VwGH 2009/15/0135

VwGH2009/15/013531.5.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der G GmbH in G, vertreten durch die Klein, Wuntschek & Partner Rechtsanwälte GmbH in 8013 Graz, Kaiser-Franz-Josef-Kai 70, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 29. April 2009, Zl. RV/0254-G/08, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 2006, Umsatzsteuer 2006 sowie Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für März und Dezember 2007, zu Recht erkannt:

Normen

32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art13;
62009CJ0270 MacDonald Resorts VORAB;
BAO §303 Abs4;
ProstG Stmk 1998 §10;
UStG 1994 §6 Abs1 Z16;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 2006 und die Umsatzsteuer 2006 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH legte ihrer Umsatzsteuererklärung für das Wirtschaftsjahr 2006 folgende "Sachverhaltsfeststellung" bei:

"… Begründung, dass laut dem Abgabepflichtigen im Wirtschaftsjahr 05/06 keine Umsatzsteuerpflicht vorliegt:

Herr (KM) ist Inhaber einer persönlichen Genehmigung, ausgestellt von der Bundespolizeidirektion Graz und lautend auf Zimmerbordell (R-straße 61). Herr (KM) ist als Geschäftsführer bei der (Beschwerdeführerin) angestellt.

Geschäftstätigkeit der GmbH ist die gewerbliche Vermietung:

  1. 1. Sendeplatzvermietung an (T GmbH)
  2. 2. Plakatplatzvermietung an (P GmbH) )

Einnahmen 05/06 EUR 6.377,46

3. Zimmervermietung an selbständig erwerbstätige Prostituierte: Einnahmen 05/06 EUR 299.783,00

(...)

Vorgang der Zimmervermietung an Prostituierte:

Eine Prostituierte fragt im Büro der (Beschwerdeführerin) an, ob sie nach den fremdenpolizeilichen Richtlinien vom 17.07.2000 "selbständig erwerbstätig" und von der gewerblichen Wirtschaft als "neuer Selbständiger" geführt, zum Zweck sich aus einer wiederkehrenden Absicht eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, ein Zimmer anmieten kann.

Da die Hauptleistung der GmbH in der gewerblichen Vermietung liegt, glauben wir, dass eine gewerbliche Vermietung des Objektes (R-straße 61) vorliegt und da auf Umsatzsteuer nicht optiert wurde, keine Umsatzsteuerpflicht bei gewerblicher Vermietung vorliegt.

Da die (Beschwerdeführerin) nie auf USt-Veranlagung optiert hat und auch keine Mehrwertsteuer auf den Rechnungen ausgewiesen wird, ist der Abgabenpflichtige der Meinung, dass eine umsatzsteuerfreie Vermietung vorliegt. Die Umsatzsteuererklärung 05/06 wurde daher mit Null erklärt (auch keine Vorsteuer geltend gemacht)."

Mit Bescheid vom 7. März 2007 wurde die Umsatzsteuer für 2006 zunächst erklärungsgemäß mit Null festgesetzt.

Im Jahr 2008 fand bei der Beschwerdeführerin eine Außenprüfung des Jahres 2006 sowie eine Umsatzsteuernachschau für 2007 statt. Dabei traf die Prüferin die Feststellung, dass es sich bei der Tätigkeit der Beschwerdeführerin um einen Bordellbetrieb handle und die Einnahmen daher umsatzsteuerpflichtig seien.

Auf Grundlage dieser Feststellung setzte das Finanzamt im wiederaufgenommenen Verfahren die Umsatzsteuer 2006 in Höhe von 36.739,66 EUR fest. Weiters ergingen Festsetzungsbescheide für März und Dezember 2007.

Zur Begründung der Abgabenfestsetzung und der Wiederaufnahme des Verfahrens wird in Tz. 1 des Betriebsprüfungsberichtes u. a. ausgeführt:

"Die GmbH betreibt ein sogenanntes 'Laufhaus' bzw. Bordell (ohne Barbetrieb). Bis zur Veranlagung 2005 wurden die Entgelte daraus mit 20 % verustet, im Jahr 2006 wurden diese iSd § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 als steuerfreier Umsatz erklärt, da lt. Ansicht des Geschäftsführers der GmbH die Hauptleistung in der Nutzungsüberlassung von Geschäftsräumen an Prostituierte besteht.

Nach Rücksprache mit der Bundespolizeidirektion … ergeben sich nachfolgend angeführte Sachverhalte bzw. Feststellungen.

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