Normen
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 idF 2009/I/029;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 idF 2009/I/029;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des Zweitbeschwerdeführers. Beide sind philippinische Staatsangehörige.
Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden vom 2. Oktober 2009 hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) die Beschwerdeführer jeweils gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.
Die belangte Behörde stellte in den genannten Bescheiden (u.a.) den folgenden Sachverhalt fest:
Den Angaben der Erstbeschwerdeführerin zufolge habe diese als Pflegerin in Israel gearbeitet und sei am 10. März 2003 mit einem von der österreichischen Botschaft in Tel Aviv ausgestellten, bis zum 17. März 2003 gültigen Visum C nach Österreich gelangt. Zweck der Einreise wäre es gewesen, den österreichischen Staatsbürger J., den sie im Jahr 1999 auf den Philippinen kennen gelernt hätte, zu besuchen. Während ihres inländischen Aufenthaltes hätte sie erfahren, dass jene alte Dame, die sie in Israel gepflegt hätte, verstorben wäre. Sie hätte daher beschlossen, ihren Aufenthalt in Österreich zu verlängern und mit J. eine Lebensgemeinschaft einzugehen. In weiterer Folge wäre sie als Babysitterin und Raumpflegerin im privaten Bereich (Anmerkung der belangten Behörde: offensichtlich unrechtmäßig) beschäftigt gewesen. Ihren Lebensgefährten könnte sie nicht heiraten, weil dieser - so wie sie - bereits auf den Philippinen verheiratet wäre. In ihrem Heimatland gäbe es nur die Möglichkeit der Annullierung einer Ehe. Dies hätte sie bereits in die Wege geleitet. Ihr Lebensgefährte hätte Anfang 2008 in Österreich die Scheidungsklage eingebracht.
Am 21. Juni 2004 habe die Erstbeschwerdeführerin - ohne jemals in den Besitz einer Niederlassungsbewilligung gekommen zu sein - den mit ihrem Lebensgefährten gemeinsamen Sohn, den Zweitbeschwerdeführer, zur Welt gebracht. Auch dieser halte sich seither ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet auf.
Der Aufenthalt der Erstbeschwerdeführerin erweise sich seit 18. März 2003 und jener des Zweitbeschwerdeführers seit dessen Geburt als unrechtmäßig, sodass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 FPG jeweils erfüllt seien.
Mit den Ausweisungen sei ein Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer verbunden, dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und zum Schutz des öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Einwanderungs- und Fremdenwesens, dringend geboten. Die Erstbeschwerdeführerin halte sich bereits seit 6 1/2 Jahren unrechtmäßig in Österreich auf, was insoweit schwer wiege, als gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden betreffende Regelungen und deren Einhaltung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein besonders hoher Stellenwert zukomme. Es liefe dem - hoch zu veranschlagenden - öffentlichen Interesse grob zuwider, wenn sich ein Fremder bloß auf Grund von Tatsachen, die von ihm selbst geschaffen worden seien, den Aufenthalt im Inland auf Dauer erzwingen könnte. Auch der Zweitbeschwerdeführer halte sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die Bindungen der Beschwerdeführer zu J. erführen durch den Umstand, dass das Familienleben in einem Zeitpunkt begründet worden sei, in dem die Eltern des Zweitbeschwerdeführers nicht damit hätten rechnen dürfen, sich als Familie dauerhaft in Österreich niederlassen zu können, eine nicht unerhebliche Minderung. Deren inländischem Aufenthalt und der Tatsache, dass der Zweitbeschwerdeführer seit seiner Geburt in Österreich lebe, komme daher vorliegend keine rechtliche Relevanz zu, weil dieser Aufenthalt von vornherein unrechtmäßig gewesen sei und den Eltern des Zweitbeschwerdeführers hätte bewusst sein müssen, dass die Fortsetzung des inländischen Aufenthaltes ohne die erforderlichen behördlichen Bewilligungen nicht möglich sein würde.
Im Übrigen sei kein Grund ersichtlich, der die Erstbeschwerdeführerin hindern sollte, gemeinsam mit dem ebenfalls unrechtmäßig im Inland befindlichen Zweitbeschwerdeführer ihr Heimatland aufzusuchen, um dort einen rechtskonformen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung einzubringen und die Entscheidung darüber auch dort abzuwarten.
Besondere Umstände, die über obige Erwägungen hinausgehend eine für die Beschwerdeführer positive Ermessensübung durch die Behörde zugelassen hätten, seien nicht hervorgekommen.
2. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden mit den Begehren, den jeweils angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden und darüber erwogen:
1. In den Beschwerden wird nicht behauptet, dass den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel erteilt worden sei. Auf dem Boden der in den angefochtenen Bescheiden diesbezüglich getroffenen, insoweit unbestrittenen Feststellungen begegnet die - unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 (zweiter Halbsatz) FPG jeweils erfüllt sei, keinen Bedenken.
2.1. Die Beschwerden bekämpfen die angefochtenen Bescheide jeweils unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK bzw. des § 66 Abs. 1 und 2 FPG und bringen vor, dass die Beschwerdeführer mit J., dem Lebensgefährten der Erstbeschwerdeführerin und Vater des Zweitbeschwerdeführers, im familiären Haushalt lebten und J. sie finanziell und in allen sonstigen Lebensbereichen unterstütze. Wesentlich sei, dass im Sinne der §§ 19, 21, 43, 44 und 69a NAG humanitäre Aspekte einer Prüfung zu unterziehen gewesen wären, bestehe doch die Möglichkeit, Fremden, die sich zumindest seit 1. Mai 2004 durchgehend im Bundesgebiet aufhielten, eine Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen zu erteilen. Die belangte Behörde sei zwar nicht zur Erteilung von Aufenthaltstiteln berufen, hätte sich jedoch mit diesem Aspekt auseinanderzusetzen gehabt, um ein entsprechendes Verfahren vor der zuständigen Behörde initiieren zu können. Bei der Erstellung einer Gefährlichkeitsprognose sei darüber hinaus auf das Gesamtfehlverhalten des Fremden Bedacht zu nehmen. In den Begründungen der angefochtenen Bescheide seien nachvollziehbare Abwägungen unterblieben. Bei ordnungsgemäßer Abwägung der Argumente der Beschwerdeführer wäre die Behörde zum Schluss gelangt, dass von diesen keine Gefahr für die öffentlichen Interessen ausgehe und darüber hinaus der langjährige Aufenthalt im Bundesgebiet und die gegebene familiäre und soziale Integration die Abstandnahme von der Erlassung einer Ausweisung rechtfertigten.
2.2. Mit diesem Vorbringen zeigen die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit der angefochtnen Bescheide auf.
Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisungen im Grunde des § 66 FPG (idF der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009) hat die belangte Behörde zutreffend einen mit der Ausweisung der Beschwerdeführer verbundenen Eingriff in ihr Privat- und Familienleben im Sinne dieser Gesetzesbestimmung angenommen. Die aus der Dauer ihres Aufenthaltes ableitbare Integration ist - worauf die belangte Behörde jeweils zutreffend hingewiesen hat - in ihrem Gewicht jedoch dadurch entscheidend gemindert, dass der Aufenthalt der Erstbeschwerdeführerin nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihres Visums und des Zweitbeschwerdeführers seit dessen Geburt unrechtmäßig war. Zu Recht hat die belangte Behörde auch darauf hingewiesen, dass die Eltern des Zweitbeschwerdeführers bei der Begründung des gemeinsamen Familienlebens nicht damit rechnen durften, dass sich die Beschwerdeführer - ohne die erforderlichen behördlichen Bewilligungen - auf Dauer im Inland niederlassen dürften, und es dem hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interesse grob zuwiderliefe, wenn ein Fremder auf diese Weise den Aufenthalt im Inland auf Dauer erzwingen könnte. Ferner setzt die Beschwerde den weiteren Ausführungen der belangten Behörde, wonach kein Grund ersichtlich sei, der die Erstbeschwerdeführerin daran hindern sollte, gemeinsam mit dem Zweitbeschwerdeführer ihr Heimatland aufzusuchen, um dort einen rechtskonformen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung einzubringen und die Entscheidung darüber auch dort abzuwarten, nichts Stichhaltiges entgegen.
Hiebei kann auch keine Rede davon sein, dass die angefochtenen Bescheide, wie die Beschwerden meinen, nicht ausreichend begründet seien. Wenn in den Beschwerden auf die Möglichkeit der Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen hingewiesen wird, so ist diesem Vorbringen zu erwidern, dass nach der ständigen hg. Judikatur selbst die Anhängigkeit eines Verfahrens zur Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels zu keiner Einschränkung der behördlichen Ermächtigung zur Erlassung der Ausweisung führt (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse vom 7. Juli 2009, Zl. 2009/18/0204, vom 25. September 2009, Zlen. 2009/18/0328 bis 0332, und vom 26. November 2009, Zl. 2009/18/0423, mwN).
3. Schließlich kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass der belangten Behörde ein (materieller) Ermessensfehler unterlaufen sei, und ergeben sich keine besonderen Umstände, die eine Ermessensübung nach § 53 Abs. 1 FPG zu Gunsten der Beschwerdeführer geboten hätten. Die in den Beschwerden angesprochene Möglichkeit, einem Fremden einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen zu erteilen, stellt hiebei keinen Umstand im genannten Sinn dar.
4. Da somit bereits die Beschwerdeinhalte erkennen lassen, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 15. Dezember 2009
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