VwGH 2010/08/0143

VwGH2010/08/014314.1.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des S M in A, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH, in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 26. Mai 2010, Zl. LGS600/SAB/0566/2010/Mag.Ed, betreffend Widerruf und Rückforderung von Altersteilzeitgeld, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §24;
AlVG 1977 §25 Abs6;
AlVG 1977 §27 Abs2 Z3 lita;
AlVG 1977 §27 Abs8;
AlVG 1977 §28;
VwRallg;
AlVG 1977 §24;
AlVG 1977 §25 Abs6;
AlVG 1977 §27 Abs2 Z3 lita;
AlVG 1977 §27 Abs8;
AlVG 1977 §28;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegenüber dem Beschwerdeführer der Bezug von Altersteilzeitgeld für den Zeitraum 1. Dezember 2003 bis 30. April 2009 widerrufen und das unberechtigt empfangene Altersteilzeitgeld in der Höhe von EUR 28.399,11 rückgefordert.

Nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens und Zitierung des § 27 AlVG führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe im Dezember 2003 einen Antrag auf Zuerkennung des Altersteilzeitgeldes für die Beschäftigung der J.V. als Hausgehilfin im Zeitraum vom 1. Dezember 2003 bis 30. April 2010 gestellt. Laut der vorliegenden Altersteilzeitvereinbarung sei ihre Normalarbeitszeit von 38,5 Stunden auf 40 % bzw. 14,5 Stunden verringert worden. Als Gesamtbezug sei ein monatliches Bruttoentgelt von EUR 549,01 vereinbart worden. Es sei ein Blockzeitmodell vereinbart worden, wonach die Vollarbeitsphase von 1. Dezember 2003 bis 12. Juni 2006 und die Freizeitphase ohne Arbeitsverpflichtung ab 13. Juni 2006 vereinbart worden sei.

Bei einer Vorsprache der J.V. am 14. Mai 2009 beim Arbeitsmarktservice habe diese angegeben, nicht das vereinbarte Entgelt zu erhalten und auch noch in der Freizeitphase weiterbeschäftigt worden zu sein. Bei einer Zeugeneinvernahme der J.V. am 15. März 2010 beim Arbeitsmarktservice Mödling habe diese einen "einfachen und gutmütigen" Eindruck gemacht. Sie sei orientiert gewesen, habe ein sehr gutes Erinnerungsvermögen und eine gute Übersicht über den zeitlichen Ablauf gehabt. Ihre Aussagen seien als schlüssig und glaubhaft zu erachten. Sie seien kongruent und in sich stimmig gewesen und es hätten keine Widersprüche zum aktenkundigen Sachverhalt festgestellt werden können. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung werde die Zeugenaussage der J.V. als völlig glaubwürdig angenommen. Der Argumentation des Beschwerdeführers, dass die von J.V. erhobenen Vorwürfe und Aussagen Folgen eines labilen psychischen Gesundheitszustandes seien, habe daher keineswegs gefolgt werden können.

Aufgrund der Zeugenaussage der J.V. werde festgestellt, dass die Altersteilzeitvereinbarung, die Grundlage für die Zuerkennung des Altersteilzeitgeldes sei, in mehreren Punkten vom Beschwerdeführer nicht eingehalten worden sei. Das vereinbarte Entgelt in der Höhe von EUR 549,01 monatlich sei nicht ausbezahlt worden, sondern lediglich EUR 100,--. Auch wenn, wie vom Beschwerdeführer angeführt, J.V. monatlich Abhebungen vom Konto (des Beschwerdeführers) in der Höhe von EUR 100,-- bis EUR 150,-- getätigt habe, sei einerseits glaubhafter, dass sie dies für Lebensmittel und Haushaltsbedarf verwendet habe und zum anderen hätte sie selbst mit diesen Summen bei weitem nicht den ihr zustehenden Lohn erhalten. Es sei dabei unerheblich, ob Unterkunft und Verpflegung gratis gewesen seien, da dies so nicht vereinbart gewesen sei und "bei Vorlage einer derartigen ATZ-Vereinbarung gar nicht zu akzeptieren gewesen" wäre. Nach § 2 des Mindestlohntarifs für im Haushalt Beschäftigte in der Steiermark würde den Hausgehilfinnen und Hausangestellten mit Wohnung und Verpflegung beim Arbeitgeber für eine Arbeitszeit von 238 Stunden die jeweils angeführten monatlichen Mindestbruttolöhne zustehen. Demnach sei es absolut unzulässig, hier Naturalbezüge in Abzug zu bringen. Den nach diesem Mindestlohntarif eventuell ausstehenden Lohn einzufordern bzw dessen Höhe festzustellen, sei nicht Sache des gegenständlichen Berufungsverfahrens, sondern obliege J.V. selbst.

Es werde aufgrund der glaubhaften Zeugenaussage der J.V. weiters festgestellt, dass diese nach Beginn der vereinbarten Freizeitphase mit 13. Juni 2006 nicht nur beim Beschwerdeführer gewohnt, sondern bis 2008 weiterhin seine Hausarbeiten und sonstige Tätigkeiten in vollem Umfang für ihn verrichtet habe. Es sei dabei nicht von Belang, ob sich der Beschwerdeführer zeitweilig im Ausland aufgehalten habe, da es außer Zweifel stehe, dass J.V. auch während der Abwesenheit des Beschwerdeführers den Haushalt geführt habe und "infolgedessen besagte Ansprüche" habe. Die diesbezüglichen Behauptungen des Beschwerdeführers, dass J.V. nur die von ihr benutzten Räumlichkeiten reinige, keine Gartenarbeiten verrichte etc. würden als reine Schutzbehauptungen gewertet.

Zusammenfassend könne somit festgestellt werden, dass einerseits weder der zustehende Lohn ausbezahlt worden sei und andererseits auch während der eigentlichen Freizeitphase Arbeitsleistungen von J.V. erbracht worden seien und die Altersteilzeitvereinbarung vom Beschwerdeführer daher "in keinster Weise" eingehalten worden sei.

Gemäß § 27 Abs 8 AlVG habe der Beschwerdeführer erkennen müssen, dass die Leistung nicht gebührte, da er zwar den Lohnausgleich vom Arbeitsmarktservice erhalten habe, aber sich überhaupt nicht an die zugrundeliegende Altersteilzeitvereinbarung gehalten habe. Die Zuerkennung des Altersteilzeitgeldes habe sich daher nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausgestellt.

Eine Verjährung der Rückforderung gemäß § 25 Abs 6 AlVG - wie vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren geltend gemacht - komme im gegenständlichen Verfahren nicht zur Anwendung, da sich § 25 AlVG grundsätzlich mit der Rückforderung von Arbeitslosengeldbezug auseinandersetze, wohingegen in § 27 Abs 8 AlVG eigene Rückforderungstatbestände bei Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Altersteilzeitgeld vorlägen und dieser Passus keine Verjährungsfristen aufgrund der doch längeren Zeiträume der Inanspruchnahme von Altersteilzeitgeld beinhalte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Im Beschwerdefall ist § 27 AlVG in der Fassung BGBl I Nr 33/2001 anzuwenden, da der Anspruch am 1. Dezember 2003 geltend gemacht wurde und gemäß § 79 Abs 73 AlVG für Ansprüche auf Altersteilzeitgeld, die vor dem Ablauf des 31. Dezember 2003 erfolgreich geltend gemacht wurden, die bis dahin anzuwendende Fassung weiter gilt.

§ 27 AlVG idF BGBl I Nr 33/2001 lautet (auszugsweise):

"§ 27. (1) Ein Arbeitgeber, der ältere ArbeitnehmerInnen beschäftigt, die ihre Arbeitszeit verringern, und diesen einen Lohnausgleich gewährt, hat Anspruch auf Altersteilzeitgeld.

(2) Altersteilzeitgeld gebührt längstens sechseinhalb Jahre für Frauen ab Vollendung des 50. Lebensjahres und für Männer ab Vollendung des 55. Lebensjahres, die

1. in den letzten 25 Jahren vor der Geltendmachung des Anspruches 780 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt waren,

2. auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung ihre der gesetzlichen oder kollektivvertraglich geregelten Normalarbeitszeit entsprechende oder diese höchstens um 20 vH unterschreitende Normalarbeitszeit auf 40 bis 60 vH der Normalarbeitszeit verringert haben,

3. auf Grund eines Kollektivvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder einer vertraglichen Vereinbarung

a) bis zur Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 ASVG einen Lohnausgleich in der Höhe von mindestens 50 vH des Unterschiedsbetrages zwischen dem vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit gebührenden Entgelt und dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt erhalten und

b) für die der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge entsprechend der Beitragsgrundlage vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit entrichtet und

4. auf Grund eines Kollektivvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder einer vertraglichen Vereinbarung Anspruch auf Berechnung einer zustehenden Abfertigung auf der Grundlage der Arbeitszeit vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit haben; für die Berechnung einer Abfertigung nach dem BUAG gilt § 13d Abs. 3 BUAG.

(3) (…)

(4) Das Altersteilzeitgeld hat dem Arbeitgeber den zusätzlichen Aufwand abzugelten, der durch einen Lohnausgleich bis zur Höchstbeitragsgrundlage in der Höhe von 50 vH des Unterschiedsbetrages zwischen dem vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit gebührenden Entgelt und dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt sowie durch die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge entsprechend der Beitragsgrundlage vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit entsteht. Als zusätzlicher Aufwand für die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge ist der Unterschiedsbetrag zwischen den entsprechend der Beitragsgrundlage vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit entrichteten Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung (Pensions-, Kranken-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung) und den dem Entgelt (einschließlich Lohnausgleich) entsprechenden Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung abzugelten.

(5) Sieht die Vereinbarung über die Altersteilzeitarbeit unterschiedliche wöchentliche Normalarbeitszeiten oder eine unterschiedliche Verteilung der wöchentlichen Normalarbeitszeit vor, so ist die Voraussetzung nach Abs. 2 Z 2 auch dann erfüllt, wenn

1. die wöchentliche Normalarbeitszeit in einem Durchrechnungszeitraum im Durchschnitt die vereinbarte verringerte Arbeitszeit nicht überschreitet und

2. das Entgelt für die Altersteilzeitarbeit fortlaufend gezahlt wird.

(6) Der Arbeitgeber hat jede für das Bestehen oder für das Ausmaß des Anspruches auf Altersteilzeitgeld maßgebliche Änderung unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice anzuzeigen.

(7) (…)

(8) Wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Altersteilzeitgeld wegfällt, ist es einzustellen; wenn sich eine für das Ausmaß des Altersteilzeitgeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen. Wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Altersteilzeitgeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt, ist die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Altersteilzeitgeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels weiter gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten."

§ 28 AlVG in der Fassung BGBl I Nr 179/1999 lautet:

"Ruhen des Anspruches auf Altersteilzeitgeld

§ 28. Leistet der Arbeitnehmer über die Altersteilzeitarbeit hinaus Mehrarbeit, die üblicherweise zu einem Einkommen führt, welches die Geringfügigkeitsgrenze für den Kalendermonat gemäß § 5 Abs. 2 ASVG überschreitet, so gebührt für diesen Zeitraum kein Altersteilzeitgeld."

2. Die belangte Behörde stützte Widerruf und Rückforderung des vom Beschwerdeführer bezogenen Altersteilzeitgeldes darauf, dass der Beschwerdeführer der J.V. nicht das gesamte ihr zustehende Entgelt ausbezahlt habe und dass J.V. auch während ihrer "Freizeitphase" weiter für den Beschwerdeführer tätig gewesen sei. Der Beschwerdeführer hätte aufgrund dieser Umstände erkennen müssen, dass er zu Unrecht Altersteilzeitgeld beziehe, weshalb der Rückforderungstatbestand des § 27 Abs 8 AlVG erfüllt sei.

3. Soweit die belangte Behörde den Widerruf darauf stützt, dass der Beschwerdeführer der Dienstnehmerin J.V. nicht das gesamte ihr aufgrund der Altersteilzeitvereinbarung zustehende Entgelt geleistet habe, ist zunächst festzuhalten, dass gemäß § 27 Abs 2 Z 3 lit a AlVG Altersteilzeit für (bestimmte) Arbeitnehmer gebührt, die (unter anderem) auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung "einen Lohnausgleich in der Höhe von mindestens 50 vH des Unterschiedsbetrages zwischen dem vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit gebührenden Entgelt und dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt erhalten". Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl das Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl 2002/08/0097) sieht § 27 Abs 2 Z 3 lit a AlVG demnach vor, dass dem Dienstnehmer ein Lohnausgleich gebührt und ein solcher nicht nur vereinbart, sondern auch geleistet wird. Wird dem Dienstnehmer der vereinbarte Lohnausgleich tatsächlich vorenthalten, so fällt - unbeschadet der arbeitsrechtlichen Ansprüche des Dienstnehmers gegenüber dem Dienstgeber - eine Voraussetzung des Altersteilzeitgeldes weg.

Sollte die Dienstnehmerin J.V. daher monatlich lediglich EUR 100,-- (oder - unter Einbeziehung der Abhebungen vom Konto des Beschwerdeführers - monatlich insgesamt EUR 200,-- bis EUR 250,--, was die Feststellungen im angefochtenen Bescheid offen lassen) erhalten haben, so hätte sie tatsächlich den vereinbarten Lohnausgleich (der nach der abgeschlossenen Altersteilzeitvereinbarung zu einem monatlichen Gesamtbezug von brutto EUR 549,01 führen hätte müssen) nicht erhalten, sodass die Einstellung bzw der Widerruf begründet wären.

4. Für den Zeitraum vom 13. Juni 2006 (Beginn der "Freizeitphase") bis zum 30. April 2009 (Einstellung des Leistungsbezugs) hat die belangte Behörde neben der nicht gehörigen Entgeltleistung durch den Beschwerdeführer zudem festgestellt, dass J.V. "bis 2008" weiterhin die "Hausarbeiten und sonstigen Tätigkeiten in vollem Umfang" für den Beschwerdeführer verrichtet habe, dass also die Beschäftigungszeit während der Freizeitphase nicht reduziert wurde.

Eine solche Sachlage könnte in Hinblick auf den Bezug von Altersteilzeitgeld in zweifacher Hinsicht relevant sein: Zum einen könnte darauf geschlossen werden, dass die zwischen J.V. und dem Beschwerdeführer getroffene Altersteilzeitvereinbarung von den Parteien dahingehend abgeändert wurde, dass statt dem Eintritt der "Freizeitphase" die Beschäftigung im bisherigen Umfang aufrecht bleiben sollte. In diesem Fall entspräche die Vereinbarung nicht mehr den Vorgaben des § 27 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 5 AlVG, was eine (rückwirkende) Einstellung des Altersteilzeitgeldbezugs mangels Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen im Bezugszeitraum rechtfertigen würde (vgl. zu einem vergleichbaren Sachverhalt das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2005, Zl. 2003/08/0156, wonach es keine Rechtsverletzung bewirkt, wenn statt der rückwirkenden Einstellung irrtümlich der Widerruf ausgesprochen wird). Zum anderen könnte darauf geschlossen werden, dass J.V. über die Altersteilzeit hinaus Mehrarbeit geleistet hat, die üblicherweise zu einem Einkommen führt, welches die Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG überschreitet. Gemäß § 28 AlVG gebührt aber dann, wenn die Arbeitnehmerin über die Altersteilzeitarbeit hinaus Mehrarbeit (in einem Ausmaß, das üblicherweise zu einem die Geringfügigkeitsgrenze überschreitenden Einkommen führt) leistet, - lediglich - für diesen Zeitraum kein Altersteilzeitgeld (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2011, Zl. 2008/08/0120).

5. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Feststellungen der belangten Behörde zum tatsächlich geleisteten Entgelt ebenso wie gegen die Feststellung, dass J.V. in ihrer "Freizeitphase" Dienstleistungen für ihn erbracht habe. Die belangte Behörde stütze ihre Feststellungen ausschließlich auf die Einvernahme der Dienstnehmerin und habe zu den wesentlichen Umständen keinerlei andere Beweise aufgenommen. Der Beschwerdeführer habe im erst- wie auch im zweitinstanzlichen Verfahren mehrfach die Einvernahme näher bezeichneter Zeugen zum Beweis dafür beantragt, dass J.V. ab Beginn der "Freizeitphase" keine Arbeitsleistungen für ihn erbracht habe, und zu den Auszahlungsmodalitäten des Entgelts beantragt. Die belangte Behörde habe sich über diese Beweisanträge im Sinne einer vorgreifenden Beweiswürdigung hinweggesetzt. Die Relevanz dieses Verfahrensmangels liege darin, dass bei einer Einvernahme der beantragten Zeugen die belangte Behörde zu dem Schluss gekommen wäre, dass die "Anschuldigungen" der J.V. jeglicher tatsächlicher Grundlage entbehrten.

6. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren mehrfach Beweisanträge gestellt, so etwa in seiner Stellungnahme vom 8. Juni 2009, in der er (unter anderem) die Einvernahme seines Neffen R.M. zum Beweis dafür beantragte, dass J.V. in ihrer "Freizeitphase" keine Arbeiten mehr für den Beschwerdeführer verrichtete. In seiner Berufung vom 9. Dezember 2009 hat der Beschwerdeführer diesen Beweisantrag wiederholt und weitere Zeugen (unter Angabe einer Adresse) genannt, darunter etwa den Bürgermeister der Gemeinde B., mit dem J.V. und der Beschwerdeführer ein Gespräch über die Situation der J.V. gehabt haben sollen. In einer Stellungnahme vom 30. April 2010 hat der Beschwerdeführer weiters die Einvernahme des E.G., behauptetermaßen ein Bekannter der J.V., zum Beweis dafür beantragt, dass J.V. "spätestens ab Beginn der Freizeitphase" nicht mehr für den Beschwerdeführer, aber für mehrere Dritte gearbeitet habe.

Im angefochtenen Bescheid hat sich die belangte Behörde mit diesen Beweisanträgen nicht auseinandergesetzt und sich beweiswürdigend einzig auf die Einvernahme der J.V. gestützt. Solange einem Zeugenbeweis jedoch die grundsätzliche Eignung, zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen, nicht abgesprochen werden kann, wäre in einer (ausdrücklichen) Feststellung der belangten Behörde, der Zeuge hätte ohnedies nichts Wesentliches beitragen können, eine unzulässige vorwegnehmende Beweiswürdigung gelegen. Die gleiche Wertung liegt auch dem stillschweigenden Übergehen eines beantragten Beweises zugrunde. Die begründungslose Unterlassung der Einvernahme eines Zeugen belastet daher den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom 7. September 2011, Zl. 2008/08/0165).

7. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine Anwendung der Verjährungsbestimmung des § 25 Abs. 6 AlVG bei einer Rückforderung gemäß § 27 Abs. 8 AlVG - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht in Betracht kommt. Der Beschwerdeführer verweist dazu auf die "Analogiefähigkeit" der Bestimmungen der §§ 24 f AlVG, von der der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. Jänner 2005, Zl 2003/08/0156, selbst ausgegangen sei.

In dem vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit dem Verhältnis von Widerruf und Einstellung des Altersteilzeitgeldes nach § 27 Abs 8 erster und zweiter Satz AlVG auseinandergesetzt. Dazu hat er ausgeführt:

"Die Regelungen betreffend Einstellung und Widerruf des Altersteilzeitgeldes in § 27 Abs. 8 (erster und zweiter Satz) AlVG entsprechen jenen, die in § 24 Abs. 1 und 2 AlVG für Einstellung und Widerruf des Arbeitslosengeldes getroffen wurden. Zu diesen Bestimmungen hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass der inhaltliche und auch zeitliche Bezugspunkt der Formulierungen in § 24 Abs. 1 und 2 AlVG 'die Entscheidung über den Antrag' ist, d.

h. dass es für die Einstellung (oder die Neubemessung) auf den Wegfall einer Voraussetzung nach der Entscheidung ankommt; waren hingegen die die Zuerkennung ausschließenden Fakten schon vor der Entscheidung eingetreten, stellen sie sich aber erst nach ihr heraus, so liegt ein Anwendungsfall des Widerrufs (bzw. der rückwirkenden Berichtigung der Bemessung) vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 2001, Zl. 2000/08/0178). Nichts anderes kann auch für Einstellung und Widerruf des Altersteilzeitgeldes gelten."

Aus dieser (vom Beschwerdeführer verkürzt zitierten) Passage ist zur Frage einer analogen Anwendung des § 25 Abs 6 AlVG auf eine Rückforderung nach § 27 Abs 8 AlVG nichts zu gewinnen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem eben angeführten Erkenntnis keine Bestimmungen der §§ 24 f AlVG analog auf § 27 AlVG angewandt, sondern zu dem in § 27 Abs 8 AlVG geregelten Widerruf bzw der Einstellung von Altersteilzeitgeld auf seine Rechtsprechung zu den praktisch gleich lautenden Bestimmungen zum Widerruf bzw zur Einstellung von Arbeitslosengeld in § 24 Abs 1 und 2 AlVG verwiesen. Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof in jenem Erkenntnis vom 26. Jänner 2005 keine allgemeine "Analogiefähigkeit" der §§ 24 f AlVG für den Widerruf bzw die Einstellung und die Rückforderung des Altersteilzeitgeldes nach § 27 Abs 8 AlVG ausgesprochen.

Da sich in § 27 AlVG keine Bestimmung zur Verjährung der Rückforderung findet, die Rückforderung von unrechtmäßig bezogenem Altersteilzeitgeld aber abschließend und umfassend - und nicht etwa durch Verweis auf die §§ 24 f AlVG - geregelt ist, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bewusst von der Einführung einer Verjährungsbestimmung für die Rückforderung von Altersteilzeitgeld abgesehen hat. Eine analoge Anwendung der Verjährungsfrist des § 25 Abs 6 AlVG auf eine Rückforderung nach § 27 Abs 8 AlVG scheidet daher bereits mangels einer planwidrigen Lücke im Gesetz aus (vgl allgemein zu den Voraussetzungen einer Analogie etwa das hg Erkenntnis vom 3. Juli 2002, Zl 2002/08/0127, uva, und zur Verneinung der analogen Anwendung der Verjährungsfrist des § 25 Abs 6 AlVG auf den Widerruf nach § 24 Abs 2 AlVG das hg Erkenntnis vom 19. Dezember 2007, Zl 2006/08/0319).

8. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 14. Jänner 2013

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