VwGH 2010/06/0062

VwGH2010/06/006222.2.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Senatspräsidentin Dr. Bernegger sowie die Hofräte Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde 1. des M W und 2. der K W, beide in S, beide vertreten durch Dr. Christoph Schneider, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, Bahnhofstraße 8 a, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 21. Jänner 2010, Zl. BHBL-I-4102.20-2009/0001, betreffend Versagung der beantragten Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde S in S, vertreten durch Dr. Michael Konzett, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, Fohrenburgstraße 4/III), zu Recht erkannt:

Normen

BauG Vlbg 2001 §28 Abs2;
BauRallg;
RPG Vlbg 1996 §18 Abs1;
RPG Vlbg 1996 §18 Abs2;
RPG Vlbg 1996 §18 Abs3;
RPG Vlbg 1996 §18 Abs4;
BauG Vlbg 2001 §28 Abs2;
BauRallg;
RPG Vlbg 1996 §18 Abs1;
RPG Vlbg 1996 §18 Abs2;
RPG Vlbg 1996 §18 Abs3;
RPG Vlbg 1996 §18 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Die verfahrensgegenständlichen Grundstücke Nr. 1334/4, .397/1 und .397/2, GB S., sind mit der am 9. Mai 2005 von der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde beschlossenen Änderung der Flächenwidmung als Freifläche/Sondergebiet - Maisäß außer Ertrag (Stall) und Freifläche/Sondergebiet - Maisäß außer Ertrag (Wohnhaus) gewidmet worden. Die aufsichtsbehördliche Genehmigung der Vbg. Landesregierung erfolgte mit Schreiben vom 20. Juni 2005. In der Folge ist die Änderung der Flächenwidmung am 22. Juni 2005 an der Amtstafel der mitbeteiligten Gemeinde entsprechend kundgemacht worden und gemäß § 32 Vbg. GemeindeG am 23. Juni 2005 in Kraft getreten.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erteilte den Beschwerdeführern mit Bescheid vom 22. Juni 2005 die baurechtliche Bewilligung für die Errichtung des beantragten Maisäßhauses mit Stallgebäude entsprechend den vorgelegten Plan- und Beschreibungsunterlagen auf den angeführten Grundstücken. Danach war ein ebenerdiges Stallgebäude mit einer Stallfläche von 58,37 m2 und ein Dachboden mit einem Heulager in der Größe von 27,66 m2 unter einem Satteldach vorgesehen.

Der Bürgermeister stellte mit Bescheid vom 23. August 2007 die Bauarbeiten beim geplanten Stallgebäude auf den Grundstücken Nr. 397/2 und 1334/4 gemäß § 39 Abs. 1 Vbg. BauG ein. In der Entscheidung wurde ausgeführt, ein am selben Tag durchgeführter Lokalaugenschein habe ergeben, dass das Stallgebäude nicht plan- bzw. bescheidmäßig ausgeführt worden sei. So betrage die Höhe des Stallgebäudes an der Südseite anstelle von 5,70 m nunmehr 9,10 m (sodass eine Differenz zur bewilligten Planeingabe von 3,40 m gegeben sei).

Die Beschwerdeführer beantragten mit Schreiben vom 26. August 2007 (bei der mitbeteiligten Gemeinde eingelangt am 27. August 2007) die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für die vorgenommenen Planabweichungen. Es ist im südlichen Bereich ein Dachgeschoß mit einer Kniestockhöhe von ca. 1,76 m vorgesehen, zu dem von Norden her auf dem ansteigenden Gelände ein großes Einfahrtstor vorgesehen ist. Der Höhenunterschied ergäbe sich durch die Hanglage. Durch die gewonnene Raumhöhe könnten sie Landwirtschaftsgeräte "versorgen" und im Winter geschützt einstellen.

Der Amtssachverständige für Raumplanung und Baugestaltung DI U. G. stellte nach einem Ortsaugenschein am 13. September 2007 hinsichtlich der tatsächlichen Bauführung fest, dass das errichtete Stallgebäude derzeit eine Gesamthöhe von 8,03 m aufweise (Oberkante Bodenplatte bis Oberkante Pfette), wobei die Stallstube (UG) eine Höhe von 3,85 m und das Heulager (OG) eine Höhe von 3,70 m habe (es fehlten noch 48 cm bis zur Dachoberkante). Nachdem das Gebäude in der genehmigten Planeingabe vom 22. Juni 2005 mit einer Gesamthöhe von 5,10 m projektiert gewesen sei, sei diesbezüglich eine Planabweichung von 2,97 m festzustellen. Im Grundriss habe das Stallgebäude eine bebaute Fläche von 8 m x 8,06 m (inklusive Holzverschalung). Dies stimme mit der genehmigten Planeingabe überein.

Am 14. September 2007 legten die Beschwerdeführer entsprechende Pläne zu den beantragten Planabweichungen vor. Danach sind im Erdgeschoß der Stall mit einem Flächenausmaß von 57,11 m2 und einer vorgelagerten Jauchengrube und im Obergeschoß ein Heulager vorgesehen. Die Höhe beträgt nach dem Schnitt A - A in Bezug auf das südseitig abgegrabene Gelände nunmehr 8,26 m, für den Stallraum im Erdgeschoß ist eine Raumhöhe von 3,59 m vorgesehen.

Die erstinstanzliche Behörde holte ein Gutachten des angeführten Amtssachverständigen DI U. G. u.a. zu der Frage ein, ob das geplante Bauvorhaben in Widerspruch zur Flächenwidmung stehe. Dieser Anfrage war eine Bilddokumentation der umliegenden Maisäßstallgebäude angeschlossen. Der Amtssachverständige führte in seinem Gutachten vom 21. September 2007 dazu aus, dass sich der Standort des geplanten Maisäßobjektes im hinteren S-Tal im orographisch rechtsufrigen Hangbereich der L befinde. Es handle sich um einen schützenswerten Ausschnitt einer Kulturlandschaft, die neben den naturräumlichen Merkmalen auch von den dispers verteilten Maisäßobjekten maßgeblich geprägt werde. Die bestehenden Objekte zeigten trotz erkennbarer Unterschiede in Größe und Ausführung in sich stimmige Proportionen (es wird auf die Anlage verwiesen), die mit der umgebenden Landschaft harmonierten. Die Erhaltung und mitunter auch der Wiederaufbau dieser für die Unverwechselbarkeit der Kulturlandschaft mitverantwortlichen Bauten liege naturgemäß im landeskulturellen Interesse. Dieser Umstand habe u.a. eine wesentliche Grundlage für die hier ausgewiesene Sonderflächenwidmung ("FS-Maisäß außer Ertrag") gebildet, die allerdings an besondere Voraussetzungen gebunden sei. Unter einer Maisäß sei ein Zweitwohnsitz in subalpiner Lage zu verstehen, der nur zeitweise bewohnt sei und als Zwischenglied zwischen "Hemat" (im Tal) und Alp (an der Baumgrenze) diene, mit wesentlich kleineren, meist eingeschossigen Hochbauten. Der dazugehörige Stall diene als Unterstand für Vieh und Haustiere mit Stallfütterung oder als Schutz vor Kälte und Unwetter während des Weideganges.

In der Einzelfallbeurteilung sei die Begriffsdefinition "Maisäß" eher restriktiv auszulegen. In den nachträglich eingereichten Tekturplänen werde die Verwendung als Stallgebäude bzw. Stallstube an sich eindeutig definiert. Die überdurchschnittliche lichte Raumhöhe (3,59 m) und die Größe der beiden Eingangstore deuteten allerdings auf die Verwendung als Garage bzw. Einstellraum hin. Das Fehlen weiterer für ein Stallgebäude typischen und notwendigen Merkmale wie Güllerinne und die bislang nicht ausgeführte Jauchegrube legten jedoch den Schluss nahe, dass die Unterbringung von Tieren - wie bei einem Maisäßstall üblich - offenbar nicht beabsichtigt sei. Eine allfällige auch nur zeitlich beschränkte anderweitige Verwendung des Objektes stünde mit den landesplanerischen Intentionen zur Maisäßerhaltung in keiner Weise im Einklang.

Der Amtssachverständige führte weiters zur Widmungsgemäßheit des Bauvorhabens und zu dessen Verhältnis zum vorliegenden Gebietscharakter Folgendes aus:

"Das zum Teil ausgeführte Stallgebäude zeigt einen quadratischen Grundriss von 8,00 m x 8, 00 m. Der First des Gebäudes liegt bei 8,26 m in über der Bodenplatte. Unter Berücksichtigung des aufgehenden Fundamentsockels ergibt sich eine Firsthöhe von 9,10 m über dem angrenzenden Gelände. Die daraus resultierenden Proportionen des Gebäudes insbesondere seine Bauhöhe weichen von der tradierten Form eines Maisässgebäudes spürbar ab. Das Verhältnis zwischen Gebäudebreite und Gebäudehöhe ergibt einen Wert von 1:1,14, der vor allem auf die überdurchschnittliche Raumhöhe der Stallstube (3,59 m) zurückzuführen ist.

Die Auswertung der Abmessungen bei den umliegenden Bauten ergibt demgegenüber Werte zwischen 1:0,61 und 1:1. Lediglich in einem einzigen Fall (S L) liegt das Verhältnis bei 1:1,24. Die Firsthöhe liegt hier allerdings bei 6,10 m und damit immer noch deutlich unterhalb jener des gegenständlichen Stallgebäudes (9,10 m).

Die Gegenüberstellung verdeutlicht, dass sich der Neubau trotz Beibehaltung der im Landwirtschaftsbereich gewohnten Materialisierung vom Gebietscharakter der umliegenden Streubebauung klar abhebt. Die Erhaltung eben dieses Gebietscharakters stellt im Rahmen der Bestandsregelung eine weitere Voraussetzung beim Wiederaufbau von Maisässobjekten dar; dies wurde im vorliegenden Fall außer Acht gelassen. Die im Streusiedlungsraum abgekammerte (isolierte) Lage lässt allerdings keinen unmittelbaren Rückschluss auf mögliche ortsbildliche Störwirkungen im Verband mit den übrigen Bestandobjekten zu. Gemeinsame Blickbeziehungen in der räumlichen Wahrnehmung mit bestehenden Ensembles waren zum Zeitpunkt der Besichtigung nicht feststellbar!

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im Falle einer anderweitigen Verwendung des Stallgebäudes (Garage, Einstellraum udgl.) die Vereinbarkeit mit der ausgewiesenen Sondergebietswidmung gutachterlicherseits nicht gegeben ist. Die fehlende Übereinstimmung mit dem Gebietscharakter der Umgebungsbebauung stellt die Widmungskonformität in Frage."

In dem Anhang dieser gutachterlichen Stellungnahme wird die jeweilige Firsthöhe und das jeweilige Breite-Höhe-Verhältnis der in einem Umfeld von 500 m gelegenen sechzehn Maisäß-Stallgebäude angegeben. Daraus ergibt sich bei diesen anderen in der näheren Umgebung gelegenen Stallgebäuden - wie im Gutachten auch festgestellt - eine Firsthöhe von maximal 6,10 m (ein Gebäude) und ein Breite-Höhe-Verhältnis von 1 : 0,61 bis 1 : 0,98, nur ein Gebäude weist ein Breite-Höhe-Verhältnis von 1:1,24 (nämlich das von L S) auf, das aber nur eine Höhe von 6,10 m erreicht.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde versagte mit Bescheid vom 25. Oktober 2007 die beantragte Baubewilligung für die Planabweichung beim Maisäßstall auf den Grundstücken Nr. .397/2 und 1334/4. Er begründete dies nach Anführung der im Gutachten erfolgten Begriffsbestimmung eines Maisäßes und des Anhanges des Gutachtens vom 21. September 2007 insbesondere damit, dass die Maisäß-Stallgebäude in der näheren Umgebung (es seien dazu sechzehn Objekte zu Vergleichszwecken geprüft worden) eine durchschnittliche Firsthöhe von 5,30 m hätten. Das größte Stallgebäude in der Umgebung habe eine Firsthöhe von 6,10 m und sei damit in jedem Fall um 2,16 m (bis 3,10 m) niedriger als jenes der Beschwerdeführer. Auch hinsichtlich der Gebäudeproportion des gegenständlichen Stalles sei seitens des Sachverständigen explizit festgehalten worden, dass sich dieser bei einem Höhe-Breite-Verhältnis von 1:1,14 spürbar von der tradierten Form eines Maisäßstalles unterscheide. Auf Grund des Umstandes, dass sich das gegenständliche Stallgebäude vom Gebietscharakter deutlich abhebe, dessen Erhaltung ein zentrales Interesse bei der Wiedererrichtung von Maisäßobjekten darstelle, und der Tatsache, dass die geplante Verwendung mit der ausgewiesenen Widmung nicht vereinbar sei, sei die Genehmigung für die Planabweichung zu versagen gewesen.

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde wies die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 31. Jänner 2008 als unbegründet ab. Die Berufungsbehörde teilte die Ansicht der erstinstanzlichen Behörde.

In der dagegen erhobenen Vorstellung machten die Beschwerdeführer insbesondere geltend, dass es in der Umgebung des verfahrensgegenständlichen Gebäudes acht Stallgebäude gebe, bei denen das Verhältnis Höhe-Breite deutlich über dem ihren liege.

Die belangte Behörde gab der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 23. Juni 2008 Folge und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurück. Sie hob den angeführten Berufungsbescheid aus dem Grund auf, weil die Gemeindebehörden die Erklärung der Beschwerdeführer vom 7. Oktober 2007, dass an eine Nutzung des Maisäß-Stallgebäudes als Garage nicht gedacht sei, nicht berücksichtigt hätten. Auch wenn sich auf Grund der überdurchschnittlichen Raumhöhe und der Größe der Eingangstore der Verdacht ergebe, dass eine tatsächliche Verwendung als Garage beabsichtigt sei, könne die Baubehörde den Antrag der Beschwerdeführer nicht von sich aus dahingehend abändern, dass sie den beabsichtigten Verwendungszweck "Garage" annehme und auch auf Grund dieses widmungswidrigen Verwendungszweckes die Baubewilligung versage. Die Baubehörde hätte vielmehr prüfen müssen, ob die Verwendung als Stallgebäude auf Grund der geplanten Ausführung des Bauvorhabens überhaupt möglich sei bzw. hätte die Baubehörde, wenn festgestellt werde, dass das Bauvorhaben entgegen dem beantragten Verwendungszweck "Stallgebäude" faktisch als Garage bzw. Einstellraum für landwirtschaftliche Geräte verwendet werde, die Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs. 1 Vbg. BauG auffordern müssen, für diesen Verwendungszweck einen Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung zu stellen. Die Versagung der Baubewilligung auf Grund des widmungswidrigen Verwendungszweckes "Garage" beruhe auf einer unrichtigen Sachverhaltsfeststellung und stelle daher eine Verletzung in subjektiven Rechten der Beschwerdeführer dar.

Der landwirtschaftliche Amtssachverständige Ing. M. R. stellte in der Folge in seiner Stellungnahme vom 18. November 2008 u. a. zu der von der Berufungsbehörde vorgelegten Frage, ob das geplante Gebäude für die geplante Verwendung zweckmäßig sei, fest, dass das Gebäude nach den Berechnungen mehr als doppelt so groß sei, als es für die geplante Bewirtschaftung (mit 2 Mutterkühen und 2 Kälbern) erforderlich wäre. Aus landwirtschaftlicher Sicht sei es nicht zweckmäßig, überdimensionierte Gebäude zu errichten, deren Errichtung hohe Kosten verursachten. Das verfahrensgegenständliche Gebäude sei für die angegebene Nutzung nicht zweckmäßig.

Die Berufungsbehörde holte weiters ein ergänzendes Gutachten des DI U. G. vom 23. Juni 2009 ein. Darin führte der Amtssachverständige aus, dass sich, da die Gebäudesockel in der Berechnung ursprünglich nicht berücksichtigt worden seien, bei drei herangezogenen Stallobjekten Abweichungen in der Firsthöhe ergäben (von 6,05, 5,75 und 6,20 zu bisher 5,70, 5,65 und 4,70). Diese Maßabweichungen lägen aber nicht in jenem Ausmaß vor, die eine grundlegend andere Beurteilung zur Folge hätten. Die aufgezeigten Höhe-Breite-Verhältnisse verdeutlichten nach wie vor das proportionale Missverhältnis gegenüber den bestehenden Maisäßobjekten. Weiters stellte der Sachverständige fest, dass die in der Vorstellung angeführten Objekte taleinwärts weiter entfernt lägen bzw. normale Stallgebäude seien. Lediglich in einem einzigen Fall (L S) liege das Verhältnis zwischen Gebäudebreite und Firsthöhe bei 1:1,23. Die Firsthöhe dieses Gebäudes liege aber lediglich bei 6,11 m und damit immer noch deutlich unterhalb jener des eingereichten Stallgebäudes der Beschwerdeführer. Zusammenfassend stellte der Amtssachverständige fest, dass die überdurchschnittliche Raumhöhe der Stallstube ein deutliches Indiz für eine von der Tierhaltung abweichende Nutzung darstelle, die mit der festgelegten Freifläche/Sonderflächen-Widmung eines Maisäßgebäudes nicht konform gehe. Die Stallstuben tradierter Maisäße in ihrer ursprünglichen Form bewegten sich üblicherweise zwischen 2,20 m und 2,30 m.

In der dazu erstatteten Stellungnahme führten die Beschwerdeführer aus, dass sich die von ihnen genannten acht Stallgebäude maximal 1 km von ihrem Stallgebäude entfernt befinden würden. Zwei davon seien nach Ansicht des Sachverständigen normale Stallgebäude. Auch ihr Stallgebäude solle nach Fertigstellung ein ganz normales Stallgebäude werden. Es liege aus raumplanerischer Sicht kein Unterschied vor. Die anderen sechs Objekte seien gar nicht erwähnt worden. Der Gebietscharakter ergebe sich nicht nur aus dem rechnerischen Verhältnis von Breite zu Höhe der im Befund angeführten Objekte, sondern auch aus den örtlichen Verhältnissen in Bezug auf die jeweilige örtliche Geländesituation. Bei der näheren Umgebung ihres Maisäßensembles könne nicht von einer schützenswerten Maisäßlandschaft gesprochen werden. Es seien Dächer mit Trapezblechen, Prefaeindeckung und Bitumenschindeln. Bei den Montafoner Maisäß-Landschaften seien die Stallgebäude meistens doppelt so groß wie die Maisäßhäuser.

Die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde wies die Berufung der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 20. Juli 2009 als unbegründet ab. Die Berufungsbehörde führte dazu insbesondere aus, dass sie entsprechend dem aufhebenden Vorstellungsbescheid ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt habe. Die Beschwerdeführer hätten nach Aufforderung in dem Schreiben 10. August 2008 angegeben, dass das Stallgebäude "nur für land- und forstwirtschaftliche Zwecke benutzt werde".

Zur Frage der Widmungskonformität des beantragten Stallgebäudes führte die belangte Behörde aus, es stehe außer Zweifel, dass bei der bestehenden Widmung als Freifläche Sondergebiet - Maisäß außer Ertrag (Stallteil) nur ein Maisäßstall errichtet werden dürfe. Dies bedeute, dass der Stall baulich und in seiner Nutzung einem Maisäßstall entsprechen müsse. Beides sei beim beantragten Stallgebäude der Beschwerdeführer nicht der Fall. Aus dem Gutachten des Sachverständigen DI U. G. ergebe sich, dass das Stallgebäude der Beschwerdeführer insbesondere wegen seiner außerordentlichen Höhe, die in krasser Weise von der Höhe tradierter Maisäßställe abweiche, nicht als Maisäßstall, sondern als ein Gebäude, das weit über die Anforderungen eines Maisäßstalles hinausgehe und anderen Anforderungen gerecht werde, einzustufen sei. Ein anderes Gebäude als ein Maisäßstall dürfe aber bei der gegebenen Widmung nicht errichtet werden.

Dass es sich um keinen Maisäßstall handle, ergebe sich aber auch aus dem Gutachten des Sachverständigen Ing. M. R.. Dieser Sachverständige habe festgestellt, das Gebäude sei mehr als doppelt so groß sei als dies für die geplante Bewirtschaftung als Maisäßstall erforderlich wäre. Das Gebäude sei für die geplante Verwendung nicht zweckmäßig. Die gegebene Widmung erlaube aber nur die Errichtung von Gebäuden, die für die gegebene Nutzung geeignet und zweckmäßig seien. Dies sei hier nicht der Fall.

Dazu komme noch, dass die Beschwerdeführer das Gebäude auch zur forstwirtschaftlichen Nutzung errichten wollen, was ebenfalls der vorhandenen Widmung widerspreche.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab.

Sie führte zum Vorbringen in der Vorstellung nach Wiedergabe des § 18 Abs. 3 Vbg. Raumplanungsgesetz (im Folgenden: RPG) insbesondere aus, dass aus Sicht des Bautechnikers und des landwirtschaftlichen Sachverständigen eine Raumhöhe von 2,50 m als ausreichend erachtet worden sei. Das gegenständliche Objekt (nach den Behauptungen der Beschwerdeführer mit einer Raumhöhe von 3,34 m) überschreite diese Höhe auch bei Berücksichtigung der vorgebrachten Reduzierungen bei weitem. Dem Gutachten des Amtssachverständigen für Landwirtschaft vom 18. Dezember 2008 könne entnommen werden, dass das Gebäude mehr als doppelt so groß sei, als dies für die geplante Bewirtschaftung erforderlich wäre. Aus landwirtschaftlicher Sicht sei es nicht zweckmäßig, ein überdimensioniertes Gebäude zu errichten. Die Baubehörde habe richtig festgestellt, dass die gegebene Widmung nur die Errichtung von Gebäuden erlaube, die für die angegebene Nutzung geeignet und zweckmäßig seien. Dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Das Argument der Beschwerdeführer, dass sie das Gebäude aus Windwurfholz aus dem Sturm von 2002 errichtet hätten und damit keine hohen Kosten verbunden seien, ändere nichts an der Tatsache, dass das Gebäude aus landwirtschaftlicher Sicht unzweckmäßig sei.

Die Beschwerdeführer hätten in ihrer Stellungnahme vom 5. August 2008 vorgebracht, dass das Stallgebäude nur für land- und forstwirtschaftliche Zwecke genutzt werde. Ein Maisäß beschreibe aber einen Zweitwohnsitz in subalpiner Lage, der nur zeitweise bewohnt sei und als Zwischenglied zwischen "Hemat" (im Tal) und Alp (an der Baumgrenze) diene, mit wesentlich kleineren meist eingeschossigen Hochbauten. Der dazugehörige Stall diene als Unterstand für Vieh und Haustiere mit Stallfütterung oder als Schutz vor Kälte und Unwetter während des Weideganges. Ein Maisässstall stelle somit lediglich ein Nebengut mit kleinem Wohnraum dar.

Da eine "forstwirtschaftliche" Nutzung beim gegenständlichen Stallgebäude gegen die gegebene Sonderwidmung Freifläche/Sondergebiet Maisäß außer Ertrag (Stallteil) spreche und daher nicht genehmigungsfähig sei, sei das Vorbringen der Beschwerdeführer unbegründet.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Partei (diese rechtsanwaltschaftlich vertreten) - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Beschwerdefall kommt das Vbg. Baugesetz, LGBl. Nr. 52/2001 (BauG), in der Fassung LGBl. Nr. 32/2009 (gemäß § 56 Abs. 7 dieser Novelle ist § 26 Abs. 1 i.d.F. vor dieser Novelle anzuwenden) zur Anwendung.

Gemäß § 28 Abs. 2 BauG ist die Baubewilligung zu erteilen, wenn das Bauvorhaben nach Art, Lage, Umfang, Form und Verwendung den bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften entspricht und auch sonst öffentliche Interessen, besonders solche der Sicherheit, der Gesundheit, des Verkehrs, des Denkmalschutzes, der Energieeinsparung und des haushälterischen Umgangs mit Grund und Boden (§ 2 Abs. 3 lit. a Raumplanungsgesetz), nicht entgegenstehen.

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung ist die Baubewilligung zu versagen, wenn die im Abs. 2 für eine Bewilligung genannten Voraussetzungen nicht gegeben sind auch durch Befristungen, Auflagen oder Bedingungen gemäß § 29 nicht erfüllt werden können.

Weiters kommt im Hinblick auf die anzuwendende Widmung der Baugrundstücke das Vbg. Raumplanungsgesetz - RPG, LGBl. Nr. 39/1996, idF LGBl. Nr. 6/2004 zur Anwendung.

Gemäß § 18 Abs. 1 RPG sind alle Flächen, die nicht als Bauflächen, Bauerwartungsflächen oder Verkehrsflächen gewidmet sind, Freiflächen.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung sind die Freiflächen nach Erfordernis und Zweckmäßigkeit als Landwirtschaftsgebiet, Sondergebiet oder Freihaltegebiet zu widmen.

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung ist in Landwirtschaftsgebieten die Errichtung von Gebäuden und Anlagen zulässig, soweit dies für die bodenabhängige land- und forstwirtschaftliche Nutzung einschließlich der dazugehörenden erforderlichen Wohnräume und Wohngebäude und für Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft sowie die häusliche Nebenbeschäftigung notwendig ist.

Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung können als Sondergebiete Flächen festgelegt werden, auf denen Gebäude und Anlagen errichtet werden dürfen, die ihrer Zweckwidmung nach an einen bestimmten Standort gebunden sind oder sich an einem bestimmten Standort besonders eignen. Der vorgesehene Verwendungszweck ist in der Widmung anzuführen.

Gemäß § 28 Abs. 2 BauG muss ein Vorhaben der geltenden Flächenwidmung entsprechen. Auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken ist - wie eingangs dargelegt - die Widmung Freifläche/Sondergebiet-Maisäß, außer Ertrag (Stall) bzw. Maisäß außer Ertrag (Wohnhaus) festgelegt. Für das verfahrensgegenständliche Stallgebäude ist die Auslegung der erstgenannten Sondergebietswidmung von maßgeblicher Bedeutung. Um beantworten zu können, welche Gebäude auf einer solchen Widmung zulässig sind, muss zunächst der Begriff Maisäß (Stall) geklärt werden. Maisäß (bzw. u.a. Maiensäß, auch Maisäss) bezeichnet eine Sonderform der Alm/Alpe, eine noch mitten im Wald gelegene, gerodete Fläche, bestanden mit einigen Hütten und dazugehörigen Ställen. Ein Maisäß befindet sich in ca. 1200 bis 1600 m Höhe (Niederalpe/-alm). In den schweizerischen Kantonen Graubünden und Wallis, im westlichen Tirol und Vorarlberg sind Maisässe verbreitet. Auf jedem Maisäß steht mindestens ein kleines Haus und ein Stall. Die Maiensässe stellen eine kulturlandschaftliche Besonderheit dar. Auf den Maisässen begnügte man sich je nach dem Bedarf mit den notwendigsten Räumen. Wohn- und Stallgebäude waren getrennt - ihre Nähe zueinander ist Merkmal von im Montafon üblichen Paarhofanlagen. In der Stallscheune eines Maisäßes liegt ebenerdig der Stall und darüber befindet sich ein Lagerbereich für Heu oder Stroh (siehe zu allem http://de.wikipedia.org/wiki/Maiens ).

Der Verordnungsgeber, die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde, hat mit der angeführten Sondergebietswidmung im Grünland an diese auch in Vorarlberg tradierte und historische Form von Almgebäuden angeknüpft. Zur Klärung der Frage eines nach der angeführten Widmung zulässigen Maisäßstallgebäudes konnten dabei auch die in der Umgebung der verfahrensgegenständlichen Grundstücke noch bestehenden Maisäßstallgebäude herangezogenen werden. Dies war auch im Hinblick auf die zweifellos gegebene lokaltypische Bedeutung derartiger historischer Baulichkeiten zulässig. Aus dem dazu eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen DI U.G. vom 21. September 2007, das von dem dargelegten Begriff einer Maisäß ausgegangen ist, und seinem ergänzenden Gutachten vom 23. September 2009 hat sich ergeben, dass sich die in einem Umfeld von 500 m gelegenen sechzehn Maisäßstallobjekte in der Höhe und ihrem Breite/Höhe-Verhältnis wesentlich von dem verfahrensgegenständlichen Stallgebäude der Beschwerdeführer (in der abgeänderten Form) unterscheiden. Gestützt auf dieses Gutachten haben die Gemeindebehörden das Vorliegen eines Maisäßstallgebäudes im Sinne der vorgeschriebenen Widmung zu Recht verneint und das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben frei von Rechtsirrtum wegen Widerspruches zur Flächenwidmung der in Frage stehenden Grundstücke gemäß § 28 Abs. 2 BauG nicht bewilligt.

Zu den aufgeworfenen Begründungsmängeln des angefochtenen Bescheides kann daher festgestellt werden, dass diese im Lichte der zutreffenden Beurteilung der Widmungswidrigkeit des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens nicht als wesentlich zu qualifizieren sind.

Es bedarf daher auch keines Eingehens auf die Beurteilung der Behörden, ob das Bauvorhaben dem § 17 Abs. 1 oder Abs. 2 BauG entspricht oder nicht.

Weiters ist festzustellen, dass im Lichte des angeführten Begriffes eines Maisäß-Stallgebäudes eine forstrechtliche Nutzung des vorliegenden Stallgebäudes - diese Nutzung wurde von den Beschwerdeführern ausdrücklich angegeben - nicht als zulässig und der Widmung entsprechend angesehen werden kann.

Im Zusammenhang mit der von der Behörde festgestellten Widmungswidrigkeit machen die Beschwerdeführer geltend, dass nach § 18 Abs. 3 RPG in Landwirtschaftsgebieten die Errichtung von Gebäuden zulässig sei, soweit dies für die bodenabhängige land- und forstwirtschaftliche Nutzung notwendig sei. Entgegen dieser Bestimmung sei im angefochtenen Bescheid auf die Zweckmäßigkeit und Eignung des Bauvorhabens als Stall abgestellt worden. Begründet werde die Unzweckmäßigkeit damit, dass das geplante Objekte doppelt so groß sei als dies für die Bewirtschaftung erforderlich wäre. Das letztere Argument könne nach Ansicht der Beschwerdeführer nicht herangezogen werden, weil die Grundfläche des Objektes bereits genehmigt sei.

Abgesehen davon, dass damit die maßgebliche Beurteilung der Berufungsbehörde, das vorliegende Stallgebäude entspreche keinem Maisäßstall im Sinne der Flächenwidmung, nicht in Frage gestellt wird, ist dazu Folgendes auszuführen:

In Landwirtschaftsgebieten dürfen gemäß § 18 Abs. 3 RPG nur Gebäude und Anlagen errichtet werden, die u.a. für die geplante landwirtschaftliche Nutzung erforderlich sind. Eine Sondergebietswidmung gemäß Abs. 4 kommt für Gebäude und Anlagen in Betracht, die von ihrer Zweckwidmung her an einen bestimmten Standort gebunden sind oder sich an einem bestimmten Standort besonders eignen. Bei dieser Widmung ist der vorgesehene Verwendungszweck in der Widmung anzuführen.

Aus § 18 Abs. 4 RPG ergibt sich, dass Gebäude auf Grundstücken mit Sondergebietswidmung dem jeweils festgelegten besonderen Verwendungszweck entsprechen müssen. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung kann aber auch abgeleitet werden, dass ein solches Gebäude oder eine solche Anlage geeignet sein muss, den in der Sondergebietswidmung angegebenen Zweck zu erfüllen. Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob das Erfordernis der für die geplante Nutzung gegebenen Notwendigkeit eines Gebäudes oder von Anlagen in Landwirtschaftsgebieten auch für Gebäude und Anlagen auf Flächen zu gelten hat, die gemäß § 18 Abs. 4 RPG als Sondergebiete gewidmet sind. Aus der vorliegenden Sondergebietswidmung "Maisäß außer Ertrag (Stall)" ergibt sich jedenfalls, dass auf einem solchen Grundstück nur ein Stallgebäude zulässig ist, das unter den angeführten Begriff des Maisäßes subsumiert werden kann und auch den im betreffenden Gebiet vorkommenden Formen derartiger Maisäß-Stallgebäude entspricht. Das an sich zutreffende Argument des landwirtschaftlichen Sachverständigen, dass das Objekt im Hinblick auf die von den Beschwerdeführern dargelegte geplante Bewirtschaftung mit zwei Mutterkühen und zwei Kälbern nicht erforderlich wäre, war für die festgestellte Widmungswidrigkeit des Bauvorhabens nicht von maßgeblicher Bedeutung.

Zutreffend meinen die Beschwerdeführer, dass es bei der baurechtlichen Beurteilung allein auf das geplante Vorhaben ankommt. Das beantragte Stallgebäude im Sinne der Einreichpläne kann aber nicht - wie dies die Behörden zutreffend vertreten haben und wie dies bereits dargelegt wurde - als Maisäßstallgebäude im Sinne der vorgesehenen Widmung qualifiziert werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren der Mitbeteiligten war abzuweisen, weil in dem in der Verordnung vorgesehenen Pauschalbetrag Umsatzsteuer mitenthalten ist und ein Streitgenossenzuschlag in den Kostenbestimmungen des VwGG nicht vorgesehen ist.

Wien, am 22. Februar 2012

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