bezüge wieder wesentlich angehoben worden und zwar auf einen Betrag, der in etwa 108% der ursprünglichen Bezüge aus 2002 entspreche.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ dementsprechende Bescheide betreffend Haftung des Arbeitgebers gemäß § 82 EStG 1988 hinsichtlich Lohnsteuer sowie betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2002.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie insbesondere auf die Rz 1070 der Lohnsteuerrichtlinien 2002 und die dort genannten Voraussetzungen für eine begünstigte Besteuerung von Abfertigungen verwies.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen. Begründend stellte die belangte Behörde fest, dass im gegenständlichen Fall die unmittelbare, im Wesentlichen unveränderte Fortsetzung des ersten Dienstverhältnisses schon bei seiner Beendigung in Aussicht genommen worden sei.

Außersteuerliche Gründe für die Abfertigung seien keine genannt worden. Die Änderungskündigungen seien allein als steuersparende Maßnahme gesetzt worden. Eine Bindung der belangten Behörde an die Lohnsteuerrichtlinien bestehe nicht. Die unmittelbare, im Wesentlichen unveränderte Fortsetzung des ersten Dienstverhältnisses erfülle nicht die Anforderungen an eine begünstigte Besteuerung von Abfertigungen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Voraussetzung der Anwendung der Begünstigungsvorschrift des § 67 Abs. 3 EStG 1988 ist zunächst, dass ein entsprechender arbeitsrechtlicher Anspruch auf die Abfertigung besteht, denn gemäß § 67 Abs. 3 EStG 1988 ist unter Abfertigung "die einmalige Entschädigung durch den Arbeitgeber zu verstehen, die an einen Arbeitnehmer bei Auflösung des Dienstverhältnisses auf Grund gesetzlicher Vorschriften, Dienstordnungen von Gebietskörperschaften, aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst- (Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts, eines Kollektivvertrages oder der für Bedienstete des Österreichischen Gewerkschaftsbundes geltenden Arbeitsordnung zu leisten ist".

Eine begünstigte Besteuerung von Abfertigungen setzt dabei zwingend eine "Auflösung des Dienstverhältnisses" im Sinne des Einkommensteuerrechts voraus. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1988, 87/13/0178, ausgesprochen hat, liegt bei Zusammentreffen zweier unmittelbar aneinander anschließender Dienstverhältnisse eine "Auflösung des Dienstverhältnisses" im Sinne des § 67 Abs. 3 EStG 1988 nicht vor, wenn die unmittelbare, im Wesentlichen unveränderte Fortsetzung des ersten Dienstverhältnisses schon bei seiner Beendigung in Aussicht genommen oder vom Arbeitgeber zugesagt wurde.

Im Beschwerdefall wurde keine Änderung des Dienstverhältnisses mit Ausnahme der von vornherein befristeten Gehaltsreduktion festgestellt. So wurden beispielsweise weder Reduktionen der Arbeitszeit und des Arbeitsumfangs noch wesentliche Änderungen des Aufgaben- und Verantwortungsfeldes festgestellt. Auch die Beschwerde behauptet keinerlei über die Gehaltsreduktion hinausgehende inhaltliche Änderung des Dienstverhältnisses und beruft sich im Wesentlichen auf die Lohnsteuerrichtlinien, wonach für eine begünstigte Besteuerung lediglich eine wesentlich verminderte Entlohnung (Reduktion der Bezüge um mindestens 25%) erforderlich sei und innerhalb von zwölf Monaten eine Erhöhung der Bezüge ohne entsprechende gravierende wirtschaftliche Gründe nicht erfolgen dürfe.

Wenn die belangte Behörde demgegenüber die gegenständliche bloße befristete Reduktion der Bezüge bei sonst unveränderter Fortsetzung des Dienstverhältnisses als eine im Wesentlichen unveränderte Fortsetzung des ersten Dienstverhältnisses angesehen hat, ist sie dabei nicht von der zitierten hg. Rechtsprechung abgewichen.

Erlässe der Finanzverwaltung begründen nach ständiger hg. Rechtsprechung keine subjektiven Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2003, 2002/14/0139, VwSlg 7787/F). Auch im Beschwerdefall kann daher - entgegen der Annahme der Beschwerde - aus dem Unterbleiben der Anwendung des von der Beschwerde zitierten Erlasses keine Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführerin abgeleitet werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 18. September 2013

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte