VwGH 2010/06/0076

VwGH2010/06/007623.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde der X Baugesellschaft mbH in Dornbirn, vertreten durch die Rechtsanwälte Mandl GmbH in 6800 Feldkirch, Churerstraße 3/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 1. Februar 2010, Zl. UVS-318-001/E8-2010, betreffend die Versagung einer Baubewilligung (weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

BauRallg;
RPG Vlbg 1996 §15 idF 2006/023;
RPG Vlbg 1996 §15;
RPG Vlbg 1996 §15a;
RPG Vlbg 1996 §58 idF 2008/035;
RPG Vlbg 1996 §58;
RPG Vlbg 1996 §59 Abs16;
VwGG §42 Abs2 Z1;
BauRallg;
RPG Vlbg 1996 §15 idF 2006/023;
RPG Vlbg 1996 §15;
RPG Vlbg 1996 §15a;
RPG Vlbg 1996 §58 idF 2008/035;
RPG Vlbg 1996 §58;
RPG Vlbg 1996 §59 Abs16;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 2. April 2009 (eingelangt tags darauf) beantragte die Beschwerdeführerin bei der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft (BH) die Erteilung der Baubewilligung für eine Änderung der Verkaufsfläche in einem Einkaufszentrum in Vorarlberg.

Die BH wies diesen Antrag mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 9. Dezember 2009 ab. Zur Begründung heißt es zusammenfassend, mit Bescheid der BH vom 15. März 2005 in der Fassung des Bescheides vom 22. April 2005 sei der Beschwerdeführerin die Baubewilligung und die gewerberechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Fachmarktes erteilt worden. In Top 1 (damals Drogeriemarkt) seien 220,74 m2 an Verkaufsfläche für Waren des täglichen Bedarfes und 82,40 m2 an Verkaufsfläche für zentrenrelevante Waren bewilligt worden, in Top 2 habe eine Verkaufsfläche für zentrenrelevante Waren im Ausmaß von 505,20 m2 bestanden. Die Gesamtverkaufsfläche habe somit 808,34 m2 betragen.

In weiterer Folge sei nach einer Projektänderung mit Bescheid (der BH) vom 23. Oktober 2008 die Baubewilligung und die gewerberechtliche Bewilligung für den Umbau in Top 1 und eine geänderte Verkaufsflächennutzung des Einkaufszentrums (EKZ) erteilt worden. Die Verkaufsflächen betrügen nun für Waren der Kategorie "sonstige Waren" in Top 1 327,50 m2, in Top 2 480,49 m2. Somit betrage die Gesamtverkaufsfläche 807,99 m2.

Mit dem nunmehrigen Antrag habe die Beschwerdeführerin um die Erteilung der Baubewilligung für eine weitere Verkaufsflächenänderung in der Form angesucht, dass eine Verkaufsfläche von insgesamt 868,40 m2 für Waren der Kategorie "sonstige Waren" entstehen solle. Die Verkaufsfläche in Top 1 solle 363,20 m2 und die Verkaufsfläche in Top 2 505,20 m2 betragen.

Beim gegenständlichen Objekt handle es sich um ein Einkaufszentrum im Sinne des § 15 Abs. 3 RPG, die Verkaufsfläche ergebe sich aus den zuvor genannten Bescheiden, sie betrage für Waren der Kategorie gemäß § 15 Abs. 2 lit. a Z 2 RPG (sonstige Waren) 807,99 m2.

§ 59 Abs. 16 RPG normiere, dass Flächen mit einem rechtmäßigen Bestand eines EKZ gemäß § 15 Abs. 3 RPG idF LGBl. Nr. 23/2006, die bisher nicht als besondere Flächen für Einkaufszentren festgelegt seien, spätestens mit 31. Dezember 2007 entsprechend dem Bestand als besondere Flächen für Einkaufszentren zu widmen seien. § 15 Abs. 7 und (§ 59) Abs. 14 zweiter und dritter Satz hätten sinngemäß zu gelten.

Im Beschwerdefall sei von Bedeutung, dass das Grundstück im Flächenwidmungsplan der Gemeinde als "Baufläche - Betriebsgebiet" gewidmet sei. Die Gemeinde habe bislang keine Verordnung gemäß § 59 Abs. 16 RPG zur Anpassung der Widmung an den rechtmäßigen Bestand erlassen, sodass sich die höchstzulässige Verkaufsfläche für das EKZ allein aus dem rechtskräftig bewilligten Bestand ergebe.

Hinsichtlich des Argumentes der Beschwerdeführerin, dass mit dem Bescheid vom 22. April 2005 für Top 1 eine Gesamtverkaufsfläche (Verkaufsfläche für Friseur- und Kosmetikdienstleistung) von 370,13 m2 bewilligt worden sei, sei auszuführen, dass für Top 1 eine Gesamtfläche von 303,14 m2 bewilligt worden sei. Entsprechend dem gestellten Antrag sei der Bereich der Friseur- und Kosmetikdienstleistung im Ausmaß von 66,89 m2 nicht auf die Verkaufsflächen angerechnet worden. Auf Grund des Umstandes, dass diese Fläche "im historischen Bestand" nicht als Verkaufsfläche bewilligt worden sei, könne sie auch nicht im nunmehrigen Verfahren zur Verkaufsfläche hinzugerechnet werden. Die Bescheide vom 22. April 2005 und 23. Oktober 2008 seien "mit all ihren Konsequenzen" in Rechtskraft erwachsen. Der Bauwerberin wäre es damals frei gestanden, die Bescheide zu bekämpfen. Dies sei aber nicht erfolgt, sodass vom zuvor gesagten Rechtsbestand auszugehen sei, womit sich eine Gesamtverkaufsfläche von 807,99 m2 ergebe. Die in Aussicht genommene neue Verkaufsflächennutzung für Waren der Kategorie "sonstige Waren" im Ausmaß von 868,40 m2 überschreite den bewilligten Konsens um 60,41 m2. Es mangle an der dafür erforderlichen Widmung für ein Einkaufszentrum, sodass ein Widerspruch zu den Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes bestehe. Die beantragte Baubewilligung sei daher gemäß § 28 Abs. 3 BauG (wegen Widerspruches zur Flächenwidmung) zu versagen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, der mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben wurde.

Nach Wiedergabe des Verfahrensganges und gesetzlicher Bestimmungen heißt es zur Begründung, seit dem Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 23/2006 am 12. Mai 2006 gelte der gegenständliche Handelsbetrieb (Fachmarkt) als EKZ im Sinne des RPG, weil die bestehende Verkaufsfläche für "sonstige Waren" den Schwellenwert von 600 m2 übersteige (§ 15 Abs. 3 lit. a RPG), weshalb im Baubewilligungsverfahren die raumplanungsrechtlichen Bestimmungen für Einkaufszentren einzuhalten seien.

Das Baugesuch vom 2. April 2009 umfasse eine Änderung der Verkaufsflächen im EKZ (Hinweis auf den Genehmigungstatbestand gemäß § 18 Abs. 1 lit. b BauG). Dies ergebe sich aus dem eingereichten Verkaufsflächenplan im Vergleich zu den bewilligten Verkaufsflächenplänen. Grundlage der baubehördlichen Prüfung des Gesuches sei das Gebäude in seinem durch die bestehenden Baubewilligungsbescheide umschriebenen Bestand. Nach dem (letzten) rechtskräftigen Bescheid vom 23. Oktober 2008 sei von einer rechtmäßigen Verkaufsfläche von 807,99 m2 für "sonstige Waren" auszugehen. Dadurch, dass diese Verkaufsflächen von den Betreibern der Geschäfte nach Maßgabe des Bescheides vom 23. Oktober 2008 in Anspruch genommen worden seien (der Bescheid konsumiert worden sei), sei insoweit der Konsens des früheren Bestandes (nach dem Bescheid vom 15. März 2005) untergegangen. Es erübrige sich daher zu prüfen, ob die im Verkaufsflächenplan vom 15. April 2005 (der Bestandteil der Baubewilligung vom 22. April 2005) ausgewiesene Fläche für Friseur- und Kosmetikdienstleistungen als Verkaufsfläche zu gelten gehabt habe.

Verfehlt sei der Hinweis der Beschwerdeführerin auf § 59 Abs. 16 RPG, weil diese Bestimmung nur eine Anpassung der Flächenwidmungspläne an die durch die Novelle 2006 geschaffene Rechtslage zum Gegenstand habe (diese Anpassung sei aber bislang nicht erfolgt).

Die Behörde erster Instanz sei daher zu Recht davon ausgegangen, dass sich auf Grund des Bauantrages vom 2. April 2009 gegenüber dem durch die bestehenden Baubewilligungsbescheide umschriebenen Bestand eine Erweiterung der Verkaufsfläche um 60,41 m2 ergebe. Diese Änderung wäre nach § 15 Abs. 8 erster und zweiter Satz RPG nur zulässig, wenn und insoweit eine Widmung als besondere Fläche für Einkaufszentren bestünde. Solange aber eine solche Widmung nicht bestehe, fehlten die raumplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Baubewilligung.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 15 des (Vorarlberger) Raumplanungsgesetzes 1996, LGBl. Nr. 39 (Wiederverlautbarung - RPG), lautete vor der Novelle LGBl. Nr. 23/1996 auszugsweise:

"§ 15

Einkaufszentren

(1) In Bauflächen können besondere Flächen für Einkaufszentren festgelegt werden, sofern eine solche Widmung nach einem Landesraumplan in der betreffenden Gemeinde für zulässig erklärt ist. Wenn dies nach den für die Raumplanung maßgeblichen Verhältnissen erforderlich ist, ist im Landesraumplan insbesondere

a) die Widmung auch nur eingeschränkt für Einkaufszentren für bestimmte Warengruppen für zulässig zu erklären, und zwar für

  1. 1. Waren des täglichen Bedarfs, insbesondere Lebensmittel,
  2. 2. Waren des nicht täglichen Bedarfs, die nach dem Kauf regelmäßig mit Kraftfahrzeugen abgeholt oder transportiert werden, wie Möbel, Baustoffe und -geräte, Gartenbedarf, Fahrzeuge und Maschinen, oder

    3. sonstige Waren des nicht täglichen Bedarfs,

    b) näher zu bestimmen, in welchen Gebieten, bis zu welchem Höchstausmaß der zu widmenden Flächen und bis zu welchem Höchstausmaß der Verkaufsfläche die Widmung für Einkaufszentren zulässig ist, und

    c) die Zulässigkeit der Widmung von der Erlassung einer Verordnung über das Mindestmaß der baulichen Nutzung abhängig zu machen und das Mindestmaß, das von der Gemeinde nicht unterschritten werden darf, festzulegen.

(2) Einkaufszentrum ist ein Gebäude oder Gebäudeteil, einschließlich damit im Zusammenhang stehender sonstiger überdachter Anlagen, für den Verkauf von

a) Waren, ungeachtet ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Warengruppen, sofern die Verkaufsfläche insgesamt 1500 m2 übersteigt,

b) Waren des täglichen Bedarfs, insbesondere Lebensmitteln, (Abs. 1 lit. a Z. 1), sofern die Verkaufsfläche insgesamt in den Talsohlen von Leiblachtal, Rheintal oder Walgau 400 m2 oder im übrigen Landesgebiet 300 m2 übersteigt, oder

c) sonstige Waren des nicht täglichen Bedarfs (Abs. 1 lit. a Z. 3), sofern die Verkaufsfläche insgesamt 600 m2 übersteigt."

Mit der am 11. Mai 2006 in Kraft getretenen Novelle des RPG LGBl. Nr. 23/2006 wurde § 15 RPG mehrfach geändert; soweit hier erheblich, wurden im Abs. 1 lit. a die Z. 1 bis 3 durch folgende

Z. 1 und 2 ersetzt:

"1. Waren des nicht täglichen Bedarfs, die nach dem Kauf regelmäßig mit Kraftfahrzeugen abgeholt oder transportiert werden, wie Möbel, Baustoffe und -geräte, Gartenbedarf, Fahrzeuge, Maschinen, Elektro-Haushaltsgroßgeräte sowie Sportgroßgeräte,

2. sonstige Waren."

Im Abs. 1 lit. b wurde nach dem Wort "ist" die Wortfolge:

"und allenfalls - hinsichtlich der Verkaufsflächen für die Warengruppe nach lit. a Z. 2 - bis zu welchem Höchstausmaß Lebensmittel angeboten werden dürfen"

eingefügt. Weiters wurde ein neuer Abs. 2 eingefügt, auch erhielten u.a. die bisherigen Abs. 2 und 3 die neuen Bezeichnungen Abs. 3 und 4. Der bisherige § 15 Abs. 2 RPG, der die Definition des EKZs enthält, ist nunmehr § 15 Abs. 3 RPG, wobei die lit. a bis c durch folgende lit. a und b ersetzt wurden:

"a) Waren nach Abs. 1 lit. a Z. 2 oder Waren nach Abs. 1 lit. a Z. 1 und 2, sofern die Verkaufsfläche 600 m2 übersteigt, oder

b) Waren nach Abs. 1 lit. a Z. 1, sofern die Verkaufsfläche 1500 m2 übersteigt."

Weiters wurde mit dieser Novelle ein neuer § 15a eingefügt.

Die §§ 15 und 15a RPG lauten seither (jeweils idF LGBl. Nr. 23/2006):

§ 15

Einkaufszentren

(1) In Bauflächen können besondere Flächen für Einkaufszentren festgelegt werden, sofern eine solche Widmung nach einem Landesraumplan in der betreffenden Gemeinde für zulässig erklärt ist. Wenn dies nach den für die Raumplanung maßgeblichen Verhältnissen erforderlich ist, ist im Landesraumplan insbesondere

a) die Widmung auch nur eingeschränkt für Einkaufszentren für bestimmte Warengruppen für zulässig zu erklären, und zwar für

1. Waren des nicht täglichen Bedarfs, die nach dem Kauf regelmäßig mit Kraftfahrzeugen abgeholt oder transportiert werden, wie Möbel, Baustoffe und -geräte, Gartenbedarf, Fahrzeuge, Maschinen, Elektro-Haushaltsgroßgeräte sowie Sportgroßgeräte,

2. sonstige Waren.

b) näher zu bestimmen, in welchen Gebieten, bis zu welchem Höchstausmaß der zu widmenden Flächen und bis zu welchem Höchstausmaß der Verkaufsfläche die Widmung für Einkaufszentren zulässig ist und allenfalls - hinsichtlich der Verkaufsflächen für die Warengruppe nach lit. a Z. 2 - bis zu welchem Höchstausmaß Lebensmittel angeboten werden dürfen, und

c) die Zulässigkeit der Widmung von der Erlassung einer Verordnung über das Mindestmaß der baulichen Nutzung abhängig zu machen und das Mindestmaß, das von der Gemeinde nicht unterschritten werden darf, festzulegen.

(2) Bei der Beurteilung, ob Festlegungen nach Abs. 1 im Hinblick auf die für die Raumplanung maßgeblichen Verhältnisse erforderlich sind, sind allfällige Ausgleichsmaßnahmen, insbesondere auch solche zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf die Versorgungsstruktur in einer anderen Gemeinde, mit zu berücksichtigen.

(3) Einkaufszentrum ist ein Gebäude oder Gebäudeteil, einschließlich damit im Zusammenhang stehender sonstiger überdachter Anlagen, für den Verkauf von

a) Waren nach Abs. 1 lit. a Z. 2 oder Waren nach Abs. 1 lit. a Z. 1 und 2, sofern die Verkaufsfläche 600 m2 übersteigt, oder

b) Waren nach Abs. 1 lit. a Z. 1, sofern die Verkaufsfläche 1500 m2 übersteigt.

(4) Mehrere Gebäude oder Gebäudeteile, einschließlich damit im Zusammenhang stehender sonstiger überdachter Anlagen, gelten als ein Einkaufszentrum nach Abs. 3, wenn sie in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und

a) eine bauliche, funktionale oder organisatorische Einheit bilden oder

b) in wirtschaftlicher oder organisatorischer Hinsicht die Wirkung eines nach einem Gesamtkonzept betriebenen Einkaufszentrums haben.

(5) Als Verkaufsflächen gelten alle Flächen von Handels-, sonstigen Dienstleistungs- oder Produktionsbetrieben, die für die Kunden bestimmt und zugänglich sind, ausgenommen Stiegen, Verbindungsgänge, Sanitärräume und Räumlichkeiten, in denen keine Waren angeboten oder ausgestellt werden. Flächen, die ausschließlich für den Verkauf von Waren zum Zwecke des Weiterverkaufs bestimmt sind, gelten nicht als Verkaufsflächen.

(6) Wenn bei Anlagen nicht auszuschließen ist, dass sie alleine oder mit anderen Anlagen ein Einkaufszentrum bilden, so hat der Bauwerber nachzuweisen, dass weder die Größe und die vorgesehene Nutzung der Verkaufsflächen nach Abs. 3 noch, sofern es sich um mehrere Gebäude oder Gebäudeteile handelt, die sonstigen Umstände nach Abs. 4 lit. a und b gegeben sind.

(7) Die Gemeinde hat im Flächenwidmungsplan das Höchstausmaß der zulässigen Verkaufsfläche eines zu errichtenden Einkaufszentrums hinsichtlich der Verkaufsfläche für die Warengruppe nach Abs. 1 lit. a Z. 2 allenfalls auch das Höchstausmaß für Lebensmittel, festzusetzen. Sofern auf einer für ein Einkaufszentrum zu widmenden Fläche ein solches bereits besteht, sind die bestehenden Verkaufsflächen bei der Festsetzung des Höchstausmaßes der Verkaufsfläche zu berücksichtigen.

(8) Die Errichtung eines Einkaufszentrums ist, soweit der Abs. 9 nicht anderes bestimmt, nur zulässig, wenn

  1. a) eine entsprechende Widmung besteht,
  2. b) das im Flächenwidmungsplan festgelegte Höchstausmaß der zulässigen Verkaufsfläche nicht überschritten wird und

    c) das in einer Verordnung nach Abs. 1 lit. c festgelegte Mindestmaß der baulichen Nutzung nicht unterschritten wird. Dasselbe gilt für die Änderung einer Anlage, wodurch ein Einkaufszentrum erweitert wird oder entsteht, für die Verwendung einer bisher anderweitig verwendeten Anlage als Einkaufszentrum sowie für die Änderung der Verwendung eines nur eingeschränkt für den Verkauf bestimmter Waren zulässigen Einkaufszentrums durch den Verkauf anderer Waren.

(9) Abweichend von den Abs. 1, 7 und 8 ist die Errichtung eines Einkaufszentrums im Kerngebiet ohne Bestehen einer besonderen Widmung zulässig, sofern

  1. a) die Verkaufsfläche insgesamt 1500m2 nicht überschreitet und
  2. b) die Verkaufsfläche für Lebensmittel 600m2 nicht überschreitet. Dasselbe gilt für die Änderung einer Anlage oder die Änderung der Verwendung einer Anlage, wenn insgesamt die Verkaufsflächen nach lit.a und b nicht überschritten werden.

(10) Die Landesregierung kann mit Verordnung näher bestimmen,

a) welche Sortimente von Waren den Warengruppen nach Abs. 1 lit. a Z. 1 und 2 zuzuordnen sind,

b) inwieweit auf einer Verkaufsfläche für eine der Warengruppen nach Abs. 1 lit. a Z. 1 und 2 auch Randsortimente von Waren der anderen Warengruppe angeboten werden dürfen.

§ 15a

Sonstige Handelsbetriebe

(1) In Bauflächen können besondere Flächen für sonstige Handelsbetriebe festgelegt werden. Die Widmung kann auf Warengruppen nach § 15 Abs. 1 lit. a Z. 1 oder 2 beschränkt werden; weiters kann das zulässige Höchstausmaß der Verkaufsfläche, allenfalls auch das zulässige Höchstausmaß für Lebensmittel, festgelegt werden. Bei der Widmung ist unbeschadet der im § 2 genannten Ziele insbesondere auf die bestehende Siedlungsstruktur und eine angemessene Versorgungsstruktur Bedacht zu nehmen.

(2) Auf anderen als besonderen Flächen nach Abs. 1, ausgenommen in Kerngebieten, dürfen sonstige Handelsbetriebe nicht errichtet werden.

(3) Bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen für eine Festlegung als besondere Fläche für sonstige Handelsbetriebe vorliegen und insbesondere diese Widmung den in § 2 genannten Zielen entspricht, sind allfällige Ausgleichsmaßnahmen, insbesondere auch solche zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf die Versorgungsstruktur in einer anderen Gemeinde, mit zu berücksichtigen.

(4) Ein sonstiger Handelsbetrieb nach Abs. 1 ist ein Gebäude oder Gebäudeteil, einschließlich damit in Zusammenhang stehender sonstiger überdachter Anlagen, mit einer Verkaufsfläche von mehr als 300 m2, sofern es sich nicht um ein Einkaufszentrum handelt. Die §§ 15 Abs. 4 bis 6, 7 zweiter Satz und 8 gelten sinngemäß."

Mit der Novelle LGBl. Nr. 23/2006 wurden dem § 59 RPG (Übergangsbestimmungen) folgende Absätze angefügt:

"(14) Die Landesraumpläne für Einkaufszentren sind erforderlichenfalls bis spätestens 31. Dezember 2006 dem § 15 Abs. 1 bis 3 in der Fassung LGBl. Nr. 23/2006 anzupassen. Dabei ist das bisherige Höchstausmaß der Verkaufsfläche für die Warengruppe im Sinne des § 15 Abs. 1 lit. a Z. 2 in der Fassung LGBl. Nr. 43/ 1999 als Höchstausmaß der Verkaufsfläche nach § 15 Abs. 1 lit. a Z. 1 festzulegen, bisherige Beschränkungen der Verkaufsflächen für die Warengruppen im Sinne des § 15 Abs. 1 lit. a Z. 1 und 3 in der Fassung LGBl. Nr. 43/ 1999 sind zu einer Beschränkung der Verkaufsfläche für die Warengruppe nach § 15 Abs. 1 lit. a Z. 2 zusammen zu fassen und es ist ein Höchstausmaß für Lebensmittel entsprechend einer allfälligen bisherigen Beschränkung für die Warengruppe im Sinne des § 15 Abs. 1 lit. a Z. 1 in der Fassung LGBl. Nr. 43/1999 festzulegen. Von der Festlegung eines Höchstausmaßes für Lebensmittel kann abgesehen werden, soweit dies nach den für die Raumplanung maßgeblichen Verhältnissen nicht notwendig ist. Wenn in einem Landesraumplan, der vor dem 1. August 1996 erlassen wurde, ein Höchstausmaß der Verkaufsfläche für Waren des nicht täglichen Bedarfs festgelegt wurde, so hat die Anpassung unter Berücksichtigung des rechtmäßigen Bestandes des Einkaufszentrums zu erfolgen.

(15) Widmungen als besondere Fläche für Einkaufszentren sind erforderlichenfalls bis spätestens 31. Dezember 2007 den Landesraumplänen nach Abs. 14 sowie dem § 15 Abs. 7 in der Fassung LGBl. Nr. 23/2006 anzupassen; Abs. 14 zweiter bis vierter Satz gelten sinngemäß.

(16) Flächen mit einem rechtmäßigen Bestand eines Einkaufszentrums gemäß § 15 Abs. 3 in der Fassung LGBl. Nr. 23/2006, die bisher nicht als besondere Flächen für Einkaufszentren festgelegt sind, sind spätestens bis 31. Dezember 2007 entsprechend dem Bestand als besondere Flächen für Einkaufszentren zu widmen; § 15 Abs. 7 und Abs. 14 zweiter und dritter Satz gelten sinngemäß.

(17) Bei einem Einkaufszentrum, dessen Baubewilligung auf einer Widmung beruht, die durch einen Landesraumplan für zulässig erklärt wurde, der nach dem 31. Juli 1996 und mehr als fünf Jahre vor Inkrafttreten des Gesetzes über eine Änderung des Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 23/2006, erlassen wurde, und für das sich aus der Widmung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes über eine Änderung des Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 23/2006, ein Höchstausmaß der Verkaufsflächen für Warengruppen im Sinne des § 15 Abs. 1 lit. a Z. 2 und 3 in der Fassung LGBl. Nr. 43/1999 ergibt, dürfen

a) die zu diesem Zeitpunkt widmungsrechtlich zulässige Verkaufsfläche für die Warengruppe im Sinne des § 15 Abs. 1 lit. a

Z. 3 in der Fassung LGBl. Nr. 43/1999 als Verkaufsfläche für die Warengruppe nach § 15 Abs. 1 lit. a Z. 1 verwendet werden und

b) die zu diesem Zeitpunkt widmungsrechtlich zulässige Verkaufsfläche für die Warengruppe im Sinne des § 15 Abs. 1 lit. a

Z. 2 in der Fassung LGBl. Nr. 43/1999 im Ausmaß von höchstens drei Achtel dieser Verkaufsfläche für die Warengruppe nach § 15 Abs. 1 lit. a Z. 2, ausgenommen Lebensmittel, verwendet werden, sofern das seinerzeit festgelegte Höchstausmaß der Verkaufsfläche für die Warengruppe im Sinne des § 15 Abs. 1 lit. a Z. 3 in der Fassung LGBl. Nr. 43/1999 600 m2 übersteigt."

§ 58 RPG lautet (idF LGBl. Nr. 35/2008):

"§ 58

Bestandsregelung

(1) Soweit der Abs. 2 nichts anderes bestimmt, sind Zu- und Umbauten und wesentliche Änderungen in der Verwendung von Gebäuden oder Gebäudeteilen ungeachtet einer widersprechenden Widmung zulässig, wenn sie der Weiterführung der zur Zeit der Erlassung des Flächenwidmungsplanes rechtmäßig ausgeübten Nutzung dienen und dadurch keine wesentlichen zusätzlichen Gefahren oder Belästigungen für die Einwohner entstehen und der Gebietscharakter nicht gestört wird. Die Gesamtgeschoßfläche darf keinesfalls über das Ausmaß von 50 v H. der bei der Erlassung des Flächenwidmungsplanes bestehenden Gesamtgeschossfläche erweitert werden.

(2) Der Abs. 1 gilt bei Einkaufszentren und sonstigen Handelsbetrieben nicht für Bauvorhaben gemäß § 15 Abs. 8 zweiter Satz und bei publikumsintensiven Veranstaltungsstätten nicht für Bauvorhaben gemäß § 16a Abs. 2. Er gilt auch nicht für die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum bei Ferienwohnungen. Bei ganzjährig bewohnten, ehemals landwirtschaftlichen Gebäuden in Freiflächen dürfen außerhalb des bestehenden Gebäudes Zubauten nicht errichtet werden, ein Ausbau des an den Wohnteil unmittelbar anschließenden Wirtschaftsteiles ist jedoch zulässig. Zubauten zu Gebäuden im Freihaltegebiet sind zulässig, soweit sie für die bodenabhängige land- und forstwirtschaftliche Nutzung im Sinne des § 18 Abs. 3 notwendig sind.

(3) Ist eine zur Zeit der Erlassung des Flächenwidmungsplanes rechtmäßig ausgeübte Nutzung unterbrochen (Abbruch, Brand u. dgl.), so ist nach Ablauf von sieben Jahren die Wiederaufnahme der Nutzung nicht mehr zulässig."

Die Beschwerdeführerin zieht nicht in Zweifel, dass mit dem Vorhaben eine Ausweitung der Verkaufsflächen gegenüber dem zuletzt mit dem Bescheid vom 23. Oktober 2008 bewilligten Bestand angestrebt wird, trägt aber vor, es komme nicht darauf an, sondern auf den vor dem Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 23/2006 im Jahr 2006 zuletzt rechtmäßigen Bestand, demnach gemäß dem Bescheid vom 15. März 2005 in der Fassung des Bescheides vom 22. April 2005, und demgegenüber sei keine Erweiterung der Verkaufsflächen vorgesehen; die abweichende Auffassung der Behörden sei unzutreffend bzw. es wäre diese Frage zu prüfen gewesen.

Im Ergebnis zutreffend stützt sich die Beschwerdeführerin auf § 59 Abs. 16 RPG. Diese Norm gebietet die Anpassung des Flächenwidmungsplanes bis Ende 2007. Das ist zwar nicht erfolgt. Bei der Überprüfung des Vorhabens auf seine Übereinstimmung mit der Flächenwidmung ist aber, den Intentionen des Gesetzes folgend, von Flächen mit einem rechtmäßigen Bestand eines EKZ auszugehen. Maßgeblich ist dabei der Bestand zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Novelle LGBl. Nr. 23/2006.

Das hat die belangte Behörde verkannt, womit sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastete, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Kostenmehrbegehren war daher abzuweisen, wobei der pauschalierte Schriftsatzaufwand bereits die Umsatzsteuer enthält (siehe dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf S 697 wiedergegebene hg. Judikatur).

Wien, am 23. Juni 2010

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