VwGH 2010/05/0028

VwGH2010/05/002815.11.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde des GP in Wien, vertreten durch Reif und Partner Rechtsanwälte OG in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 23-25, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 24. November 2009, Zl. BOB-670/09, betreffend Auftrag zur Übergabe und Höhenlageherstellung gemäß § 17 Abs. 1 und 6 Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs2;
BauO Wr §17 Abs1;
BauO Wr §17 Abs6;
VwGG §42 Abs1;
VwRallg;
AVG §59 Abs2;
BauO Wr §17 Abs1;
BauO Wr §17 Abs6;
VwGG §42 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 28, vom 30. Juli 2009, Zl. MA 28-G-22192/03, wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien nachfolgender Auftrag erteilt:

"Gemäß § 17 Abs. 1 und 6 der Bauordnung für Wien wird entsprechend der mit rechtskräftigen Abteilungsbescheiden vom 28.8.1973, Zl. MA 64-1342/73, und vom 14.11.1973, Zl. MA 64- 3643/73, enthaltenen Verpflichtungen den Eigentümern der Liegenschaft (…), der Auftrag erteilt, den vor dem Grundstück 288/4 im Zuge der Verkehrsfläche gelegenen, anlässlich der mit obzitierten rechtskräftigen Bescheiden genehmigten Grundabteilung in das öffentliche Gut übertragenen Straßengrundteil des Grundstückes 288/3, öG. in dem Ausmaß und in der Höhenlage, wie sie im beiliegenden Lage-Höhen-Plan MA 41-2284/99 Vm festgesetzt sind, binnen einer Frist von 1 Monat nach Rechtskraft dieses Bescheides in den Besitz der Stadt Wien (MA 28) lastenfrei und geräumt zu übergeben."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid "mit der Maßgabe bestätigt", dass die Maßnahme binnen zwei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides durchzuführen ist.

Begründend führte die belangte Behörde - soweit dies für das Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist - im Wesentlichen aus, die Verpflichtung zur unentgeltlichen und lastenfreien Übergabe des gegenständlichen Straßengrundteiles des im erstinstanzlichen Bescheid bezeichneten Grundstücks in das öffentliche Gut sowie zur Übergabe dieser Grundstücke über Auftrag der Baubehörde in der festgesetzten Höhenlage in den physischen Besitz der Stadt Wien sei bereits mit dem Abteilungsbewilligungsbescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 28. August 1973 rechtskräftig festgestellt worden. Die grundbücherliche Durchführung der Grundabteilung sei vorgenommen und das gegenständliche Grundstück in das öffentliche Gut abgetreten worden. Die Verpflichtung zur Herstellung der Höhenlage bzw. Übergabe sei im Grundbuch eingetragen. Mit dem bekämpften erstinstanzlichen Bescheid sei die angeführte Verpflichtung zur Straßengrundübergabe und zur Herstellung der Höhenlage fällig gestellt worden. Zu der vom Beschwerdeführer beantragten Erstreckung der Frist zur Erfüllung der Maßnahmen im Hinblick auf die Durchführung des von ihm geplanten Bauvorhabens auf zumindest 15 Monate führte die belangte Behörde aus, dass bei der Festsetzung der Erfüllungsfrist lediglich auf die technische Durchführung der Arbeiten Bedacht zu nehmen sei. Dass die Durchführung der aufgetragenen Arbeiten innerhalb der gesetzten Frist technisch nicht möglich sei, sei vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden. Der Beschwerdeführer habe lediglich vorgebracht, dass durch die festgesetzte Frist zur Straßengrundübergabe die Umsetzung des von ihm geplanten Bauvorhabens gefährdet bzw. mit einem erheblichen Anstieg der Kosten verbunden sei. Aus den im Verwaltungsakt aufliegenden Unterlagen gehe jedoch hervor, dass die Behörde erster Instanz dem Beschwerdeführer im Hinblick auf die von ihm geplante Bauführung bereits insofern entgegen gekommen sei, als diese erklärt habe, die mit dem erstinstanzlichen Bescheid auferlegte Verpflichtung nicht vor dem 1. Februar 2010 einzufordern, um dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zu geben, das von ihm geplante Hochbauvorhaben bis dahin entsprechend zu realisieren. Sollte die geplante Bauführung bis zu diesem Zeitpunkt nicht abgeschlossen sein, werde sich der Beschwerdeführer mit den für die Straßenherstellung Verantwortlichen ins Einvernehmen zu setzen haben. Insbesondere sei jedoch festzuhalten, dass ein massives öffentliches Interesse daran bestehe, mit dem ursprünglich für Herbst 2009 geplanten, auf Grund der Berufung jedoch verschobenen Straßenausbau im Frühjahr 2010 zu beginnen. Da mit dem Ausbau der P.gasse nunmehr erst im Frühjahr 2010 begonnen werden solle, habe die Erfüllungsfrist jedoch auf zwei Monate ab Rechtskraft des Bescheides erstreckt werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu "wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften" aufzuheben, in eventu die "Frist zur Übergabe von 2 Monaten auf eine angemessene Frist, etwa 15 Monate zu erstrecken".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des § 17 Abs. 1 und 6 der Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. Nr. 46/2010 (BO), lauten (auszugsweise) wie folgt:

"(1) Bei Abteilung einer Grundfläche auf Bauplätze, Baulose oder Teile von solchen (§ 13 Abs. 2 lit. a und b) sind die nach Maßgabe der Baulinien zu den Verkehrsflächen entfallenden Grundflächen bei beiderseitiger Bebauungsmöglichkeit bis zur Achse der Verkehrsfläche, bei einseitiger Bebauungsmöglichkeit bis zur ganzen Breite der Verkehrsfläche, in beiden Fällen aber nur bis zu 20 m, senkrecht zur Baulinie und von dieser aus gemessen, gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung satz- und

lastenfrei in das öffentliche Gut zu übertragen. ... Über Auftrag

der Behörde ist der jeweilige Eigentümer (Miteigentümer) des anliegenden Bauplatzes oder Bauloses beziehungsweise eines Teiles von solchen weiters verpflichtet, diese Grundflächen lastenfrei und geräumt der Stadt Wien zu übergeben; bis zur Übergabe steht dem jeweiligen Eigentümer (Miteigentümer) des anliegenden, mit der Übergabeverpflichtung belasteten Bauplatzes, Bauloses beziehungsweise eines Teiles von solchen das Nutzungsrecht zu. ...

(6) Über Auftrag der Behörde ist auf den nach Abs. 1 und 4 in das öffentliche Gut übertragenen Grundflächen die festgesetzte Höhenlage vermindert um das Maß der Tiefe des jeweiligen Körpers der Verkehrsfläche herzustellen. Mit diesem Auftrag ist diese Höhenlage von der Behörde bekannt zu geben. Die Höhenlageherstellung hat auf Grundflächen, die unentgeltlich in das öffentliche Gut zu übertragen sind, auf Kosten des Verpflichteten zu erfolgen; darüber hinaus steht den Verpflichteten ein angemessener Kostenersatzanspruch gegen die

Gemeinde zu. ... "

Das in § 17 Abs. 1 BO den Eigentümern des anliegenden, mit der Übergabeverpflichtung belasteten Bauplatzes, Bauloses bzw. eines Teiles von solchen eingeräumte gesetzliche Nutzungsrecht ist mit dem Auftrag zur Übergabe (zeitlich) begrenzt. Der Auftrag zur Übergabe der bereits im Verzeichnis des öffentlichen Gutes eingetragenen Flächen in der festgesetzten Höhenlage kann - mangels anders lautender gesetzlicher Regelung - grundsätzlich jederzeit ergehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. März 2006, Zlen. 2005/05/0182 und 0183, mwN).

Der Beschwerdeführer bezweifelt nicht die Rechtmäßigkeit des an ihn ergangenen Auftrags zur Straßengrundübergabe und zur Herstellung der Höhenlage, sondern wendet sich ausschließlich gegen die im angefochtenen Bescheid festgesetzte Erfüllungsfrist. Dazu bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde hätte Zusagen, die dem Beschwerdeführer gegenüber getätigt worden seien, bei ihrer Ermessensausübung berücksichtigen und das Verfahren entsprechend abhandeln müssen. Durch die lediglich um einen Monat erstreckte Frist werde das ihm erteilte Recht zur Errichtung seines Einfamilienhauses eingeschränkt bzw. ihm sein Bauvorhaben deutlich erschwert oder allenfalls sogar verleidet. Dadurch würden ihm hohe Kosten drohen bzw. scheine sein Bauvorhaben überhaupt gefährdet. Es fehle im angefochtenen Bescheid an einer klaren und übersichtlichen Zusammenfassung der Gründe dafür, warum die Frist zur Übergabe bloß um einen weiteren Monat und nicht um eine angemessene Frist verlängert worden sei. Offensichtlich sei auch im Ansatz versucht worden, auf die ihm gegenüber erklärten Zusagen betreffend den Beginn des Straßenbauvorhabens Rücksicht zu nehmen, es überrasche ihn jedoch, dass im angefochtenen Bescheid nicht klar zum Ausdruck gebracht werde, dass bis zur Realisierung seines Bauvorhabens definitiv zugewartet werden müsse, bevor mit dem Straßenbauvorhaben begonnen werden dürfe. Dazu hätte lediglich eine entsprechende Frist angeführt werden müssen, welche mit ca. 15 Monaten angemessen festzusetzen gewesen wäre. Eine Fristsetzung von zwei Monaten zur Übergabe sei jedenfalls zu kurz, um sein Bauvorhaben vorab realisieren zu können.

Bei einem Auftrag nach § 17 Abs. 1 und 6 BO ist - mangels spezieller Regelungen in der BO - gemäß § 59 Abs. 2 AVG eine angemessene Frist festzusetzen.

Die Erfüllungsfrist gemäß § 59 Abs. 2 AVG ist jedenfalls dann angemessen, wenn innerhalb derselben die erforderlichen Arbeiten technisch durchgeführt werden können. Die Dauer der Frist hat sich nach den vorzunehmenden Arbeiten zu richten, nicht nach den damit nur mittelbar zusammenhängenden Folgen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2000, Zl. 96/05/0061, mwN).

Dass die zur Straßengrundübergabe und zur Herstellung der Höhenlage erforderlichen Arbeiten nicht innerhalb der im angefochtenen Bescheid festgesetzten Frist von zwei Monaten technisch durchführbar wären, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Er vertritt vielmehr die Ansicht, die Erfüllungsfrist müsse so bemessen werden, dass er zuvor sein Bauvorhaben realisieren könne. Dass die Errichtung seines Einfamilienhauses durch die mit dem Übergabeauftrag eintretende Beendigung seines Nutzungsrechts an dem betreffenden Straßengrundteil für den Beschwerdeführer mit hohen Kosten verbunden wäre bzw. erschwert werde, ist jedoch als nur mittelbar wirtschaftliche Folge für die Frage der Angemessenheit der Frist iSd § 59 Abs. 2 AVG nicht maßgeblich.

Soweit der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen einen Anspruch auf "Verlängerung" seines Nutzungsrechtes an den vom Übergabeauftrag erfassten Grundflächen geltend machen will, ist ihm entgegenzuhalten, dass es dafür an einer gesetzlichen Grundlage fehlt. Auch die dem Beschwerdeführer erteilte Baubewilligung begründet kein Recht auf (weitere) Nutzung des gegenständlichen Straßengrundteils, das die Übergabeverpflichtung des § 17 BO verdrängen könnte.

Ausgehend davon war die belangte Behörde nicht gehalten, die vom Beschwerdeführer behaupteten, nicht näher konkretisierten höheren Kosten bzw. Probleme bei der Umsetzung seines Bauvorhabens bei der Festsetzung der Frist zur Übergabe des Straßengrundes und zur Herstellung der Höhenlage zu berücksichtigen.

Im Übrigen ist der Verwaltungsgerichtshof zur vom Beschwerdeführer (eventualiter) begehrten Erstreckung der im angefochtenen Bescheid festgesetzten Erfüllungsfrist nicht befugt (vgl. § 42 Abs. 1 VwGG).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 15. November 2011

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