Normen
32004L0038 Unionsbürger-RL;
62007CO0551 Sahin VORAB;
62008CJ0127 Metock VORAB;
EURallg;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z11;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §85 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
32004L0038 Unionsbürger-RL;
62007CO0551 Sahin VORAB;
62008CJ0127 Metock VORAB;
EURallg;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z11;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §85 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stammt aus dem Kosovo, reiste (erstmals) im Juli 2002 nach Österreich ein und ist seit 14. April 2004 Adoptivsohn eines in Österreich wohnhaften deutschen Staatsangehörigen. Nach einer am 27. November 2004 erfolgten Abschiebung nach rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages gelangte der Beschwerdeführer im Juni 2005 erneut in das Bundesgebiet. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 29. März 2006 wurde er daraufhin gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ausgewiesen. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 5. Juli 2006 gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (die belangte Behörde) der dagegen erhobenen Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
Die belangte Behörde führte u.a. aus, dass der Beschwerdeführer trotz Adoption durch einen deutschen Staatsangehörigen, der sein Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen habe, kein begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG sei, da er einerseits das 21. Lebensjahr vollendet habe und sein Wahlvater, wie in einem vorangegangenen Niederlassungsverfahren "rechtskräftig festgestellt", zu keiner faktischen Unterhaltsgewährung in der Lage sei und andererseits seinen Wahlvater nicht begleitet habe oder ihm nachgezogen sei.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die belangte Behörde ging davon aus, dass sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, weshalb er gemäß § 53 Abs. 1 FPG ausgewiesen werden könne.
Gemäß § 85 Abs. 1 FPG haben begünstigte Drittstaatsangehörige (§ 2 Abs. 4 Z 11 FPG) das Recht auf Aufenthalt für einen Zeitraum von drei Monaten, unterliegen aber der Sichtvermerkspflicht, darüber hinaus besteht ein Aufenthaltsrecht nach Maßgabe des 4. Hauptstückes des zweiten Teils des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes. Gemäß der angesprochenen Begriffsbestimmung in § 2 FPG erfasst der Personenkreis der begünstigten Drittstaatsangehörigen u.a. eigene Verwandte eines EWR-Bürgers, der sein Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird. Weitere Voraussetzung ist, dass dieser Drittstaatsangehörige den freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürger, von dem sich seine gemeinschaftsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass die Wortfolge "begleitet oder ihm nachzieht", an die § 2 Abs. 4 Z 11 FPG (u.a.) die Eigenschaft als begünstigter Drittstaatsangehöriger knüpft, ebenso wie dieselbe in der RL 2004/38/EG in mehreren Bestimmungen enthaltene Wendung auszulegen ist.
Zur Frage der Auslegung dieser Richtlinienbestimmungen hat der EuGH in seinem über ein am 22. November 2007 gestelltes Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofes ergangenen Beschluss vom 19. Dezember 2008, C-551/07 (Sahin), - unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 25. Juli 2008, C- 127/08 (Metock u.a.) - Stellung bezogen. Er hat dabei klargestellt, diese Bestimmungen seien so auszulegen, dass sie auch die Familienangehörigen erfassen, die unabhängig vom Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat gelangt sind und erst dort die Angehörigeneigenschaft erworben oder das Familienleben mit diesem Unionsbürger begründet haben (siehe dazu auch das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2009, Zl. 2008/21/0671).
Davon ausgehend käme dem Beschwerdeführer kraft seiner Eigenschaft als Adoptivsohn eines deutschen Wahlvaters, der auch laut behördlicher Annahme sein Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat und dem wegen seiner krankheitsbedingten Pflegebedürftigkeit vom Beschwerdeführer - so dessen von der belangten Behörde nicht in Abrede gestelltes Vorbringen im Verwaltungsverfahren - täglich Pflege- und Betreuungsleistungen erbracht werden, die Stellung als begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG zu, sofern ihm tatsächlich Unterhalt gewährt wird. Mit dieser Frage hat sich die belangte Behörde, wie der Beschwerdeführer zu Recht aufzeigt, letztlich nicht ausreichend beschäftigt. Bejahendenfalls käme dem Beschwerdeführer nach Maßgabe des § 85 Abs. 1 FPG ein Aufenthaltsrecht zu, was seine Ausweisung nach § 53 Abs. 1 FPG - abgesehen davon, dass die belangte Behörde gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 FPG zur Entscheidung über die gegen die erstinstanzliche Ausweisung erhobene Berufung dann nicht zuständig gewesen wäre - unzulässig machen würde. Das hat die belangte Behörde, die insbesondere auch die nach dem Vorgesagten nicht zutreffende Ansicht vertrat, der Beschwerdeführer habe seinen Wahlvater nicht begleitet oder sei ihm nicht nachgezogen, verkannt, weshalb der bekämpfte Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 17. März 2009
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