Normen
BauRallg;
ROG Tir 2006 §39 Abs1 litc;
BauRallg;
ROG Tir 2006 §39 Abs1 litc;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem am 26. Juni 2008 bei der mitbeteiligten Gemeinde eingelangten Schreiben stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Vornahme von Umbauten (Errichtung von vier Personalzimmern) in dem auf einem Grundstück mit der Flächenwidmung "Gewerbe- und Industriegebiet" im Gemeindegebiet bestehenden Geschäftshaus. Die Zimmer seien für das (in diesem Haus befindliche) Lokal W gedacht und sollten für berufliche Zwecke genutzt werden.
In der am 15. Dezember 2008 durchgeführten Verhandlung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Vermietung der in Frage kommenden Zimmer sei für sie und ihren Mann Existenzgrundlage und es würde eine Ablehnung zu schwerwiegenden geschäftlichen Einbußen führen.
Dieses Vorbringen ergänzte sie mit einem Schreiben vom 13. Jänner 2001 dahingehend, dass eine Ablehnung des Vorhabens eine Fortführung des Barbetriebes durch den Pächter (des Lokales W) unmöglich machen würde. Eine Anmietung einer gleichwertigen Wohnung außerhalb des Betriebsobjektes würde ein Mehrfaches an Kosten bedeuten. Bei einer Ablehnung des Projektes würde der Pächter den Betrieb möglicherweise einstellen müssen.
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde wies mit Bescheid vom 5. Februar 2009 das Bauansuchen ab und führte im Wesentlichen aus, gemäß § 39 Abs. 1 lit. c Tiroler Raumordnungsgesetz 2006 - TROG 2006 sei das Bauvorhaben nur zu bewilligen, wenn die Personalzimmer betriebstechnisch notwendig seien. Da die Widmung der in Frage stehenden Räume derzeit "Schnitzerei- und Ausstellungsräume" (Anmerkung: laut Baubescheid vom 7. November 1995) laute, sei der Umbau der Zimmer im Sinne der Widmung nicht zulässig.
In ihrer Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, in dem verfahrensgegenständlichen Gebäude seien Geschäftsräumlichkeiten an die S GmbH & Co KG vermietet, die das Lokal W betreibe. Die S GmbH & Co KG habe das Lokal nur gemeinsam mit den darüber liegenden Räumlichkeiten anmieten können. Diese eigneten sich hervorragend für die Unterbringung von Personal und Künstlerinnen dieses Betriebes. Eine Unterbringung außerhalb des Hauses würde zu (näher aufgeschlüsselten) monatlichen Mehrkosten von über EUR 3.000,-- führen. Die Beschwerdeführerin würde wohl eine verlässliche Mieterin verlieren, damit wären für sie monatliche Ausfälle in der Höhe von EUR 1.200,-- verbunden. Die Personalzimmer seien daher sowohl für die S GmbH & Co KG als auch für den Betrieb der Beschwerdeführerin betriebstechnisch notwendig.
Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde wies mit Bescheid vom 8. April 2009 die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Betriebstechnisch notwendige Wohnungen im Sinne des § 39 Abs. 1 lit. c TROG 2006 seien nur solche, die auf Grund einer ständigen Anwesenheitsnotwendigkeit von Personal im Betrieb errichtet werden müssten. Darunter würden daher nicht Betriebsinhaberwohnungen sowie Wohnungen für Aufsichts- und Wartungspersonal, das nicht auf Grund betriebstechnischer Abläufe 24 Stunden (insbesondere im Fall von Schichtbetrieben bzw. 24 Stunden durchlaufender Produktionsprozesse) am Betriebsort anwesend sein müsse, fallen. Wohnungen für den Betriebsinhaber sowie Personalunterkünfte seien daher nicht betriebstechnisch notwendige Wohnungen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab und führte nach Wiedergabe des Verfahrensganges und von maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen aus, im Hinblick auf die im Tiroler Raumordnungsgesetz vorgesehene Zielsetzung der Vermeidung von Nutzungskonflikten sei bezüglich der betriebstechnischen Notwendigkeit von Wohnungen im Sinne des § 39 Abs. 1 lit. c TROG 2006 ein strenger Maßstab anzuwenden. Nur solche Wohnungen seien als betriebstechnisch notwendige Wohnungen zu qualifizieren, die auf Grund der ständigen Anwesenheitsnotwendigkeit von Personal im Betrieb errichtet werden müssten, um den technisch fehlerfreien Ablauf zu gewährleisten. Diesbezüglich werde auf die enge Verbindung des notwendigen Personals mit der im Betrieb ablaufenden Produktion bzw. Anlieferung von Waren und Wiederherstellung von abgebrochenen Produktionsabläufen abgestellt. Im Beschwerdefall sei die betriebstechnisch notwendige Erforderlichkeit im Verfahren nicht nachvollziehbar und schlüssig vorgebracht worden. Die belangte Behörde vertrete die Ansicht, dass nicht auf die in der Berufung und der Vorstellung wiederholt angeführten wirtschaftlichen Nachteile abgestellt werden könne, sondern lediglich der direkte Wortlaut des Gesetzes anzuwenden sei. Die Intention des Gesetzgebers sei es gewesen, im Gewerbe- und Industriegebiet eine strikte Abgrenzung in Bezug auf potenzielle Nutzungskonflikte im Vergleich zu den Mischgebieten zu erreichen. Somit sei auf Grund der Zulässigkeit der unterschiedlichen Betriebe in den verschiedenen Widmungskategorien eine sachliche Differenzierung vorgenommen worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt (zusammengefasst) vor, dass die belangte Behörde § 39 Abs. 1 lit. c TROG 2006 unzutreffend ausgelegt habe. Würde man der Interpretation der belangten Behörde folgen, blieben so gut wie keine praktisch relevanten Fälle übrig, in denen diese Bestimmung zur Anwendung käme. Die belangte Behörde sei auf Grundlage ihrer übermäßig restriktiven Auffassung nicht in der Lage, auch nur einen einzigen relevanten Fall aufzuzeigen, in dem die zitierte Bestimmung auch anwendbar wäre. Im Beschwerdefall liege eine betriebstechnische Notwendigkeit, wie bereits im Verwaltungsverfahren dargelegt, vor (wird näher ausgeführt). Bei zutreffender Auslegung des § 39 Abs. 1 lit. c TROG 2006 sei sehr wohl auf die betriebswirtschaftlichen Erfordernisse abzustellen, diese Frage sei jedoch ungeachtet der gestellten Beweisanträge im gesamten bisherigen Verwaltungsverfahren nicht geprüft worden.
§ 39 Abs. 1 TROG 2006 lautet (auszugsweise):
"§ 39
Gewerbe- und Industriegebiet
(1) Im Gewerbe- und Industriegebiet dürfen errichtet werden:
…
c) betriebstechnisch notwendige Wohnungen,
…"
Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob die geplante Wohnung betriebstechnisch notwendig im Sinn des § 39 Abs. 1 lit. c TROG 2006 ist.
Die Beschwerde bringt vor, die in dem auch in der Nacht betriebenen Table-Dance-Lokal W. beschäftigten Künstlerinnen seien während ihrer Arbeitszeit naturgemäß auch gehalten, alkoholische Getränke zu konsumieren, und somit nach Betriebsschluss nicht in der Lage, mit ihren eigenen PKWs zu Unterkünften zu gelangen, die außerhalb des Lokales situiert seien. Die Taxilenker vor Ort weigerten sich konsequent, nicht nüchterne Fahrgäste zu befördern. Die Unterbringung der Künstlerinnen in jenem Gebäude, in dem das Lokal W. betrieben werde, sei daher betriebstechnisch notwendig.
Dem ist zu entgegnen, dass der Betrieb des Table-Dance-Lokales W. (Bewirtung von Gästen, tänzerische Darbietungen) außerhalb der Betriebszeit keine Anwesenheit von Beschäftigten erfordert. Dass die Wohnmöglichkeit im selben Haus wirtschaftlich sinnvoll ist, bildet keine betriebstechnische Notwendigkeit.
In Hinblick auf die Gründe, die die Beschwerdeführerin für die Notwendigkeit der gegenständlichen Wohnungen ins Treffen führt, kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie zu einem Ergebnis gelangt ist, dass die Wohnungen nicht betriebstechnisch notwendig im Sinne des § 39 Abs. 1 lit. c TROG sind.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 7. Dezember 2011
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