VwGH 2009/16/0029

VwGH2009/16/002911.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und Hofrat Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der W GmbH & Co KG in W, vertreten durch die Pöschl & Partner Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungs-GmbH in 9020 Klagenfurt, Waidmannsdorfer Straße 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom 30. Dezember 2008, GZ. RV/0223-K/07, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Normen

GebG 1957 §15 Abs1;
GebG 1957 §16 Abs7;
GebG 1957 §15 Abs1;
GebG 1957 §16 Abs7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die gegenständliche Causa resultiert aus einer gem. § 144 BAO bei der E GmbH (= Beschwerdeführerin im hg. Verfahren Zl. 2009/16/0030) durchgeführten Nachschau, bei der ein Mietvertrag vorgefunden wurde. Die Beschwerdeführerin vertritt dazu (und zwar diesbezüglich voll im Einklang mit dem angefochtenen Bescheid) die Auffassung, dass letzten Endes zwischen ihr als Vermieterin und der E GmbH als Mieterin ein Bestandvertrag betreffend eine bestimmte Liegenschaft für eine bestimmte zeitliche Dauer wirksam zustande gekommen ist. Allerdings steht die Beschwerdeführerin auf dem Standpunkt, es liege keine unterschriebene Vertragsurkunde vor. Das Anbot zum Abschluss des Vertrages habe mit Schreiben vom 19. Jänner 2004 nämlich nicht die Beschwerdeführerin selbst, sondern die alleinige Gesellschafterin ihrer Komplementärin gestellt; dieses Anbot sei von der Mieterin dann konkludent angenommen worden. Die Vertragsurkunde selbst sei nur paraphiert worden.

Dazu finden sich in den Verwaltungsakten unter anderem folgende Urkunden:

a) Ein undatierter und auf allen Seiten rechts unten mit zwei Paraphen versehener Text des Mietvertrages zwischen der Beschwerdeführerin und der E GmbH, dessen Punkt 1.5 lautet wie folgt:

"Dieser Vertrag und alle in ihm enthaltenen Vereinbarungen stehen unter der aufschiebenden Bedingung, dass die W GmbH mit dem Sitz in V bis zum 31.01.2004 einen Vertrag über den Erwerb zumindest der Hälfte aller Geschäftsanteile an der L Gesellschaft m.b.H., W, abschließt."

Gemäß Punkt 15. des Vertrages sollen die Vertragsparteien insbesondere die Rechtsgeschäftsgebühr je zur Hälfte tragen.

b) Schreiben der W GmbH vom 19. Jänner 2004 an die Plastikwerke E GmbH mit folgendem Inhalt:

"E Gesellschaft mbh

zH Herrn Mag. M D

V, 19.01.2004

Mietvertrag W

Sehr geehrter Herr Mag. D!

Hiermit bieten wir den Abschluss des als Beilage ./1 beigefügten (von uns auf jeder Seite paraphierten) Mietvertrags an. Dieses Anbot können Sie durch Leistung einer Mietvorauszahlung in Höhe von EUR 100,-- bis zum 23.01.2004 annehmen. Wir weisen nochmals auf die vorgesehene aufschiebende Bedingung hin.

Mit freundlichen Grüßen"

Dieses Schreiben ist unter Beisetzung der Firmenstampiglie der W GmbH von Ing. H K und unter der Bezeichnung "ppa" von Mag. M

W gefertigt. Beigeschlossen war diesem Schreiben die vorstehend unter a) genannte Vertragsurkunde.

c) Schreiben der W GmbH vom 23. Jänner 2004 an die Plastikwerke E GmbH mit folgendem Inhalt:

"E Gesellschaft mbh

zH Herrn Mag. M D

V, 23.01.2004

Quittung

Sehr geehrter Herr Mag. D!

Im Anschluss an unser Schreiben vom 19.01.2004 bestätigen wir hiermit den Erhalt einer Mietvorauszahlung in Höhe von EUR 100,--.

Mit freundlichen Grüßen!

Dieses Schreiben ist in gleicher Weise unterfertigt wie das Schreiben vom 19. Jänner 2004.

Dazu sagte der vom Finanzamt Klagenfurt am 22. November 2006 niederschriftlich befragte Mag. M W unter anderem aus, der Vertrag sei am 19. Jänner 2004 abgeschlossen worden und die im Mietvertrag enthaltene Bedingung sei erfüllt worden, sowie dass eine der Vertragsparaphen von ihm und eine vom Geschäftsführer der Mieterin Mag. D stamme.

Das Finanzamt Klagenfurt forderte daraufhin für den Mietvertrag mit Bescheid vom 27. Februar 2007 Rechtsgeschäftsgebühr gem. § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 4,620.000,-- in der Höhe von EUR 46.200,-- an.

Gegen diesen Bescheid berief die Beschwerdeführerin (soweit dies für den Beschwerdefall noch von Interesse ist) im Wesentlichen mit dem Argument, Mag. W sei am 19. Jänner 2004 für die Komplementärin der Beschwerdeführerin nicht vertretungsbefugt gewesen. Es sei daher keine wirksame Urkunde errichtet sondern der Mietvertrag nur mündlich abgeschlossen worden.

Die belangte Behörde führte am 6. November 2008 eine mündliche Berufungsverhandlung durch, in der der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin unter anderem ausführte, dass der Mietvertrag seit 2004 "vollzogen werde".

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab, setzte jedoch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass im Vertrag vereinbart wurde, dass beide Vertragsteile die Rechtsgeschäftsgebühr je zur Hälfte tragen, die Gebühr gegenüber der Beschwerdeführerin nur mit EUR 23.100,-- fest. In der Sache selbst vertrat die belangte Behörde die Ansicht, das Bestätigungsschreiben vom 23. Jänner 2004 sei als die Gebührenschuld begründende Urkunde anzusehen.

Dabei ging die belangte Behörde unter anderem von folgenden (auch jetzt von der Beschwerde gar nicht bestrittenen) Fakten aus:

Die W GmbH sei alleinige Gesellschafterin der am 16. Jänner 2004 errichteten und am 21. Jänner 2004 in das Firmenbuch eingetragenen W GmbH. Diese wiederum sei einzige Komplementärin der mit 30. Jänner 2004 aus einer Umwandlung entstandenen Beschwerdeführerin.

Ab 21. Jänner 2004 seien für die genannte Komplementärin der Geschäftsführer H K zusammen mit einem anderen Geschäftsführer oder mit einem Prokuristen vertretungsbefugt gewesen. Mag. W (der schon ab Jänner 2000 Prokurist der W GmbH gewesen sei) sei mit Wirkung vom 1. Mai 2004 Prokurist der Komplementärin geworden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung der Bestandvertragsgebühr gem. § 33 TP 5 GebG verletzt, weil keine eine Gebührenpflicht auslösende Urkunde vorliege.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gem. § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, im allgemeinen einer Gebühr von 1 vH nach dem Wert.

Nach § 15 Abs. 1 leg. cit. sind Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

Gem. § 17 Abs. 4 GebG ist es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.

Nach ständiger hg. Judikatur genügt für die Gebührenpflicht das Vorliegen einer bloß rechtsbezeugenden Urkunde, sofern eine Vertragspartei damit in der Lage ist, den Beweis des ihr zustehenden Anspruches zu führen (vgl. dazu insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 28. Februar 2007, Zl. 2004/16/0029; 17. Februar 2000, Zl. 99/16/0027; 16. März 1995, Zl. 93/16/0012 und 14. Jänner 1991, Zl. 90/15/0040).

Da im vorliegenden Fall das wirksame Zustandekommen des Bestandvertrages (und zwar jedenfalls ab 19. Jänner 2004) gar nicht in Streit steht und weil die in den Verwaltungsakten erliegenden Urkunden in ihrem Zusammenhang, und zwar insbesondere der zwar nur paraphierte Vertragstext in Verbindung mit dem Schreiben der Alleingesellschafterin der Komplementärin der Beschwerdeführerin vom 23. Jänner 2004 die Beschwerdeführerin jedenfalls in Stand setzte, den Inhalt des zuvor (wie auch immer - sei es mündlich oder konkludent durch Leistung der Mietzinsvorauszahlung von EUR 100,--) zustande gekommenen Bestandvertrages zu beweisen, ist jedenfalls vom Vorliegen einer rechtsbezeugenden Urkunde auszugehen. Dabei kommt es im Ergebnis auch nicht entscheidend darauf an, dass das Schreiben vom 23. Jänner 2004 nicht von einer für die Komplementärin der Beschwerdeführerin vertretungsbefugten Person unterfertigt wurde.

Schließlich ist die im paraphierten Vertragstext unter Punkt 1.5. enthaltene Bedingung als gewillkürte Vertragsbedingung anzusehen, auf die § 17 Abs. 4 GebG anzuwenden ist, weshalb auch das in der Beschwerde jetzt erstmals ins Treffen geführte Argument, es liege hier eine sog. Rechtsbedingung vor, die unter § 16 Abs. 7 leg. cit. falle, schon von vornherein ins Leere geht. Selbst wenn man aber in der in Rede stehenden Vertragsbestimmung einen Anwendungsfall des § 16 Abs. 7 GebG erblicken wollte (Genehmigung des Vertrages durch einen Dritten in Gestalt der W GmbH), so wäre für den Beschwerdestandpunkt nichts gewonnen, weil auch diese "Bedingung" festgestelltermaßen eingetreten ist, was nach der hg. Judikatur dann auf den Abschlusszeitpunkt zurückwirkt (siehe dazu z.B. die von Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren8 unter E 78 zu § 16 GebG referierte hg. Rechtsprechung).

Somit erweist sich der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit. Mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Judikatur klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-AufwandersatzVO BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 11. März 2010

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